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Ausgabe:

Juli/August/2013

Spalte:

797–798

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Fernández Marcos, Natalio [Ed.]

Titel/Untertitel:

םיטפש, Judges. Introduction and Commentaries on Judges. Prepared by N. Fernández Marcos. The Masorah prepared in cooperation with D. Marcus.

Verlag:

Stuttgart: Deutsche Bibelgesellschaft 2011. XXXII, 63 u. 141* S. = Biblia Hebraica Quinta, 7. Kart. EUR 46,00. ISBN 978-3-438-05267-4.

Rezensent:

Siegfried Kreuzer

Die vorliegende Lieferung der BHQ besteht wie üblich (siehe die Besprechung des ersten Bandes Megilloth in ThLZ 131 [2006], 722–725) aus drei Hauptteilen: 1. Allgemeine Einleitung einschließlich Verzeichnis der Siglen und Abkürzungen (VII–XXXII), 2. Der hebräische Text mit Masora und textkritischem Apparat (1–63) und 3. Der Kommentar sowie das Literaturverzeichnis (1*–141*).
Eine deutlich sichtbare Differenz zu den bisherigen Ausgaben der Biblia Hebraica ist, dass nunmehr Englisch die Sprache des Ap­parates ist. Dem entspricht auch, dass das Herausgeberkomitee von den United Bible Societies beauftragt wurde, auch wenn Druck und Verlag bei der Deutschen Bibelgesellschaft liegen. Die veränderte Situation zeigt sich auch daran, dass Mitarbeiter aus Deutschland nur wenige sind.
Natalio Fernández Marcos hat sich nicht nur durch eine Reihe von Beiträgen zum Richterbuch für die vorliegende Bearbeitung qualifiziert, sondern auch durch die erste kritische Edition des sog. Antiochenischen Textes der Septuaginta zu den Büchern Samuel, Könige und Chronik. Die Gestaltung des Bandes folgt den Regeln, wie sie für Megilloth festgelegt worden waren (s. dazu die o. g. Besprechung): Der Apparat wurde insofern vereinfacht, als die einzelnen Textgruppen zusammengefasst wurden und die einzelnen Zeugen durch hochgestellte Buchstaben unterschieden werden (z. B. M L = Masoretischer Text nach Kodex Leningradensis). Andererseits ist der Apparat ergänzt durch eine Bewertung oder Erklärung der Varianten (z. B.: err = error; exeg = exegesis; hapl = haplography; shift = shift of meaning) und gekennzeichnet dadurch, dass Syrisches (nicht mehr in Transkription, sondern) in syrischer Schrift wiedergegeben wird, was die Spezialisten erfreuen mag, für Studierende aber den Zugang erschwert.
Wichtig und interessant ist die »Introduction« mit der Beschreibung und Bewertung der Textzeugen. Der Text von Richter ist im Wesentlichen – d. h. abgesehen von dem schwierigen Kapitel 5 (De­boralied) – gut überliefert. Aus Qumran gibt es nur drei Fragmente, die aber durchaus von Bedeutung sind. Die Septuaginta ist der wichtigste alternative Textzeuge, und zwar vor allem in Gestalt des Antiochenischen (bzw. Lukianischen) Textes, insbesondere wenn dieser von der (allerdings nur fragmentarisch bezeugten) Vetus La­tina gestützt wird. Dagegen repräsentiert der Text des Kodex Vaticanus im Richterbuch (Text »B« in der Handausgabe von Alfred Rahlfs) die hebraisierende, auf den masoretischen Text hin orientierte Bearbeitung und ist insofern weniger wichtig für die Rekonstruktion des ältesten Textes. Die syrische Übersetzung steht dem masoretischen Text relativ nahe, geht aber manchmal auch mit der Septuaginta gegen den MT. Die aramäische Übersetzung (Targum zu Richter) entstand im 2. Jh. n. Chr. und folgt dem MT. Ihre Be­son­derheiten sind im Wesentlichen midraschische Erörterungen und Erweiterungen und nicht textkritisch, sondern auslegungsgeschichtlich relevant.
Interessant ist auch die vergleichende Tabelle für Petucha und Setuma im Aleppokodex, im Kodex Leningradensis und im Kairoer Prophetenkodex. Gemeinsamkeiten und Differenzen (auch gegen-über 1QJudg) zeigen das hohe Alter dieser Gliederungssignale, aber auch dass die Gestaltung im Einzelnen durchaus im Fluss war. Es folgen die »Notes on the Masorah parva« (17*–26*) und die »Notes on the Masorah magna« (27–39). Hier wird die Information, die man bei der BHS im Wesentlichen im ergänzenden Band von Gerard Weil, Masora Gedolah, suchen musste, geboten und erklärt. Diese Angaben, die im wörtlichen Sinn ein »Randprodukt« darstellen, sind das eindrückliche Zeugnis des engagierten und höchst sorgfältigen Bemühens der masoretischen Tradenten um eine exakte Weitergabe des biblischen Textes einschließlich all seiner Be­son­derheiten. Es ist erfreulich, dass die, allerdings fast durchweg nur formalen und so­zusagen technischen, Angaben hier nicht nur in ihrer abgekürzten Form wiedergegeben, sondern expliziert und erklärt werden. Es trifft auch zu, dass sich manche Beobachtungen auf Stellen bzw. Probleme beziehen, wo auch die moderne Exegese ein Problem sieht. Trotzdem bleibt es schwer, in diesen Notizen eine über das historische Interesse hinausgehende Bedeutung zu finden.
Der wichtigste Teil der Introduction ist natürlich der »Commentary on the critical apparatus« (41*–141*). Fernández Marcos referiert und sichtet hier praktisch die ganze textkritische Diskussion zum Richterbuch und bietet klar begründete Entscheidungen. Da ja auch die BHQ eine diplomatische Wiedergabe des Kodex Leningradensis darstellt, ist diese textkritische Diskussion (in Verbindung mit dem Apparat im Textteil der Edition) die eigentliche Grundlage für textkritische Arbeit am Richterbuch. Dieser »Commentary« kann hier nicht im Einzelnen dargestellt werden. Es sei aber vermerkt, dass für die Textrekonstruktion wie oben bereits erwähnt der Antiochenische Text der Septuaginta und die Vetus Latina von besonderer Bedeutung sind.
Insgesamt ist dem Bearbeiter, Natalio Fernández Marcos, Dank und Anerkennung für die große Leistung auszusprechen und dem Projekt der Biblia Hebraica Quinta ein zügiger Fortgang zu wünschen.