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Ausgabe:

September/2013

Spalte:

1020–1021

Kategorie:

Praktische Theologie

Autor/Hrsg.:

Grünewald, Erika [Hrsg.]

Titel/Untertitel:

Kunstgeschichte und Kirchenpädagogik. Ungelöste Spannungen.

Verlag:

Berlin: EB-Verlag Dr. Brandt 2010. 360 S. m. zahlr. Abb. = Kirche in der Stadt, 15. Kart. EUR 19,80. ISBN 978-3-86893-021-4.

Rezensent:

Ch. G.

Die vom Department Kulturgeschichte und Kulturkunde der Universität Hamburg angenommene Dissertation (Betreuung: Charlotte Schoell-Glass) reagiert auf die von der Vfn. diagnostizierte Vernachlässigung der kunsthistorischen Dimension in der Kirchenpädagogik. Demgegenüber will sie den Beitrag der Kunstgeschichte für die Kirchenpädagogik herausarbeiten.
Im ersten Teil definiert die Vfn. Kirchenpädagogik als das Zu­sam­menspiel von Kunstgeschichte, Theologie und Pädagogik. Dabei wird die Musik ausgeklammert (22, Anm. 7), eine zumindest aus liturgiewissenschaftlicher Perspektive nicht unproblematische Entscheidung. Positiv wird die New Art History als in der Arbeit verfolgter Ansatz markiert, der in der heutigen Kirchenpädagogik noch nicht rezipiert ist. Der zweite Teil präsentiert als kirchenpädagogisches Fallbeispiel die 1930 eingeweihte Ansgar-Kirche in Hamburg (mit illustrierenden Abbildungen). Dabei wird u. a. der Zusammenhang von damaliger architektonischer Entwick­lung (Neue Sachlichkeit) und Theologie (K. Barth) herausgearbeitet. Wissenschaftsgeschichtliches Interesse verdient der dritte Teil. In ihm kann die Vfn. entgegen der sonst häufig anzutreffenden Meinung zeigen, dass die Kirchenpädagogik ihren Ursprung in den 70er Jahren des 20. Jh.s in den evangelischen Kirchen der DDR hat. Die sonst im Vordergrund stehende westdeutsche Entwick-lung (ab Mitte der 90er Jahre) ist also deutlich später.
Die wichtigste systematische These wird im vierten Teil vorgetragen. Hier zeigt die Vfn., wie die Aufnahme der Symboldidaktik in die Kirchenpädagogik zu einem Zurücktreten – und teilweise Verschwinden – der kunstgeschichtlichen Analyse führt. Dass da­mit eine problematische, bis heute anhaltende Entwicklung beginnt, betont die Vfn. nachdrücklich. Inhaltlich kann sie so u. a. die Bevorzugung gotischer Kirchen – und die weitgehende Ausblendung moderner Kirchen – in der Kirchenpädagogik erklären. Demgegenüber skizziert der fünfte Teil »Eine Kunstgeschichte für die Kirchenpädagogik«. Dabei werden u. a. verschiedene, meist ältere Raumtheorien aufgenommen. Diese Überlegungen münden in zusammenfassende Thesen (6. Teil).
Insgesamt legt die Vfn., die schon seit über 20 Jahren als Kir­chenpädagogin tätig ist, eine wichtige Korrektur der religionspäda­gogisch dominierten Kirchenpädagogik aus kunstgeschichtlicher Perspektive vor. Dass diese wiederum durch liturgiewissenschaftliche Einsichten zu ergänzen wäre – die Überlegungen von Rainer Volp, Thomas Erne u. a. bleiben unerwähnt –, zeigt, dass es hier noch weiteren Forschungsbedarf gibt.