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Ausgabe:

April/2013

Spalte:

472–473

Kategorie:

Christliche Kunst und Literatur

Autor/Hrsg.:

Butzkamm, Aloys

Titel/Untertitel:

Kirchen in den Blick nehmen. Architektur und Ausstattung.

Verlag:

Paderborn: Bonifatius 2011. 303 S. m. zahlr. Abb. Geb. EUR 29,90. ISBN 978-3-89710-436-5.

Rezensent:

Benedikt Brunner

Der Kunsthistoriker Aloys Butzkamm legt in dem hier zu besprechenden Buch eine reich bebilderte und sowohl konzise als auch verständlich geschriebene Einführung in die »Architektur und Ausstattung« von Kirchen vor, die sich vor allem an interessierte Laien zu wenden scheint. B. war Leiter historischer Exkursionen zu europäischen Zentren der Kunst, was man dem Buch in positiver Weise anmerkt. Er macht in seinem Vorwort explizit deutlich, dass er sein Buch »besucherorientiert« (13) gestalten will, das aber mit der theologischen Bedeutung der materiellen Aspekte zu verbinden versucht. Man hätte sich jedoch gewünscht, dass B. seine theologischen Positionen vorher schon etwas deutlicher ge­macht hätte, schreibt er doch aus einer katholischen Perspektive.
In einem ersten Abschnitt setzt sich B. mit architektonischen Grundbegriffen auseinander, wobei er hier genuine Architekturbegriffe, wie etwa Basilika, Hallenkirche oder Kreuzkuppelkirche von Funktionsbegriffen wie eben Kirche, Pfarrkirche, Wallfahrtskirche usf. unterscheidet. Die Architektur im Sinne ästhetischer Ge­staltungsformen steht im Mittelpunkt des zweiten Abschnitts, wo­bei B. hier sinnvollerweise zwischen Außen- und Innenarchitektur der Kirchen differenziert. Er lässt hier im Prinzip keine Fragen offen, wobei er aber auf die innenarchitektonischen Aspekte sehr viel ausführlicher eingeht als auf die äußeren Gestaltungsaspekte.
Dieses kleine Manko wird aber vom dritten Abschnitt zumindest teilweise aufgehoben, da B. hier die verschiedenen Stilepochen des Kirchenbaus, von der Romanik bis zum Rokoko vorstellt, ohne dabei allerdings allzu sehr ins Detail zu gehen. Der moderne Kirchenbau spielt leider hier wie auch im Rest des Buches kaum eine Rolle. Dieser wird nämlich nur auf wenigen Seiten am Ende des Buches angerissen, aber zum einen beschränkt er sich wiederum auf den katholischen Bereich, zum anderen ist er deutlich zu kurz geraten.
Altar, Kreuz, Taufbecken, Weihwasserbecken sowie Beichtstuhl und Orgel, aber auch Bilder und Kerzen stehen im Mittelpunkt des folgenden Abschnitts, der sich der Ausstattung der Kirchen widmet. Die starke Fokussierung auf die katholischen Besonderheiten bestätigt sich auch im nächsten Kapitel, das sich mit der Ordensarchitektur beschäftigt, also etwa die Besonderheiten der zisterziensischen Kirchen oder der Bettelordenskirchen darlegt.
Die Vielfalt der materiellen Kultur, die B. immer wieder auch mit sehr hochwertigen Fotografien unterlegt, zeigt sich ebenso in den liturgischen Objekten, die er zum Ende seines Buches hin genauer vorstellt. Spannend ist hier insbesondere der Abschnitt zu den Handschriften, einem allzu oft vernachlässigten Aspekt, den B. überzeugend in seiner Geschichte und heutigen Verwendung einordnet.
Der letzte Abschnitt beschäftigt sich dann mit der Heiligenverehrung in Kirchen und den entsprechenden Reliquiaren. Nach einigen grundsätzlichen Gedanken zur Heiligenverehrung erörtert B. die Materialität der Reliquiare einschließlich ihrer Herstellung und der verwendeten Rohstoffe. Besonders lehrreich ist der Unterabschnitt, der sich mit den toreutischen Techniken zur Herstellung solcher Reliquiare beschäftigt. Was genau unter punzieren, niellieren, tauschieren und ziselieren gemeint ist, kann man hier gut verständlich erklärt nachlesen.
Abgerundet wird das Buch durch einige Ausführungen zur Zahlensymbolik in den Kirchen, dem bereits erwähnten Abschnitt zum zeitgenössischen Kirchenbau und einigen Exkursen, die als Ergänzungen zum Thema im weiteren Sinne zu verstehen sind. Allerdings haben einige Themen keinen wirklichen Bezug zum Hauptthema des Buches, wodurch der ansonsten durchaus stringente Aufbau Schaden nimmt.
Das im Bonifatius Verlag erschienene Buch verbindet überzeugend die Einführung in die Architektur des Kirchenbaus mit deren theologischen Implikationen. B. konzentriert sich dabei auf den (west-)europäischen katholischen Kirchenbau. Wer sich über das Thema aus protestantischer Sicht informieren möchte, sollte eher zum kürzlich von Thomas Erne herausgegebenen Band greifen. Neben dieser konfessionellen Schieflage mangelt es auch an theoretischer Reflexion über die Bedeutung von Materialität in Religionen. Zwar hatte B. keineswegs den Anspruch, diese Debatten zu referieren, geschadet hätte eine kurze Einführung in diese Thematik freilich auch nicht.
Besonders gelungen aber ist zum einen die eingängige und leicht zu verstehende Sprache, zum anderen die überaus reichhaltige Bebilderung des Bandes. Wer eine erste Einführung zum katholischen Kirchenbau in Europa sucht, ist bei B. also an einer guten Adresse, für die wissenschaftliche Debatte über den Kirchenbau eignet der Band sich jedoch nicht.