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Ausgabe:

März/1996

Spalte:

313 f

Kategorie:

Praktische Theologie

Autor/Hrsg.:

Windisch, Hubert

Titel/Untertitel:

Seelsorge neu gestalten. Fragen und Impulse.

Verlag:

Graz: Styria ÖS 178,­. 143 S. 8o. Kart. ISBN 3-222-12306-3

Rezensent:

Eberhard Hauschildt

Aus Zusammenkünften des pastoraltheologischen Instituts der Universität Graz ist diese Veröffentlichung entstanden, dem dortigen Emeritus Prof. Dr. Karl Gastgeber zum 75. Geburtstag gewidmet. Der Rang des ersten Beitrags im Buch wird den jüngsten Mitgliedern des Instituts verliehen ­ zu Recht. Denn die Vertragsassistentin Maria Elisabeth Aiger und die Studienassistentin Elisabeth Wimmer referieren nicht nur die postmoderne Lage der Seelsorge und bedenken den theologischen Status solcher Beachtung, sie formulieren auch von daher klare Fragen: "Wie also kann Seelsorge den einzelnen Menschen unterstützen, ohne selbst in die Individualisierungsfalle zu tappen?... Welche kirchlichen Strukturen fördern und welche verhindern eine Atmosphäre, in der Menschen heilsam und befreiend miteinander umgehen können?" (19) So ergeben sich drei Anforderungsprofile an die Theorie und institutionelle Ermöglichung von Seelsorge. Geklärt werden muß erstens die Zusammensetzung der seelsorgerlichen Kompetenz aus "theologischer Fachkompetenz" und "Kompetenzen im menschlich-sozialen Bereich" (26), zum zweiten bedarf es einer Ausbildung pastoraler Identität (insbesondere der von in diesem Beruf tätigen Frauen), die sich mit dem Erwartungsdruck anderer auseinandersetzt, und drittens sind Ansprüche auf Alleinverantwortung und Allpräsenz in Ausgleich mit dem Bedürfnis nach Privatleben zu bringen, ist also das Verständnis seelsorgerlicher Professionalität zu bearbeiten.

Schade, daß die im Buch darauf folgenden Beiträge die damit gestellten Aufgaben zunehmend weniger aufgenommen und weitergeführt haben. Karl Heinz Ladenauf, Leiter der Abteilung für Pastoralpsychologie und Pastoralmedizin, vertieft die sozialwissenschaftliche Beschreibung des Individualisierungsschubs in der Gesellschaft und weist im Anschluß an J. B. Metz der Seelsorge die Aufgabe zu, "Anwalt für die Bedingung der Möglichkeit wirklich gottgewollter Freiheit und Subjektwerdung zu sein und zu werden" (56). Offensichtlich sollen sowohl individualitätssteigernde als auch individualismuskritische Komponenten der Seelsorge berücksichtigt werden, doch die Spannung zwischen beiden und daher auch ihre genaue Zuordnung ist nicht weiter herausgearbeitet. Hubert Windisch, Professor für Pastoraltheologie und Leiter des Instituts, überführt die Fragen in die Bahnen der Amtstheorie. Er plädiert für eine Integration der sazerdotalen, kerygmatischen und diakonischen Dimension und legt entsprechende Vorstellungen zur theologischen Ausbildung vor. In einem ersten Jahr solle das personale Element betont werden, nach vier Jahren wissenschaftlichen Studiums folgen zwei weitere Jahre mit Praxis in der Gemeinde vor Ort und gemeinsamen Blockseminaren. Pfarrer Franz Wallner (Habilitand) berichtet ­ aus eigener Erfahrung ­ von der Pastoral in Lateinamerika. Die Beteiligung der Laien könne, obwohl deren Formen nicht direkt auf hiesige Verhältnisse übertragbar seien, nachdenklich machen und ermutigen. Pfarrer Alfred Weber (Lehrbeauftragter für Homiletik) schlußendlich handelt von dialogischer, kontextbezogener Predigt.