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Ausgabe:

Februar/2013

Spalte:

166

Kategorie:

Altertumswissenschaft

Autor/Hrsg.:

Jaques, Margaret [Hrsg.]

Titel/Untertitel:

Klagetraditionen. Form und Funktion der Klage in den Kulturen der Antike.

Verlag:

Fribourg: Academic Press Fribourg; Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 2011. VII, 110 S. m. Abb. 23,5 x 16,2 cm = Orbis Biblicus et Orientalis, 251. Geb. EUR 35,95. ISBN 978-3-7278-1710-6 (Academic Press Fribourg); 978-3-525-54374-0 (Vandenhoeck & Ruprecht).

Rezensent:

Kathrin Liess

Der Band enthält fünf Vorträge einer Tagung der Schweizerischen Gesellschaft für orientalische Altertumswissenschaft, die verschiedene Aspekte der Klage in Literatur und Ikonographie im antiken Mesopotamien, Ägypten, Anatolien und Israel behandeln.
M. Jaques analysiert Metaphern in den Klagen mesopotamischer Bußgebete an den persönlichen Gott (3–19). Diese verstärken die Emotionen des Klagenden und tragen nach Jaques zur ästhetischen Dimension der Gebete bei, die grundlegend für die Tradierung gewesen sein dürfte. Die Ägyptologin A. Kucharek (21–38) zeichnet die historische Entwicklung der privaten Totenklage und der Osirisklage nach. Aufschlussreich sind ihre Bemerkungen zum Funktionswandel der Klage: Ursprünglich Ausdruck des Schmerzes über den Verlust erhält die Klage durch Einbindung in die Funeralien eine »verklärende« Funktion und wird zum »Medium des beschützenden und versorgenden Beistandes« für den Toten. A. Löhnert fragt nach Motiven und Funktionen der Göttinnenklagen im frühen Mesopotamien, insbesondere in den Stadtklagen (39–62). Zentrales Motiv ist die klagende Göttin als Fürsprecherin. Die Übernahme durch professionelle Klagepriester führt schließlich zur Ritualisierung der Klagen, wodurch Emotionen wie Angst und Trauer in der Gesellschaft kanalisiert werden können. G. Petzl (63–81) zeigt, wie die Klage in kleinasiatischen Beichtinschriften in ein Schuldbekenntnis eingebettet ist und in das Lob Gottes als wichtigstes Ziel der Inschriften mündet. S. Schroer (83–102) stellt zwei bemerkenswerte Aspekte der biblischen Klagetradition dar: das »Gendervorzeichen« der Totenklage und die Wandlungsprozesse vom ursprünglichen Sitz im Leben bzw. im Ritual zum Sitz in der Literatur. Ursprünglich professionellen Klagefrauen zugeordnet setzt mit der Verschriftlichung ein Wandel in der Klagetradition ein, indem Leichenlieder Männern zugeschrieben werden, die klagende Frau dagegen in der prophetischen Literatur zum Drohbild für kommendes Unheil wird.
Die die einzelnen Beiträge durchziehenden Leitfragen nach Form und Funktion sowie historischen Entwicklungs- und Wandlungsprozessen der Klage machen das Buch zu einem lesenswerten Sammelband, zeigen sie doch, dass sich über den weiten zeitlichen und geographischen Rahmen hinweg trotz aller Differenzen immer auch Verbindungslinien wie beispielsweise die Rolle der Frau in der Totenklage ergeben.