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Ausgabe:

Juni/2013

Spalte:

697–699

Kategorie:

Kirchengeschichte: Alte Kirche, Christliche Archäologie

Autor/Hrsg.:

Hofmann, Johannes

Titel/Untertitel:

Zentrale Aspekte der Alten Kirchengeschichte.

Verlag:

Würzburg: Echter 2012. XII, 216 S. m. 56 Abb. = Theologische Lehr- und Lernbücher, 4/1. Kart. EUR 14,80. ISBN 978-3-429-03467-2.

Rezensent:

Adolf Martin Ritter

Johannes Hofmann, promovierter »Profan«-Historiker, ist, nach Erlangung der dazu erforderlichen Qualifikationen und anschließender einjähriger Privatdozententätigkeit in Passau, seit dem Wintersemester 1992/1993 als Ordinarius für Alte Kirchengeschichte und Patrologie an der Theologischen Fakultät der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt tätig. Innerhalb der von ihm mitherausgegebenen Reihe »Theologische Lehr- und Lernbücher« des Würzburger Echter-Verlages hat er letztes Jahr einen eigenen Band vorgelegt mit dem Anspruch, darin »auf dem neuesten Stand jene Themen« zu behandeln, »die sich im Lehrbetrieb bayerischer Universitäten als zentral erwiesen haben, weil sie das Leben und die Theologie der Kirche bis auf den heutigen Tag prägen« (XI).
Dementsprechend werden behandelt: 1. »Die Anfänge der Kirche« in den ersten drei Jahrhunderten (1–27); 2. »Die Entstehung und Entwicklung der kirchlichen Ämter und Dienste« – was ein »Amt« sei, was ein »Dienst«, bleibt undefiniert – in derselben Zeit (29–59); 3. »Theorie und Praxis der kirchlichen Einheit«, vertikal und horizontal betrachtet, in derselben Zeit (61–68); 4. »Kirche und Staat zwischen Konfrontation und Kooperation« bis zur Reichsteilung nach dem Tod Theodosius’ I. 395 (69–100); 5. »Die Entstehung und Entwicklung des römischen Primatsanspruchs und der Reichspatriarchate« bis 451 (101–144); 6. und letztens »Die ersten vier ökumenischen Konzilien« (145–206). Es folgen (207–216) verschiedene Listen (Päpste, bedeutende Kirchenväer und altchristliche Schriftsteller, römische Kaiser) und ein Abbildungsverzeichnis.
Das Buch, nicht nur als Druckausgabe, sondern auch als PDF-Datei und als e-book verfügbar, ist ohne jede Frage äußerst leserfreundlich gestaltet:
»Zwischentitel untergliedern die einzelnen Kapitel detailliert, um so rasch und übersichtlich einen Überblick über den Inhalt des Bandes zu vermitteln. Zur Förderung der Einprägsamkeit werden neben wichtigen Begriffen, Na­men, Orten auch zentrale Aussagen des Textes« – es ist interessant zu beobachten, was der Vf. für zentral hält und was nicht! – durch Fettdruck hervorgehoben. »Ebenso veranschaulichen durch graue Hinterlegung hervorgehobene Quellentexte, aber auch Karten, Graphiken, Bilder und Tabellen den behandelten Stoff« (ebd.).
Ich halte es nach allem für denkbar, dass das Buch, seiner ganzen Anlage nach, den Erfordernissen eines »Lehr- und Lernbuches« un­ter den Bedingungen von »Bologna« hervorragend gerecht wird, kann das aber freilich, als längst Emeritierter, nicht mehr wirklich beurteilen. Von der Notwendigkeit der Einbeziehung der außereuropäischen Christentumsgeschichte in unser »christliches« Ge­schichtsbild seit Langem überzeugt, stelle ich zudem mit Befriedigung fest, dass H. wenigstens im Schlussteil (6), im Zusammenhang seiner Skizzierung von »Rezeption und Ablehnung« der Konzilien von Ephesus 431 und Chalkedon 451 und ihrer Dogmen (182–185.197–206), den Blick weit über Europa und erst recht das Abendland hinaus gerichtet hat. Das ist angesichts seiner langjährigen ökumenischen Erfahrungen, zumal der institutionalisierten Verbindungen zum Würzburger »Ostkirchlichen Institut«, zum Eichstätter »Zentrum für Mittel- und Osteuropastudien« wie auch zur dortigen Studieneinrichtung »Ostkirchliche Theologie« und, nicht zu ver gessen, zur römischen Kongregation für die orientalischen Kirchen, zu deren Konsultor er 2000 vom Papst ernannt wurde, kein Zufall.
Umso mehr überrascht es, wie verhältnismäßig wenig all das auf die in dem Buch von A bis Z durchgehaltene – lupenrein römisch-katholische – Perspektive abgefärbt hat. So erfährt denn der Leser z. B. nichts davon, dass der Grundsatz, wonach sich die kirchliche Bedeutung einer Stadt nach deren politischem Rang richte (so Kanon 9 von Antiochien [329?] und später Kanon 17 von Chalkedon 451), im Westen keineswegs weniger galt als im Osten, was zumindest die Ebenen der Metropolitan- (Eparchien) und Obermetropolitanverbände (Diözesen) anbelangt; auch ist die in Nizäa 325 bereits zum Rechtsgrundsatz gewordene Anpassung des kirchlichen Organismus an den des Reiches im Westen nicht weniger konsequent weitergeführt worden als im Osten, bis auf die Stellung des römischen Bischofs in der Gesamtkirche allerdings, während für die Orientalen die einzig Rom vergleichbare Ranger­höhung des bis dahin kirchlich traditionslosen Konstantinopel (By­zanz) keine prinzipielle Neuerung darstellte. Umgekehrt war »petrinisches« Denken keineswegs ein ausschließlich westliches Phänomen, so wahr sich auch der kirchliche Osten mit Mt 16,18f. und Joh 21 auseinanderzusetzen hatte und dabei zu beachtenswerten Ergebnissen gelangte. Nur: Gesamtkirchlicher Konsens herrschte im ganzen 1. Jt. einzig darüber, dass dem Bischof von Rom der Vorrang eines »Ersten unter Gleichen« (primus inter pares) zukomme; mit weitergehenden, rechtlichen Ansprüchen stand er, wann immer die Sprache der Rhetorik und der Diplomatie einmal preisgegeben wurde, d. h. solange man von Rom und dem Westen nichts »haben« wollte, und es hart auf hart ging, ziemlich allein.
Ferner sollten engere Kontakte zu den »Nonchalkedonensern« ergeben haben, dass es ihnen gegenüber mit einer terminologischen Korrektur kaum getan ist. Die Bezeichnung als »Miaphysiten« ist nicht weniger polemisch und nicht »theologisch korrekter«, als wenn sie, wie herkömmlich, »Monophysiten« genannt werden (anders 199). Worum es ihnen wirklich ging und geht, kommt auch so nicht zu Geltung; man sollte daher auf solche Fremdbezeichnungen ganz verzichten und zur Kenntnis nehmen, dass die »Formel von der ›einen fleischgewordenen Physis des Gott-Logos‹« zwar kyrillianisch (ebd.) gewesen, aber nicht geblieben ist, weil Kyrill einsehen musste – und akzeptierte, dass er damit einem Pseudo-Athanasianum auf den Leim gegangen war.