Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

April/1996

Spalte:

351 f

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Whybray, R. N.

Titel/Untertitel:

Introduction to the Pentateuch.

Verlag:

Grand Rapids: Eerdmans 1995. VII, 146 S. 8o. $ 12.99. ISBN 8-8028-0837-9.

Rezensent:

Ludwig Schmidt

Diese Einführung in den Pentateuch soll eine Arbeitshilfe für Vorlesungen und Seminare sein (VII). Sie besteht aus acht Kapiteln, die jeweils mit Literaturhinweisen enden. Diese Angaben beschränken sich ­ wohl wegen des erwarteten Leserkreises ­ auf englische oder ins Englische übersetzte Arbeiten. Nach dem 1. Kapitel "What Is the Pentateuch?" (1-11), in dem Abgrenzung, Inhalt und Hauptlinien beschrieben werden, stellt W. in Kap. 2 "Who Wrote It? Problems of Composition" (12-28) kurz die Forschungsgeschichte bis zur Gegenwart dar. In seinen kritischen Bemerkungen führt er u.a. aus, daß die Annahme eines vorexilischen Geschichtswerks unwahrscheinlich sei, da die gegenüber Israel höher entwickelten Kulturen Ägyptens und Mesopotamiens dazu nicht fähig gewesen seien (26). Studien von Anthropologen zur mündlichen Überlieferung bei modernen vorliterarischen Völkern hätten gezeigt, daß nicht mit einer langen unveränderten Weitergabe solcher Überlieferungen zu rechnen sei. Deshalb werde in der Forschung zunehmend bestritten, daß etwa Erzählungen über Abraham, Jakob und Mose wesentlich älter seien als ihre schriftliche Fixierung (19). Da Dubletten als bewußte literarische Gestaltung erklärt werden könnten (23), sei der Pentateuch wohl das Werk eines einzigen Autors aus exilischer oder frühnachexilischer Zeit (26, vgl. 138). Die für die Entstehung des Pentateuchs vorgeschlagenen Lösungen seien lediglich Hypothesen. "The only fact available to us is the text of the Pentateuch itself in all its complexity" (27).

Für die Endgestalt stellt W. dann in den Kapiteln 3-5 Aspekte der Urgeschichte (Gen 1-11, 29-48), der Patriarchengeschichte (Gen 12-50, 49-62) und der Erzählungen in Exodus, Leviticus und Numeri (63-84) dar. Verschiedentlich nennt er hier Argumente gegen ein hohes Alter der Überlieferungen oder gegen eine Urkundenhypothese. Dagegen werden bei der Behandlung des Deuteronomiums (85-106) und der Gesetze (107-132) auch diachrone Gesichtspunkte berücksichtigt. Hier seien die Ursprünge und Entwicklungen zu beachten, um die Motive derer zu verstehen, die das Material zusammenstellten (135). In Kapitel 8 "Reading the Pentateuch" (133-143) betont W. nochmals, daß sich nur eine synchrone Darstellung mit einer tatsächlich existierenden Größe beschäftige (135). Der Pentateuch sei als Einleitung zum Deuteronomistischen Geschichtswerk verfaßt worden (137 f.), um religiöse Lehren zu vermitteln (142 f.). Es folgt ein Sach- und Autorenregister (144-146).

Dieses Buch folgt ganz der Linie, die W. in seiner Studie "The Making of the Pentateuch. A methodological study", 1987 (vgl. die Besprechung von E. Blum, ThLZ 113, 1988, 103-107), ausführlich begründet hat. Auch in dem neuen Werk ist seine Argumentation m.E. sehr problematisch, wofür hier nur einige Punkte genannt werden können. So ist etwa nicht einsichtig, warum bei den Gesetzen die historische Entwicklung zu berücksichtigen ist, bei den Erzählungen aber nicht. Nach W. sind freilich z.B. die meisten Patriarchenerzählungen erst nach 587 entstanden, weil die Erzväter mit Ausnahme von Hos 12 in vorexilischen Texten außerhalb des Pentateuchs nicht als Individuen in den Blick kämen (49 f.). Aber Jakob ist als Bezeichnung des Nordreichs nur verständlich, wenn er damals bereits als Ahnherr galt. Dann hat es von ihm auch Überlieferungen gegeben, wie Hos 12,3 ff.* bestätigt, wo auf Gen 25,21 ff. und 32,23 ff. angespielt wird. Jes 41,8; 51,2 kennen die vorpriesterliche Darstellung Abrahams in der Genesis, die dann bereits vor 587 entstanden sein muß. Daß der Pentateuch gegen W. nicht von einem Verfasser stammt, ist offenkundig. W. hält zwar die Darstellung der ägyptischen Plagen in Ex 7,14-12,32 für ein Meisterstück. Die Unterschiede seien vom Verfasser beabsichtigt, da eine gleichförmige Beschreibung von zehn Plagen unerträglich fad gewesen wäre (74). Aber das Motiv der Wahrsagepriester in 9,8 ff. zeigt eindeutig, daß 9,8 ff. ursprünglich direkt auf 8,12-15 gefolgt sein muß. W. betont mit Recht, daß sich gegenwärtig in der Pentateuchforschung kein Konsens abzeichnet (26). Aber die Erforschung des Werdens des Pentateuchs bleibt trotzdem eine unverzichtbare Aufgabe, weil nur dann seine Endgestalt voll verständlich wird.