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Ausgabe:

Februar/2013

Spalte:

256–257

Kategorie:

Ökumenik, Konfessionskunde

Autor/Hrsg.:

Tamcke, Martin, Manukyan, Arthur, u. Christian Mauder [Hrsg.]

Titel/Untertitel:

Die arabischen Briefe aus der Zeit der Herrnhuter Präsenz in Ägypten 1770–1783.

Verlag:

Würzburg: Ergon 2012. 158 S. m. Abb. 24,0 x 17,0 cm = Orthodoxie, Orient und Europa, 6; Herrnhuter Quellen zu Ägypten, 2. Kart. EUR 28,00. ISBN 978-3-89913-898-6.

Rezensent:

Hacik Rafi Gazer

Bei der vorliegenden Edition handelt es sich um die Veröffentlichung von 43 arabischen Briefen mit deutscher Übersetzung. Die Herausgabe wurde von der DFG gefördert. An der Briefedition war ein Team von drei Wissenschaftlern am Werk, von denen Christian Mauder den größten Anteil erbrachte. Die Konzeption der Edition sowie ein Großteil ihres sehr sparsam gehaltenen Kommentars gehen auf Arthur Manukyan zurück. Er hat auch einen Teil der Einleitung (11–14) verfasst. In den Jahren 1768 bis 1783 hielten sich zehn Herrnhuter Brüder zum Zwecke der religiösen Unterweisung im Geiste der pietistischen Frömmigkeit in Ägypten auf. Sie hielten bei den koptischen Christen in Behnesse (al-Bahnassa) Erbauungsstunden. Die Brüder standen auch mit Geistlichen und Laien der koptischen Kirche in brieflichem Austausch. So sind die vorliegen den 43 aus dem Arabischen ins Deutsche übersetzten Briefe ein interessantes Zeugnis der Interaktion zwischen Herrnhuter Brüdern und koptischen Christen. Die meisten Briefe sind in Kairo und in der mittelägyptischen Kleinstadt Behnesse und ihrer Umgebung, meist in ägyptischer »Nashi-Schrift« (12), verfasst.
In der Einleitung wird der Leser sehr knapp in die Edition eingeführt. Fünf Abschnitte geben Auskunft zu »1. Einführung« (11), »2. Anmerkungen zur Überlieferung der Texte« (12), »3. Zur Edition« (12–13), »4. Zur Übersetzung der arabischen Briefe« (13–14), »5. Zum Anmerkungsapparat« (14). Die Einführung bietet im Wesentlichen Informationen zur Übersetzungstechnik. Zu Absendern und Empfängern der Briefe erfährt der Leser biographisch bedauerlicherweise nichts. Wünschenswert wären hier einige Hinweise und biogrammartige Materialien über Absender und Empfänger gewesen. Die Editoren beschränken sich allerdings insgesamt bei der wissenschaftlichen Aufarbeitung des Materials. Sie geben als Vorgehensweise an: »Um die Lesbarkeit der deutschen Übersetzungen nicht zu beeinträchtigen, wurde hier auf einen umfassenden Fußnotenapparat verzichtet« (12). In Anmerkung 4 wird auf S. 11 mitgeteilt, dass die Briefe aus der Akte »Hockers arabische Correspondenz aus Behnesse« entstammen. Sie befinden sich unter der Signatur NB VII.R3.305.b im Archiv der Evangelischen Brüder-Unität in Herrnhut. In die Edition sind zwei weitere arabische Briefe aus dem Herrnhuter Tagebuch zu Behnesse (Signatur: R.17.B.12) aufgenommen, mitsamt den ebenfalls darin enthaltenen und nur auf Deutsch vorliegenden Antwortschreiben August Gottlieb Spangenbergs (Bischof Joseph, 1704–1792) (11). Ein Literaturverzeichnis fehlt der Briefedition insgesamt. Auf den Seiten 157 und 158 sind zwei Briefe abgebildet.
In drei Blöcken werden insgesamt 43 Briefe in arabischer Sprache und mit deutscher Übersetzung ediert. Die arabischen Schriftzeichen sind in hervorragender Qualität gesetzt.
In einem ersten Block (17–119) sind 31 Briefe als »Datierte Briefe unter NB.VII.R.3.305.b« ediert und übersetzt. Die Briefe sind chronologisch geordnet. Sie umfassen einen Zeitraum von zehn Jahren. Der erste Brief von Hocker an Priester Yuhanna wurde in Kairo am 3. November 1770 verfasst. Der letzte Brief dieses Blocks ist der in Behnesse am 14. Dezember 1780 geschriebene Brief von Mihayil Bisara an Hocker und Antes. Es gibt weitere acht Briefe von Hocker, sechs Briefe von Mihayil Bisara, drei von Niqula Mahfuz; Dancke, Yuhanna al-Sayig, zwei von Brüder, je einen von Ibrahim al-Nasig (Mihayil al-Abi, Mansur, Asam Allah und Mihayil al-Sair), Priester Yuhanna, Emir Utman, Abd al-Malak und Priester Rumanus.
Im zweiten Block (120–134) sind drei Briefe als »Datierte Briefe unter R.17.B.12« ediert und übersetzt. Die Briefe dieses Blocks sind ebenfalls chronologisch geordnet. Es sind Briefe aus dem Jahre 1783. Dieser Block beginnt mit einem Brief von Priester Yuhanna Awad an Bischof Joseph aus Behnesse, verfasst am 6. März 1783. Es folgt ein Schreiben von Priester Yuhanna Awad an Bischof Johannes. Den dritten Brief sendet Bischof Joseph an Priester Johannes Auat. Er ist in Barby gegen Ende des Jahres 1783 verfasst.
In einem dritten Block (135–153) sind neun Briefe als »Undatierte Briefe unter NB.VII.R.3.305.b« ediert und übersetzt. Es handelt sich je um drei Briefe von Abd al-Malak, zwei von Muhammad Yusuf Subhanied und von Yusuf und je einen von Mihayil Bisara und Priester Yuhanna.
Zum Inhalt der Briefe. Die in den Briefen behandelten Themen erstrecken sich von Fragen der medizinischen Versorgung der koptisch-orthodoxen Christen durch die Herrnhuter Pietisten bis hin zu Themen der Seelsorge. Im Mittelpunkt steht ein sehr intensiver Austausch über das Thema Bekehrung sowie das Gebet füreinander. Niqula Mahfuz berichtet Hocker über den Gesundheitszustand seine Tochter Maryam. Offensichtlich hatten die Herrnhuter Medikamente gesendet, ersichtlich aus den Briefen vom 27. Dezember 1770, dem 29. Dezember 1770 und dem 15. Januar 1771 (32–35). Dancke be­richtet an Mihail Bisara über die Leute in Behnesse, »die beschlossen haben, den Weg der Verdammnis zu verlassen, auf dem alle Leute mit Freuden gehen, und [die beschlossen haben], sich selbst unserem Gott, dem Erlöser, ganz zu übergeben, der sein edles Blut für uns vergoss« (29). Priester Yuhanna übermittelt die Grüße der »ganzen christlichen Bevölkerung in Behnesse« an Dancke und bittet ihn, sie in ihren Gebeten nicht zu vergessen (37). Dancke führt im Februar 1771 gegenüber Priester Yuhanna aus, dass es ohne Jesus Christus keineswegs Erlösung gibt, und versichert ihm, dass sie »täglich an euch denken« (43). Im März 1771 schreibt Yuhanna Dancke, dass sie Sehnsucht nach den Brüdern haben. Er bittet um »einen roten Würfel zum Siegeln der Blätter und vergiess nicht den Stab und den Saft« (45). Abd al-Malak legt in einem Brief an Hocker Zeugnis über seinen Glauben ab: »Ich bin ein armer Sünder, und ich weiß, dass der Erlöser in meinem Herzen wohnt. Ich suche nichts anders als ihn.« (51) Er bittet Hocker, dass er ihn in seinen Gebeten nicht vergesse.
Das Vorhaben der Herausgeber, mit der Edition von 43 Briefen einen Beitrag zur deutschen Missionsgeschichte in Ägypten und einen Beitrag zur koptischen Kirchengeschichte zu leisten, ist gelungen. Darüber hinaus ist auch ein Beitrag für die Pietismusforschung geleistet.
Einen Teil der notwendigen inhaltlichen Aufarbeitung leisten die folgenden zwei im Jahre 2010 veröffentlichten Beiträge der Herausgeber. Ohne die Lektüre dieser Aufsätze verbleibt die vorliegende Edition ein wenig im luftleeren Raum: Arthur Manukyan: Fremd in der Heimat und Daheim in der Fremde. Fremdheitserfahrungen und Heimatkonstruktionen in Europa und im Orient am Beispiel der Herrnhuter Brüdergemeine, in: Kulturbegegnung zwischen Imagination und Realität, hrsg. v. Martin Tamcke, Arthur Manukyan (Orthodoxie, Orient und Europa, Bd. 2), Würzburg 2010, 39–60; Christian Mauder: Der arabische Briefwechsel zwischen den Herrnhutern in Kairo und den Kopten in Behnesse in den Jahren 1770–1783, ebd., 61–76.