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Ausgabe:

Juni/2013

Spalte:

637–658

Kategorie:

Ökumenik, Konfessionskunde

Autor/Hrsg.:

Fernando Enns

Titel/Untertitel:

Ökumene weiterdenken!
Kirchen der täuferischen Tradition im Dialog

Einleitung: Ungeduld und Komplexität der Ökumene
In Zeiten, da die ungeduldige Öffentlichkeit anscheinend immer weniger nachvollziehen kann, warum das Zusammenwachsen der verschiedenen Konfessionen eine derart große Herausforderung darstellt,1 ist es angemessen, die Frage nach der Leistungsfähigkeit und den Grenzen ökumenischer Lehrgespräche zu stellen. 500 Jahre seit der Reformation, 60 Jahre nach Gründung des Weltrates der Kirchen (ÖRK) und 50 Jahre nach dem II. Vatikanischen Konzil – der ökumenischen Öffnung der römisch-katholischen Kirche – sowie nach unzähligen bi- und multilateralen Dialogen wächst bei manchen Laien der Eindruck, einer wie auch immer gearteten Einheit der Kirchen stünde die ausgeprägte theologische Expertise der konfessionsspezifischen Fachgespräche eher entgegen, als dass sie sie tatsächlich vorantriebe. Dieser Eindruck mag sich gerade in Deutschland verstärken, nach zwei Ökumenischen Kirchentagen sowie nach der scheinbaren »Lösung« der ureigentlichen Differenz zwischen Kirchen der Reformation und der »Papstkirche« des 16. Jh.s: jener gemeinsamen Erklärung zur Rechtfertigungslehre (1999).2
So verständlich und vielleicht sogar willkommen die wachsende Ungeduld angesichts der alltäglichen Erfahrungen der Kirchenmitglieder auch sein mag, so sehr tritt auf Seiten der kirchlichen Repräsentanten wiederum das Bedürfnis in den Vordergrund zu erklären, welche bedeutenden theologischen Divergenzen, wenn nicht gar Differenzen, der wachsenden Sichtbarkeit der Einheit noch im Wege stehen – ganz abgesehen von der wichtigen Frage, welche Art der Einheit denn überhaupt gewollt sein kann.3 Hinzu tritt ein weiterer, keinesfalls zu vernachlässigender Aspekt: Während sich in Deutschland die öffentliche Wahrnehmung weitestgehend auf die »beiden großen Kirchen« beschränkt (die Gliedkirchen der EKD einerseits sowie die römisch-katholische Kirche andererseits), stellt sich die Christenheit international bei Weitem pluraler dar, was das ökumenische Geschäft entsprechend komplexer sein lässt. Auch in Deutschland sind viele dieser nicht minder traditionellen Konfessionen vertreten, wie sich leicht anhand der Mitgliederliste allein der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland (ACK) ablesen lässt: Unter den 17 Mitgliedskirchen (und vier Gastmitgliedern) finden sich mehrere orthodoxe Kirchen, verschiedene Kirchen der Reformation und mehrere »Freikirchen«. Und selbst hiermit ist die Bandbreite kirchlicher Realität in Deutschland noch unzureichend beschrieben, denn längst hat sich ein lebendiges christliches Gemeindeleben jenseits der traditionellen Kirchentümer etabliert – in unzähligen charismatischen oder neo-pentekostalen Gemeinschaften, aber auch in den vielen Auslandsgemeinden. Insofern ist also eine genauere Differenzierung auch im Hinblick auf die zu besprechenden Konfessionen und deren Relationen untereinander zu berücksichtigen, wenn tatsächlich realitätsnah über mögliche Einheitsbewegungen nachgedacht werden soll.
Die folgenden Darstellungen und Überlegungen sind konzentriert auf die »linksprotestantische Ökumene«, vornehmlich die Kirchen der täuferischen Tradition (Mennoniten und Baptisten), und können folglich nur einen Teilaspekt zur Beantwortung der leitenden Fragestellung nach der Leistungsfähigkeit ökumenischer Lehrgespräche liefern. Allerdings ist dieser Fokus hier aus mehreren Gründen bewusst gewählt: Zum einen handelt es sich hierbei um die älteste evangelische Freikirche (die Mennoniten)4, deren Wurzeln in den »linken Flügel der Reformation« zurück reichen und die demnach eine ebenso lange wie reiche Tradition darstellt wie etwa das lutherische oder das reformierte Christentum. Der Baptismus entstand später im Puritanismus Englands, beruft sich aber ausdrücklich auf die Täuferbewegung des 16. Jh.s.5 Zum Zweiten stellen diese Kirchen global gesehen – im Unterschied zum deutschen Kontext – doch eine beachtliche Größe dar, sowohl hinsichtlich ihrer Mitgliederzahlen (vor allem die Baptisten) wie auch hinsichtlich ihres Einflusses auf theologische und soziologische Entwicklungen einzelner Gesellschaften. Zum Dritten traten diese Konfessionen kürzlich stärker ins Bewusstsein der deutschen Ökumene, als 2007 in Magdeburg die gegenseitige Anerkennung der Taufe zwischen elf Kirchen der ACK gefeiert werden konnte, die Kirchen der täuferischen Tradition aber – immerhin Gründungsmitglieder der ACK (1948) – gerade in dieser Frage noch erheblichen Klärungsbedarf anmeldeten.6 Und schließlich sorgen kürzlich geführte Dialoge zwischen Katholiken oder Lutheranern mit diesen Kirchen international für größere Aufmerksamkeit, weil hier deutlich wird: Der Dialog mit diesen Kirchen ist für die Mainstream-Konfessionen auch eine Konfrontation mit ihrer eigenen Schuldgeschichte. Immerhin wurde durch die theologischen Legitimationen führender lutherischer, reformierter oder katholischer Theologen eine große Zahl von Täuferinnen und Täufern im 16. Jh. durch die jeweiligen Obrigkeiten gefoltert und hingerichtet.7 Das Schuldbekenntnis, die offizielle Bitte um Vergebung und die anschließende Versöhnungsfeier zwischen Vertretern des Lutherischen Weltbundes (LWB) und der Mennonitischen Weltkonferenz (MWK) während der LWB-Vollversammlung 2010 in Stuttgart hat eine breite Öffentlichkeit auch emotional tief bewegt und somit die täuferische Tradition neu ins Bewusstsein gehoben.8
»Durch die Arbeit der Gemeinsamen Baptistisch-Lutherischen Kommission haben Baptisten und Lutheraner … zu ihrer gemeinsamen Geschichte zurückgefunden« – so beginnt auch der Bericht jenes internationalen Dialogs.9 Eine ganz ähnliche Wirkung zeigte zuvor bereits der umfangreiche internationale Dialog zwischen Katholiken und Mennoniten.10 Damit sei hier bereits angezeigt: In ökumenischen Begegnungen geht es nicht allein um die Klärung identitätsstiftender theologischer Divergenzen und Differenzen, sondern auch um die Aufarbeitung einer gemeinsamen, oft schmerzvollen Geschichte, ohne die eine neue, »geheilte« Beziehung kaum möglich sein wird und insofern der Befreiung zu einer sichtbaren Einheit zwingend vorausgeht. Es wird sich lohnen – auch für den deutschen Kontext –, die in den Dialogen jeweils enthaltenen gegenseitig eingegangenen Verpflichtungen und deren Implikationen für historische und theologische Forschung, Lehre und Gemeindepraxis wahrzunehmen und mit Leben zu füllen.
Im Folgenden sollen die bereits erfolgten nationalen und internationalen Dialogprozesse zusammengefasst analysiert werden. Dies soll in einen Ausblick auf die nächsten möglichen Schritte münden. Zunächst muss jedoch in einem ersten Schritt die Differenz zwischen Mennoniten und Baptisten selbst beschrieben werden, denn eine sinnvolle Zusammenfassung dieser beiden Traditionen zu einer Größe als Gegenüber zu anderen Konfessionen ergibt lediglich aus einer distinkten Perspektive einen Sinn: der Entstehungsgeschichte im 16. Jh., der Tauffrage sowie der damit korrespondierenden kongregationalistischen Verfassung als Freikirche. Wählte man andere Kriterien – beispielsweise den Einfluss des Pietismus oder die Friedensethik, so würden sich entsprechend andere Konstellationen ergeben. Diese Realität gilt es in der ökumenischen Forschung stets zu berücksichtigen, um den komplexen Relationen zwischen den verschiedenen Traditionen entsprechend Rechnung zu tragen.11

1. Mennoniten und Baptisten – ungleiche evangelische Freikirchen mit gemeinsamen Wurzeln in der radikalen Reformation
Mennoniten und Baptisten zählen in Deutschland zu den evangelischen »Freikirchen« (Mitglieder der 1926 gegründeten Vereinigung evangelischer Freikirchen, VEF). Diese Bezeichnung ist im globalen Kontext allerdings stärker aus der europäischen Geschichte zu begründen als aufgrund ihres tatsächlichen Gegenübers zu (ehemaligen) Staatskirchen, denn in vielen Ländern, in denen diese Kirchen heute vertreten sind, gab es niemals Staatskirchen. Unter Ablehnung des Territorialprinzips und der Einheit von »Thron und Altar« entstanden in Europa in Folge der Reformation neue »Kirchen«, nicht nur auf dem Kontinent. Auch und gerade in England ergaben sich aus dieser Ablehnung heraus zu Beginn des 18. Jh.s. neue Gruppierungen: Dissenters oder Nonkonformisten.12 Der neuere Begriff der Free Church13 taucht zuerst im 19. Jh. in Schottland bei den Presbyterianern auf.14 »Diese neuen Gruppierungen entwickelten in der Regel ein Kirchenbild, das von der Einzelgemeinde, der congregatio, ausging und das man deshalb als kongregationalistisches Verfassungsprinzip im Gegensatz etwa zu einer monarchisch-papalen oder bischöflichen Verfassung bezeichnet.«15 Dennoch bleibt der Blick für die Universalkirche erhalten, weshalb zu Recht auch von Denominationen (Benennungen) innerhalb der einen Kirche Jesu Christi zu sprechen ist. Erich Geldbach greift – in Aufnahme des Begriffes von George H. Williams – hierzu die treffende Bezeichnung von der »loyalen Opposition« innerhalb der Universalkirche auf.16 Dieses Selbstverständnis kann auf Mennoniten und Baptisten gleichermaßen bezogen werden, bei aller Pluralität innerhalb dieser beiden Denominationen.
Zu Beginn der bilateralen Gespräche zwischen dem Baptistischen Weltbund (BWB, 1905 gegründet) und der MWK (1925 gegründet) stand die Entdeckung, dass die ursprünglichen theologischen Gespräche zwischen Baptisten und Mennoniten bereits im Jahre 1630 zu einem Ende gekommen waren.17 Ziel des neuen Dialogs (1989–1992) war nicht eine Kirchenvereinigung, sondern die jeweilige Geschichte und Theologie sollte zum besseren gegenseitigen Verständnisses dargestellt werden. Konvergenzen oder gar Konsense sollten bei zwei Kirchenverbänden, die sich auf gemeinsame Wurzeln in der Täuferbewegung berufen, nicht überraschen: Baptisten und Mennoniten praktizieren ausschließlich die Glaubenstaufe (Erwachsenentaufe) als Zeichen der freien Antwort des Menschen auf Gottes vorauslaufende Gnade und Vergebung in Christus. Die Taufe wird als Übernahme der Kirchenmitgliedschaft und Verpflichtung zu einem Leben in der Nachfolge angesehen. Das Abendmahl ist in beiden Traditionen in erster Linie Zeichen und Symbol des Leidens und Sterbens Jesu, sodann Ausdruck der Vereinigung (unio) mit Christus und unter den Glaubenden (communio). Für beide ist Kirche folglich zunächst und vor allem die Versammlung der Glaubenden,18 eine freiwillige Gemeinschaft in klarer Unterscheidung zur Gesamtgesellschaft und Trennung von der Staatsregierung.
Ausgehend von diesen Gemeinsamkeiten werden Divergenzen und Konvergenzen dann nicht durch Erforschung historischer Quellen hergeleitet, wie in den meisten ökumenischen Dialogen als methodischer Zugang gewählt. Ausgangspunkt ist vielmehr die gegenwärtige Gestalt der beiden Konfessionen. Hierfür spricht nicht nur die Betonung der versammelten Gemeinschaft als der entscheidenden hermeneutischen Größe überhaupt (radikal verstandenes Priestertum aller Gläubigen), sondern auch das Selbstverständnis als non-credal-churches,19 theologische Aussagen je und je in Auseinandersetzung mit der gegebenen Situation herauszubilden und veränderbar zu halten. Glaubensbekenntnisse stehen hier immer unter einem historischen und kulturellen Vorbehalt und bleiben gleichsam relativiert durch das konsequent angewandte Sola-Scriptura-Prinzip.
Hier lässt sich beobachten, dass diese Freikirchen sich auch in der ökumenischen Methodik durchaus von anderen Traditionen unterscheiden. Dies gilt es zu berücksichtigen, um das Potential ökumenischer Gespräche nicht allein nach der Formulierung theologischer Spitzenaussagen zu bewerten. Eine ernsthafte Diskussion über ökumenische Hermeneutik und Methodik mit den täuferisch-freikirchlichen Traditionen steht noch aus.
Unterschiedliche ekklesiologische Aspekte kommen aufgrund der verschiedenen Schwerpunktsetzung in der Christologie zustande: Baptisten tendierten dazu, den Tod Christi primär als »vicarious, substitutionary atonement for sin« zu interpretieren, während Mennoniten im Kreuzesgeschehen vor allem die Demonstration der mitleidenden Liebe Gottes erkennen, durch die Gott die Welt mit sich selbst versöhnt. Dies korrespondiert mit der Betonung der individuellen, persönlichen Bekehrung bei Baptisten, während bei Mennoniten die Perspektive der Selbstverpflichtung zur Nachfolge Jesu in Gemeinschaft verständlich wird.
In einem ersten Treffen sollten von den jeweiligen Denominationen die wichtigsten »Werte« benannt werden. Während Mennoniten als Erstes die Gemeinschaft der Glaubenden und die Nachfolge Jesu nennen sowie die Dimension der weltweiten Kirche, heben Baptisten zunächst die Religions- und Gewissensfreiheit und Glaubenstaufe hervor. Diese Aufzählungen lassen Schlüsse auf die Divergenzen zu: In der Auflistung der Mennoniten wird systematisch vom zentralen Gemeinschaftsaspekt hin zur Leidensbereitschaft der Einzelnen vorgegangen.20 Die Auflistung der baptistischen Seite folgt hingegen einer anderen Systematik: Die Freiheit (der Einzelnen) ist hier das entscheidende Axiom und findet ihre Korrelation in der Bekenntnistaufe. Diese individuelle Freiheit spiegelt sich dann in der Autonomie der Gemeinde wider sowie in deren Trennung vom Staat.
Baptisten und Mennoniten bekräftigen gemeinsam die Königsherrschaft Christi über die ganze Schöpfung und das menschliche Leben. Von Jesus Christus Zeugnis zu geben in Wort und Tat ist daher essentiell für das Leben der Kirche. Während die baptistische Identität aber stark durch Verkündigung und Evangelisation geprägt ist, mit dem Ziel der Bekehrung der Einzelnen, wird das Missionsverständnis der Mennoniten stärker als Dienst an den Nächsten charakterisiert. Der »Missionsauftrag« (Mt 28) ist zuerst in der caritas, dem Liebesdienst und der Diakonie erfüllt.
Größere Differenzen lassen sich auch in der (Friedens-)Ethik feststellen: Während Baptisten in der Regel die Lehre vom Gerechten Krieg vertreten können, so der Dialog-Text, die den Gebrauch von Gewalt in Kauf nimmt, um eine Ordnung in der sündigen Welt zu erhalten, erkennen Mennoniten in Gewaltfreiheit, Leidensbereitschaft und Wehrlosigkeit fundamentale Aspekte des Kirche-Seins. Aus dem Verständnis der Königsherrschaft Christi ergebe sich die Notwendigkeit des christlichen Zeugnisses auch gegenüber der Regierung sowie die Bereitschaft zur Übernahme sozialer Verantwortung. Geblieben ist die skeptische Haltung gegenüber allem Nationalistischen, während Baptisten oft mit patriotischen Positionen sympathisieren konnten, was in Teilen auch zur Akzeptanz eines theokratischen Modells führte.21 In diesem Sinne kann von einem absoluten Vorrang der Orthopraxie in der mennonitischen Tradition ausgegangen werden. Baptisten hingegen hielten stärker an der Orthodoxie fest.
Inwiefern bleibt die Einheit in diesen Kirchen bewahrt? Diese Frage stellt sich vor allem, wenn berücksichtigt wird, dass in baptistischen wie mennonitischen Gemeinden der Einfluss moderner wissenschaftlicher und geistesgeschichtlicher Entwicklungen zu größten Spannungen und weiteren Fragmentierungen führte. In Teilen führte dies gar in einen Separatismus, um Sicherheit in der Konservierung der Tradition zu finden (vgl. etwa die Amischen in den USA), oder auch zur unkontrollierten Autorität einzelner Persönlichkeiten. Erinnert man die starke Opposition zum römisch-katholischen Autoritätsverständnis hinsichtlich der Tradition und den ausgeprägten Antiklerikalismus auch hinsichtlich des Amtes,22 so erscheint diese Entwicklung geradezu als Paradox.
Von Baptisten wurden seit dem 19. Jh. die Begriffe autonomy und interdependence in dynamischer Spannung gebraucht, um die Spannung von Partikularität und Universalität der Kirche zu beschreiben. Mennoniten und Baptisten hegen einen cautious concern für christliche Zusammenarbeit, die über die konfessionellen Grenzen hinausgeht. Hier zeigt sich ein wachsendes ökumenisches Bewusstsein, sowohl in Bezug auf die innerkonfessionellen Pluralitäten wie in Relation zur geglaubten Universalkirche.
Im Folgenden kann es also durchaus sinnvoll erscheinen, Baptisten und Mennoniten als eine gemeinsame Größe anderen Konfessionen gegenüberzustellen, wenn im Bewusstsein bleibt, dass die »Linse«, mit der diese Traditionen hier in Augenschein genommen werden, dadurch einerseits verengt wird und wichtige Teilaspekte ihrer unterschiedlichen Identitäten so kaum zu erfassen sein werden.23 Andererseits erleichtert diese Vergröberung die pointierte Herausstellung der Differenzen gegenüber anderen Hauptlinien innerhalb der einen Kirche Jesu Christi.

2. Bilaterale Gespräche mit Kirchen der täuferischen Tradition
2.1 Gemeinsam berufen Friedensstifter zu sein! Zu den Dialogen mit Katholiken

Im Mennonitischen Lexikon (von 1937) wird noch resümiert: »Hier liegen unüberbrückbare Gegensätze zwischen Katholizismus und Täufertum vor«.24 Katholiken sahen in den Kirchen täuferischen Ursprungs vor allem schismatische und häretische Sekten, die einer pelagianisch ausgerichteten Theologie des freien Willens folgen und eine sakramental vermittelte Gnade ablehnen.25 Erst die durch das II. Vatikanum vollzogene Neuorientierung des Verhältnisses zu anderen Konfessionen befreite allmählich zu eine differenzierten Sicht. Auf täuferischer Seite trug stets ein latenter Antiklerikalismus, der sich mehr oder minder explizit im Antikatholizismus äußerte, zur eigenen Identitätsbildung bei.
Die sich hier begegnenden Gesprächspartner könnten unterschiedlicher kaum sein: hier die zentralistisch strukturierte Weltkirche mit ihren vielen hundert Millionen Mitgliedern, dort die radikal kongregationalistisch aufgebaute Minderheitskirche (ausgenommen vielleicht die großen Baptistenkirchen in den USA); hier die hochkirchliche Amtskirche mit ihrer ausgeprägten Sakramentenlehre, dort die basisorientierte, eher von Laien getragene Gemeindekirche, die der praktischen Lebensgestaltung in der Nachfolge Christi bzw. der Bekehrung Einzelner immer den Vorrang vor der einheitlichen Lehre gab; hier die traditionsbewusste, auf die apostolische Sukzession sorgsam achtende Hierarchie, dort die auf die jeweils gegenwärtigen Herausforderungen ausgerichtete Versammlung der Glaubenden an einem Ort; hier gar ein eigener »Staatsapparat« mit diplomatischen Beziehungen, dort die seit der Reformationszeit vom Staat klar getrennte »Gegenkultur« einer Freikirche.
Der internationale Dialog zwischen dem BWB und der römisch-katholischen Kirche fand bereits in den Jahren 1984–1988 statt und konzentrierte sich auf ein gemeinsames Anliegen: die »Aufforderung zum Christuszeugnis in der heutigen Welt«.26 Im Jahr 2006 wurde der Gesprächsgang neu aufgenommen – im Nachgang zur Erklärung Dominus Iesus27 der vatikanischen Glaubenskongregation (noch kein Bericht veröffentlicht).
»Im Geist der Freundschaft und der Versöhnung« fanden 1998–2003 Gespräche zwischen dem päpstlichen Rat zur Förderung der Einheit der Christen und der MWK statt.28 Neben der Diskussion der einschlägigen trennenden wie verbindenden Theologumena (Ekklesiologie, Taufe und Abendmahl) fällt die Deutung der gemeinsamen Geschichte als vielversprechender Schritt auf dem Weg zur Versöhnung ins Gewicht. Zeitgenössische historische Studien weisen auf mittelalterliche Quellen einer Spiritualität hin, die Katholiken und Täufern/Mennoniten gemeinsam ist. Dahinter mag die elementare Erkenntnis sichtbar werden, dass viele schmerzhafte Trennungen nicht allein aus unterschiedlichen theologischen Einsichten erwachsen, sondern unterschiedliche Geschichtsinterpretationen ein angemessenes Verständnis der jeweiligen theologischen Aussagen der Anderen verhindern. Konfessionen entwickeln ihre eigene Deutung der Geschichte, heben naturgemäß die für sie prägenden Epochen besonders hervor und zeigen vor allem an den Bruchstellen zu Anderen eine eigene Lesart der Ereignisse, die ihre in diesen Konfliktsituationen gewonnenen theologischen Erkenntnisse plausibel machen. So erklären sich Geschichtsdeutung und zu Bekenntnistexten geronnene Einsichten oft gegenseitig, was vor allem in der Beschreibung der historischen Entwicklungen zu Einseitigkeiten führen konnte. Dadurch festigen sich dann negative Perspektiven auf die jeweils Anderen und verengende Stereotypen bilden sich heraus, die in Zeiten großer theologischer Polemik geprägt wurden. Der Dialog bringt dagegen die Hoffnung zum Ausdruck, dass eine gemeinsame Erinnerung der Geschichte schließlich »aus dem Gefängnis der Vergangenheit befreien« kann und zur »Heilung der Erinnerungen« führt. Von diesem Ziel ist die Gliederung der einzelnen Gesprächsgänge bestimmt. Zu den jeweils ausgesuchten theologischen Themen wurden parallel entsprechende Interpretationen historischer Ereignisse oder Epochen diskutiert, die die Trennungen verursacht bzw. sichtbar gemacht haben: Konstantinische Ära, Mittelalter, 16. Jh.
Der Titel des Abschlussdokumentes deutet an, dass im Besonderen die gemeinsame Berufung zum Friedensstifter-Sein motivierte und interessierte. Die gemeinsame Überzeugung, dass »der Friede die Mitte des Evangeliums ist«, wird als besonders zwingender Grund für den Dialog angesehen. Mit erstaunlich weitreichenden Konvergenzen hinsichtlich der Friedenstheologie ist eine umfangreiche, theologisch begründete Berufung und Verpflichtung der Kirche zur Friedensstiftung gemeinsam formuliert, die sich der eschatologischen Dimension bewusst bleibt. Dieses Kapitel scheint der Teil des Dialogs zu sein, der das veränderte Verhältnis zwischen Katholiken und Mennoniten am sichtbarsten macht – und eine zuvor ungeahnte Nähe zueinander beschreibt. In der Folgezeit wird das in einem aus dem Dialog hervorgegangenen Anschlussdokument weiter konkretisiert, das sich als gemeinsamer Beitrag der römisch-katholischen Kirche und der MWK zur ÖRK-»Dekade zur Überwindung von Gewalt« (2001–2010) verstand.29
Trotz der erheblichen theologischen Differenzen erlaubt es der »substantielle Gehalt des apostolischen Glaubens«, den man sich nun gegenseitig bescheinigt und gemeinsam feststellt, dass sich die Mitglieder der katholischen und die der mennonitischen Delegation gegenseitig »als Brüder und Schwestern in Christus« bezeichnen. Sich gegenseitig auch als »Kirche« im Vollsinn anzuerkennen, verhindert freilich (noch) das ekklesiologische Selbstverständnis, zumindest jenes, wie es von der Glaubenskongregation formuliert wurde.30
In Nordamerika hat sich inzwischen ein fester Arbeitskreis von mennonitischen und katholischen Theologen und Theologinnen gebildet (Bridgefolk), die das Verhältnis zueinander – ohne offiziellen Auftrag – weiter klären.31 In Deutschland pflegt die Deutsche Bischofskonferenz seit 2002 in regelmäßigen Fachtagungen den theologischen Austausch mit den Freikirchen, an denen baptistische wie mennonitische Theologen beteiligt sind.32

2.2 Heilung der Erinnerungen! Zu den Dialogen mit Lutheranern
Der internationale Dialog zwischen dem BWB und dem LWB fand bereits in den Jahren 1986–1989 statt,33 in dem das multilaterale Lima-Dokument der Kommission für Glauben und Kirchenverfassung des ÖRK einen wichtigen Bezugspunkt darstellte.34 Von 2005–2008 erfolgte ein internationaler Dialog zwischen dem LWB und der MWK, der schließlich in jener eindrucksvollen Versöhnungsfeier (Stuttgart 2010) seinen Höhepunkt fand.35 Diese internationalen Dialoge konnten auf die Ergebnisse mehrerer nationaler Dialoge zurückgreifen und verdeutlichen somit zugleich exemplarisch, wie sinnvoll »Vorarbeiten« aus einzelnen Kontexten genutzt werden können: in Frankreich (Mennoniten 1981–1984, Baptisten 2001–2007), in Deutschland (Baptisten 1980/8136, Mennoniten 1989–1992) und in den USA (Mennoniten 2002–200437). Baptisten führen derzeit außerdem einen Dialog mit der Kirche von Schweden, bereits 1989 gab es ein Gespräch mit der Kirche von Norwegen.
Im Anschluss an den Dialog in Frankreich betonte Marc Lienhard bereits in den 1980er Jahren, dass man vom harten Gegeneinander des 16. Jh.s zu einer »Proexistenz« gelangt sei, die mehr als friedliche Koexistenz sei. »Das lutherisch-mennonitische Verhältnis in Frankreich stellt ein interessantes Beispiel von Anerkennung ohne wirkliche Kirchengemeinschaft dar …«.38
Motiviert waren diese Dialoge durchgängig von dem Willen, die harschen Verwerfungen der Täufer durch die Confessio Augustana (CA, 1530) zu überprüfen. In Deutschland kamen die entscheidenden Impulse, sowohl mit Mennoniten wie mit Baptisten, aus den Feierlichkeiten zum 450-jährigen Jubiläum der CA:39 Wie sollten die Nachkommen der in diesem Text »Verdammten« als heutige ökumenische Geschwister mitfeiern können?40
Eindeutig festgestellt wird zunächst, dass die Autorität der Glaubensbekenntnisse in beiden Traditionen dem sola Scriptura nachgeordnet ist. Dass es legitim sei, sich gegen Irrlehren abzugrenzen, wird von lutherischer Seite (mit Bezug auf Mt 10,32) begründet und im Sinne der Intention zur Einheit der Kirche interpretiert. Nicht im Blick ist, dass mit ebendieser Argumentation auch Täufer/Mennoniten die Gemeinderegel (nach Mt 18) begründet haben und dies einen frühen Ansatz der gewaltfreien Konfliktregelung darstellt. Schließlich ging es auch hier um den Erhalt der inneren Einheit der Gemeinde. Der Unterschied ergibt sich in der Kriterienwahl: hier die Orthopraxie, dort die Orthodoxie; hier kommt der versammelten Gemeinde oberste Autorität zu, dort dem Kirchen- und Lehramt.
Eindeutiger als in Dialogen mit anderen Kirchen wird herausgearbeitet, wie sich aus der mennonitischen Tradition allmählich eine Ekklesiologie der missionarischen Kirche (das war im Dialog mit den Baptisten gerade bestritten worden) herausbildet, obwohl sie im Laufe des 20. Jh.s in Teilen »volkskirchlichen Charakter« hinsichtlich ihrer Adaption der herrschenden Kultur angenommen habe. Umgekehrt findet sich in der lutherischen Tradition die Ekklesiologie einer Volkskirche, obwohl sie im säkularisierten Kontext gegenwärtiger Gesellschaftsformen wieder mehr und mehr den »missionarischen Charakter« annimmt. Diese »soziologische Konvergenz« könnte in weiteren Dialogen stärkere Berücksichtigung finden, denn dadurch lassen sich mehrere divergierende, früher kirchentrennende Aussagen als perspektivisch komplementär beschreiben: Das recte credere und das recte vivere stehen nicht im Widerspruch zueinander, sondern verhindern erst in ihrer Komplementarität die Gefahren der Werkgerechtigkeit einerseits und der »billigen Gnade« andererseits. Für die Ekklesiologie lässt sich analog erkennen: Die Vorstellung von der Kirche als corpus permixtum (bei Lutheranern) bzw. als »bekennende Gemeinde« (bei Mennoniten) illustrieren unterschiedliche Perspektiven und führen erst dann zu Einseitigkeiten, wenn sie voneinander nicht nur unterschieden, sondern getrennt werden. In den unterschiedlichen Auffassungen zu Taufe und Abendmahl kommt diese Komplementarität nochmals zum Ausdruck: die nicht voneinander zu trennenden Aspekte von vorauslaufender Gnade, Glaube und Bekenntnis. Allerdings deutet die Frage, ob diese zusammengehörenden Aspekte denn zeitlich auseinandertreten können, womöglich doch auf tiefer liegende Divergenzen, deren Bewertung weiteren Gesprächen überlassen werden muss.
Das Gleiche gilt wohl auch für die theologischen Begründungen, die erst in den ethischen Explikationen ihren unterscheidenden Charakter offenbaren, im Falle der Mennoniten bei der Frage der Gewaltfreiheit. Eine Kirche, die den Anspruch der Volkskirche in sich trägt, wird eher zu Erklärungen neigen, die aufzeigen, in welchen Fällen Gewalt (violence) – freilich als ultima ratio – doch legitim erscheint. Und eine »Bekenntniskirche«, ihrem Selbstverständnis entsprechend nachfolgende und prophetische Kirche, die den volkskirchlichen Anspruch ablehnt, wird performatives Modell sein wollen für eine Qualität von alternativer Gemeinschaft, in der die Ausübung von Gewalt (violence) keine Option mehr darstellt. Der mit dem Modell der Volkskirche korrespondierenden Säuglingstaufe wird entsprechend als Notwendigkeit das freie, individuelle Glaubensbekenntnis des mündigen Menschen gegenübergestellt, das auf die Sichtbarkeit der Nachfolge ausgerichtet ist. Insofern sind die Tauffrage und das Friedenszeugnis dann wieder eng miteinander verbunden und deuten schließlich auf die grundsätzlicheren, bleibenden Divergenzen innerhalb der Ekklesiologie.
Der baptistisch-lutherische Dialogbericht stellte schließlich fest: »In der heutigen Beziehung zwischen Lutheranern und Baptisten bleibt lediglich die Lehre über die Taufe in CA9 umstritten. Die anderen Verwerfungen gelten nicht für die Baptisten heute, und selbst im 16. Jh. basierten sie häufig auf einer undifferenzierten Beurteilung der verschiedenen Strömungen des ›linken Flügels‹ der Reformation.«41 Auch der mennonitisch-lutherische Dialog formuliert ähnlich, dass die Verwerfungen in der CA die heutigen mennonitischen Gesprächspartner nicht träfen – im Falle von CA16 nicht mehr in demselben Maße. Neben der Tauffrage bleibt hier die Friedensethik als bleibende Differenz im Blick.
Allerdings wird diesen weiterhin bestehenden Unterschieden keine kirchentrennende Bedeutung mehr zugemessen. Aufgrund der Inkompatibilität von synodal/episkopaler Verfassung einerseits und kongregationalistisch/synodaler Struktur andererseits konnte statt der vollen Kanzel- und Abendmahlsgemeinschaft immerhin eine »Eucharistische Gastfreundschaft« erklärt werden.

2.3 Christus ist unser Friede! Zu den Dialogen mit Reformierten
Aus der Erinnerung an die Verdammungen der Täufer auch in den reformierten Bekenntnisschriften wurden die Diskussionen im Laufe mehrerer Begegnungen in den neuralgischen Punkte vertieft: Taufe, Friedensethik, das Verhältnis von Kirche und Staat.
Baptisten starteten bereits 1973 (bis 1977) auf internationaler Ebene einen Dialog mit dem Reformierten Weltbund (RWB, seit 2010 in der Weltgemeinschaft Reformierter Kirchen aufgegangen),42 da sie »in ihrer Geschichte eine gemeinsame Wurzel, die sich durch die Reformationszeit und die frühen Kirchenväter zum Neuen Testament verfolgen lässt«, erkannten.43
1983 kam es in der Schweiz zu einem gemeinsamen Abendmahlsgottesdienst mit Vertretern der Evangelisch-Reformierten Kirche des Kantons Zürich, der Baptisten und der Mennoniten, in dem die Reformierten ein Schuldbekenntnis in Form eines Gebets formulierten. Dieser Schritt eröffnete die Möglichkeit zum Dialog auf internationaler Ebene zwischen dem RWB und der MWK. Aufgrund des gemeinsamen reformatorischen Erbes konnten weitreichende theologische Konvergenzen festgestellt werden: Die Exklusivpartikel solus Christus, sola Scriptura, sola gratia und sola fide gelten als gemeinsame Grundlegung aller theologischen Reflexion. Gleichsam ist für beide Traditionen die Betonung der Heiligung des Lebens – in Abhängigkeit von der Rechtfertigung aus Gnade – charakteristisch. Christen schulden in ihrer Lebensgestaltung Christus gegenüber Gehorsam, im öffentlichen wie im privaten Leben. Die Dimension der Gemeinschaft wird in beiden Konfessionen betont, je auf unterschiedliche Weise, doch in gemeinsamer Opposition zu »Sakramentalismus und Ritualismus«.
Reformierte wie Mennoniten sahen sich vor allem aufgrund veränderter gesellschaftlicher Bedingungen zu einem erneuten Aufeinander-Zugehen ermutigt, denn im Gegensatz zum Europa der Reformationszeit, das durch das corpus christianum eine relative Einheit bildete, fänden sich heute beide als Minderheiten in pluralen Gesellschaften wieder. Die traditionellen reformatorischen Topoi sollten daher im veränderten, säkularisierten Horizont wahrgenommen werden, damit sie zur gemeinsamen Erfahrung würden. So rückte die Auseinandersetzung über das Wesen der Kirche vor allem im Blick auf ihre ethischen Implikationen in den Mittelpunkt: das Verhältnis zu den »Mächten und Gewalten« (politisch, sozial, ökonomisch), Fragen nach Krieg und Frieden, Gewalt und Gewaltlosigkeit, die Gestalt christlicher Nachfolge und in diesem Kontext dann auch die Bedeutung und Gestaltung der Taufe, schließlich die Eschatologie. Sobald der veränderte Kontext einer pluralistischen, säkularisierten Gesellschaft gegenüber jenem des 16. Jh.s wahrgenommen ist, kann das corpus christianum nicht mehr die Negativfolie sein, von der sich täuferische Positionen abheben. Vielmehr ist nun eine gemeinsame gesellschaftliche Partizipation mit dem Ziel der Erneuerung angestrebt, worin sich die öffentliche Verantwortung der Kirche zeigt. Die transformierende Funktion des christlichen Glaubens in Bezug auf die herrschende Kultur wird nun gemeinsam betont.
Am Ende des Klärungsprozesses konnte von reformierter Seite erklärt werden, dass »die Verwerfungen den heutigen mennonitischen Partner nicht treffen und der Gemeinschaft nicht im Wege stehen dürfen.« Divergenzen seien nicht allein zwischen den Konfessionen, sondern auch innerhalb der jeweiligen Tradition festzustellen. Im Blick auf die Methodik des Dialogs stellt sich daher für beide Traditionen die generelle Frage, wie eine in sich plurale Konfession verbindliche Aussagen eingehen kann.
In jüngster Vergangenheit ist insbesondere in der Schweiz das Interesse aneinander weiter gewachsen, so dass der Schweizerische Evangelische Kirchenbund und die Konferenz der Mennoniten in der Schweiz 2006–2009 einen offiziellen Dialog führten.44 Begleitet wurde dieser Dialog durch vielfältige Veranstaltungen zur Erinnerung an die Ursprünge der Täuferbewegung in der Schweiz45 sowie zur Aufarbeitung des Bruchs zwischen der zwinglischen und der radikalen Reformation.46

2.4 Gemeinsame Teilhabe an der Mission Gottes. Zum Dialog mit den Anglikanern
Nachdem in verschiedenen Regionen der Welt bewährte Partnerschaften entstanden waren, führte der BWB in den Jahren 2000–2005 einen internationalen Dialog mit der Anglikanischen Gemeinschaft, vorrangig, um den »Glauben gemeinsam zu bekennen und sich miteinander an der Mission Gottes zu beteiligen«.47 Interessant ist hierbei zunächst die ungewöhnliche Gesprächsmethodik: Bei den in den verschiedenen Regionen der Welt durchgeführten Gesprächen setzte sich die Kommission je neu zusammen, um die Kontextualität der Gemeinderealitäten zu berücksichtigen. »Das Gewicht der unterschiedlichen regionalen Kontexte spiegelt sich darin wieder, dass der Bericht ausdrücklich notiert, welche Aspekte des Themas in welcher Region auf welche Weise thematisiert wurden«.48 So bleibt die Kontextabhängigkeit mancher theologischen Aussagen sowie die Pluralität innerhalb der jeweiligen Weltgemeinschaften nicht mehr unberücksichtigt, was das ökumenische Gespräch nicht einfacher macht, aber die kirchlichen Wirklichkeiten realitätsnäher wiedergibt, als andere internationale Dialoge dies bisher vermochten. Dies kommt insbesondere dem kongregationalistischen Verständnis der täuferischen Kirchen entgegen. Es überrascht dann allerdings auch nicht, dass der Bericht eher deskriptiv bleiben musste.
Obwohl Anglikaner und Baptisten ein hohes Maß an Konvergenzen feststellen, bleiben auch hier gerade in der Tauffrage beträchtliche Unterschiede. Der Bericht zeige, so Swarat, dass »eine große Mehrheit der Baptistengemeinden« nur solchen Christen eine Kirchenmitgliedschaft zuerkennt, die aufgrund ihres Glaubens – also als mündige Menschen ihren eigenen Glauben bekennend – getauft sind. Damit ist die Verweigerung der Anerkennung einer Säuglingstaufe durch Baptisten dokumentiert, was Anglikaner wiederum dazu führt, Baptisten nicht als Kirche anzuerkennen. Umgekehrt scheinen Baptisten keine Schwierigkeit zu sehen, die Anglikanische Gemeinschaft als Kirche anzusehen, da ihnen die Taufe »nur ein Stück neben anderen ist«.49 Als weiterer Grund für die Nicht-Anerkennung wird von Anglikanern genannt, dass bei Baptisten die Ordinationen durch Personen erfolge, die nicht in der bischöflichen Sukzession stünden. Dies jedoch scheint im Widerspruch zu stehen zu der gemeinsamen Aussage im selben Dialog, dass die Apostolizität der Kirche in der Sukzession »des Glaubens« bestünde, der von der gesamten Gemeinschaft des Gottesvolkes empfangen und weitergegeben werde.50

2.5 Weitere bilaterale Dialoge: möglich und nötig
Die enge Verzahnung der Tauffrage mit jener der Kirchenzugehörigkeit tritt in allen Dialogen deutlich hervor. Kann es unterschiedliche Weisen der Mitgliedschaft geben? Hier könnte m. E. der Dialog mit den Methodisten hilfreich sein, die eine »gestufte« Mitgliedschaft kennen und praktizieren. Stehen sich diese Traditionen einerseits in Fragen des Zusammenhangs von vorauslaufender Gnade und Heiligung des Lebens bzw. der Nachfolge sehr nahe, so unterscheiden sie sich doch wieder elementar in der Taufpraxis. In zukünftigen Gesprächen könnte es äußerst bereichernd sein, in der entscheidenden Differenz zwischen Kirchen der täuferischen Tradition und jenen, die (auch) die Säuglingstaufe praktizieren, Methodisten als »dritte« Position zu beteiligen – wie in dem Gesprächsprozess der GEKE bereits geschehen (s. u.).
In Italien haben sich Waldenser, Methodisten und Baptisten bereits 1990 – auf der Basis der Gesprächsergebnisse des internationalen baptistisch-reformierten Dialogs – gegenseitig als Kirchen anerkannt, ohne jedoch die Differenzen in der Tauffrage völlig zu klären.51 Offensichtlich schien dies für die Erklärung der Kirchengemeinschaft in diesem Kontext nicht notwendig. In Schweden wächst derzeit eine vollständige Kirchengemeinschaft zwischen Methodisten, der Missionskirche (Mission Covenant Church) und den Baptisten.
Seit 40 Jahren wachsen in England »Local Ecumenical Partnerships« zwischen Baptisten, Methodisten und Reformierten, in denen es auch verbindliche Vereinbarungen über die Taufpraxis gibt. Die Erfahrungen aus diesen gewachsenen ökumenischen Beziehungen auf nationaler Ebene sollten für die nächsten Schritte auf europäischer wie auf internationaler Ebene fruchtbar gemacht werden.52
Von 1994–1997 führte der BWB mit dem Ökumenischen Patriarchat von Konstantinopel Vorgespräche über die Aufnahme eines offiziellen Dialogs, die aber offensichtlich von orthodoxer Seite »ohne Begründung« abgebrochen wurden.53 Ein umfänglicher Dialog zwischen Kirchen der täuferischen Tradition mit den orthodoxen Kirchen ist dringend geboten, da es gerade zwischen diesen Traditionsströmen innerhalb der einen Kirche Christi immer wieder zu groben Missverständnissen (Vorwurf der Proselytenmacherei) und Stereotypen-Bildungen kommt, gerade in Kontexten, in denen die orthodoxe Kirche traditionell die Mehrheit bildet (Osteuropa, Äthiopien, u. a. m.).
Im Juli 2011 startete die MWK in die erste Gesprächsrunde mit der Generalkonferenz der Siebenten-Tags-Adventisten.54 Obwohl die historischen Entstehungskontexte grundlegend verschieden sind (Adventisten finden ihren Ursprung im Second Great Awakening des 19. Jh.s in den USA), haben beide Minderheitskirchen doch mehr gemeinsam, als auf den ersten Blick erwartet wurde: »They share a desire to recover the authenticity and passion of the New Testament church, a similar understanding of Christian history, and a strong commitment to be followers of Jesus in their personal lives and in their corporate witness to the world.«55 Entsprechend praktizieren beide Traditionen allein die Taufe der Gläubigen. Gemeinsam verstehen sie ihren Auftrag zur Gestaltung des christlichen Lebens mitten »in der Welt«, wenn sie selbst auch nicht »von der Welt« seien. – Hier spielen also weder die sonst so dominanten Fragen der Verdammungen der Täufer im 16. Jh. eine Rolle noch die Differenzen in der Tauffrage.

2.6 Auf dem Weg zu einer Ökumenischen Sozialethik? Multilaterale Gespräche
Neben den zahlreichen bilateralen Dialogen finden sich breit angelegte, nationale oder internationale ökumenischen Studienprozesse, in die Mennoniten und Baptisten eingebettet sind, und die in ihrer Bedeutung für die ökumenische Bewegung insgesamt nicht minder wichtig sind. Die Darstellung der Beteiligung an und des Einflusses dieser Kirchen auf solche multilateralen ökumenischen Prozesse kann hier nicht geleistet werden. Zu den bedeutendsten zählen sicherlich die Konvergenzerklärungen der Kommission für Glauben und Kirchenverfassung des ÖRK (Lima-Dokument) 1982.56
Eine besondere, allerdings wenig rezipierte mulilaterale Begegnungsebene bildeten die in den 1980er Jahren begonnenen multilateralen Gespräche zum gemeinsamen Erbe der Reformation(en). Sie führten zunächst eine Gruppe von Kirchen zusammen, die in der Kirchengeschichtsschreibung oftmals in einer gemeinsamen Traditionslinie verortet wurden, bis dahin aber keine direkten Gespräche in solcher Zusammensetzung geführt hatten: die Kirche der Waldenser und die Hussitische Kirche, die Evangelische Kirche der Böhmischen Brüder, Mennoniten, Hutterer, die Kirche der Brüder, die Herrnhuter Brüdergemeine und die Gesellschaft der Freunde (Quäker).57 Die Begegnungen waren durch die Frage motiviert, ob es aus der Perspektive dieser Kirchen einen gemeinsamen Beitrag zur neueren ökumenischen Bewegung gebe: zur Herausforderung durch Situationen von Gewalt und Ungerechtigkeit, insbesondere im Blick auf die damit verbundenen ökonomischen Fragestellungen. Gerade diese Traditionen trügen doch eine ausgeprägte Hoffnung auf die transformierenden und erneuernden Kräfte des Evangeliums in sich: Die »Erste Reformation«, die sich in den waldensischen (12. bis 13. Jh.) und den hussitischen Bewegungen (15. Jh.) zeigte, setzte Glaubensperspektiven frei, die spätere reformatorische Kräfte inspirierte. Sie waren getragen »von dem Glauben, dass Jesus Christus der Herr der Welt sei und dass die Sozialordnung von seiner Herrschaft geprägt sein solle«.58 – Durchaus selbstkritisch gehen diese heutigen Vertreter mit ihrer eigenen Tradition um und suchen die leitenden theologischen Axiome im Gespräch mit Anderen in die Gegenwart zu übersetzen. Und ebendies charakterisiert auch die Erben der »radikalen Reformation« des 16. Jh.s.59
Nach drei Treffen sahen sich die Gesprächspartner herausgefordert, Vertreter der »Zweiten Reformation« (magisterial reformation) lutherischer, calvinistischer und zwinglischer Prägung in die Dialoge aufzunehmen, da zunehmend erkennbar wurde, dass deren Einsichten als elementare Ergänzungen zur je eigenen Tradition hinzukommen könnten. Auch die magisterial reformation knüpfe ja in gewisser Weise an frühere Reformbestrebungen an, hebe aber stärker die Rechtfertigung allein aus Gnaden durch den Glauben sowie die Freiheit durch das Evangelium hervor. – Diese Konsultation in Genf wurde vom RWB in Kooperation mit dem LWB und der MWK organisiert. Selbst Vertreter der methodistischen, baptistischen und auch der römisch-katholischen Kirche waren anwesend. Könnten die Kirchen heute – durch ein gemeinsames Verständnis und eine gemeinsame Interpretation ihres Erbes der Reformation(en) – einen gemeinsamen Beitrag zur ökumenischen Sozialethik leisten? Die anschließenden Gespräche beschäftigten sich mit dem Verhältnis von Rechtfertigung und Heiligung (1998),60 dem »Leben in Christus« (2000) und der Bedeutung reformerischer und prophetischer Bewegungen für Kirche und Gesellschaft (2003).61

3. Spezifische Herausforderungen in den ausstehenden Dialogen mit Kirchen der täuferischen Tradition
3.1 Die eine Taufe?

Die Frage der Lehrkonvergenzen im Hinblick auf die unterschiedliche Taufpraxis ist zuletzt ausführlich im Gespräch zwischen der Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa (GEKE) und der Europäischen Baptistischen Föderation (EBF) diskutiert worden.62
Für die Kirchen der GEKE ist die Einheit der Kirchengemeinschaft gegeben, »sobald die Verkündigung des Wortes und die Verwaltung der Sakramente als evangeliumsgemäß wechselseitig anerkannt werden. Ist dies der Fall, muss die Kirchengemeinschaft erklärt werden und die Gemeinschaften erkennen sich wechselseitig als wahre Verwirklichung der einen Kirche Jesu Christi an.«63 Diese evangelische Gemeinschaft von Kirchen verlangt also nicht die Anerkennung einer fremden Tauflehre, wohl aber die Anerkennung, dass die je andere Lehre auch »evangeliumsgemäß« ist. Dieses Kriterium aber ist, wie in allen Dialogen zu sehen war, auch für die täuferischen Kirchen maßgeblich. Für sie wäre folglich die entscheidende Frage, ob die Säuglingstaufe, wie sie in den anderen Kirchen der Reformation vollzogen wird, beanspruchen kann, auch evangeliumsgemäß zu sein.
Das Gespräch zwischen GEKE und EBF konzentriert sich zunächst auf das Prozesshafte christlicher Initiation: »So ist die Taufe das Zeichen und das zentrale Ereignis der Initiation oder der Anfang des christlichen Lebens, jedoch nicht das Ganze des Anfangs. Die Initiation ist nicht vollkommen, wenn die Taufe nicht durch die Buße und eine anfängliche christliche ›Nahrung‹ (Unterweisung) begleitet wird, bis der Punkt erreicht wird, an dem ein Mensch Gott sein dankbares ›Ja‹ sagen kann, an dem er zum Dienst in der Welt verpflichtet wird und zum ersten Mal am Abendmahl teilnimmt.«64 Der Fokus dieses Prozesses bleibt freilich das eigentliche Taufgeschehen, und die beteiligten Kirchen fragen folgerichtig, ob es möglich sein könnte, »die verschiedenen Formen der Taufe an verschiedenen Punkten innerhalb eines gemeinsam verstandenen Prozesses der christlichen Initiation einzuordnen.«65
Baptisten blieben im weiteren Gesprächsverlauf allerdings dabei, dass sie sich »durch ihr Verständnis der biblischen Zeugnisse dazu verpflichtet« fühlen, »nur die Taufe von gläubigen Jüngern als evangeliumsgemäß zu praktizieren.« Damit ist aber im Grunde noch keine Aussage getroffen, ob die Säuglingstaufe der anderen nicht auch »evangeliumsgemäß« sein kann und man dennoch bei der eigenen traditionellen Praxis der Erwachsenentaufe bleibt, weil dies als das »deutlichste« Zeugnis erkannt wurde. Hier konnte es nicht zu einer Erklärung kommen, dass man in Zukunft stets auf die »Taufwiederholung« verzichten würde. Das sei insbesondere dann der Fall, wenn auf eine Säuglingstaufe keine christliche Unterweisung erfolgt sei.66 M. E. müssten auch die anderen Kirchen in solchen Fällen sagen, dass sie eine solche Taufe dann zumindest als einen unvollständigen Initiationsprozess betrachten. Wenn aber hier gemeinsam von einem unvollständigen Initiationsprozess gesprochen werden könnte, dann dürfte das gerade nicht zur Folge haben, erneut den Wasser-Ritus vollziehen zu wollen, sondern vielmehr, dass sich die Gemeinschaft der Gläubigen auf die noch ausstehenden Aspekte zur Vervollkommnung der Initiation zu richten hätte.67
Immerhin kam es in der Folge dieser Annäherung im Jahr 2010 zu einer vertiefenden »Vereinbarung zwischen der EBF und der GEKE, miteinander kooperierende Körperschaften zu werden«,68 da man erkannt hatte, dass »die Baptisten das gemeinsame Verständnis des Evangeliums teilen«. Damit sei eine für beide Körperschaften »neue Form ökumenischer Beziehungen in Vertragsform gegossen«, urteilt Uwe Swarat.69
Eine bayerische Lutherisch-Baptistische Arbeitsgruppe (BALUBAG) legte kürzlich – nach sechs Jahren eines intensiven theologischen Dialogs – ein beeindruckendes, aber streitbares Konvergenzdokument vor, in dem das gemeinsame Verständnis der Rechtfertigung zur Voraussetzung der bleibenden Differenz in der Taufpraxis genutzt wird. Der erreichte Grundkonsens beider Kirchen wird hier als so tragfähig erachtet, »dass sich die lutherische Seite vorstellen kann, solche Taufen bei bereits im Säuglingsalter Getauften im Einzelfall aus seelsorgerlichen Gründen zu dulden, wenn diese Praxis nicht mehr den Regelfall kirchlichen Handelns in baptistischen Gemeinden darstellt. Die baptistische Seite kann sich vorstellen, solche Taufen so zu gestalten, dass dabei eine Tauferinnerung zur Geltung kommt.«70 Auf dieser Basis empfehlen die Gesprächspartner ihren Kirchen die Aufnahmen der Kirchen- und Abendmahlsgemeinschaft. – Die Diskussionen hierüber halten in den jeweiligen Kirchen an.71
Der im Dezember 2012 begonnene internationale trilaterale Dialog zwischen Vatikan, LWB und MWK wird sinnvollerweise an solche Gesprächsgänge anknüpfen wie auch die bereits erreichten Konvergenz-Formulierungen in anderen multilateralen Begegnungen berücksichtigen müssen.72

3.2 Die Interdependenz von Katholizität und Friedenszeugnis
Nach mennonitischem Verständnis ist die letztliche Aufhebung aller Lehrdifferenzen keine zwingende Voraussetzung für eine sichtbare Einheit, wie sie selbst in ihrer kongregationalistisch verfassten Pluralität belegen kann.73 Aber diese Pluralität muss auf eine versöhnte Verschiedenheit74 in der Gemeinschaft der Kirchen zielen, denn das Friedenszeugnis der Kirche findet auch hierin seine Bewährung und Glaubwürdigkeit. Ökumenische Dialoge sind daher kein Selbstzweck. Die eigentliche Motivation erwächst aus dem ernsthaften Bemühen um die Glaubwürdigkeit des christlichen Zeugnisses. Eine Kirche, die in einzelne, sich gegenseitig verurteilende »Kirchentümer« zerfällt, kann in ihrer Verkündigung – in Wort und Praxis – kaum überzeugen. Begreift man die Kirche Jesu Christi in ihrer wahren Katholizität, in ihrer eigentlichen und allumfassenden Einheit im christlichen Bekenntnis zum trinitarisch verstandenen Gott und beschränkt sie nicht künstlich auf die eigene konfessionelle Ausprägung, dann muss das Bemühen um die sichtbare Einheit dieser Kirche Christi einen zentralen Ort im Leben wie im Bekenntnis der einzelnen Glaubenden und der Konfessionsfamilien einnehmen.
Für die Historische Friedenskirche der Mennoniten bleibt die Stellung zur Gewalt(freiheit) eine entscheidende. Für sie ist dies die konsequente Außenseite einer tiefer begründeten Friedenstheologie und Ekklesiologie. Wenn es dieser Friedenskirche in der Vergangenheit durch Verdammungen und Verfolgungen oftmals nicht möglich war, Versöhnung auch im Verhältnis zu den anderen Konfessionen zu verwirklichen, sondern oft nur der Weg in die (manchmal trotzige) Separation blieb, so eröffnet sich mit Beginn der neueren ökumenischen Bewegung und der Bereitschaft der Konfessionen zu ökumenischen Dialogen nicht nur eine Chance, sondern geradezu eine Verpflichtung, ihre Friedenstheologie auch in den interkonfessionellen Verhältnissen der Bewährung auszusetzen und auf diese Weise auch im Verhältnis zu den Schwesterkirchen eine Ethik der Gewaltfreiheit zu praktizieren, damit die geglaubte Möglichkeit der Versöhnung in Christus zur erfahrbaren Wirklichkeit werden kann. Die Bereitschaft zum Dialog und das Friedens-Bekenntnis schließen einander nicht aus, sondern das Eine ist elementarer Ausdruck des Anderen.
Besondere Aufmerksamkeit verdienen hier die mennonitischen Beiträge zu Frieden und Gerechtigkeit, so in dem einflussreichen und wegweisenden internationalen Dialogprozess des ÖRK, den »Puidoux-Konferenzen« (1955–1973),75 dem Konziliaren Prozess für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung, oder auch im Rahmen der ökumenischen »Dekade zur Überwindung von Gewalt. 2001–2010«.76 Die seit der Internationalen Ökumenischen Friedenskonvokation 2011 zu beobachtenden Annäherungen im weiteren Kontext der Entwicklung eines neuen Paradigmas ökumenischer Sozialethik »Gerechter Friede« sind m. E. vielversprechend.77

3.3 Ekklesiologische Prämissen der täuferischen Kirchen für die Dialog-Methodik
Theologische Lehrgespräche sind für Mennoniten und Baptisten nicht der primäre Ausdruck ihres ökumenischen Profils. Die Dialogtexte zeigen, dass theologische Überzeugungen dieser Tradition(en) zuerst als gelebte Glaubenszeugnisse in einem konkreten Kontext zum Ausdruck gebracht werden wollen. Die versammelte Gemeinde im Gottesdienst und der Dienst an Anderen gilt beiden Konfessionen als primäre Wirklichkeit der Kirche Jesu Christi. Dies führt zu nicht unerheblichen Herausforderungen in der gängigen ökumenischen Methodik interkonfessioneller Lehrgespräche, in denen sich offizielle Repräsentanten der Kirchen, meist auf der Basis ihrer konfessionellen Bekenntnistexte, zu den ihnen eigenen Lehrmeinungen äußern und im Gespräch dann (auch kirchenrechtlich) verbindliche, gemeinsame Formulierungen anstreben.
Die erste Herausforderung ergibt sich aus der kongregationalistischen Verfasstheit der täuferischen Kirchen. Die Ortsgemeinde ist in allen Fragen der Lehre und Verwaltung weitestgehend autonom, wenn auch nicht isoliert von größeren, institutionalisierten Gemeindezusammenhängen. Dadurch entwickelte sich auch innerhalb dieser Kirchen eine große Vielfalt, die sich dennoch als Einheit begreift. Die Ablehnung von mit Autorität ausgestatteten Kirchenhierarchien oder Lehrämtern kommt als zweite Herausforderung hinzu. Dialogpartner fragen gewöhnlich nach verbindlichen Lehraussagen, auf die sich mögliche interkonfessionelle Vereinbarungen stützen könnten. Da Mennoniten zudem einer Fixierung von Bekenntnissen (im Sinne eines Credos) eher skeptisch gegenüberstehen und Bekenntnistexte ihrer eigenen Tradition stets in den Grenzen ihres räumlichen und zeitlichen Kontextes auslegen, kann auch diese Gesprächsgrundlage nicht als letztgültige Aussage über eine lehramtlich autorisierte, dogmatisch verfasste »Lehre« dienen. – Diese streng kongregationalistisch orientierte Gestaltung der Kirche stellt dann aber auch für die täuferischen Kirchen selbst eine Herausforderung dar, sehen sie sich doch regelmäßig mit der Forderung konfrontiert, einer Gesprächs-Methodik zu folgen, die ihrer Kirchenwirklichkeit und Gemeindementalität gerade nicht entspricht.78
Die beiderseitigen Herausforderungen bergen allerdings auch Chancen für das Gelingen eines alternativ einzuführenden Dialogs. Ausgangspunkt der Dialoge mit Mennoniten und Baptisten ist in der Regel eher die Beschreibung der gegenwärtigen Gemeindewirklichkeiten. Dadurch eröffnet sich zunächst die Möglichkeit eines gegenseitigen, aktuellen Wahrnehmens, das nicht bei den Lehrdifferenzen der Vergangenheit einsetzt oder womöglich alle Energie darauf verwendet, überkommene Unterschiede so weit wie möglich aufzulösen, sondern das bei der Situation der Glaubenden selbst und ihren Fragen nach Bewährung des Glaubens in gegebenen Kontexten beginnt. Zum Zweiten erlaubt dieser methodische Ansatz Schlüsse auf die Motivation zu den bilateralen Begegnungen: Erklärtermaßen sind in keinem Fall institutionelle Kirchenvereinigungen das Ziel, sondern zunächst das Verstehen und Erklären konfessionell geprägter theologischer Positionen angesichts gemeinsamer Herausforderungen.

Zum Schluss: Ökumene weiterdenken
Die eigene, bewusste Verortung in der entsprechenden Tradition lässt dann zurückfragen, wie und warum bestimmte Glaubensinhalte und theologische Lehren entstanden sind, wie sie in der Traditionsbildung fortgeschrieben wurden und welche Argumentationen und Begründungen sich heute bewähren.79 So entsteht die Möglichkeit eines gemeinsamen Lernprozesses durch die Begegnung mit den Anderen, weil sich der Dialog niemals auf eine Wiederholung bereits fixierter Lehr-Systeme beschränken lassen wird, sondern in eine gemeinsame Erforschung der Geschichte und eine gemeinsame Überprüfung theologischer Einsichten münden kann – aus den unterschiedlichen Perspektiven der jeweiligen Tradition. Nicht selten wird dadurch auch erkannt, dass erahnte Differenzen nicht immer zwingend entlang der Konfessionsgrenzen verlaufen, sondern oftmals quer dazu stehen. Eine Infragestellung oder gar Korrektur bisheriger Traditionselemente ist dann nicht ausgeschlossen; das ekklesiologische Selbstverständnis der Kirchen der Reformation als semper reformanda findet hierin eine eindrucksvolle Illustration.
Die bisherigen Dialoge führten nicht zur Relativierung der eigenen Identität, sondern dienten auf ihre Weise gerade der Identitätsschärfung. Durch die direkte und auch persönliche Erfahrung der Begegnung mit Anderen beruht diese Schärfung aber nicht mehr, wie in der Geschichte oft geschehen, auf der polemischen Abwertung einer anderen Tradition, sondern gewinnt ihre Dynamik aus der Beschreibung eigener Erfahrungen und der positiv begründenden Argumentation eigener Einsichten gegenüber der anderen Konfession, die im Dialog als hörende »Schwesterkirche« neu erfahren wird. Eine solche Atmosphäre gegenseitigen Respekts befreite bisher zur Würdigung einer anderen Position, ohne dass diese deshalb notwendigerweise geteilt oder angeeignet werden musste. Im Gegenteil, durch die möglichst klare Benennung der Unterschiede konnte oftmals erst die entscheidende Prüfung erfolgen, welche der überkommenen Divergenzen Bestand haben bzw. welche Konvergenzen sich feststellen lassen, weil die notwendige Komplementarität theologischer Argumente erkannt wird. So kann letztlich festgestellt werden, ob bleibenden Differenzen tatsächlich ein kirchentrennender Charakter zueignet (also eine volle Kirchengemeinschaft verhindert) oder ob sie als Ausdruck einer legitimen Pluralität und Interpretationsfreiheit innerhalb der einen Kirche Jesu Christi zu werten sind.
Damit diese Funktionen des ökumenischen Dialogs tatsächlich zum Tragen kommen können, ist stets nach den praktischen Konsequenzen von Dialogergebnissen zu fragen. Der Rezeptionsprozess eines ökumenischen Gesprächs muss als integraler Teil des Dialogs selbst bedacht und gestaltet werden. Es lässt sich beobachten, dass sich in allen Fällen aufgrund der im Dialog neu wahrgenommenen Identitäten bedeutende Schritte der gegenseitigen Wahrnehmung und des Respekts eröffnen. Die Langzeitwirkung der Dialoge zeigt sich dann in weiteren Berührungspunkten und Begegnungen auf unterschiedlichsten Ebenen, bei denen die Dialogtexte immer wieder in ihrer Funktion als »Übersetzungshilfen« zur Geltung kommen, in konfessions-verbindenden Ehen, bei Fragen zu Kirchenübertritten, bei der Gestaltung von Religionsunterricht, in der historischen und theologischen Forschung und Lehre, in der Diakonie, im gesellschaftspolitischen Engagement, in der Mission.
Es lässt sich allerdings nicht übersehen, dass gerade diese Gestaltung der Rezeptionsprozesse in der Ökumene bisher nur mangelhaft gelingt. Zu wenig ist ihre Notwendigkeit bisher reflektiert, zu wenig ist eine entsprechende ökumenische Hermeneutik entwickelt, zu marginal die Überlegungen der Verhältnisbestimmung einzelner Dialoge zueinander.80 Hier tut sich ein weites Aufgabenfeld der ökumenischen Forschung auf, das zu bearbeiten sich lohnt, damit – nicht zuletzt – auch der breiten Öffentlichkeit der übergroße Wert fortgesetzter Dialoge verständlich wird, umgekehrt aber auch den Kirchenrepräsentanten bewusst würde, dass konkrete Schritte in der praktischen Gestaltung einer sichtbaren Kircheneinheit längst möglich sind. Gerade das bevorstehende Reformationsjubiläum böte dazu eine willkommene Gelegenheit – und müsste darum entsprechend ökumenisch gestaltet werden.

Summary:
Angesichts der wachsenden Ungeduld – nicht nur in Kreisen der kirchlichen Öffentlichkeit – hinsichtlich der scheinbaren Stagnation in der Ökumene, geht der vorliegende Beitrag von der allgemeinen Frage nach der Leistungsfähigkeit ökumenischer Lehrgespräche aus. Hierzu werden im Besonderen die Dialoge mit Kirchen der täuferischen Tradition (Mennoniten und Baptisten) dargestellt und analysiert. Auf diese Weise soll – geradezu exemplarisch – die Komplexität wie auch die Notwendigkeit des »ökumenischen Geschäfts« sichtbar werden. In Dialogen mit Katholiken, Lutheranern und Reformierten werden die bereits erzielten Fortschritte erkennbar: ohne eine sorgsam herbeigeführte »Heilung der Erinnerungen«, ohne das Wahrnehmen des Reichtums theologischer Argumentation, ohne den Respekt vor der gelebten Tradition der Anderen und ohne die grundsätzliche Möglichkeit zur Revision der eigenen Lehre, wird eine sichtbare »Einheit in versöhnter Verschiedenheit« nicht möglich. Und gerade in Deutschland beschränkt sich die Wahrnehmung zu oft auf die »beiden großen Kirchen«. Diese künstliche Engführung sucht der Beitrag aufzubrechen, um Ökumene weiter zu denken.

Fussnoten:

1) Vgl. als signifikantes Beispiel den Aufruf »Ökumene jetzt«; in: http://oekumene-jetzt.de/index.php/aufruf-im-wortlaut (25.09.2012). Dazu den Kommentar des ACK-Vorstands: Ökumene muss alle Kirchen einbeziehen; in: www.oekumene-ack.de/Meldung (25.09.2012).
2) Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre des Lutherischen Weltbundes und der Katholischen Kirche; in: Dokumente wachsender Übereinstimmung (DwÜ), Bd. 3, hrsg. von Harding Meyer u. a., Paderborn; Frankfurt a. M. 2003, 419 ff.
3) Vgl. hierzu die verschiedenen Einheitsmodelle im ökumenischen Gespräch; in: Fernando Enns, Ökumene und Frieden, Bewährungsfelder ökumenischer Theologie. Theologische Anstöße 4, Neukirchen-Vluyn 2012, Kapitel I.4.
4) Vgl. die Gesamtdarstellungen bei Hans-Jürgen Goertz, Art. »Menno Simons/Mennoniten«; in: TRE, Bd. 22, 444–457; Diether G. Lichdi, Die Mennoniten in Geschichte und Gegenwart. Von der Täuferbewegung zur weltweiten Freikirche, Weisenheim am Berg 2004.
5) Vgl. Strübind, Andrea, u. Martin Rothkegel [Hrsg.]: Baptismus. Geschichte und Gegenwart. Göttingen u. a.: Vandenhoeck & Ruprecht 2011. IX, 258 S. Geb. EUR 39,99. ISBN 978-3-525-55009-0.
6) Vgl. Enns, Ökumene und Frieden, a. a. O., Kapitel III.3.
7) Vgl. die entsprechenden Bekenntnisse des 16. Jh.s, in die die einzelnen Verwerfungen der Täufer Eingang fanden, siehe Fernando Enns, Friedenskirche in der Ökumene. Mennonitische Wurzeln einer Ethik der Gewaltfreiheit, Göttingen 2003, Kapitel V.2–V.4.
8) Vgl. das Dialogdokument: Heilung der Erinnerungen – Versöhnung in Christus. Bericht der Internationalen lutherisch-mennonitischen Studienkommission. Genf: Lutherischer Weltbund und Straßburg: Mennonitische Weltkonferenz 2010. Jetzt auch in DwÜ, Bd. 4, hrsg. von Johannes Oeldemann u. a., 401–506. 2011 wurde im Rahmen eines Symposions ein Baum im Luthergarten in Wittenberg gepflanzt und ein ökumenischer Abendmahlsgottesdienst gefeiert, 2012 eine entsprechende Feier bei der Mennokate/Bad Oldesloe. Vgl. Heilung der Erinnerungen, Versöhnung in Christus. Lutheraner und Mennoniten auf dem Weg der Versöhnung. Texte aus der VELKD, Nr. 163, 2012.
9) Baptisten und Lutheraner im Gespräch. Eine Botschaft an unsere Kirchen/Gemeinden. Bericht der Gemeinsamen Kommission des Baptistischen Weltbundes und des Lutherischen Weltbundes 1990; in: DwÜ, Bd. 2, (1992), 189 ff.
10) Gemeinsam berufen, Friedenstifter zu sein. Bericht über den internationalen Dialog zwischen der Katholischen Kirche und der Mennonitischen Weltkonferenz, 1998–2003; in: Fernando Enns (Hrsg.), Heilung der Erinnerungen – befreit zur gemeinsamen Zukunft. Mennoniten im Dialog. Berichte und Texte ökumenischer Gespräche auf nationaler und internationaler Ebene. Frankfurt a. M.; Paderborn 2008, 29–132.
11) Vgl. zu dieser Problematik Fernando Enns, Friedenskirche in der Ökumene, a. a. O., Kapitel II.1.
12) »[D]ie Uniformitätsakte oder die 39 Artikel der Anglikanischen Kirche ablehnenden engl. Protestanten«. Friedrich Hauck u. Gerhard Schwinge, Theologisches Fach- und Fremdwörterbuch, 8., ern. durchges. u. erg. Auflage, Göttingen 1997.
13) Vgl. zum Gesamten George H. Williams, The Religious Background of the Idea of a Loyal Opposition; in: D. B. Robertson, Voluntary Associations. A Study of Groups in Free Societies, Richmond/VA 1966, 55–89.
14) Unter der Führung von Thomas Chalmers (1780–1847). Mit der Gründung eines Free Church Federal Council 1896 in England etablierte sich der Begriff schließlich zur offiziellen Bezeichnung. Vgl. Horton Davies, The English Free Churches. London 1952, 1.
15) Erich Geldbach, Freikirchen – Erbe, Gestalt und Wirkung. Bensheimer Hefte 70, Göttingen 1989, 24.
16) Ebd., 25.
17) Baptistischer Weltbund und Mennonitische Weltkonferenz. Theologische Gespräche 1989–1992. Abschlussbericht; in: Enns, Heiling der Erinnerungen, a. a. O., 241–282.
18) Vgl. Donald F. Durnbaugh, The Believers’ Church. The History and Character of the Radical Protestantism, Scottdale/PA 21985.
19) Diese Kirchen bilden in ihrer Geschichte zwar auch Glaubensbekenntnisse heraus, verzichten aber auf ein Credo im Sinne der Lehre. Vgl. zum Differenzkriterium credal/non-credal-church: Durnbaugh, The Believers’ Church, a. a. O., 5 ff. Zur Bekenntnisbildung bei Mennoniten vgl. Karl Koop, Anabaptist-Mennonite Confessions of Faith: The Development of a Tradition, Kitchener/ON 2003.
20) Hier berufen sich Mennoniten auf die von Menno Simons genannten notae der wahren Kirche: 1. Die unverfälschte, reine Lehre, 2. Schriftgemäßer Gebrauch von Taufe und Abendmahl, 3. Gehorsam gegenüber dem Wort Gottes, 4. Ungeheuchelte brüderliche Liebe, 5. Öffentliches Bekenntnis zu Gott und Christus, 6. Erduldung von Verfolgung um des Wortes Gottes willen. Vgl. Menno Simons, Klare Beantwortung einer Schrift des Gelius Faber; in: Menno Simons: Die vollständigen Werke, übersetzt aus dem Holländischen, Funk-Ausgabe 1876, Aylmer/ON 1982.
21) Hier ist allerdings zu betonen, dass auch Mennoniten in Deutschland der Ideologie des 3. Reiches verfielen.
22) Vgl. hierzu Hans-Jürgen Goertz, Antiklerikalismus und Reformation. Sozialgeschichtliche Untersuchungen, Göttingen 1995.
23) Vgl. etwa wie in dem gemeinsamen Dialog von Baptisten und Mennoniten mit den Reformierten in den Niederlanden bereits 1975–1978, in: Enns, Heilung der Erinnerungen, a. a. O., 203–217.
24) Mennonitisches Lexikon, hrsg. v. Christian Hege und Christian Neff, 4 Bde., Frankfurt a. M.; Weierhof 1913–1967, Bd. II 1937, 472–474.
25) So Ivan J. Kauffman, Mennonite-Catholic Conversations in North America: History, Convergences, Opportunities; in: One in Christ 34 (1998), 220–246.
26) Baptistisch/Römisch-katholischer Dialog. Aufforderung zum Christuszeugnis in der heutigen Welt. Bericht über die internationalen baptistisch/römisch-katholischen Gespräche 1984–1988; in: DwÜ, Bd. 2, 374–391. Themen der Gemeinsamen Erklärung: Unser Christuszeugnis, Der Ruf zur Bekehrung, Unser Zeugnis in der Kirche, Unser Zeugnis in der Welt, Herausforderungen an ein gemeinsames Zeugnis. Für weitere Untersuchungen werden benannt: Theologische Autorität und Methode, Die Gestalt der Koinonia, Das Verhältnis zwischen Glauben, Taufe und christlichem Zeugnis, Klärung von Schlüsselbegriffen, der Ort Mariens im katholischen Glauben und Handeln, Konkrete Wege für ein gemeinsames Zeugnis des Evangeliums. Vgl. im Einzelnen die Kommentierungen bei Erich Geldbach, Die Dialoge des Baptistischen Weltbundes mit anderen weltweiten Christlichen Gemeinschaften; in: ZThG 9 (2004), 92–111; Ken Manley, Der Baptistische Weltbund und die zwischenkirchlichen Beziehungen, ThGespr Beiheft 8 (2005), 3–38.
27) Kongregation für die Glaubenslehre, Erklärung »Dominus Iesus« über die Einzigkeit und die Heilsuniversalität Jesu Christi und der Kirche; in: www.vatican.va/roman_curia/congregations (25.09.2012).
28) Bericht über den Internationalen Dialog zwischen der Katholischen Kirche und der Mennonitischen Weltkonferenz, 1998–2003; in: Enns, Heilung der Erinnerungen, a. a. O., 29–132. Jetzt auch in DwÜ, Bd. 4, 679–758.
29) Die Dekade zur Überwindung von Gewalt des Ökumenischen Rates der Kirchen. Ein mennonitischer und katholischer Beitrag; in: Ökumenische Rundschau (ÖR) 57 (2008), 222–232.
30) Kongregation für die Glaubenslehre: Antworten auf Fragen zu einigen Aspekten bezüglich der Lehre über die Kirche, Rom am 29. Juni 2007, in: www.vatican.va/roman_curia/congregations (25.09.2012).
31) Vgl. www.bridgefolk.net (25.09.2012).
32) Vgl. die gemeinsamen Veröffentlichungen des Johan-Adam-Möhler-Instituts und der VEF: Walter Klaiber u. Wolfgang Thönissen (Hrsg.), Rechtfertigung in freikirchlicher und römisch-katholischer Sicht (2003). Dies., Glaube und Taufe (2005). Dies., Die Bibel im Leben der Kirche (2007). B. Neumann u. J. Stolze (Hrsg.), Kirche und Gemeinde (2010). Dies., Ursprung und Sendung der Kirche. Apostolizität und Katholizität (2011). Dies., Aus dem Glauben leben (2013).
33) Baptistisch/Lutherischer Dialog. Baptisten und Lutheraner im Gespräch. Eine Botschaft an unsere Kirchen/Gemeinden. Bericht der Gemeinsamen Kommission des Baptistischen Weltbundes und des Lutherischen Weltbundes 1990; in: DwÜ, Bd. 2, 189–216.
34) Taufe, Eucharistie und Amt. Konvergenzerklärungen der Kommission für Glauben und Kirchenverfassung des Ökumenischen Rates der Kirchen. Frankfurt a. M. 111987.
35) Heilung der Erinnerungen – Versöhnung in Christus, a. a. O.
36) Baptisten und Lutheraner im Gespräch. Schlussbericht eines offiziellen Gesprächs 1980/81; in: Texte aus der VELKD 17 (1981).
37) Alle Dialogtexte in: Enns, Heilung der Erinnerungen, a. a. O.
38) Marc Lienhard, Von der Konfrontation zum Dialog: Die lutherischen Kirchen und die Täufer im 16. Jahrhundert und heute; in: G. Gassmann u. P. Norgaard-Hojen (Hrsg.), Einheit der Kirche. Neue Entwicklungen und Perspektiven, Frankfurt a. M. 1988, 37.
39) Auch in der DDR kam es in der Folge der Jubiläumsfeierlichkeiten zur CA zu einem Dialog zwischen dem BEFG in der DDR und dem Bund der Evangelischen Kirchen in der DDR; in: Amtsblatt der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens 18 (1986), 69–72.
40) »Wenn auch die Beziehungen zwischen der modernen baptistischen Bewegung, die im 17. Jahrhundert begann, und den Täufern des 16. Jahrhunderts umstritten ist, so stellen doch viele Baptisten heute in zunehmendem Maße eine Verbindung her und sehen die Wurzeln ihrer Identität und ihres Selbstverständnisses in den Täufern des 16. Jahrhunderts. Welche Auffassung auch immer vertreten wird, es ist nachweislich wahr, dass die Baptisten ihrerseits auch unter Diskriminierungen und rechtlichen Schwierigkeiten als Folge der lutherischen Verwerfungen gelitten haben.« Baptistisch/Lutherischer Dialog, a. a. O., 213 f.
41) Ebd.
42) Baptistisch/Reformierter Dialog. Bericht theologischer Gespräche im Auftrag des Reformierten Weltbundes und des Baptistischen Weltbundes 1977; in: DwÜ, Bd. 1, 102–122.
43) A. a. O., 102. Als Themen werden hier verhandelt: Die zentrale Funktion der Schrift, Wiedererwägung klassischer reformierter und baptistischer Ansätze (darunter auch »Gegenseitiges Befragen unserer Tauflehren: Taufe, Gnade und Glauben«), Mission, Kirche. Daran schließen sich gemeinsame Thesen an zu: der Heilige Geist, Taufe und Gliedschaft in der Kirche Christi; der Dienst der Kirche Jesu Christi und die Dienste in der Kirche; die Kirche – örtlich und universal.
44) Christus ist unser Friede. Schweizer Dialog zwischen Reformierten und Mennoniten 2006–2009, hrsg. von der Gesprächskommission Schweizerischer Evangelischer Kirchenbund SEK und der Konferenz der Mennoniten der Schweiz KMS, Bern 2009.
45) Vgl. hierzu vor allem Michael Baumann (Hrsg.), Gemeinsames Erbe. Reformierte und Täufer im Dialog, Zürich 2007.
46) »Unter Christen begangene Fehler wurden eingestanden: Gewaltanwendung und Verfolgung auf der einen Seite, überhebliche und von Verachtung und Ablehnung geprägte Haltung auf der anderen Seite«. Christus ist unser Friede, a. a. O., 3.
47) Anglikanisch/Baptistischer Dialog. Bericht über die internationalen Gespräche zwischen der Anglikanischen Gemeinschaft und dem Baptistischen Weltbund; in: DwÜ, Bd. 4, 53 ff.
48) Vgl. Uwe Swarat, Baptisten im ökumenischen Gespräch. Die jüngsten zwischen-kirchlichen Dialoge und ihre Ergebnisse; in: Strübind/Rothkegel, Baptismus, a. a. O., 229–258, 232.
49) Ebd., 238.
50) Anglikanisch/Baptistischer Dialog, a. a. O., Nr. 78.
51) Vgl. Vereinbarung über die gegenseitige Anerkennung der Waldenser-, Methodisten-, und Baptisten-Kirchen in Rom 1990; in: Cornelia Nussberger (Hrsg.), Wachsende Kirchengemeinschaft. Gespräche und Vereinbarungen zwischen evangelischen Kirchen in Europa, Bern 1992, 155–167. Vgl. hierzu die kritische Analyse bei Wolfram Kerner, Gläubigentaufe und Säuglingstaufe. Studien zur Taufe und gegenseitigen Taufanerkennung in der neueren evangelischen Theologie. Norderstedt 2004, Waldenser/Methodisten und Baptisten in Italien 1990, 77–86 (siehe hier auch Baptistisch-Reformierter Dialog 1977, 26–42, Baptistisch-Lutherischer Dialog 1990, 62–76).
52) In Österreich fand ein Gespräch mit Baptisten 2004–2007 statt, unter Beteiligung von Lutheranern und Reformierten, in Norwegen gab es 2004 bilaterale Gespräche zwischen Methodisten und Baptisten.
53) So Swarat, Baptisten im ökumenischen Gespräch, a. a. O., 230.
54) Vgl. www.mennonews.de/archiv/2011/07/19/grosse-offenheit-bei-dialog-zwischen-mennoniten-und-adventisten (25.09.2012).
55) Joint Statement, Mennonite World Conference and General Conference of Seventh-day Adventists 2011; in: www.mwc-cmm.org/index.php/news-releases/104-seventh-day-adventists-and-mennonite-world-conference-begin-conversation (25.09.2012).
56) Vgl. die entsprechenden Stellungnahmen in: Max Thurian (Ed.), Churches Respond to BEM. Official Responses to the »Baptism, Eucharist and Ministry« Text, Vol. I–VI, Geneva 1986–1988.
57) Vgl. die Dokumentation dieser Gespräche (Prag I–IV); in: Enns, Heilung der Erinnerungen, a. a. O., 285–310.
58) A. a. O., 285.
59) Zum Begriff »Radikale Reformation« vgl. George H. Williams, The Radical Reformation. Kirksville 31992. Vgl. dazu kritisch: Hans-Jürgen Goertz u. James M. Stayer (Hrsg.), Radikalität und Dissent im 16. Jahrhundert. Zeitschrift für Historische Forschung, Beihefte. Berlin 2002.
60) Milan Opočenský and Páraic Réamonn (Eds.), Justification and Sanctification in the Traditions of the Reformation. Prague V, the fifth Consultation on the First and Second Reformations, Geneva, 13–17 February 1998, Studies from the World Alliance of Reformed Churches (zit. WARC) 42, Geneva 1999.
61) Walter Sawatsky (Ed.), The Prague Consultations: Prophetic and Renewal Movements. Proceedings of the Prague VI and Prague VII Multilateral Ecumenical Consultations (2000 u. 2003), Studies from the WARC, Geneva 2009.
62) Dialog zwischen der Europäischen Baptistischen Föderation (EBF) und der GEKE zur Lehre und Praxis der Taufe. Dialogue between the Community of Protestant Churches in Europe (CPCE) and the European Baptist Federation (EBF) on the Doctrine and Practice of Baptism. Leuenberger Texte Heft 9, hrsg. von Wilhelm Hüffmeier und Tony Peck, Frankfurt a. M. 2005. Bleibende Unterschiede von baptistischer Seite werden dargelegt von Paul S. Fiddes; in: a. a. O., 211 f. Die GEKE hatte 2001 in Belfast beschlossen, mit Vertretern der baptistischen Bünde Europas einen theologischen Dialog über die Taufe zu führen, auch über »andere Themen, die ›als Hindernis auf dem Weg zur Kirchengemeinschaft erachtet werden‹.« Versöhnte Verschiedenheit – der Auftrag der evangelischen Kirchen in Europa. Texte der 5. Vollversammlung der Leuenberger Kirchengemeinschaft in Belfast, 19.–25. Juni 2001, hrsg. von Wilhelm Hüffmeier und Christine-Ruth Müller, Frankfurt a. M. 2003, 281–292. – Vgl. Zur Position der Baptisten auch: Ders., Baptism and the Process of Christian Initiation; in: Ecumenical Review (ER) 54/1 2002, 48–65; Kim Strübind, Baptistische Unbotmäßigkeit als notwendiges ökumenisches Ärgernis. Ist eine Verständigung in der Tauffrage möglich?; in: Lena Lybaek, Konrad Raiser, Stefanie Schardien (Hrsg.), Gemeinschaft der Kirchen und gesellschaftliche Verantwortung, FS für Erich Geldbach, Münster 2004, 20–30.
63) Dialog zwischen EBF und GEKE, a. a. O., 47.
64) A. a. O., 41.
65) A. a. O., 50.
66) Vgl. a. a. O., 49.
67) Anders bei dem Baptisten McClendon, der die Säuglingstaufe zwar als defizitär einstuft, die schlicht einer »Reparatur« bedarf, der aber an der nochmaligen Taufe beim Konfessionswechsel eines bereits Getauften festhält. James W. McClendon, Doctrine: Systematic Theology, Vol. 2, Nashville/TN 1994.
68) Vereinbarung zwischen der EBF und der GEKE, miteinander kooperierende Körperschaften zu werden; in: ÖR 2/2011, 212–216.
69) Uwe Swarat, Zusammenarbeit in Zeugnis und Dienst, ÖR 2/2011, 207–211.
70) Voneinander lernen – miteinander glauben. »Ein Herr, ein Glaube, eine Taufe« (Eph 4,5) Konvergenzdokument der Bayerischen Lutherisch-Baptistischen Arbeitsgruppe (BALUBAG); in: www.gftp.de/.../Konvergenzdokument_Voneinander_lernen... (25.09.2012), 19.
71) Vgl. hierzu von baptistischer Seite: Stellungnahme des Kollegiums des Theologischen Seminars Elstal (FH) zu »Voneinander lernen – miteinander glauben«; in: www.theologisches-seminar-elstal.de/.../Kollegium_ThS... (25.09.2012). Hierzu auch: Erich Geldbach, Zum Konvergenzdokument der BALUBAG; in: Zeitschrift für Theologie und Gemeinde, 15. Jg., 2010.
72) Vgl. hierzu Enns, Ökumene und Frieden, a. a. O., Kapitel A.III.
73) Vgl. hierzu weiter den Beitrag von Fernando Enns, Mennoniten: plurale Minderheitskirche im Pluralismus; in: KZG 13. Jg., 2/2000, 359–375.
74) Das Modell der »versöhnten Verschiedenheit« wurde von Harding Meyer eingeführt. Vgl. zum Verständnis Harding Meyer, Versöhnte Verschiedenheit. Aufsätze zur ökumenischen Theologie, Frankfurt a. M.; Paderborn 1998 (Bd. 1), 2000 (Bd. 2), 2009 (Bd. 3).
75) Vgl. Donald F. Durnbaugh (Ed.), On Earth Peace. Discussions on War/Peace Issues between Friends, Mennonites, Brethren and European Churches 1935–1975. Elgin/IL 1978. Siehe hierzu auch die Darstellung und Interpretation in: Enns, Friedenskirche in der Ökumene, a. a. O., 223–235.
76) Vgl. die gemeinsamen Botschaften der Historischen Friedenskirchen in: Fernando Enns, Scott Holland, Ann Riggs (Eds.), Seeking Cultures of Peace: A Peace Church Conversation, Telford/PA; Geneva 2004. Donald E. Miller et al. (Eds.), Seeking Peace in Africa. Stories from African Peacemakers. Geneva 2007. Donald E. Miller, Gerard Guiton, Paulus Widjaja (Eds.), Overcoming Violence in Asia: The Role of the Church in Seeking Cultures of Peace. Telford/PA 2011.
77) Vgl. hierzu Konrad Raiser, Ulrich Schmitthenner (Hrsg.), Gerechter Friede. Ein ökumenischer Aufruf zum Gerechten Frieden. Begleitdokument des Ökumenischen Rates der Kirchen. Mit Anhang, Münster 2012.
78) Vgl. die Vorschläge zu einer Dialog-Methodik aus freikirchlicher Perspektive: John Howard Yoder, The Free Church Ecumenical Style (1968); in: Ders., The Royal Priesthood, Essays Ecclesiological and Ecumenical, ed. by Michael G. Cartwright, Grand Rapids/MI 1994, 232–241.
79) Vgl. hierzu die Studie des DÖSTA: Tradition in den Kirchen. Bindung, Kritik, Erneuerung , hrsg. von Bernd Oberdorfer u. Uwe Swarat, Beiheft zur ÖR Nr. 89, Frankfurt a. M. 2010.
80) Vgl. die Beiträge in Johannes Brosseder und Markus Wriedt (Hrsg.), Kein Anlass zur Verwerfung, Studien zur Hermeneutik des ökumenischen Gesprächs, FS für Otto Hermann Pesch, Frankfurt a. M. 2007. Stephen Lakkis, Stefan Höschele, Stefanie Schardien (Hrsg.), Ökumene der Zukunft. Hermeneutische Perspektiven und die Suche nach Identität, Beiheft zur ÖR 81, Frankfurt a. M. 2008.