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Ausgabe:

Mai/2013

Spalte:

606

Kategorie:

Praktische Theologie

Autor/Hrsg.:

Costanza, Christina, u. Christina Ernst[Hrsg.]

Titel/Untertitel:

Personen im Web 2.0. Kommunikationswissenschaftliche, ethische und anthropologische Zugänge zu einer Theologie der Social Media. M. e. Vorwort v. Ch. Dahling-Sander. M. Beiträgen v. V. Dreyer, A. Filipovic´, Ch. Gieseler, K. Kopjar, A.-K. Lück, K. Marx, A. Mayer-Edoloeyi, Th. Zeilinger.

Verlag:

Göttingen: Edition Ruprecht 2012. 225 S. m. Abb. = Edition Ethik, 11. Geb. EUR 36,90. ISBN 978-3-8469-0082-6.

Rezensent:

Christian Grethlein

Der Sammelband präsentiert zehn Beiträge vorwiegend jüngerer Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen zu der Tagung »Personen im Web 2.0 – Theologische Perspektiven«, die im September 2011 in der Theologischen Fakultät der Universität Göttingen stattfand. Der dabei leitende Fokus war die »Frage nach den Transformationen, die menschliches Personsein in individueller und sozialer Perspektive durch Social Media erfährt« (9). Dabei rekurrieren die Autoren (Kommunikationswissenschaftler, katholische und evangelische Theologen, Juristen sowie Linguistiker) auf unterschiedliche, dem aktuellen Mediendis­kurs vorausliegende Theorien, um zu neuen Einsichten zu kommen.
Christina Ernst macht auf das »Ineinander von Sichtbarkeit und Entzogenheit als ein[em] Hauptmotiv protestantischer Theologie« aufmerksam und versucht von daher, zu einer Hermeneutik der Selbstdarstellungspraktiken auf Facebook zu kommen. Ganz ähnlich geht Christina Costanza vor, die unter Rückgriff auf die An-thropologie Wolfhart Pannenbergs das Personsein im Social Web in den Blick nimmt. Aus katholischer Perspektive versucht Alexander Filipovic´ Ähnliches von Einsichten zum christlichen Menschenbild aus. Ebenfalls am Personbegriff arbeitet sich Anne-Kathrin Lück ab, die die Unterscheidung von »Persönlich-Sein« und »Person-Sein« vorschlägt, um dem Spezifikum von Profilen in Social Media und daneben auch von leiblicher Kommunikation auf die Spur zu kommen. Am juristisch ausgelegten Begriff der Persönlichkeit sind die Hinweise von Christoph Gieseler zum Datenschutz in Sozialen Netzwerken orientiert. Praktisch-theologisch ist der Versuch von Karsten Kopjar ausgerichtet, der dem Gemeinschaftsverständnis in den Social Media unter Rückgriff auf Ernst Langes vierfache Unterscheidung der Verkündigung nachgeht und so erste kirchentheoretische Konsequenzen in den Blick nimmt. Kommunikationstheoretisch spannend und kulturhermeneutisch er­hellend ist der Rückgriff von Vera Dreyer auf Marshall McLuhans gleichsam prophetische Einsichten zum »Global Village«.
Dazu treten noch weitere interessante Aufsätze: Konstanze Marx gibt einen Einblick in ihre empirische Forschungswerkstatt an­hand des Themas von »romantischen Erstkontakten« in Facebook. Zwei Seiten medienethischer Reflexion markieren Andrea Mayer-Edoloeyi und Thomas Zeilinger. Während die katholische Pastoraltheologin, milieutheoretisch belehrt, affirmativ eine Strategie zur kirchlichen Gewinnung von »Digital Natives« vorschlägt, weist der evangelische Praktische Theologe (Christliche Publizistik) Thomas Zeilinger auch auf durch das Web 2.0 gegebene Gefährdungen hin, die nicht zuletzt in der Web-Community selbst markiert werden.
So liegt insgesamt ein vielfältig anregender Band vor, der facettenreich gegenwärtige kommunikationstheoretische Versuche, »Personen im Web 2.0« zu verstehen, präsentiert und diese an un­terschiedliche Diskurse in Ethik, Praktischer Theologie, Jura und Linguistik anschließt. Das am Ende stehende Literaturverzeichnis für alle Beiträge ist eine Fundgrube für an der Weiterarbeit interessierte Leser.