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Ausgabe:

April/2013

Spalte:

434–436

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Hasegawa, Shuichi

Titel/Untertitel:

Aram and Israel during the Jehuite Dynasty.

Verlag:

Berlin u. a.: De Gruyter 2012. XVIII, 209 S. = Beihefte zur Zeitschrift für die alttestamentliche Wissenschaft, 434. Geb. EUR 79,95. ISBN 978-3-11-028335-8.

Rezensent:

Otto Kaiser

Die Untersuchung von Shuichi Hasegawa ist eine überarbeitete Fassung der durch Nadav Na’aman betreuten Dissertation, die 2010 dem Senat der University of Tel Aviv vorgelegt wurde. Sie gliedert sich abgesehen von der Einleitung und den üblichen Verzeichnissen am Ende des Buches in sieben Kapitel. Sie behandeln der Reihe nach 1. die Chronologie der Könige der Dynastie Jehus (8–11); 2. den Aufstieg Jehus zum König von Israel (841 v. Chr.) (12–51); 3. den Aufstieg Hasaels zum König von Damaskus und seine Eroberungspolitik (52–83); 4. die Regierung Jehus und seines Sohnes Joahas (841–798 v. Chr.) (84–106); 5. die Regierung seines Enkels Joasch (799/8–784 v. Chr.) (107–122); 6. die Regierung Jerobeams II. (784–748 v. Chr.) (123–147) und 7. das Ende der Dynastie Jehus durch die Ermordung des Königs Sacharja (747 v. Chr.) (148–149). So wie dem 1. Kapitel auf den Seiten 1–7 eine Introduction vorangestellt ist, die über die herangezogenen Quellen und die Methode der Untersuchung Auskunft gibt, wird ihr Ergebnis auf den Seiten 150–151 ebenso eindrucksvoll wie bündig in einer Conclusion zusammengefasst. Die Einführung bestimmt das Ziel der Abhandlung: das für die Ge­schichte Israels in der Zeit der Dynastie Jehus entscheidende Verhältnis zwischen Assur, Aram und Israel aufgrund einer kritischen Würdigung der einschlägigen biblischen Texte unter den Gesichtspunkten ihres Kontextes, ihrer literarischen Art, ihrer theolo-gischen und ideologischen Tendenzen und ihrer historischen Zuverlässigkeit im Horizont ihrer zurückliegenden Diskussion herauszuarbeiten. Entsprechend werden auch die zum größten Teil as­sy­rischen außerbiblischen Texte und zur Kontrolle der er­zielten Er­gebnisse die archäologischen Zeugnisse im Horizont der von Israel Finkelstein vertretenen »lower chronology« ausgewertet.
Da es an dieser Stelle nicht möglich ist, die durchweg sorgfältigen und den Rezensenten weithin überzeugenden Einzelschritte der Untersuchung zu referieren, beschränkt sich die Anzeige darauf, ihre großen Linien nachzuzeichnen. Dabei ergibt sich, dass der Besitzstand des Nordreiches im Schutz der Assyrer behauptet (zur Zeit Jehus) bzw. vergrößert werden konnte (wie zur Zeit Jerobeams II.). Bei ihrem Rückzug aus dem Westen jedoch gingen im Norden, Nordosten und Osten wesentliche Landstriche an die Könige von Damaskus und ihre südlichen Verbündeten verloren, so dass auf die größte Ausdehnung des Nordreiches unter Jerobeam II. von Hamat am Orontes bis an das Tote Meer nach der vermutlich auf Anstiften König Rezins von Damaskus erfolgten Ermordung seines Sohnes Sacharja der Verlust aller Besitzungen östlich des Jordans und des Sees Genezareths und nördlich von Galiläa folgte. Dabei werden die biblischen und außerbiblischen Texte ebenso sorgfältig auf ihren historischen Hintergrund befragt wie anschließend an­hand der einschlägigen archäologischen Befunde überprüft.
So gab es zwischen dem letzten Feldzug Salmanassars III. in den Westen 829 v. Chr. und dem ersten Adadniraris III. 805 eine Ruhepause, die es Hasael ermöglichte, seine Herrschaft über Syrien und Palästina zu festigen (54–58). Die Spuren seiner Eroberungspolitik spiegeln sich in den archäologischen Befunden (65–68). Sie lassen erkennen, dass Hasael nicht nur Untergaliläa, sondern auch die Jesreel-Ebene bis nach Megiddo und den südlichen Küstenstreifen bis nach Gezer und Gath die Städte verwüstend durchzogen hat (vgl. 2Kön 12,18–19) und dass sich auch die Ostseite des Sees Genezareth fest in seiner Hand befand (74–75). Die biblischen Berichte in 2Kön 8,7–15 und 13,3–7 belegen, dass es sich bei Hasael um einen Usurpator handelte und sein Einfall in das Nordreich dazu führte, dass König Joahas sein Vasall wurde (78–79). Erst als die Assyrer in den Jahren 805 und 804 unter König Adadnirari III. in den Westen zurückgekehrt waren, wandte sich das Blatt erneut, so dass Ben Hadad, der Sohn und Nachfolger Hasaels, seinen Angriff auf Samaria überstürzt wegen eines Angriffs der Assyrer auf seine Hauptstadt abbrechen musste (in 2Kön 6,8–23 zeitlich falsch eingeordnet). Der Angriff dürfte die Antwort Ben Hadads auf die Weigerung Joaschs gewesen sein, sich der von Damaskus und Hamat angeführten antiassyrischen Koalition anzuschließen, weil er bereits nach seiner Thronbesteigung 798 dem assyrischen König seinen Tribut entrichtet hatte (107–119). Nach Adadniraris III. Rückkehr nach Assyrien gewann sein turtanu oder Feldmarschall Schamschī-ilu als sein Repräsentant eine Machtstellung im Westen, die bis zur Thronbesteigung Tiglatpilesers III. dauerte. Infolge der Schwächung Ben Hadads konnte König Joasch von Israel die beherrschende Stellung in der südlichen Levante einnehmen, in der Folge König Amasja von Juda bei Beth Schemesch besiegen und ihn (vorübergehend) zu seinem Vasallen machen ( 2Kön 14,8–14) (109–110). Die Regierung Jerobeams II. (784–748) sollte den Höhepunkt der Geschichte des Nordreiches bilden. Nach 2Kön 14,25 und 28 hätte sich sein Reich von Hamat bis zum Meer in der Araba und d. h. bis zum Toten Meer (Dtn 3,17) erstreckt (vgl. auch Am 6,14), so dass es im Norden die ganze Biqa’, die Ebene zwischen Libanon und Antilibanon, eingeschlossen hätte. Aus der Nachricht über die von Tiglatpileser III. in seinem Feldzug gegen Pekach (den vierten der kurzlebigen Nachfolger Jerobeams II.) 732/731 eroberten Städte in 2Kön 15,29 geht jedenfalls hervor, dass Ober-Galiläa zum Reich Jerobeams II. gehörte. Nach Am 6,13 gilt dasselbe für die Landschaft Basan nördlich des Jarmuk (120–130). Aus Am 1,3–5; Hos 5,1–2; 6,7–8; 10,14 und 12,12 entnimmt H., dass das Nordreich seit Jerobeam II. auch das ganze Ostjordanland bis an die Grenze Moabs umfasste. Den Spielraum für diese Eroberungen dürfte der König seiner Zusammenarbeit mit den Assyrern und den Feldzügen Sal­manassars IV. und seines Generals Schamsch ī-ilu gegen Arpad, Hamat und Damaskus in den Jahren 775–754 zu verdanken haben Für die diplomatischen Verbindungen Jerobeams mit dem assyrischen Hof zeugen auch die Nimrud-Weinlisten aus dem 8. Jh., die drei Lieferungen aus Samaria erwähnen (137). Weiterhin geht aus den Kuntillet ‘Adjrud Inschriften hervor, dass damals friedliche Verhältnisse zwischen Israel, Juda und den phönizischen Städten herrschten (138–139). Diese Blüte des Nordreiches wird durch die archäologischen Befunde und zumal die Ausgrabungen in Samaria bestätigt, die für eine ausgedehnte und weiträumige Bautätigkeit als Folge der freundlichen Verbindung Jerobeams II. mit den Assyrern sprechen (140–147). Die Ermordung Sacharjas, des Sohnes und Thronerbens Jerobeams II. durch Schallum, den Sohn des Jabesch (2Kön 15,10), dürfte vermutlich durch den Niedergang der assyrischen Vorherrschaft über Syrien und Palästina ermöglicht worden sein, der durch den Aufstieg Urartus verursacht worden war. Er bot dem seit der Mitte des 8. Jh.s herrschenden König Rezin von Da­-mas­kus die Möglichkeit, die politische Situation im Nord- und im Südreich zu beeinflussen. Daher ist damit zu rechnen, dass der Königsmörder zu seinen Verbündeten gehörte (148–149).
Mit dieser vorzüglichen Abhandlung, die alle erreichbaren Quellen einbezieht und sorgfältig auswertet, hat H. nicht nur seinem Lehrer Nadav Na’aman Ehre gemacht, sondern durch das Zusammenspiel der schriftlichen und archäologischen Quellen methodisch zugleich einen Maßstab für die weitere Erforschung der Geschichte Israels gesetzt.