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Ausgabe:

Februar/2013

Spalte:

178–179

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Nissinen, Martti, and Charles E. Carter [Eds.]

Titel/Untertitel:

Images andProphecy in the Ancient Eastern Mediterranean.

Verlag:

Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 2009. 210 S. m. 79 Abb. u. 6 Tab. 23,2 x 15,5 cm = Forschungen zur Religion und Literatur des Alten und Neuen Testaments, 233. Geb. EUR 74,99. ISBN 978-3-525-53097-9.

Rezensent:

Aaron Schart

Der Sammelband geht im Kern auf eine Session des SBL Annual Meeting 2005 zurück und beschäftigt sich mit der Interaktion von prophetischen Texten mit der Bildwelt der zeitgenössischen Hörer. Die beiden Herausgeber beginnen mit einer Einleitung »Introduction: Phrophecy, Iconography, and Beyond« (7–14), in der sie eine kurze Einführung in die abgedruckten Artikel geben.
Izak Cornelius zeigt in »Aspects of the Iconography of the Warrior Goddess Ištar and Ancient Near Eastern Prophecies« (15–40), dass neuassyrische Prophetien, aber auch solche aus Mari, auf Begleitsymbole Bezug nehmen, die in Darstellungen der Göttin Ištar begegnen.
Thomas Staublis Aufsatz »Maat-Imagery in Trito-Isaiah: The Meaning of Offering a Throat in Egypt and Israel« (41–50) versucht die merkwürdige Formulierung in Jes 58,10 zu entschlüsseln, wonach der Prophet dazu auffordert, seine »Gurgel (nefesch) dem Hungrigen« zu geben. Staubli sieht in der Formulierung eine bewusste Anspielung auf die geläufige Szene vom Maat darbringenden Pharao. So wie der Pharao den Göttern, so sollen die judäischen Adressaten dem Hilfsbedürftigen die »Gurgel geben«, d. h. Gerechtigkeit (ṣe­deq) zukommen lassen.
Der Artikel von Brent A. Strawn, »Whence Leonine Yahweh? Iconography and the History of Israelite Religion« (51–85), geht dem auffälligen Umstand nach, dass YHWH im Alten Testament häufig als eine Art »Lion-God« (51) erscheint. Dies nehme Darstellungen der Löwengöttin Sechmet und des Gottes Baal-Seth in Ägypten auf. Da der Löwe in der Palastkunst des neuassyrischen Königshofes benutzt wurde, um die unwiderstehliche Kraft des Königs darzustellen, könne die Verbindung YHWHs mit der Löwenmetaphorik, gerade in prophetischen Texten, auch als Gegenstoß gegen diese Königsideologie gemeint sein.
Nanno Marinatos untersucht in dem Artikel »The Role of the Queen in Minoan Prophecy Rituals« (86–94) Darstellungen auf minoischen Goldringen. Diese würden eine Nähe zu altorientalischen Darstellungen aufweisen, woraus man wiederum erschließen könne, dass die Szenen Formen ekstatischer Prophetie darstellen wollten. Ob das überzeugt oder nicht, jedenfalls kann man über Bildtraditionen Einblick in eine Kultur gewinnen, deren Schriftsystem noch nicht entziffert ist.
Yaakov S. Kupitz und Katell Berthelot vergleichen in ihrem Aufsatz »Deborah and the Delphic Pythia: A New Interpretation of Judges 4:4–5« (95–124) die Prophetin Debora mit der Pythia des Orakels von Delphi. Der Beitrag kann verständlich machen, warum die Übersetzer der Septuaginta als Äquivalent für den hebräischen Ausdruck nabi den Begriff prophetes wählten, der ja bis in heutige Zeit gebräuchlich geblieben ist.
Rolf A. Jacobsons Artikel »A Rose by another Name: Iconography and the Interpretation of Isaiah 28:1–6« (125–146) versucht über die Ikonographie die Konnotationen zu ermitteln, die mit dem Begriff »Krone des Hochmuts« (Jes 28,1) verbunden sind.
Christl M. Maier, »Daughter Zion as Queen and the Iconography of the Female City« (147–162), erarbeitet die Bildtraditionen, die Städte als weibliche Figuren repräsentieren. Frauengestalten mit Mauerkronen (»mural crown«) wurden wahrscheinlich nicht als Göttinnen verstanden, sondern als Königinnen. Erst in hellenistischer Zeit bildete sich dann die Vorstellung von der göttlichen Stadt-Tyche heraus. Die Metapher von der Stadt Jerusalem als »Tochter Zion« bringe den königlichen Status der Stadt zum Ausdruck, der sich der Patron der Stadt, YHWH, (wieder) zuwendet.
Helen Dixon stellt in ihrem Aufsatz »Writing Persepolis in Judah: Achaemenid Kingship in Chronicles« (163–194) dar, wie bildliche Darstellungen der persischen Könige die Chronik beeinflusst haben, so wurde z. B. in 2Chr 6,13 das Detail eingefügt, dass Salomo auf einem bronzenen Podium gebetet habe (2Chr 6,13).
Margaret S. Odell, »Creeping Things and Singing Stones: The Iconography of Ezek 8:7–13 in Light of Syro-Palestinian Seals and The Songs of the Sabbath Sacrifice« (195–210), widmet sich der Beschreibung des Götzendienstes in Ez 8,7–13. Zu diesem Kult gehörte wohl auch die Verehrung von Tieren, die für den Kultvollzug an den Wänden dargestellt waren. Wie die ikonographische Tradition zeigt, wurden die Tiere von den Kultteilnehmern wohl als Wesen verstanden, durch die die Präsenz der Gottheit vermittelt wurde. Ezechiel lehne eine solche Vermittlung zu Gunsten des direkten Zugangs zu YHWH ab.
Spätestens das epochale Werk von Othmar Keel »Die Welt der alt­-o­rien­­talischen Bildsymbolik und das Alte Testament« (1972), hat einem weiten Leserkreis deutlich gemacht, wie wichtig die Heranziehung der Bilder für das Verständnis der Symbolsprache antiker Texte ist. Dem Band gelingt es gut, dies für ausgewählte prophetische Texte zu demonstrieren. Auch die methodologischen Schwierigkeiten beim Korrelieren von Bildern mit Texten werden deutlich.