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Ausgabe:

Juli/August/2012

Spalte:

846

Kategorie:

Philosophie, Religionsphilosophie

Autor/Hrsg.:

Historisches Wörterbuch der Rhetorik. Hrsg. v. G. Ueding. Red.

Titel/Untertitel:

G. Kalivoda, F.-H. Robling, Th. Zinsmaier, S. Fröhlich. Bd. 10: Nachträge A–Z.

Verlag:

Berlin/Boston: de Gruyter 2012. VII S., 1550 Sp. m. Abb. 26,8 x 19,0 cm. Lw. EUR 149,95. ISBN 978-3-11-026015-1.

Rezensent:

Wilfried Engemann

Mit den »Nachträgen A–Z« liegt nun der 10. und letzte Band des Historischen Wörterbuchs der Rhetorik mit neuen Lemmata vor. Damit ist eines der größten geisteswissenschaftlichen Editionsprojekte der letzten 20 Jahre vollendet. Wenn man die vorausgehenden Planungen und Arbeiten hinzurechnet, wird ein Opus zum Ab­schluss gebracht, das 25 Jahre lang mit fachlicher Leidenschaft und äußerster Sorgfalt begleitet wurde; pünktlich erschien seit 1992 alle zwei Jahre ein Band, nur der Registerband steht noch aus. Das Werk hat seither die verschiedensten Diskurse nicht nur der Rhetorik im engeren Sinn angeregt, sondern auch Literaturwissenschaft, Philosophie, Theologie, Pädagogik, Geschichtswissenschaft, Jurisprudenz und weitere Wissenschaften mit präzisen Argumentationsmustern und Reflexionsperspektiven bereichert.
Dieser Rhythmus hatte seinen Preis. Nicht auf jeden unpünktlich eingehenden Artikel konnte gewartet werden. Andererseits kamen bei dem sich stetig vertiefenden Vordringen auf dem verzweigten Terrain der Rhetorik immer wieder neue bzw. neu zu gewichtende Themen, Zusammenhänge und Fragen in den Blick, die in entsprechenden Lemmata ihren Niederschlag fanden. Aus den verspäteten und neu hinzugewonnenen Schlagwörtern hat sich schließlich eine bemerkenswerte Liste wichtiger Begriffe herauskris­tallisiert, von der alle der oben genannten Disziplinen profitieren dürften. Der von A bis Z reichende Band führt noch einmal auf sehr anschauliche Weise die Vielfalt rhetorischer Forschung und damit zugleich auch die Relevanz eines entsprechenden Nachschlagewerkes vor Augen. Der sich aus den Bänden 1 bis 9 ergebende Begriffskatalog der Rhetorik wird u. a. um folgende Lemmata erweitert: Pars pro toto einige der Begriffe, die im engeren Sinn rhetorisch von Belang sind: Afrikanische Rhetorik, Akklamation, Ar­gumentum, Ausdruck, Redefreiheit, Rednerschule, Redundanz. Theologische und philosophische Fragen werden verhandelt u. a. in diesen Lemmata: Augus­tinismus, Authentizität, Kabbala, Religionsgespräche, Reue, Schönheit, Politische Theologie, Politische Religion, Stundenbuch, Zeit. Besonders viele Artikel dienen der rhetorischen Reflexion sozialer und politischer Phänomene: Bewerbung, De­monstration, Feindbild, Festzug, Gewalt, Macht, Manipulative Techniken, Parlamentarische Textsorten, Politische Rhetorik, Populismus. Neu hinzugekommen ist auch eine beträchtliche Anzahl rhetorisch relevanter Begriffe aus der Welt der Kunst und der Medien: Dazu gehören u. a. Drehbuch, Skript, Graffiti, Hörbuch, Kabarett, Klatsch, Liebesrede und -brief, Moderation, Schlagzeile, Schriftbild, Schriftlichkeit, Stilbruch. Da­neben finden sich wichtige Lemmata, die u. a. die Alltagskommunikation betreffen, wie z. B. Befehl, Beleidigung, Lüge, Verrat, Versprechen, Versprecher, Verwaltungssprache.
Die im letzten Abschnitt vorgenommenen Zuordnungen bleiben natürlich vage; sie zeigen dabei aber doch die hohe Erschließungsfunktion rhetorischer Fragestellungen für den gesamten Bereich der Geisteswissenschaften. Nach den ausführlichen Be­sprechungen der Bände 1–9 (vgl. ThLZ 127 [2002], 104; 132 (2008), 703; 135 [2010], 934), die detailliert auf Programmatik und Konzeption des HWRh eingegangen sind, mögen diese Hinweise genügen, um dem Herausgeber Gert Ueding und seinem Redaktionsteam (Gregor Kalivoda, Franz-Hubert Robling, Thomas Zinsmaier und Sandra Fröhlich) anlässlich dieses 10. Bandes noch einmal für ihre Geduld, Akribie und Weitsicht zu danken, die ein solches Projekt wie das HWRh erst möglich gemacht haben.