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Ausgabe:

Januar/2013

Spalte:

33

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Bruner, Frederick Dale

Titel/Untertitel:

The Gospel of John. A Commentary.

Verlag:

Grand Rapids/Cambridge: Eerdmans 2012. XXX, 1281 S. 23,4 x 15,5 cm. Geb. US$ 75,00. ISBN 978-0-8028-6635-6.

Rezensent:

Jörg Frey

An Johanneskommentaren ist kein Mangel, auch nicht an solchen »for teachers and preachers«, wie es im nordamerikanischen Kontext gerne heißt. Frederick D. Bruners massives Werk von über 1200 Seiten entspringt langjährigem Unterricht an Sunday schools sowie verschiedenen akademischen Institutionen auf den Philip­pinen und in den USA. Es ist geprägt vom Ringen um die aktuelle und spirituelle Bedeutung des johanneischen Textes und rezipiert angelsächsische sowie deutsche Fachwissenschaft, wenngleich das Interesse kein eigentlich fachwissenschaftliches ist.
Der Vorspann dokumentiert die Kontexte, denen sich das Werk verdankt (in einer für europäische Ohren allzu langen Aufzählung von Freunden), und führt in den Aufbau der Auslegung ein. Diese bietet zu jedem Abschnitt eine Übersetzung, dann als Einführung eine Sammlung von Zitaten aus der Fachliteratur und klas­sischen Kommentaren, sodann eine eigene spirituelle, theologische und gegenwartsbezogene Vers-für-Vers-Interpretation und schließ­lich (als Proprium dieses Kommentars) als »historische In­terpretation« eine Blütenlese aus großen Auslegungen von der Alten Kirche bis zur gegenwärtigen Fachliteratur. Eine Einleitung fehlt (gelegentlich dringt in der Auslegung die Positionierung B.s durch: Er rechnet damit, dass der Lieblingsjünger-Autor entweder der Zebedaide Johannes oder ein enger Schüler oder Hörer desselben ist [783], aber klare Festlegungen oder ausführliche eigene Argumentationen erfolgen in solchen Fragen kaum). Auch die Reflexion darüber, ob sich das im Text Gesagte auf die Ebene der Geschichte Jesu bezieht oder auf Phänomene oder Einsichten der späteren Gemeinde, wird nicht angestellt. So ergeben sich mit Jesu Antwort an seine Mutter Joh 2,4 Probleme: Die Auslegung bleibt dann bei einem ›anständigen‹, aber den Text abschwächenden »not yet«, verbunden mit etwas Geheimnisvollem. Auch die Betrunkenheit im Wein-Spruch Joh 2,9 wird mit Rücksicht auf »Mothers Against Drunk Driving« abgemildert zu »when people are light-headed«, weil Jesus ja nicht von Trunkenheit reden sollte, ohne diese zu verurteilen, und das Täuferwort Joh 3,30 wird direkt als Wort zur Psychologie des christlichen Dienstes verstanden. Die Diktion ist stark von Wendungen wie »we are taught« oder »I believe« etc. bestimmt – es geht um gegenwärtige Christenlehre, nicht um das, was der Text selbst sagt, schon gar nicht um Fragen der damaligen Geschichte oder Ge­meinde. – Das ist legitim als Predigt oder Sonntagsschul-Unterricht; der wissenschaftliche Wert des Bandes ist hingegen gering. Der Band dürfte hier vor allem als fleißige Sammlung von Zitaten aus klassischen Auslegungen von Origenes bis Bultmann und Barrett ›ausgeschlachtet‹ werden – aber auch diese sollte man sich dann in ihrem eigenen Kontext ansehen und nicht nur im Rahmen dieses Florilegiums.