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Ausgabe:

Januar/1999

Spalte:

13–15

Kategorie:

Allgemeines

Autor/Hrsg.:

Campenhausen, Axel Freiherr von

Titel/Untertitel:

Kirchenrecht und Kirchenpolitik. Stellungnahmen im kirchlichen Zeitgeschehen. Hrsg. von Ch. Link u. M. Seitz.

Verlag:

Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 1996. 352 S. gr.8. Lw. DM 48,-. ISBN 3-525-55780-9.

Rezensent:

Hermann Weber

Axel von Campenhausen, der Autor der vorliegenden Aufsätze, hat in vielfacher Form, als Hochschullehrer, als Staatssekretär im niedersächsischen Wissenschaftsministerium, als Synodaler in der EKD, in Bayern und in Hannover, als Mitglied der Kammer für öffentliche Verantwortung der EKD, als Herausgeber der "Zeitschrift für evangelisches Kirchenrecht", als Veranstalter und Betreuer der Kirchenjuristentagungen, als Verhandlungsführer der beiden beteiligten evangelischen Kirchen beim Abschluß des Staatskirchenvertrags mit dem Land Mecklenburg-Vorpommern, als führendes Mitglied des Johanniterordens, nicht zuletzt seit 1980 in seinem Amt als Präsident der Hannoverschen Klosterkammer, Einfluß auf die Entwicklung des Kirchenrechts und des Staatskirchenrechts ausgeübt. Zu seinem 60. Geburtstag am 23. Januar 1994 haben ihn Joachim E. Christoph, Christoph Link, Jörg Müller-Volbehr und Michael Stolleis mit der 1995 im Verlag J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) in Tübingen erschienenen Ausgabe seiner "Gesammelten Schriften" geehrt.

Die damalige Sammlung hatte sich nach dem Konzept der Herausgeber bewußt auf Aufsätze beschränkt, "die im strengen Sinne Beiträge zur wissenschaftlichen Diskussion sein wollen" (Vorwort, VI). Sie wird jetzt ergänzt durch den hier anzuzeigenden weiteren Band, der - so die Herausgeber - "die Schriften des streitbaren Kirchenpolitikers" umfaßt, "mit denen er sich in der aktuellen Diskussion über Grundfragen des Kirchen- und Staatskirchenrechts zu Wort gemeldet hat" (Vorwort, 5). Die Sammlung enthält in vier Abteilungen ("Kirchenrecht", "Zur öffentlichen Verantwortung der Kirche", "Grundwerte in Staat und Gesellschaft" sowie "Kirche und Staat, Religionsfreiheit") 29 Beiträge, die in den Jahren 1968 bis 1996 in den verschiedensten Zeitungen, Zeitschriften und sonstigen Publikationen erschienen sind. Die älteste Arbeit ist der Aufsatz "Grundgesetz und Kirche" aus dem Jahre 1968, der die damals herrschende Lehre im Staatskirchenrecht gegenüber (seinerzeit) neueren Angriffen verteidigt; die neueste Arbeit - eine kritische Besprechung der Kruzifix-Entscheidung des BVerfG für das "Archiv des öffentlichen Rechts" - war bei Erscheinen der vorliegenden Sammlung im Jahre 1996 noch nicht einmal veröffentlicht (vgl. jetzt AöR 121 [1996], 448 ff.).

Der durchaus unterschiedlichen Form der Erstpublikation (teils in Tageszeitungen und Pressediensten, teils in wissenschaftlichen Zeitschriften) entspricht der ebenso unterschiedliche Stil der Einzelbeiträge: Knappen politischen Stellungnahmen (etwa: "Frauenordination: Für Aufregung ist es jetzt zu spät", 79 ff.; "Rüpel in die Schranken weisen", 191 ff. - zu Vorschlägen zur Abschaffung der Strafbarkeit der Gotteslästerung) stehen eingehend begründete Stellungnahmen gegenüber (etwa "Das Kirchenverständnis im evangelischen Kirchenrecht", 28ff.; "Wandel des Staatsverständnisses aus evangelischer Sicht", 111ff.; "Grundwerte in Staat und Gesellschaft", 145 ff.).

In diesem Zusammenhang sei nicht verschwiegen, daß der Band eine ganze Reihe von Arbeiten enthält, die durchaus "im strengen Sinne" als "Beiträge zur wissenschaftlichen Diskussion" angesehen werden könnten (und damit nach der zitierten Abgrenzung im Vorwort der "Gesammelten Schriften" auch in diesen Band gepaßt hätten):

Genannt seien etwa die Aufsätze "Codex iuris canoni 1983. Bemerkungen aus evangelischer kirchenrechtlicher Sicht" (45 ff.), "Menschenrechte im Verständnis der Kirchen" (96 ff.), "Die kirchlichen Stiftungen in Vergangenheit und Gegenwart" (229 ff.) sowie die bereits erwähnte Besprechung der Kruzifix-Entscheidung des BVerfG (324 ff.). Thematisch ist der Band sehr breit gefächert: Das zeigen neben den bereits erwähnten Beiträgen Aufsatztitel wie "Grenzen der Gestaltungsfreiheit. Gutachterliche Bemerkungen zu einigen Fragen des ’Jus liturgicum’ im Bereich der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers" (13 ff.), "Volkskirche heute - eine Chance für Bekenntnis und Verantwortung. Überlegungen zur Situation der evangelischen Kirche in Deutschland nach der Wende" (126 ff.), "Rechtsbewußtsein und schulischer Erziehungsauftrag" (160 ff.), "Staat, Kirche und Gesellschaft bei Gustav W. Heinemann" (204 ff.), "Religionsfreiheit ist unteilbar. Zu einer Entschließung des europäischen Parlaments" (269 ff.) sowie "Staats- und kirchenrechtliche Aspekte der Einführung des islamischen Religionsunterrichts an deutschen Schulen" (273 ff.).

Bei allen Unterschieden im einzelnen ist allen Beiträgen des Bandes eines gemeinsam: der frische, zupackende Stil des Autors und seine Bereitschaft zu klaren Stellungnahmen, wo ihm die Verbindlichkeit der Botschaft der Kirche und ihrer Ordnungen gefährdet erscheint. Titel wie "Für den vertrauten Gottesdienst. Experimente und Neuerungen nur in Maßen" (41 ff.), "Keine Wahrheitsmehrheit. Ein Synodenbeschluß gibt zu denken" (82 ff.), "Erosion des Staatskirchenrechts? Aktuelle Probleme der Volkskirche heute" (260 ff.) sowie "Rechtzeitig das Bewährte sichern. Zum Staat-Kirche Verhältnis im künftigen Europa" machen die Richtung dieser Stellungnahmen deutlich.