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Ausgabe:

Juli/August/2012

Spalte:

734–836

Kategorie:

Kirchengeschichte: Reformationszeit

Autor/Hrsg.:

Boer, William den

Titel/Untertitel:

God’s Twofold Love. The Theology of Jacob Arminius (1559–1609). Transl. by A. Gootjes.

Verlag:

Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 2010. 342 S. 23,2 x 15,5 cm = Reformed History Theology, 14. Geb. EUR 86,95. ISBN 978-3-525-56908-5.

Rezensent:

Malte van Spankeren

Die Auseinandersetzung um die Theologie des Jacob Arminius (1559/60–1609) beeinflusste nachhaltig die theologischen Debatten im frühen 17. Jh., zumal innerhalb der Niederlande. William den Boer untersucht in seiner instruktiven, jüngst erschienenen Dissertation das theologische Werk des Arminius.
Zunächst analysiert der Vf. ausführlich das Prinzip der göttlichen Gerechtigkeit innerhalb der Arminianischen Theologie. Dafür stellt er, nachdem er in einer Einleitung sein Vorgehen methodisch plausibel begründet hat, im zweiten Kapitel (49–80), »God’s Justice in Arminius’s Theology I: Prolegomena«, die Bezüge zwischen der göttlichen Gerechtigkeit und weiteren theologischen Grundbegriffen der Theologie des Arminius dar. Nicht deutlich wird hier allerdings, inwiefern die vom Vf. sehr allgemein definierten Begriffe wie »logic«, »order« oder »harmony« (51 f.) für das Verständnis von »God’s justice« bei Arminius tatsächlich notwendig sind. Wichtiger ist die dargestellte Distanzierung des Arminius sowohl von zeitgenössischen reformierten Theologen als auch von theologischen Autoritäten hinsichtlich der Frage einer eindeutigen Erkennbarkeit der göttlichen Gerechtigkeit (71 f.).
Im dritten Kapitel, »God’s Justice in Arminius’s Theology II. God, Creation, Sin and Gospel (Evangelium)« (81–153), zeigt der Vf., wie Arminius’ Verständnis der göttlichen Gerechtigkeit die vier titelgebenden theologischen Termini beeinflusst hat. Ein ständig wie­derkehrendes Grundmotiv des theologischen Denkens des Arminius erkennt der Vf. in diesem Kontext darin, Gott dürfe keinesfalls als auctor peccati gelten: »Inter omnes blasphemias quae Deo impingi possunt, omnium est gravissima qua author peccati statuitur Deus« (107, Anm. 121). Nicht zuletzt Calvin habe laut Ar­minius, freilich ohne dies beabsichtigt zu haben, dieser irrigen Vorstellung Vorschub geleistet (75.107).
In Kapitel 4, »God’s Justice in Arminius’s Theology III: The Primary Foundation of Religion« (154–177), skizziert der Vf. das Konzept der duplex amor Dei anhand mehrerer Schriften und dabei insbesondere den Zusammenhang zwischen diesem Gedanken und der Prädestinationsauffassung des Arminius. Er zeigt dabei, wie die verschiedenen im Kontext der göttlichen Gerechtigkeit dargestellten Aspekte Arminianischer Theologie vor dem Hintergrund des Konzepts der duplex amor Dei zusammen gesehen werden können. Der Vf. pointiert: »[P]redestination, covenant and gospel are concepts with considerable overlap in Arminius’s theology, are at times even used more or less synonymously, and further all come under the broader umbrella of the duplex amor Dei.« (168) Der Vf. definiert ferner das Verständnis der zweifachen göttlichen Liebe bei Arminius folgendermaßen: »God’s twofold love is the foundation of (the Christian) religion. It consists in 1. primarily a love for justice; 2. secondarily, and subordinate to the preceding, a love for humanity and its salvation.« (176) Der Vf. verweist in diesem Kontext auf ein grundlegendes Abhängigkeitsverhältnis, welches für Arminius Verständnis der duplex amor Dei charakteristisch ist: »The order of these two loves is of fundamental importance: the second love can operate only insofar as the first allows, and is allowed to function only where the first does not prevent it. This implies that God does condemn sinners, in spite of his love for humanity, precisely because he loves justice more than humanity.« (176)
Das fünfte Kapitel, »Arminius and Reformed Theology« (178–208), stellt insgesamt eher eine Blütenlese zu einzelnen Begriffen der Arminianischen Theologie dar, als dass es neue Aufschlüsse bieten würde.
Wichtiger ist das sechste Kapitel, »The Reception of Arminius’s Theology in the Hague Conference (1611)« (211–279), mit dem der zweite Teil des Buchs eröffnet wird. Die zwischen dem 11.03. und dem 20.05.1611 zwischen Remonstranten und Gegenremonstranten stattfindende Versammlung diskutierte insbesondere das Konzept der göttlichen Gerechtigkeit in der von Arminius geprägten Fassung. Hinsichtlich der Rezeption der Auffassung des Arminius durch die Remonstranten verweist der Vf. allerdings auf einen wesentlichen Unterschied bezüglich des Konzepts der zweifachen Liebe Gottes: »For the Remonstrants, God’s primary love is a love for humankind and not in the first place to justice … The secondary love of God is not a general love for humanity or all creatures and their glory, but his love for believers. In short, just because the Remonstrants use the same terms as Arminius does not guerantee that they also took over the underlying concepts.« (234)
Im siebten Kapitel, »Theological Context of Arminius’s Theology« (280–328), geht der Vf. insbesondere der Frage nach, inwiefern Vo­luntarismus und Intellektualismus das theologische Denken Ar­minius’ beeinflusst haben. Außerdem vergleicht er u. a. Arminius’ Auffassung bezüglich der Erkennbarkeit der göttlichen Ge­rechtigkeit mit derjenigen Calvins. Darüber hinaus stellt der Vf. Arminius’ Standpunkt bezüglich der Frage nach Gott als dem Urheber des Bösen dar. Dafür skizziert er knapp die Lehrmeinungen theologiegeschichtlich relevanter Vertreter im Mittelalter und in der Reformationszeit (294–320) und betont anschließend noch einmal, für Arminius gelte, »that the view that makes God the author of sin is the most serious blasphemy of all« (323).
Eine knappe Zusammenfassung, »Conclusions« (325–328), rundet diese für eine vertiefte Kenntnis der Theologie des Arminius inhaltlich aufschlussreiche Studie ab. Ein Sachregister sowie ein Namenregister (337–342) bilden den Schlusspunkt dieser Arbeit. Positiv hervorzuheben sind ferner die präzisen Zusammenfassungen am Ende eines jeden Kapitels, die dem Leser (und dem Rezensenten) einen raschen und instruktiven Einblick in das jeweilige Kapitel ermöglichen.
Auf zwei Monenda ist abschließend hinzuweisen: Nicht überzeugend scheint die Einordnung des Kapitels »Theological Context of Arminius’s Theology« an die vorletzte Stelle dieser Studie. Dieses Kapitel hätte vielmehr (vor allem der Unterpunkt 7.3.) an den Anfang gehört. Darüber hinaus hätte auch das biographische Unterkapitel mehr als die zu knappen zehn Seiten (13–22) verdient gehabt. Infolgedessen wären dann auch die wesentlichen biographischen Prägungen der theologischen Entwicklung des Arminius deutlicher zum Ausdruck gekommen. Unbeschadet dieser zwei kleineren Mängel stellt diese Dissertation für künftige Forschungen zu Arminius eine wichtige und weiterführende Studie dar.