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Ausgabe:

Mai/2013

Spalte:

614–615

Kategorie:

Praktische Theologie

Autor/Hrsg.:

Schell, Wolfgang

Titel/Untertitel:

Beziehungswirklichkeit im Personalmanagement des christlichen Krankenhauses – Proprium und strategischer Erfolgsfaktor.

Verlag:

Würzburg: Echter 2012. 275 S. m. Abb. = Studien zur Theologie und Praxis der Caritas und Sozialen Pastoral, 27. Kart. EUR 30,00. ISBN 978-3-429-03496-2.

Rezensent:

Hartmut Wortmann

Die Arbeit von Wolfgang Schell wurde 2011 als Dissertation von der Theologischen Fakultät der Albert-Ludwigs-Universität in Freiburg i. Br. angenommen und im Jahr 2012 in den Studien zur Theologie und Praxis der Caritas und Sozialen Pastoral veröffentlicht. Betreut wurde sie von den Professoren Heinrich Pompey und Ursula Nothelle-Wildfeuer.
Die Arbeit will als Beitrag zur Diskussion um das ›Proprium‹ christlicher Krankenhäuser verstanden werden. Sie zielt darauf hin, Verantwortlichen im christlichen Krankenhaus die Wechselbeziehung zwischen Personalmanagement und christlichem An­spruch zu verdeutlichen. Als diplomierter Betriebswirt und Theologe mit Praxiserfahrungen im Krankenhausmanagement ist S. davon überzeugt, dass es einen signifikanten Unterschied zwischen Krankenhäusern in christlicher und anderer Trägerschaft gibt. Die Ausgangshypothese ist, dass diese Unterschiede sich auf die Gestaltung des christlichen Krankenhauses und die darin ge­lebten Beziehungen auswirken.
In einem ersten aufschlussreichen Kapitel zeigt S. einen interessanten neuen betriebswirtschaftlichen Zugang zum Mitarbeiterverständnis in der Personalwissenschaft. Der Ansatz des SHRM (Strategisches Human Resource Management) nach Walter A. Oechsler versteht Mitarbeitende in einem Unternehmen betriebswirtschaftlich nicht mehr als ›Kostenfaktor‹, sondern als ›Kapital‹ eines Unternehmens, dessen Leistungspotentiale zu wecken, zu fördern und weiterzuentwickeln sind. Die Beziehungsfähigkeit und die Beziehungswirklichkeit in einem Unternehmen dienen auch den Unternehmenszielen, nämlich der Nutzen- und Gewinnmaximierung.
Im darauf folgenden Kapitel fragt S. nach dem ›theologischen Grund‹ der Beziehungsrealitäten. Von der Enzyklika »Deus caritas est« ausgehend, die das ›Liebestun der Kirche als Ausdruck der trinitarischen Liebe‹ umschreibt, sucht S. nach einer theologischen Fundierung der Beziehungswirklichkeit. Aspekte der christlichen Trinitätslehre werden mit einem Fokus auf die Schriften Joseph Ratzingers/Benedikts XVI. aufgearbeitet. Die innergöttliche Liebe des dreifaltigen Gottes kann grundlegende Orientierungslinien für die Gestaltung der Beziehung zwischen den Menschen aufzeigen. Mit den Relationen »Sein-Von«, »Sein-Für« und »Sein-Mit« lassen sich trinitarische Grundmuster eines gelebten Christentums formulieren, die in das Prinzip Liebe eingebettet sind, das sowohl die Beziehungsaspekte von Personalität als auch von Kommunialität umfasst und sie zu einer »Einheit in Vielheit« verbinden kann.
Die wirtschaftswissenschaftliche (SHRM-Ansatz) und die theolo­gische (trinitarische Beziehungswirklichkeit) Erarbeitung werden nun in einen Dialog gebracht. Im Zueinander von Ökonomie und Theologie zeigen sich sowohl Gemeinsamkeiten als auch Un­terschiede. S. versucht, die Konturen eines christlichen Krankenhauses schärfer in Abgrenzung zu anderen Trägern herauszustellen. Dabei wird aber deutlich, dass auch das Management eines christlichen Krankenhauses darauf angewiesen ist, die Erkenntnisse aus den Wirtschaftswissenschaften aufzunehmen.
Darüber hinaus wird es jedoch bemüht sein, diese Erkenntnisse mit den Anstößen der trinitarischen Beziehungswirklichkeit zu verbinden. Die Strategie eines christlichen Krankenhauses findet ihren Ausdruck in der Sorge um den ›ganzen Menschen‹. Die Beziehungswirklichkeit erhält die entscheidende, profilgebende Rolle. Die Art und Weise, wie Menschen in einem christlichen Krankenhaus auf jeglicher Ebene miteinander umgehen, bringt zum Ausdruck, ob tatsächlich der trinitarischen Beziehungswirklichkeit gemäß gehandelt wird. S. versucht dies in einigen Konkretionen deutlich werden zu lassen. Meines Erachtens hat die Arbeit an dieser Stelle ihren schwächsten Punkt. Die pointierte Abgrenzung zu anderen Marktmitbewerbern erscheint mir noch ausbaubar und notwendig.