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Ausgabe:

November/2012

Spalte:

1217–1219

Kategorie:

Dogmen- und Theologiegeschichte

Autor/Hrsg.:

Monaci Castagno, Adele [Ed.]

Titel/Untertitel:

L’Archivio »Erik Peterson« all’Università di Torino. Saggi critici e Inventario.

Verlag:

Alessandria: Edizioni dell’Orso 2010. V, 247 S. m. Abb. gr.8° = Collani di Studi del Centro di Scienze Religiose, 1. Kart. ISBN 978-88-7694-260-2.

Rezensent:

Stefan Heid

Die seit einigen Jahren intensivierte Forschung über den 1930 konvertierten Altkirchenhistoriker, Religionshistoriker und Neutestamentler Erik Peterson (1890–1960) erhielt ihren »Startschuss« durch die große Biographie von Barbara Nichtweiß (1992) und mündet nun in die Herausgabe seiner veröffentlichten wie unveröffentlichten Schriften in einer deutschen und italienischen Werkaus­gabe (verantwortlich Nichtweiß und Giancarlo Caronello). Der vorliegende Band ist für diese und weitere Forschungen das unabdingbare Arbeitsinstrument. Es handelt sich auf den Seiten 1–77 um eine knappe Einführung ins Leben Petersons (Giovanni Filoramo) und um einen kompetenten Überblick über die Rezeption seines Denkens zu Lebzeiten bis heute (Barbara Nichtweiß). Hinzu kommen zwei Beiträge zum Nachlass Peterson (Adele Monaci Castagno und Roberto Alciati). Den wichtigsten Teil bildet die Archivaufstellung von Paola Lombardi auf den Seiten 79–233 (mit Ordnungsschema 85–87 und Namensindex 235–243).
Roberto Alciati beschreibt die Geschichte des Nachlasses Peterson, seinen durch Michele Pellegrino betriebenen Weg von Rom nach Turin (1961) und seine weitere Geschichte. Pellegrinos Absicht war, an der Philosophischen Fakultät der Universität Turin ein Zentrum christlich-religionsgeschichtlicher Studien zu schaffen. Insofern wurde und wird die »Bibliothek Erik Peterson« weitergeführt (Zuwachs von ca. 5.000–6.500 auf 40.000 Bände). Damals, im Zeitalter vor der Computerisierung, war auch der enorme Zettelkasten mit 600.000 Vermerken zur antik-jüdisch-christlichen Religionsgeschichte attraktiv, von Peterson zusammengetragen aus der gesamten antik-spätantiken Literatur; man dachte auch hier an eine Fortführung. Auch interessiert an diesem doppelten Nachlass war das Franz Joseph Dölger-Institut in Bonn, dem Peterson mit seinem Forschungsansatz der historischen Religionsgeschichte (und auch seiner Verzettelungsmethode) sehr nahe stand. Nachdem Theodor Klauser, Leiter des Dölger-Instituts, zunächst Peterson die Artikel-Bozze seines Reallexikons für Antike und Christentum zur Korrektur zugesandt hatte, ohne dass dieser je Ergänzungen aus seinem unerschöpflichen Schedario beisteuerte, bot er ihm sogar an, den Zettelkasten alphabetisch aufzukaufen je nach Fortgang des Reallexikons. Aber auch die Bibliotheken der Universität Göteborg, der Gregoriana und der Universität Yale interessierten sich für den Bücher-Nachlass, während Klauser primär am Zettelkasten interessiert war. Übrigens war Klauser zum Jahreswechsel 1960–1961 nicht nur wegen des Nachlasses in Rom, sondern auch wegen der ehemaligen Wirkungsstätte Petersons, des Päpstlichen Instituts für Christliche Archäologie, dessen Leitung ihm vom Vatikan angeboten worden war.
Petersons Nachlass ist dank des Einsatzes von Franco Bolgiani praktisch vollständig erhalten und nunmehr nach seiner Erfassung in der »Biblioteca Erik Peterson« des »Centro Interfacoltà ed Interdipartimentale di Scienze Religiose« der Universität Turin zu­gänglich. Der Nachlass wurde in Turin erstmals geordnet, und zwar in 14 Serien: 1. Korrespondenz, 2. Verwaltung (Verträge u. a.), 3. Personendokumente, 4. Studienhefte, 5. Studienmaterial (Druck­werke, Zeitungsausschnitte u. a.), 6. Notizen (für Veröffentlichungen), 7. Vorlesungen, 8. Entwürfe, 9. Korrekturbögen, 10. Private No­tizen (geistliche Tagebücher u. a.), 11. Druckwerke, 12. Rezensionen (zu den eigenen Werken), 13. Material über Peterson, 14. Vermischtes. Hinzu kommen kleinere Bestände von Petersons Ehefrau Matilde Bertini (Privatkorrespondenz, Familiendokumente) und von Franco Bolgiani (zur Nachlassverwaltung).
Petersons Korrespondenz ist ab seinem 20. Lebensjahr erhalten und bildet den umfangreichsten Teil der Archivaufstellung (89– 152). Neben der privaten Korrespondenz (über 700 Briefe der Eltern und Ehefrau), stechen folgende Namen aufgrund der Zahl der Briefe hervor: Paul Adams (43), A. Albers (82), Johann Gerhard Behrens (41), Alois Dempf (19), Hans Dörries (39), Helmut Dörries (48), Fritz Hauptmann (143), Paul Hodann (61), Paul Kahle (51), Theodor Klauser (26), Hans Lipps (69), Thomas Michels (33), Juana Moering (35), Franz Xaver Münch (34), Wilhelm Neuß (50), Adolf Pasewaldt (37), Anne Reinach (130), Erich Schiele (50), Karl Ludwig Schmidt (56), Otto Schmitz (58), Hertha Schmujlow (30), Erich Seeberg (25), Otto Stelling (25), Martin Thust (56), G. Van Der Leeuw (26). Nennenswert sind auch Yves Congar (17), Jean Daniélou (14), Henri de Lubac (10), Alois Dempf (19), Othmar Perler (16), Heinrich Schlier (14), Jacques Maritain (15) und Hans Urs von Balthasar (10). – Daneben sind Petersons Vorlesungen aus protestantischer und katholischer Zeit wichtig, die nun teilweise erstmals in den ge­nannten Werk­ausgaben veröffentlicht werden. Sie handeln über Religionsgeschichte des Hellenismus, Geschichte des Mönchtums, Katakomben, altkirchliche Mystik, Dogmengeschichte des Altertums, Neues Testament, Judentum und Christentum, frühkirch­liche Li­turgie u. a.
Die hier nur knapp skizzierte Archiverschließung von Paola Lombardi ist hinreichend, aber nicht optimal. Die Einzelbestände sind eher grob erfasst. Sie sind nicht paginiert. Briefbestände werden nur »von–bis« da­tiert, Vorlesungen ohne Um­fangsangabe aufgelistet. Die Zeitungsartikel sind nach Jahren (1914– 1959) geordnet; evtl. markierte Themen und Titel werden nicht genannt. Hat Peterson wirklich nicht nach Themen geordnet? So jedenfalls ist weder die Sammlung selbst noch die Archivaufstellung zu gebrauchen. Im Namens­-index sind zu korrigieren bzw. zu überprüfen: »Bizantinische Zeitschrift«, »Erick Dinkler« (Erich), »Franz Doelger« (zum Teil verwechselt mit Franz Joseph Dölger), »R. Garrigou-Lagrange« (OP), »Germano Morin« (Germain, OSB), »R. Mouterde« (SJ), »Otto Perler« (es handelt sich um Othmar Perler, den Peterson vom Pontificio Istituto di Archeologia Cristiana her kannte, wo Perler 1929–1932 studierte). Warum sind nicht konsequent Namenskürzel aufgelöst worden, während Pacelli als »Eugenio Maria Giuseppe Giovanni Pacelli« er­scheint? Die Namenschreibung irritiert (kein ö, ä, ü). Wer vermutet »Sittenwidrige Verlagsvertraege« im »Elenco antroponimi«? Die Nummerierungen der Archivsystematik (85–87) fehlt in der Einzelaufstellung (89 ff.). Unglück­liche Seitenumbrüche siehe 128–129 und 144–145. Es fehlt jede nähere Beschreibung des berühmten Schedario, von dessen Existenz man lediglich erfährt.