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Ausgabe:

April/2013

Spalte:

405–420

Kategorie:

Praktische Theologie

Autor/Hrsg.:

Johannes Eurich

Titel/Untertitel:

Diakonie in der Transformation des Wohlfahrtsstaates

1. Einleitung
Seit den 1990er Jahren befindet sich die Diakonie in einem tiefgreifenden Veränderungsprozess, der in direkter Weise mit der Transformation des Wohlfahrtsstaates zusammenhängt. Die Erbringung sozialer Dienstleistungen im öffentlichen Bereich war über lange Phasen der deutschen Nachkriegsgeschichte geprägt von der Partnerschaft des Staates und der freien Wohlfahrtspflege, die eine klare Trennung zwischen Staat und Markt beinhaltete und – aufgrund der Dominanz verbandlicher Strukturen – unmittelbare Formen zivilgesellschaftlicher Beteiligung nachrangig behandelte.1 Mit den Mitte der 1990er Jahre einsetzenden Reformen der sozialen Sicherungssysteme wurde eine Neuorientierung eingeleitet, die – ausgehend vom Leitbild des aktivierenden Sozialstaats – die klaren Trennungen zwischen den einzelnen Sektoren aufgehoben und neue Formen der Finanzierung und der Strukturen der Dienstleistungserstellung hervorgebracht bzw. gefördert hat. So wurde sozialpolitisch die Trägerkonkurrenz zwischen gewerblichen Leistungsanbietern und den frei-gemeinnützigen Trägern, zu denen auch die Diakonie zählt, favorisiert und durch die faktische Streichung des Subsidiaritätsprinzips umgesetzt. Insgesamt begann eine Neuordnung von öffentlichen Kostenträgern und Leistungserbringern.2 Das bislang geltende Selbstkostenerstattungsprinzip wurde durch vertraglich festgelegte Leistungsvereinbarungen ersetzt; Budgetisierung und Controlling wurden als ökonomische Steuerungselemente installiert; Qualitätssicherungsverfahren wurden zur Vermeidung eines reinen Kostenwettbewerbs eingeführt. Zugleich wurde die Zivilgesellschaft als Ressource der Wohlfahrtsproduktion politisch neu auf die Agenda gehoben.3 Nicht zuletzt aufgrund fiskalischer Notwendigkeiten sollten die bis dato nicht ausgeschöpften zivilgesellschaftlichen Potentiale der Wohlfahrtsproduktion entdeckt und gefördert werden, so z. B. nicht ausgeschöpfte Möglichkeiten familiärer oder nachbarschaftlicher Unterstützung oder auch brachliegende Reserven des freiwilligen Engagements. Auch in finanzieller Hinsicht entwickelten sich neue Formen der Finanzierung, hier insbesondere das so genannte Fundraising und die sprunghaft anwachsende Zahl von Stiftungsgründungen. Auf gesellschaftlicher Ebene traten mangelnde demokratische und partizipatorische Verhältnisse deutlicher hervor und stärkten die Idee der Zivilgesellschaft als Teil der politischen Gesellschaft.4
Natürlich wären hier noch andere Treiber der wohlfahrtsstaatlichen Transformation zu benennen – größere Entwicklungslinien wie der demographische Umbruch oder Veränderungen der Lebensformen genauso wie etwa der gesellschaftliche Wandel im Verständnis der Autonomie des Einzelnen oder die Entwicklung des Staatshaushalts. Zum Teil wird in den nachfolgenden Abschnitten darauf noch Bezug genommen. Für die Darstellung der Situation der Diakonie heute genügt jedoch der skizzierte Wandel: Die Diakonie befindet sich in einer Gemengelage von sozialer Dienstleistungsorientierung, organisatorischer Verbetrieblichung, zivilgesellschaftlicher Rollenzuschreibung und kirchlichem Selbstverständnis. Aus dieser Gemengelage resultieren unterschiedliche Folgen:5 Mit der gestiegenen Anwendung von zweckrationalen Ansätzen auf die Gestaltung von Nonprofit-Organisationen treten zugleich klassische Ziele diakonischer Organisationen im Blick auf soziale Hilfeleistungen wie das Motiv der Sozialanwaltschaft oder die sozialpolitische Mitgestaltung zurück. Dadurch wird es immer schwieriger, das traditionelle Selbstverständnis der Diakonie mit der erzwungenen Organisationsentwicklung zu synchronisieren. Entsprechende Versuche, etwa in Form der Leitbildentwicklung oder der Pflege der Organisationskultur, treten unter dem Druck ökonomischer Anforderungen oftmals in den Hintergrund. Da die kirchlichen Wohlfahrtsverbände auch stärker in die gesellschaftlichen Pluralisierungs- und Individualisierungsprozesse einbezogen sind als der Kernbereich der verfassten Kirche, ist auch hier eine unterschiedliche Entwicklung festzuhalten.6 Nicht alle Aspekte dieser Gemengelage können im Folgenden eingehend untersucht werden. Ich konzentriere mich auf vier zentrale Bereiche, die aus diakoniewissenschaftlicher Sicht für die Situation der Diakonie im transformierten Wohlfahrtsstaat entscheidend sind: Im zweiten Abschnitt werden der Wandel im Sozialstaatsverständnis dargestellt und dessen Folgen für das Verhältnis der unterschiedlichen gesellschaftlichen Sektoren beschrieben. Vor diesem Hintergrund erfolgt drittens die Analyse diakonischen Organisations-Handelns auf Grundlage des Modells des Dritten Sektors, dessen Diskussion sich heute u. a. um Konzepte der Hybridität dreht. Wie unter diesen Bedingungen die theologischen Grundlagen diakonische Dienstleistungen prägen können, wird im vierten Abschnitt erörtert. In diesem Zusammenhang wird auch die Forderung erhoben, dass sich diakonische Einrichtungen stärker zivilgesellschaftlich vernetzen sollten. Die zivilgesellschaftliche Einbettung der Diakonie wie der Kirche bildet dann den Inhalt des fünften Abschnitts, der auch die Verschränkung der verbandlichen Diakonie mit gemeindlich-ehrenamtlichem Engagement aufnimmt. Im Ausblick werden abschließend Herausforderungen und Gefährdungen der Diakonie benannt.

2. Der Wandel des sozialstaatlichen Verständnisses
Wohlfahrtsverbände wie die Diakonie sind nicht nur der soziale Arm der Kirche. Sie sind gleichzeitig auch Teil des sozialstaatlichen Arrangements, innerhalb dessen sie – historisch gewachsene, aber heute neu diskutierte – Funktionen ausüben. »Wohlfahrtsverbände produzieren sozialpolitisch gewollte Wohlfahrt in ihren spezifischen, gemeinnützigen Rollen. Veränderungen im Verständnis des Sozialstaates mussten sich folgerichtig auch hier auswirken.«7 Eine wichtige Markierung bildet in diesem Zusammenhang die Einführung der Pflegeversicherung 1995, mit der die Erosion der Vorrangstellung der Wohlfahrtsverbände eingeleitet wurde und die als Teil der übergreifenden Transformation des Wohlfahrtsstaats zu verstehen ist. Die politische Neubestimmung des Verhältnisses von Staat und Gesellschaft wurde programmatisch durch das so genannte Schröder-Blair-Papier8 vorangetrieben. Die Transformation des Wohlfahrtsstaats erscheint dann keineswegs als unausweichliche Folge-Entwicklung des Globalisierungsprozesses, sondern auch als beabsichtigte Folge politischer Entscheidungen, die unter Rückgriff auf neo-liberale Ansätze9 die Modernisierung des Sozialstaats durchführen.10 Bei der Neubestimmung des Verhältnisses von Staat, Markt und Gesellschaft erscheint der Markt nicht mehr als Gegenüber des Staates, sondern als dessen Prinzip und Vorbild und übt eine formalisierende Kraft auf diesen aus, die ebenso in die Gesellschaft hinein ausstrahlt. Die mit den neo-liberalen Ansätzen einhergehende Ökonomisierung des Sozialbereichs ist somit nicht als entfesselter, schrankenloser Kapitalismus zu begreifen, der staatlichen Einfluss zurückdrängt, sondern als politische Strategie, in deren strategischem Programm der vermeintliche Rückzug des Staates als Neubestimmung des Verhältnisses zwischen Politik und Ökonomie sichtbar wird und in der Transformation gesellschaftlicher Kräfteverhältnisse beiden dient: »Der Umbau bzw. Abbau des Wohlfahrtsstaates ist in dieser Analyseperspektive als Umorganisation der Regierungstechniken – nicht als Zurückdrängung staatlichen Einflusses durch den ›Terror der Ökonomie‹ […] – zu verstehen.«11 Entsprechend wird die Rolle des Sozialstaats nicht mehr in der Adressierung und Steuerung gesellschaftlicher Problemlagen gesehen, sondern in der Moderation des Wettbewerbs zwischen den am Marktgeschehen Beteiligten. »Die ethischen Prinzipien und Kulturmuster, die den Sozialstaat legitimiert und geprägt haben – soziale Verantwortung, Gleichheit, Solidarität, Gerechtigkeit –, werden dekonstruiert und funktionalisiert […]. Die Maximierung des Eigennutzes wird zur ethischen Norm, Konkurrenz und Wettbewerb zum bestmöglichen Weg der Zielerreichung. Moralisch ist gut, was für meine partikularen Interessen gut ist.«12
Mit der Übernahme von Marktprinzipien wird zugleich eine neue Form autonomer Subjektivität propagiert, die die kollektive Sicherung von Risiken durch den Doppelmechanismus von Prävention und Selbstmanagement ergänzen bzw. ersetzen soll, so dass letztlich in Not geratene Menschen für ihre Probleme und deren Lösung selbst verantwortlich gemacht werden können. Dies ist ethisch insofern problematisch, da eine solche Zurechnung als individuelles Versagen in der Regel ohne Anerkennung anderer Gründe wie z. B. struktureller Ursachen oder konjunktureller Schwierigkeiten (etwa bei der Wiedereingliederung in Arbeitsprozesse) geschieht bzw. gerade von solchen Gründen ablenken soll. In den Handlungsfeldern der Wohlfahrtspflege kommt es dabei zu folgender Koinzidenz: Die Freiheit und das Risiko des Einzelnen als Subjekt des Marktgeschehens trifft auf sozialpolitische Forderungen von betroffenen Menschen und deren Selbsthilfe- bzw. Selbstvertretungsbewegungen nach mehr Selbstbestimmung. Im Kundenbegriff kommen beide Verständnisse zusammen und füllen den Begriff jeweils unterschiedlich. So wurde im Kundenbegriff – als Kritik am paternalistischen Beziehungsmodus traditioneller sozialer Hilfe – ein neues Paradigma für die Beziehung zwischen Professionellen und Betroffenen gefunden, das »sich zugleich in die Plausibilitäten einer Marktorientierung einfügt, wie sie von Seiten der Kostenträger der Sozialsysteme als Regulierungsinstrument gefordert und in einem ›aktivierenden Sozialstaat‹ sukzessive durchgesetzt wird, freilich mit ganz anderen, nämlich primär fiskalischen Interessen«13.
Diese geänderte Ausrichtung staatlichen Handelns hat zur Folge, dass der Staat – neben seiner Funktion als Gewährleistungsgarant zur Sicherstellung der sozialen Grundversorgung – im Blick auf die darüber hinausgehenden gemeinwohlorientierten Aufgaben vor allem eine aktivierende Politik unterstützender Maßnahmen durchführt,14 die z. B. auf der Ebene der Leistungserbringung durch die Einführung marktwirtschaftlicher Elemente auf eine effiziente Ressourcenverwendung und die Aktivierung von stärkerem Wettbewerb um Qualität und Leistung abzielt.15 Im Bereich sozialer Dienste wirkt sich dies in geänderten Rahmenbedingungen der Dienstleistungserstellung aus, die nun in einem – je nach Handlungskontext unterschiedlichen – Mix aus staatlicher Unterstützung, Unternehmertum und bürgerschaftlichem Engagement angeboten und durchgeführt werden.16 Einerseits geht die Entwicklung dabei in Richtung eines Konzentrationsprozesses auf der Ebene der Trägerorganisationen, die sich zu größeren Einheiten zusammenschließen oder durch Übernahmen wachsen (Merger & Aquisition-Strategien), andererseits gibt es eine Tendenz zur Dezentralisierung sozialer Einrichtungen und Versorgungssysteme bei gleichzeitigem Einbezug der lokalen Selbstorganisation und Stärkung der Beteiligung von Nutzer/innen und Bürgern/innen,17 wobei sich beide Entwicklungen nicht ausschließen müssen. Die zunehmende Vermischung staatlicher und marktlicher Elemente mit der einhergehenden Förderung unmittelbarer Formen zivilgesellschaftlichen Engagements führt dazu, dass nicht allein auf der Makroebene (Wohlfahrtsmix), sondern auch auf der Ebene der einzelnen Organisation bei der Entwicklung und Trägerschaft sozialer Dienstleistungen die Ordnungsmuster von Staat/Kommune, Markt und Zivilgesellschaft sich trotz aller Rivalität immer öfter miteinander verschränken.18 Oftmals beinhaltet diese Verschränkung die Koexistenz staatlicher Elemente, die hauptsächlich Fragen der Finanzierung und Standardisierung betreffen, mit marktwirtschaftlichen Elementen (z. B. dem Wettbewerb unter autonomen Dienstleistungsanbietern) sowie mit zivilgesellschaftlichen Elementen, die die Nutzung »sozialen Kapitals« vorsehen (durch Fördervereine, örtliche Netzwerke von Initiativen, Vereinen und Wirtschaftsunternehmen zur Unterstützung der sozialen Dienste, Selbstvertretungsorganisationen etc.). Auch Wohlfahrtsverbände wie die Diakonie und ihre Mitgliedseinrichtungen stellen in dieser Analyseperspektive keine einheitlich funktionierenden Organisationen dar, sondern »bestehen eher aus einem dichten Netz mit marktlichen, zivilgesellschaftlichen und staatlichen Elementen, und in vielen Fällen finden sich diese Elemente innerhalb eines Krankenhauses, Heimes, Arbeitslosenprojektes oder Beratungszentrums wider«19.
Mit der Einführung wettbewerblicher Elemente und spezifischer betriebswirtschaftlicher Instrumente sowie der Aufwertung zivilgesellschaftlichen Engagements haben sich die Rahmenbedingungen sozialer Träger insgesamt gravierend verändert. Das sozialstaatliche Arrangement ist keiner der grundlegenden Basisinstitutionen der Gesellschaft mehr direkt zuzuordnen, vielmehr ist von einer intermediären Sphäre zu sprechen, die als so genannter »Dritter Sektor« Schnittflächen mit Staat, Markt und Zivilgesellschaft aufweist. Auf das Verständnis dieser Sphäre sowie die Herausforderungen, die aus der Intermediarität für die Diakonie erwachsen, geht der folgende Abschnitt ein.

3. Der »Dritte Sektor« als Bezugsfeld der Diakonie

Der Bereich, in dem diakonische Träger-Organisationen tätig sind, wird heute mit unterschiedlichen Begriffen belegt. Eine gängige Bezeichnung ist »Zivilgesellschaft«, auch wenn im Blick auf diese unterschiedliche Konzeptionen gebräuchlich sind.20 Zivilgesellschaft wird in diesem Beitrag dem Sektor der Gemeinschaft/Familie zugerechnet, der nach Theoretikern wie Walzer21 oder Esping-Andersen22 neben Staat und Markt zu den zentralen Basisinstitutionen moderner Gesellschaften gehört.23 Letztere konstituieren sich folglich durch die Trennung und Interaktion zentraler Basisinstitutionen, »die nach den Prinzipien und Schlüsselmerkmalen des Staates, der Marktwirtschaft und der Gemeinschaft strukturiert sind«24. Weitere Begriffe, die zum Teil auch mit Zivilgesellschaft bzw. dem Sektor der Gemeinschaft gleichgesetzt werden, sind Nonprofit-Bereich oder Dritter Sektor, wobei in beiden Fällen die Trennung zum Markt und zum Staat als Unterscheidungskriterium hervorgehoben wird.25 Jedoch ist das Verhältnis zwischen Drittem Sektor und dem Bereich der Gemeinschaft bzw. Zivilgesellschaft nicht eindeutig zu bestimmen. Die Dritte-Sektor-Forschung sieht den Dritten Sektor als eigenständigen Bereich von Wohlfahrtskonzepten neben Staat, Markt und Gemeinschaft/Zivilgesellschaft und weist hier eine deutliche Verbindung zum Konzept des Welfare Mix auf.26 Der Dritte Sektor ist dann weniger als Sektor oder abgrenzbarer Bereich, sondern mehr als intermediäre Sphäre zu verstehen, die freie Assoziationen im öffentlichen Raum (»Sphäre«) umfasst. Denn »charakterisierend für Funktionsweise und Orientierungen der Organisationen im Dritten Sektor […] ist deren grundlegende Unbestimmtheit. Neben dem Prinzip der freien Assoziationen bestehen graduelle Einflüsse der Basisinstitutionen Staat, Markt und Gemeinschaft – in Konstellationen und Ausmaßen, die historisch gesehen kontingent sind«27. Da sich der Begriff »Dritter Sektor« im Blick auf die Träger-Organisationen sozialer Dienstleistungen etabliert hat und diese offensichtlich nicht nur durch Elemente der Gemeinschaft bzw. Zivilgesellschaft bestimmt werden, wird er hier übernommen. Im fünften Abschnitt wird auf die Zivilgesellschaft rekurriert, um die Verwurzelung der Diakonie im öffentlichen Bereich freiwilligen Engagements zu beschreiben.28
Als Beispiel für den staatlichen Einfluss auf Dritte-Sektor-Organisationen können die gesetzlichen Grundlagen genannt werden, die diese Organisationen garantieren und zugleich einschränken. Treten sie als soziale Dienstleister auf, gelten für sie in der Regel auch marktwirtschaftliche Prinzipien. Im Blick auf religiöse Wohlfahrtsorganisationen wie die Diakonie besteht ein entsprechender Gemeinschaftscharakter mit zum Teil hohen Bindungswirkungen. »Angesichts dieser mannigfaltigen Verschränkungen mit Staat, Markt und Gemeinschaft definiert sich der Dritte Sektor also nicht allein über die Summe der dortigen Assoziationen, sondern auch über seine Verbindung zum öffentlichen Raum. Hier gilt es, Verflechtungen und Spannungsverhältnisse miteinander zu vermitteln, die auf die strukturell unterschiedlichen Prinzipien von Staat, Markt und Gemeinschaft zurückverweisen – deshalb ›intermediär‹.«29
Aus diesen Beobachtungen folgt, dass man beim Dritten Sektor nicht von einem trennscharf zu bestimmenden Sektor ausgeht (daher scheint der Begriff der »Sphäre« angemessener zu sein), sondern vielmehr den Grauzonen und Übergängen zu den Sektoren der Basisinstitutionen Beachtung schenkt. Diesem Ansatz zufolge bestehen keine für den Dritten Sektor typischen Handlungslogiken. Vielmehr ist das für den Sektor Spezifische gerade in der Kombination und Synthese der Logiken der anderen Sektoren innerhalb der intermediären Organisationen zu sehen.30 Organisationen des Dritten Sektors wie die Diakonie spiegeln somit die unterschiedlichen Prinzipien der Basisinstitutionen innerhalb der Organisation wider und sind nicht immer eindeutig von den Basisinstitutionen abgrenzbar. Wo die Prinzipien des gesellschaftlich-öffentlichen Bereichs enden und die Privatheit von familiären Gemeinschaften beginnt, ist daher ebenso wenig exakt zu unterscheiden wie die Frage, ob bei einer Partnerschaft zwischen staatlichen Institutionen und Dritte-Sektor-Organisationen nun staatliche Prinzipien oder die Mitgliederlogik vorherrschen.31 Ähnlich kann nicht davon ausgegangen werden, dass For-Profit-Orientierungen eine Dritte-Sektor-Organisation zu einem Teil des Marktbereichs werden lässt.32 Vielmehr sind die unterschiedlichen Orientierungen konstitutive Bestandteile einer Dritter-Sektor-Organisation.
Die Aufgabe in der Steuerung von Dritte-Sektor-Organisationen besteht somit in der Vermittlung unterschiedlicher Orientierungen (z. B. staats- und assoziationsbezogener Orientierungen), der Herstellung von Einheit unter Wahrung der Vielfalt (z. B. organisationale Einheit und Vielfalt an Stakeholdern), der Balancierung unterschiedlicher Steuerungslogiken (z. B. ökonomische Rationalität und wertebasierte – bei der Diakonie: theologische – Programmatik) und der Herstellung und Erhaltung von Gemeinschaft bzw. der Emanzipation aus deren Bindungen (vgl. die Diskussion um die Loyalitätsrichtlinie in Diakonie und Kirche). Dabei ist keinesfalls davon auszugehen, dass eine Harmonie zwischen den einzelnen Logiken und Zielen besteht. Vielmehr scheint ein Kennzeichen von Dritte-Sektor-Organisationen die Spannungen zwischen verschiedenen internen Organisationselementen zu sein, »die auf erwerbswirtschaftlichen, staatlichen und gemeinnützigen Anforderungen beruhen, und die jeweils spezifisch für das Umfeld sind, in dem sich die Organisation bewegt«33. Als Organisationen des Dritten Sektors unterliegen Nonprofit-Organisationen den gegensätzlichen Einflüssen der anderen Sektoren und sind folglich vielfachen Dynamiken und Wandlungsprozessen unterworfen. Dies spiegelt sich in der Geschichte der Organisationen wider, die oftmals nicht linear verläuft, sondern durch unterschiedliche Einschnitte und Veränderungen gekennzeichnet ist, wenn z. B. aus einer lokalen Gemeinschaft wie einem Diakonissenhaus im Laufe der Zeit ein diakonisches Unternehmen entsteht.34 Im nächsten Abschnitt soll der Frage nachgegangen werden, welche Funktion den theologischen Grundlagen der Diakonie unter diesen Bedingungen zukommt.

4. Theologische Grundlagen der Diakonie

Die theologischen Grundlagen der Diakonie waren über lange Zeit hinweg im Sinne einer Programmatik für die Diakonie verpflichtend,35 die sich einer zweifachen Aufgabe gegenübersah: Zum einen musste schon die Innere Mission ihr Handeln in der Welt theologisch legitimieren; zum anderen mussten sich die diakonischen Handlungskontexte an dieser theologischen Legitimität messen lassen.36 Jürgen Moltmann fasste den inneren Zusammenhang zwischen theologischer Begründung und Einbettung in das sozialstaatliche Hilfesystem wie folgt zusammen: »Ohne die Reich-Gottes-Perspektive wird Diakonie zur ideenlosen Liebe, die nur kompensiert und wiedergutmacht. Ohne die Diakonie wird allerdings die Reich-Gottes-Hoffnung zur lieblosen Utopie, die nur fordert und anklagt. Also kommt es in der diakonischen Praxis darauf an, die Liebe auf die Hoffnung und das Reich Gottes auf die konkrete Not zu beziehen. Ohne die Reich-Gottes-Hoffnung verliert die Diakonie ihre christliche Bestimmung und wird in Praxis und Theorie zu einem Teil der sozialstaatlichen Dienstleitungen.«37 Die Problematik der normativen Qualifizierung der diakonischen Praxis wird in diesem Zitat deutlich: So bietet zwar die Reich-Gottes-Hoffnung einen evangeliumsgemäßen Deutungshorizont für die diakonische Arbeit, die Frage bleibt aber unbeantwortet, wie dieser Deutungshorizont sowohl in die diakonische Organisation hinein Struktur bildend wirken als auch von der Organisation nach außen gegenüber anderen sozialen Dienstleistern abgrenzend zum Tragen kommen kann.38 Trotz vielfältiger Anstrengungen im Rahmen von Leitbildprozessen und Diakonie-Managementmodellen muss konstatiert werden, dass theologische Begründungsmuster vielfach den Charakter haben, zwar theologisch zu vergewissern und Konstitutiva von Diakonie zu benennen, aber für diakonische Organisationen kaum eine Handhabe bieten, die betriebswirtschaftlichen Kernprozesse maßgeblich zu reglementieren:39 So kommt ein evangelisches Krankenhaus, das nach dem engmaschigen Budgetierungsverfahren der Diagnosis Related Groups wirtschaften muss, nicht umhin, die Organisation des Personaleinsatzes, die Auslastung der Operationsräume und der Bettenzahl sowie die Organisation von Wäsche-, Reinigungs- und Essensdienst – vergleichbar mit jedem nicht konfessionellen Träger – so zu gestalten, dass die Einrichtung keine roten Zahlen schreibt.40 Darüber hinausgehende Bemühungen, evangelisches Profil zu zeigen, etwa durch Besuchsdienste in Kooperation mit umliegenden Gemeinden, durch die Einrichtung von Ethikkommissionen, durch Andachten, Gottesdienste, kirchlich-diakonische Fortbildung für Mitarbeitende oder durch christlich geprägte Leitbildprozesse, sind eher den »weichen« und sekundären Betriebsprozessen zuzuordnen und lassen für manche die Frage nach dem Proprium nur unbefriedigend beantwortet sein.
Legt man diese Beobachtungen zugrunde, ist offensichtlich, weshalb die theologische Programmatik nicht die allein bestimmende Größe einer diakonischen Einrichtung sein kann. Insbesondere unter Wettbewerbsbedingungen erhalten die ökonomischen Steuerungskriterien ein deutliches Übergewicht. Um die christlichen Grundlagen trotzdem prägend in eine diakonische Einrichtung einzubringen, sind besondere Vermittlungskonzeptionen notwendig, die an anderer Stelle bereits dargestellt worden sind.41
Zugleich muss jedoch auch kritisch gefragt werden, inwieweit die Diskussion um ein »diakonisches Profil« oder »Proprium« einem theologisch fragwürdigen Bewertungsmuster unterliegt, das eine diakonische Legitimität nur dann gegeben sieht, wenn ein Differenzkriterium erfüllt ist, also Diakonie sich primär dadurch auszeichnet, dass sie sich von anderen sozialen Dienstleistern erkennbar abgrenzt.42 »Man kann noch radikaler fragen, ob nicht die ethische Dimension der Heilung, Pflege, Betreuung und Erziehung von Menschen sowie der Eintritt für gesellschaftliche Solidarität und politische Rechtssicherheit als Beitrag zur humanen und sozialen Gestaltung der Gesellschaft an sich eine gewisse implizite theologische Dignität hat oder zumindest haben kann.«43 Diese implizite theologisch-sozialethische Dimension muss allerdings ergänzt werden um die explizite, »verkündende« und »hinweisende« Dimension. Karl Barth hat sich gegen eine stumme, aussageunfähige Diakonie gewandt, wenn er schreibt: »Fürsorge für den ganzen Menschen. Wie viel sie auch für ihn tun mag – was hat sie ihm eigentlich damit zu sagen?«44. Heute werden von vielen diakonischen Einrichtungen Glaubenskurse für Mitarbeitende der Diakonie fakultativ angeboten45 – auch als Reaktion auf die innere Distanz vieler Mitarbeitender zur christlichen Botschaft wie auf die fortgeschrittene Professionalisierung in den diakonischen Handlungsfeldern, in denen Professionsstandards gelten, die weitgehend ohne direkten Bezug zu christlichen Grundlagen erstellt wurden.
In der Diakoniewissenschaft wurden in jüngster Zeit vermehrt Versuche unternommen, die theologischen Grundlagen helfenden Handelns in Bezug auf die jeweils vorherrschenden sozialwissenschaftlichen Konzepte neu zu durchdenken.46 Als Konsens kann dabei gelten, dass eine rein binnentheologisch argumentierende Orientierung der Diakonie aufgrund der in den einzelnen Handlungsfeldern vorherrschenden sozial- oder gesundheitswissenschaftlichen Disziplinen unzureichend ist und die eigentliche Herausforderung in der Vermittlung zentraler theologischer Lehrstücke wie der Rechtfertigungslehre mit den handlungstheoretischen Grundlagen des Hilfehandelns besteht. Vor allem hinsichtlich ethischer Standards und Grundsatzentscheidungen ergibt sich für die Diakoniewissenschaft, entsprechend den gegenwärtigen Herausforderungen einer pluralen und sich immer mehr ausdifferenzierenden Gesellschaft, die Aufgabe, den Dialog christlicher Begründungszusammenhänge und Wertvorstellungen mit den »Begründungsstrategien fremder Diskurs- oder Kulturpraktiken«47 zu suchen. Durch eine solche Transpartikularisierung theologischer Interpretamente für die theologische Praxis – also durch den Rückbezug auf christliche Inhalte »zur Gewinnung und Rechtfertigung von Normen«48 bei gleichzeitiger Offenheit zum reflexiven Gespräch mit anderen z. B. religiösen Normen – kann es der Diakonie gelingen, ihren Standort zu markieren und dessen Geltungsanspruch zu reflektieren sowie gleichzeitig tolerant und offen anderen Geltungserhebungen gegenüberzutreten.49 Diakoniewissenschaft wird daher heute zwingend als interdisziplinäres Unterfangen verstanden, dass vor allem in ethischer Hinsicht an einer »Transpartikularisierung« theologischer Interpretamente für die diakonische Praxis arbeitet.50
Dies ist auch funktional geboten: Denn bei der Analyse des Dritten Sektors ist deutlich geworden, dass die Leitmotive und Steuerungsmodi einer diakonischen Träger-Organisation nicht allein durch die Prinzipien und Werte einer Perspektive bestimmt werden können. Vielmehr ist ein Kennzeichen des Dritten Sektors, dass über die Sektorengrenzen hinweg unterschiedliche Prinzipien, Werte und Logiken aus den Sektoren des Staates, des Marktes und der Gemeinschaft Einfluss auf eine Organisation entfalten. Die Anforderung an die diakonische Organisation besteht dann in der Vermittlung der unterschiedlichen Einflussgrößen und Logiken, so dass sowohl im Dienstleistungsangebot eine bestimmte ethische Qualität (z. B. Lebensqualität der Nutzer/innen) enthalten ist als auch in der Organisation selbst christliche Prinzipien die Basis der Organisationskultur bilden können.

5. Zivilgesellschaftliche Einbettung von Kirche und Diakonie

Die eingangs beschriebene politische Wiederentdeckung der Zivilgesellschaft51 birgt für die Kirchen und ihre Diakonie auch große Chancen. In theologischer Perspektive bestehen diese in der stärkeren Beachtung der diakonischen Dimension kirchengemeindlicher Arbeit. Programmatisch auf die Formel gebracht »Kirche ist entweder diakonische Kirche oder sie ist nicht Kirche«52, wird unter unterschiedlichen Bezeichnungen (neben Gemeinwesendiakonie ist auch »Wichern III«53 gebräuchlich, inhaltliche Übereinstimmungen gibt es mit etlichen sozialarbeiterischen Ansätzen wie dem G2-Modell54 oder Enabling Community55) ein Zusammenwachsen der gemeinwohlbezogenen Aktivitäten von Kirchengemeinden und diakonischen Einrichtungen angestrebt. Gemeinwesendiakonie beschreibt »eine Gestalt kirchlich-diakonischer Arbeit, die von Kirchengemeinden und Kirchenkreisen, von diakonischen Diensten und Einrichtungen gemeinsam getragen wird und in der mit weiteren Akteuren kooperiert wird. Sie nimmt den Stadtteil in den Blick, orientiert sich an den Lebenslagen der Stadtteilbewohner und öffnet sich so zum Gemeinwesen hin. Gemeinsames Handeln von verfasster Kirche und organisierter Diakonie setzt eine strategische Zusammenarbeit voraus, um Klienten-, Mitglieder und Gemeinwesenorientierung in Balance zu bringen«56. Freilich stellt dieser Ansatz Anforderungen an Kirche und Diakonie, die theologisch reflektiert werden müssen.
So ist einerseits »die Diakonisierung der Kirchen auch heute noch die essentielle Frage nach deren Identität«57. Aufgabe der Kirchen ist die Kommunikation des Evangeliums in den konkreten Alltagsbezügen, in denen Menschen in den unterschiedlichsten Lebensbereichen einer spätmodernen Gesellschaft leben. Dabei werden gerade inmitten der konfliktbeladenen und bedrängenden Lebenslagen Antworten auf existentielle Lebensfragen gesucht. »Infolgedessen sind die bevorzugten Orte christlicher Gottesrede dann nicht mehr Kanzel und Katheder, sondern jene öffentlichen Hecken und Zäune, die die Tat- und Diskurslandschaften moderner Gesellschaften strukturieren und gestalten; Hecken und Zäune von interaktiven Landschaften, an denen über Gott und die Welt öffentlich räsoniert, aber auch die Lebenskraft, die mit dem Bekenntnis des christlichen Gottes in Verbindung steht, durch das ›stumme Zeugnis‹ der helfenden Tat praktisch bewährt und bewahrheitet wird.«58 Das stumme Zeugnis der helfenden Tat darf somit nicht vom Bekenntnis zum Gott Jesu Christi getrennt werden. Die Kirchen sind um ihres Gottesbekenntnisses willen in den Raum ziviler Gesellschaft verwiesen.59 »Dort leisten sie in zweifacher Weise zivilgesellschaftliche Diakonie: als Diakonie für die bzw. im Dienst an der Zivilgesellschaft, insofern sie die semantischen Potentiale christlicher Gottesrede wie auch die tatkräftigen stummen Zeugnisse in die Selbstverständigungsdiskurse und die Gestaltungsaktionen ziviler Öffentlichkeit einspeisen – durch pädagogisch-kulturelle, durch politisch-ethische wie auch durch sozial-karitative Diakonie.«60 Konkret wird der Beitrag der Kirchen zum Nutzen ziviler Öffentlichkeiten z. B. in der Kommunikation einer »Kultur des Helfens«61, die sich insbesondere auf Formen der Anerkennung und der Achtsamkeit, den inneren Zusammenhang von Barmherzigkeit und Recht, der Parteilichkeit mit armen und ausgegrenzten Menschen, der Möglichkeit des Scheiterns und des Schuldigwerdens wie der Vergebung und Versöhnung bezieht. Dieses Potential ergibt sich aus dem christlichen Bild vom Menschen als Gott entsprechende, antwortfähige und deshalb verantwortliche Person und stellt einen spezifisch religiösen Beitrag dar.
Andererseits sind die Kirchen auch auf die Diakonie innerhalb der Zivilgesellschaft angewiesen, um sich selbst als Glaubensgemeinschaften in einer handgreiflich erlebbaren Sozialgestalt zu konstituieren – natürlich stellt dies nicht die einzige und auch nicht die primäre Sozialgestalt der Kirchen dar, aber doch eine Sozialgestalt, die Kirche für Menschen erlebbar macht, die ansonsten keinen unmittelbaren Kontakt zu einer Kirche mehr haben. Zivilgesellschaftliche Prozesse bieten hier Gelegenheitsstrukturen, um genuin kirchliche Traditionen und Lebensmuster zur Geltung zu bringen. »Denn die individuellen Lebensführungskompetenzen jedes Einzelnen – auch die über Taufe bereits zur Kirche gehörenden Mitglieder – bilden sich heute mehr denn je im Medium öffentlicher Kommunikation und Aktion heraus.«62 Die spezifischen zivilgesellschaftlich-diakonischen Modi der Kirche bilden deshalb nicht nur einen Beitrag in dem Selbstverständigungs- und Meinungsbildungsprozess der zivilen Öffentlichkeit, sondern ermöglichen der Kirche zugleich, ihre diakonischen Projekte in den strukturellen Rahmungen einer zivilgesellschaftlichen Tatlandschaft zu etablieren und so ihre eigenen Mitglieder wie weitere Hörende ihrer Botschaft zu erreichen und über diesen Weg sich selbst zu konstituieren.63
Damit dies gelingen kann, bedarf es theologischer Konzeptionen, wie Diakonie als Teil der Kirche Tat- und Wortzeugnis überzeugend miteinander verbinden und sich zugleich zivilgesellschaftlich öffnen und vernetzen kann. Einige Markierungspunkte können dafür benannt werden: Die Diakonie legt mit ihrem Tun Zeugnis ab von der Liebe des dreieinigen Gottes. Jedoch darf dies in der Zusammenarbeit mit weiteren Akteuren der Zivilgesellschaft nicht zur Missionierung dieser Gruppen missbraucht werden. Der Andere muss anders bleiben und auch anders glauben dürfen. Entsprechend suchen neuere Ansätze zur Begründung der Diakonie ihren theologischen Ausgangspunkt nicht bei dem gläubigen Menschen und dessen Zeugnis, sondern beim schöpferischen Handeln Gottes.64 In Anlehnung an Theo Sundermeiers Arbeiten könnte auch an das Konzept der Konvivenz65 als Grundlage des Miteinanders unterschiedlicher Gruppen und Akteure der Zivilgesellschaft angeschlossen werden. »›Konvivenz‹ als theologische Begriffsbildung im Zusammenhang aktueller sozialer Arbeit ist der Versuch der Kennzeichnung eines spezifischen weltanschaulich offenen und nachbarschaftlich ausgerichteten Begegnungs- und Problemlösungsprinzips.«66
In organisationaler Perspektive müssen solche Konzepte einerseits traditionelle diakonische Zuschreibungen aufnehmen und auf Veränderungen des Organisationsumfelds anpassen können, ohne dabei andererseits die angestammten Kunden- wie Unterstützergruppen zu verlieren. Kommt es zur Beteiligung weiterer bürgerschaftlicher Akteure, nehmen diese im Sinne der »Partizipation als Mitregieren«67 Einfluss auf die Ziele und Arbeitsweise eines Trägers. Daraus ergibt sich die Aufgabe, »die unterschiedlichen Zieldimensionen trotz aller möglichen Zielkonflikte in Einklang zu bringen, das heißt, deren Vereinbarkeit in der alltäglichen Arbeit praktisch zu organisieren und in der Organisationsbilanz sichtbar werden zu lassen.«68 Hierfür müssen die Träger-Organisationen neben übergreifenden Wertegrundlagen ein komplexes Arbeitsprogramm und Zielsystem entwickeln, das verschiedene miteinander rivalisierende Ziele vereint.69
Dass dies möglich ist, belegen Beispiele des Community Organizing, bei denen sich gerade auch Pfarrgemeinden und karitative Organisationen beteiligt haben.70 Für das Miteinander bzw. die Verschränkung von verbandlich organisierter, unternehmerischer Diakonie mit gemeindlich-ehrenamtlichem Engagement ergeben sich hier gute Chancen. Kirchengemeinden könnten im Sinne der erwähnten diakonischen Kirche hier einen Zugang zur diakonischen Grunddimension von Kirche finden oder diesen verstärken; dabei könnte sich eine Kirchengemeinde nicht nur in ihrem gesellschaftlichen Nahraum (stärker) verorten (›Entgrenzung nach außen‹), sondern sich darüber auch der eigenen inneren Vielfalt und Bedürftigkeit bewusst werden, die bis dahin verborgen geblieben sind (›Entgrenzung nach innen‹).71

6. Ausblick: Herausforderungen und Gefährdungen

Reformen des Sozialstaats wie die Agenda 2010 können als Ausdruck für eine Neubestimmung sozialer Verantwortung gewertet werden, die infolge knapper öffentlicher Finanzen nicht mehr vorrangig vom Staat geleistet, sondern den Gesellschaftsmitgliedern in Form wirtschaftlicher und privater Eigeninitiativen übertragen wird. Dabei wird die Verteilung von Verantwortungsaufgaben immer stärker nach ökonomischen Erwägungen ausgerichtet. Solidarität akzentuiert in dieser Perspektive gemeinwohlorientiertes Handeln und eigenverantwortliche Lebensführung. Pointiert ausgedrückt bedeutet Solidarität nicht länger in erster Linie das gesellschaftliche Mittragen der ›Schwachen‹ durch die ›Starken‹, sondern mahnt die Gemeinschaftsdienlichkeit der Hilfebedürftigen an. Bei der Orientierung an dieser Vorstellung von Solidarität darf nicht vergessen werden, dass der sozialen Kohäsion in einer Gesellschaft durch wachsende Ungleichheit der Boden entzogen wird. Daher muss sich die neue Ausrichtung des Sozialstaates an der Frage messen lassen, inwieweit soziale Ungleichheit, also z. B. die Kluft zwischen arm und reich, vergrößert wird oder nicht.
Treten Diakonie und Kirchen als zivilgesellschaftliche Akteure im oben beschriebenen Sinn nur dafür ein, die Lücken zu schließen, die durch die Transformation des Wohlfahrtsstaates entstehen, so verlieren sie ihre Funktion als Seismographen gesellschaftlicher Notlagen und setzen sich der Kritik aus, Erfüllungsgehilfen einer fragwürdigen Sozialpolitik zu sein. Schlimmstenfalls werden durch dieses gut gemeinte Engagement soziale Notlagen verfestigt und Menschen in Armut gehalten, statt den Staat an seine Verantwortung für menschenwürdige Existenzbedingungen zu erinnern und zur Veränderung seiner Politik zu bewegen.72 Eine Herausforderung besteht daher in der Aufrechterhaltung des sozialpolitischen Engagements der Diakonie zugunsten sozial benachteiligter und marginalisierter Menschen. Hier ist nun mit der Transformation des Wohlfahrtsstaats eine folgenreiche Veränderung auf der Ebene der Dienstleister (Träger-Organisationen) zu verzeichnen: »Ihr vielfach anzutreffender ›Sozialmarkt-Opportunismus‹ harmoniert nicht ohne weiteres mit gleichzeitig artikulierten Ambitionen, im Sinne spezifischer Wertbindungen (z. B. christliches oder humanistisches Menschenbild) anwaltschaftlich zu agieren.«73 Für die Diakonie wird es immer schwieriger, ihrem Selbstverständnis in ihrer Doppelrolle sowohl als betriebliche Organisation (sozialer Dienstleister, Arbeitgeber) als auch als politische Organisation (Lobbyist der sozial Schwachen, Kooperationspartner staatlicher Programme) zu entsprechen.74 Träger und ihre Dachverbände erleben dabei nicht selten »innere Zerreißproben«75. Als Beispiel hierfür kann die Diskussion um den Dritten Weg gelten: Die unterschiedlichen Verständnisse desselben sind auch als Richtungsstreit über den künftigen Kurs der Diakonie zu verstehen. Der jüngst auf der EKD-Synode in Magdeburg 2011 verabschiedete Beschluss zum Kirchengesetz über die Grundsätze zur Regelung der Arbeitsverhältnisse der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Diakonie erfordert eine Harmonisierung der unterschiedlichen Regelungen zum Dritten Weg.76 Ob die stärker unternehmerisch ausgerichteten diakonischen Träger eine andere Richtung einschlagen, ist eine der spannenden Fragen, die nicht nur juristisch geklärt werden sollte. Eine Gefährdung der Diakonie liegt sicherlich darin begründet, die unterschiedlichen Interessen und Ziele der diakonischen Verbände, Unternehmen und Einrichtungen nicht länger austarieren zu können. Als Sollbruchstelle könnte sich nach Nethöfel daher die Frage nach einer ökonomisch ausgerichteten Diakonie erweisen.77 Dabei sollte nicht vergessen werden, dass das Ziel diakonischer Tätigkeit in der Befähigung, Unterstützung und Versorgung hilfebedürftiger Menschen und in der Realisation gelingender Lebensführung bislang ausgeschlossener und benachteiligter Menschen liegt.

Summary
Since the 1990s the Christian social service in Germany has been subject to a profound process of change which is directly connected with the transformation of the German welfare state. Its reorientation on the basis of the model of the activating state has decisively transformed the framework conditions for voluntary welfare work. As a result the Christian social service finds itself in a melange of social service orientation, decentralisation to company level, civil society role ascription and self-image of the Church. After analysing the change in the social welfare system, its effects on the Christian social service are described: first of all with regard to the so-called intermediate sphere in which Christian social service organisations are situated nowadays, then with regard to the function of theological rationals for diaconal action which are often pushed into the background under the pressure of economic demands. In order to strengthen the diaconal orientation, the cooperation with the church on the parochial level or with other civil society organisations is discussed. Finally the chances and risks of these developments for the Christian social service are highlighted.

Fussnoten:

1) Die international übliche Bezeichnung »Wohlfahrtsstaat« und der nur im Deutschen gebräuchliche Begriff »Sozialstaat« werden in diesem Beitrag synonym verwendet.
2) Vgl. zum Folgenden W. Maaser, Wohlfahrtsverbände zwischen normativem Anspruch und operativen Zwängen, in: Neue Praxis 34 [2004], 338–355.
3) Vgl. T. Olk/A. Klein/B. Hartnuß (Hrsg.), Engagementpolitik. Die Entwicklung der Zivilgesellschaft als politische Aufgabe, Wiesbaden 2010.
4) Vgl. F. Adloff, Zivilgesellschaft. Theorie und politische Praxis, Frankfurt a. M. 2005.
5) Vgl. zu den unterschiedlichen Verfasstheiten der Diakonie und den spezifischen Folgen auf den jeweiligen Handlungsebenen J. Eurich, Überlegungen zu Grundlagen des Diakonie-Managements in theologischer Perspektive, in: V. Herrmann/H. Schmidt (Hrsg.), Diakonisch führen im Wettbewerb. Herausforderungen und Aufgaben (VDWI 41), Heidelberg 2010, 9–21, 9 f., sowie ders., Nächstenliebe als berechenbare Dienstleistung. Überlegungen zur Situation der Diakonie zwischen Ökonomisierung, theologischem Selbstverständnis und Restrukturierung, in: Zeitschrift für Evangelische Ethik 49 [2005], 58–70, 65–67. Zur besseren Übersichtlichkeit wurde hier auf Differenzierungen der Diakonie verzichtet, sie werden jedoch im Laufe des Beitrags an entsprechenden Stellen vorgenommen.
6) Vgl. B. Broll, Steuerung kirchlicher Wohlfahrtspflege durch die verfassten Kirchen, Gütersloh 1999; vgl. auch J. Falterbaum, Caritas und Diakonie. Struktur- und Rechtsfragen, Neuwied 2000.
7) Maaser, Wohlfahrtsverbände (s. Anm. 2), 342.
8) G. Schröder/T. Blair, Der Weg nach vorne für Europas Sozialdemokraten, in: Blätter für deutsche und internationale Politik 7 [1999], 887–896.
9) Mit dem Begriff »neoliberal« wird auf solche Ansätze Bezug genommen, die sozialstaatliche Interventionen lediglich als Basisversorgung zur Deckung elementarer Bedürfnisse vorsehen und daher die Umverteilung gesellschaftlichen Reichtums im Rahmen eines Wohlfahrtsstaates beschränken möchten. Vgl. hierzu N. Rose, Tod des Sozialen? Eine Neubestimmung der Grenzen des Regierens, in: U. Bröckling/S. Krasmann/T. Lemke (Hrsg.), Gouvernementalität der Gegenwart. Studien zur Ökonomisierung des Sozialen, Frankfurt a. M. 2000, 72–109.
10) Vgl. C. Butterwegge/B. Lösch/R. Ptak, Kritik des Neoliberalismus. Unter Mitarbeit von Tim Engartner, Wiesbaden 2007; F. Hengsbach, Die andern im Blick. Christliche Gesellschaftsethik in den Zeiten der Globalisierung, Darmstadt 2001.
11) S. Schäper, Ökonomisierung in der Behindertenhilfe. Praktisch-theologische Rekonstruktionen und Erkundungen zu den Ambivalenzen eines diakonischen Praxisfeldes (Diakonik 5), Berlin 2006, 73.
12) Ebd.
13) Schäper, Ökonomisierung (s. Anm. 11), 23.
14) Vgl. F. Behrens/R. G. Heinze/J. Hilbert/S. Stöbe-Blossey (Hrsg.), Ausblicke auf den aktivierenden Staat. Von der Idee zur Strategie, Berlin 2005 .
15) Vgl. R. G. Heinze/K. Schneiders/S. Grohs, Social Entrepreneurship im deutschen Wohlfahrtsstaat. Hybride Organisationen zwischen Markt, Staat und Gemeinschaft, in: H. Hackenberg/S. Empter (Hrsg.), Social Entrepreneurship – Social Business: Für die Gesellschaft unternehmen, Wiesbaden 2011, 86–102, 88.
16) Vgl. A. Langer, Dienstleistungsstrukturen in der Sozialen Arbeit zwischen Verwaltungsreform und Professionalisierung, in: Zeitschrift für Sozialreform 53 (3), 2007, 223–246.
17) Vgl. zum Folgenden den ausführlicheren Beitrag des Verfassers über Hybride Organisationsformen und multiple Identitäten im Dritten Sektor. Zum organisationalen Wandel der Dienstleistungserbringung und der Steuerungsformen in diakonischen Einrichtungen, in H. Schmidt/K. D. Hildemann (Hrsg.), Nächstenliebe und Organisation. Zur Zukunft einer polyhybriden Diakonie in zivilgesellschaftlicher Perspektive (Veröffentlichungen der Wissenschaftlichen Gesellschaft für Theologie 37), Leipzig 2012, 43–60. Vgl. grundlegend A. Evers, Öffentliche Einrichtungen als soziale Unternehmen. Potentiale hybrider Organisationsformen im Bereich sozialer Dienstleistungen, in: J. Allmendinger (Hrsg.), Entstaatlichung und soziale Sicherheit. Verhandlungen des 31. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie in Leipzig 2002, Bd. 2, Opladen 2003.
18) Vgl. Evers, öffentliche Einrichtungen als soziale Unternehmen.
19) A. D. Schulz, Organisationen zwischen Markt, Staat und Zivilgesellschaft. Arbeitsmarktförderung von Langzeitarbeitslosen im Deutschen Caritasverband (Bürgergesellschaft und Demokratie 30), Wiesbaden 2010, 35.
20) Vgl. K. Gabriel, Kirchen in der Zivilgesellschaft, in: J. Eurich u. a. (Hrsg.), Kirchen aktiv gegen Armut und Ausgrenzung. Theologische Grundlagen und praktische Ansätze für Diakonie und Gemeinde, Stuttgart 2011, 381–394, 383 ff.
21) Vgl. M. Walzer, Zivile Gesellschaft und amerikanische Demokratie, Berlin 1992.
22) Vgl. z. B. G. Esping-Andersen, Why We Need a New Welfare State, Oxford 2002.
23) Vgl. hierzu die Definition von D. Pollack, Kirche zwischen Staat und Zivilgesellschaft: Überlegungen zum gesellschaftlichen Ort der Kirchen in der westlichen Moderne, in: Ders., Rückkehr des Religiösen? Studien zum religiösen Wandel in Deutschland und Europa II, Tübingen 2009, 150–169, 153: »Unter Civil Society soll […] die Gesamtheit der öffentlichen Assoziationen, Vereinigungen, Bewegungen und Verbände verstanden werden, in denen sich Bürger auf freiwilliger Basis versammeln. Diese Assoziationen befinden sich im Raum der Öffentlichkeit und stehen prinzipiell jedem offen.«
24) A. Evers/B. Ewert, Hybride Organisationsformen im Bereich sozialer Dienste. Ein Konzept, sein Hintergrund und seine Implikationen, in: T. Klatetzki (Hrsg.), Soziale personenbezogene Dienstleistungsorganisationen. Soziologische Perspektiven, Wiesbaden 2010, 103–128, 104.
25) Vgl. zum Überblick P. J. Di Maggio/H. K. Anheier, The Sociology of Nonprofit Organizations and Sectors, in: Annual Review of Sociology (16), 1990, 137–159; R. M. Kramer, A Third Sector in the Third Millennium?, in: Voluntas 11 (1), 2000, 1–24; P. Halfpenny/M. Reid, Research on the Voluntary Sector. An Overview, in: Policy & Politics 30 (4), 2002, 533–550.
26) Vgl. Evers/Ewert, Hybride Organisationsformen (s. Anm. 24), 107–109, zu den Unterschieden dieses Ansatzes zu anderen Definitionen des Dritten Sektors. Der Welfare Mix versteht die Produktion von Wohlfahrt als gemeinsame Aktivität von Wohlfahrtsstaaten, Familien/Gemeinschaften und Dritte-Sektor-Organisationen.
27) A. a. O., 105.
28) Dabei ist deutlich, dass auch bei dieser Verwendung der Begriffe keine Trennschärfe gegeben ist, sondern beispielsweise diakonische Verbände beiden Begriffen zugeordnet werden könnten.
29) Ebd.
30) Vgl. T. Olk/T. Rauschenbach/C. Sachße, Von der Wertgemeinschaft zum Dienstleistungsunternehmen. Oder: über die Schwierigkeit, Solidarität zu üben. Eine einführende Skizze, in: Dies., Von der Wertegemeinschaft zum Dienstleistungsunternehmen. Jugend- und Wohlfahrtsverbände im Umbruch, Frankfurt a. M. 1995, 11–33.
31) Vgl. Evers/Ewert, Hybride Organisationsformen (s. Anm. 24), 106.
32) Vgl. a. a. O., 107, die argumentieren, dass eine For-Profit-Orientierung durch gegenläufige Einflüsse von Staat und Gemeinschaft etwa über das Aufsichtsgremium innerhalb der Organisation einschränkt und eine historisch gewachsene Nonprofit-Orientierung für die Organisation insgesamt garantiert werden kann, so dass das Erwirtschaften von Gewinnen nicht zum Verlust der Dritte-Sektor-Klassifikation führen muss. Entscheidend ist vielmehr die Frage nach dem zugrunde liegenden Governancemodus der Wirtschaft des Dritten Sektors und der sozialen und politischen Einbettung der Organisation.
33) Schulz, Organisationen zwischen Markt, Staat und Zivilgesellschaft (s. Anm. 19), 38.177–215.
34) Vgl. U. Krolzik, Von der Diakonissenanstalt zum diakonischen Unternehmen. Festvortrag anlässlich des Jubiläumsempfangs am 18.10.11 des Evangelischen Diakoniewerks Schwäbisch Hall, in: http://www.diaksha.de/fileadmin/bilder/News/Presse/Krolzik_-_Festvortrag_Das_Diak_Schwaebisch_Hall_18-10-2011.pdf (Zugriff am 12.12.11).
35) Vgl. grundlegend hierzu G. K. Schäfer/T. Strohm (Hrsg.), Diakonie – biblische Grundlagen und Orientierungen. Ein Arbeitsbuch zur theologischen Verständigung über den diakonischen Auftrag (VDWI 2), 3. Aufl., Heidelberg 1998.
36) Vgl. G. K. Schäfer, Evangelisch-theologische Konzeptionen und Diskussionslinien der Diakonie, in: G. Ruddat/G. K. Schäfer (Hrsg.), Diakonisches Kompendium, Göttingen 2005, 91–121.
37) J. Moltmann, Diakonie im Horizont des Reiches Gottes, Neukirchen-Vluyn 1984, 20.
38) Vgl. U. Becker (Hrsg.), Perspektiven der Diakonie im gesellschaftlichen Wandel, Neukirchen-Vluyn 2011, 22.
39) Vgl. ebd.
40) Vgl. ebd.
41) Vgl. zum Überblick Eurich, Überlegungen zu Grundlagen (s. Anm. 5).
42) So Becker, Perspektiven (s. Anm. 38), 22.
43) Ebd.
44) K. Barth, Die Kirchliche Dogmatik IV, 3, 2. Aufl., Zürich 1974, 1024.
45) Vgl. J. Eurich, Glaubensbildung und ihre Bedeutung für die Zukunft von Diakonie und Kirche, in: »Diakonie Texte«, hrsg. von Diakonie Deutschland – Evangelischer Bundesverband. Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung (im Erscheinen).
46) Vgl. A. C. Albert, Helfen als Gabe und Gegenseitigkeit. Perspektiven einer Theologie des Helfens im interdisziplinären Diskurs (VDWI 42), Heidelberg 2010; H. Rüegger/C. Sigrist, Diakonie – eine Einführung. Zur theologischen Begründung helfenden Handelns, Zürich 2011; R. Hoburg (Hrsg.), Theologie der helfenden Berufe, Stuttgart 2008.
47) P. Dabrock, »Suchet der Stadt Bestes« (Jer 29,7). Transpartikularisierung als Aufgabe einer theologischen Bioethik – entwickelt im Gespräch mit der Differentialethik von Hans-Martin Sass, in: E. Baumann/A. Brink/A. T. May/P. Schröder/C. Schutzeichel (Hrsg.), Weltanschauliche Offenheit in der Bioethik (Erfahrung und Denken 94), Berlin/New York 2004, 115–146, 139.
48) P. Dabrock, Zum Status angewandter Ethik in Auseinandersetzung mit Niklas Luhmann, in: T. Jähnichen/W. Maaser/J. v. Soosten (Hrsg.), Flexible Welten (Entwürfe zur christlichen Gesellschaftswissenschaft 11), Münster 2002, 11–42, 30.
49) Vgl. P. Dabrock, Zugehörigkeit und Öffnung. Zum Verhältnis von kultureller Praxis und transpartikularer Geltung, in: Glaube und Lernen 16 [2001], 53–65.
50) Vgl. z. B. V. Herrmann/R. Hoburg/R. Evers/R. Zitt (Hrsg.), Theologie und Soziale Wirklichkeit. Grundbegriffe, Stuttgart 2011; C. Oelschlägel, Diakonie und Menschenrechte. Menschenrechtsorientierung als Herausforderung für diakonisches Handeln (VDWI 44), Heidelberg 2012 (im Erscheinen).
51) Die Abgrenzung der Termini »Zivilgesellschaft«, »Dritter Sektor« und »Gemeinschaft« ist umstritten. Vgl. z. B. L. M. Salamon/H. K. Anheier, The emerging nonprofit sector. An overview, Manchester 1996, die den dritten Sektor mit der Zivilgesellschaft als solcher gleichsetzen. Dieses Verständnis wird hier nicht geteilt, sondern Zivilgesellschaft wird in diesem Beitrag dem Sektor der öffentlichen Gemeinschaften zugerechnet (s. o. Abschnitt 3. »Der ›Dritte Sektor‹ als Bezugsfeld der Diakonie«).
52) K.-F. Daiber, Volkskirche der Zukunft – eine diakonische Kirche?, in: Ders., Religion in Kirche und Gesellschaft: theologische und soziologische Studien zur Präsenz von Religion in der gegenwärtigen Kultur, Stuttgart/Berlin/Köln 1997, 275.
53) Vgl. V. Herrmann/M. Horstmann (Hrsg.), Wichern drei – gemeinwesendiakonische Impulse, Neukirchen-Vluyn 2010; vgl. auch Kirchenamt der Evangelischen Kirche in Deutschland (Hrsg.), Herz und Mund und Tat und Leben, Grundlagen, Aufgaben und Zukunftsperspektiven der Diakonie. Eine evangelische Denkschrift, Gütersloh 1998, 67, sowie ders. (Hrsg.), Kirche der Freiheit. Perspektiven für die Evangelische Kirche im 21. Jahrhundert. Ein Impulspapier des Rates der EKD, Hannover 2006, 81.
54) Vgl. Diakonisches Werk der EKD (Hrsg.), Die Rolle der Allgemeinen Sozialarbeit im Rahmen gemeinde- und gemeinwesenorientierten Handelns in der Diakonie (G2-Modell) (Diakonie Texte 9, 2007), Stuttgart 2007.
55) Enabling Community, Gemeinwesen zur Inklusion befähigen. Elf Empfehlungen für innovatives Handeln in Kommunalpolitik, Verwaltung und Soziale Arbeit. Ein Positionspapier der Evangelischen Stiftung Alsterdorf und der Katholischen Fachhochschule für Sozialwesen Berlin, Berlin/Hamburg 2009.
56) M. Horstmann/E. Neuhausen, Mutig mittendrin. Gemeinwesendiakonie in Deutschland. Eine Studie des sozialwissenschaftlichen Instituts der EKD, Münster 2010, 5.
57) A. Lob-Hüdepohl, Zivilgesellschaften als ›Tatlandschaften‹ – Sozialethische Anmerkungen zur Gestaltungsmacht zivilgesellschaftlicher Akteure, in: L. Bauer/J. Eurich/H. Schmidt (Hrsg.), Zukunft verantworten – Teilhabe gestalten. Zivilgesellschaftliche Impulse Gustav Werners, Heidelberg 2012, 51–62, 60.
58) Ebd., 61.
59) Vgl. A. Lob-Hüdepohl, Kirche in der Welt? Theologische Bemerkungen zum Verhältnis von Gottesbekenntnis und öffentlichem Wirken der Kirche heute, in: R. Strachwitz/F. Adloff/S. Schmidt/M.-L. Schneider (Hrsg.), Kirche zwischen Staat und Zivilgesellschaft (Arbeitshefte des Maecenata Instituts für Dritter-Sektor-Forschung 9), Berlin 2002, 42–61.
60) Lob-Hüdepohl, Zivilgesellschaften (s. Anm. 57), 61.
61) Vgl. W. Huber, Kirche in der Zeitenwende. Gesellschaftlicher Wandel und Erneuerung der Kirche, Gütersloh 1999.
62) Lob-Hüdepohl, Zivilgesellschaften (s. Anm. 57), 61.
63) Vgl. ebd., 61 f.
64) Vgl. Rüegger/Sigrist, Diakonie (s. Anm. 46), 115 ff.
65) Vgl. T. Sundermeier, Konvivenz als Grundstruktur ökumenischer Existenz heute, in: Ders., Konvivenz und Differenz. Studien zu einer verstehenden Missionswissenschaft, anlässlich seines 60. Geburtstages/Theo Sundermeier hrsg. v. Volker Küster, Erlangen 1995, 43–75.
66) D. Glitzenhirn, Gemeinwesendiakonie als Verwirklichung von Konvivenz, in: Pastoraltheologie mit Göttinger Predigtmeditationen 100 [2011], 227–242.
67) Evers/Ewert, Hybride Organisationsformen (s. Anm. 24), 114.
68) Ebd.
69) A. a. O., 115.
70) Vgl. E. Baldas (Hrsg.), Community Organizing. Menschen gestalten ihren Sozialraum, Freiburg 2010.
71) Vgl. Lob-Hüdepohl, Zivilgesellschaften (s. Anm. 57), 62.
72) Dies ist der Vorwurf gegenüber der Tafelbewegung bzw. den Vesperkirchen. Vgl. S. Selke (Hrsg.), Kritik der Tafeln in Deutschland. Standortbestimmungen zu einem ambivalenten sozialen Phänomen, Wiesbaden 2010.
73) I. Bode, Advokatorische Funktion des Sozialsektors im disorganisierten Wohlfahrtskapitalismus, in: M. Linden/W. Thaa (Hrsg.), Die politische Repräsentation von Fremden und Armen. Baden-Baden 2009, 81–97, 92.
74) Vgl. zu verschiedenen Modellen, wie dieser Spagat bewerkstelligt werden soll Eurich, Nächstenliebe als berechenbare Dienstleistung (siehe Anm. 5), 65 ff.; vgl. zu neuen Modellen der Sozialanwaltschaft M. Schenk, New Models of Social Advocacy. Active Agents: Participation and Self-organisation of People Experiencing Poverty, in: J. Eurich/I. Hübner (Eds.), Diaconia against poverty and exclusion. Challenges – Contexts – Perspectives, Leipzig 2013 (im Erscheinen).
75) Bode, Advokatorische Funktion (s. Anm. 73), 92 (Hervorhebungen i. O.).
76) Vgl. http://www.ekd.de/presse/pm288_2011_beschluss_arbeitsrecht.html (Zugriff am 19.3.12).
77) Vgl. W. Nethöfel, Diakonie im Unternehmen Kirche, in: U. Krolzik (Hrsg.), Zukunft der Diakonie. Zwischen Kontinuität und Neubeginn, Bielefeld 1998, 21–36, 31.