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Ausgabe:

Oktober/2012

Spalte:

1105

Kategorie:

Christliche Kunst und Literatur

Autor/Hrsg.:

Gerhardt, Paul

Titel/Untertitel:

Die lateinischen Dichtungen. Hrsg. u. übers. v. R. Düchting.

Verlag:

Heidelberg: Mattes Verlag 2009. 94 S. m. 2 Abb. 21,0 x 14,0 cm. Kart. EUR 12,00. ISBN 978-3-86809-024-6.

Rezensent:

Reiner Preul

Dass Paul Gerhardt neben seiner umfangreichen und die protes­tantische Frömmigkeit bis auf den Tag prägenden geistlichen Lieddichtung auch als Poet in lateinischer Sprache brillierte, dürfte bisher nur wenigen bekannt gewesen sein. Reinhard Düchting, Heidelberger Experte für mittellateinische Dichtung, hat nun die bisher nur in verstreuten Einzeldrucken erhaltenen Carmina mit eigenen Übersetzungen versehen und in einer philologisch vorbildlichen zweisprachigen Ausgabe zugänglich gemacht. Es handelt sich um 18 meist kurze Gelegenheitsgedichte (drei darunter von Düchting neu entdeckt) zu Eheschließungen, Todesfällen, Beförderungen und Ehrungen von Personen, mit denen G. als Pfarrer und Dichter in Verbindung stand. Sie sind abgefasst in Distichen: Hexameter plus Pentameter in daktylischen Metren, was sich in der Übersetzung wegen der im Deutschen nicht möglichen Silbenverschmelzung und der weniger freien Wortstellung nur schwer nachahmen lässt, Düchting aber weitgehend gelungen ist. Seine Übersetzung nimmt alle inhaltlichen und stilistischen Nuancen des Originals auf, trifft dessen Pointen und Stimmung. G. verbindet den jeweiligen Kasus seelsorgerlich mit lutherischer Theologie und Frömmigkeit, während er antik-mythologische Elemente nur äußerst sparsam aufnimmt.
Ein ausführlicher Kommentar unterrichtet den Leser über den zum Verständnis jeweils nötigen biographischen Hintergrund. Einleitung zur Vita und Sprachkunst G.s, graphische Genealogie der Familie Gerhardt, Wiedergabe und Erläuterung dazugehöri-ger Epitaphe und Literaturverzeichnis vervollständigen das ge­schmackvoll eingerichtete Buch, das sich auch als Geschenk für einschlägig Interessierte eignet. Es bereichert die Hymnologie und gibt dem Leser Einblick in eine verloren gegangene Kultur gebil­-deter Teilnahme. G. war auch selbst Empfänger solcher Verse. Sie wurden von Düchting im gleichen Verlag unter dem Titel »Trost-Gedichte für Paul Gerhardt und seine Frau Anna Maria« mit Übersetzung herausgegeben.