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Ausgabe:

Mai/2012

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Stefan Beyerle

Titel/Untertitel:

Von Henoch bis Baruch
Neue Tendenzen der Apokalyptikforschung*

1. Thema


Der Titel umreißt mit »Henoch« und »Baruch« als pseudonymen Bezeichnungen antik-jüdischer Apokalypsen einen zeitlichen Rahmen. Während »Henoch« über die ältesten Bestandteile des Komposittextes »äthiopischer Henoch« (äthHen) nach der aktuellen Mehrheitsmeinung den Beginn jüdischer Apokalyptik markiert (ca. 3. Jh. v. Chr.: Kapitel 1–36*; 72–82*), steht »Baruch«, insbeson­dere mit dem »syrischen« (syrBar) und »slavischen« bzw. »griechischen Baruch« (sl/grBar) aus dem 2. Jh. n. Chr., für den vorläufigen Ab­schluss. Denn mit Aufkommen und Etablierung des Christentums werden entsprechende Interpolationen und Einflüsse in den ur­sprünglich der antik-jüdischen Tradition entstammenden Apokalypsen häufiger. Grob gesagt ist die jüdische Apokalyptik also ein Phänomen der hellenistischen Zeit. Den christlichen Adaptionen und einer Fortentwicklung apokalyptischer Überlieferung, bis hinein in die jüdische Merkabah-Mystik1, zum Trotz gilt in der Spätantike für Judentum wie Christentum: »Whatever their motivations, both mainstream rabbinic Judaism and orthodox Chris­tianity eventually judged apocalyptic hopes as more dangerous than beneficial.«2 Dennoch kann man Motive und Diskurse antiker Apokalyptik bis hinein in »apokalyptische« Ideologien und Gruppierungen der Gegenwart weiterverfolgen. Ein Beitrag zum Verstehen der antiken Quellen selbst scheint von dort aus aber eher zweifelhaft.3


2. Befund


Bereits die sehr holzschnittartigen Bemerkungen zum Thema verdeutlichen, dass die »Apokalyptik«, sieht man von den biblischen Apokalypsen des Danielbuches4 und der Johannesoffenbarung5 ab, wesentlich ein außerkanonisches Phänomen darstellt.
Entsprechend komplex ist die Textüberlieferung und -präsentation zahlreicher Apokalypsen. Neben deutsch-, englisch- und französischsprachigen Übersetzungsausgaben sind inzwischen auch Portale im Internet und immer zahlreichere Kommentare nutzbar.6 Hinzu kommen die für die Apokalyptik besonders wichtigen Schriftrollen vom Toten Meer, die zum einen älteste Abschrif-ten von Apokalypsen in aramäischer, hebräischer, wahrscheinlich auch griechischer Sprache bieten (vgl. nur zu äthHen, Jub, Dan und Pseudo-Dan), darüber hinaus aber auch bisher nicht bekann-te Schriften mit apokalyptischen Vorstellungen überliefern. Die Kom­plexität der Überlieferungen spiegelt sich auch im Bearbeitungsstand der Texte wider: Während das Jubiläenbuch, eine mid­raschartige und vor allem in Jub 1 und 23 apokalyptische Nacherzählung von Gen 1–Ex 19(.24), längst kritisch bearbeitet in Text und Übersetzung vorliegt, fehlt zu den Apokalypsen des äthiopischen Henoch bislang eine editio major.7
Auch die Diskussion um die Bezeichnungen »Apokalypse«, »Apo­kalyptik« und »apokalyptische Eschatologie« ist nach wie vor im Gange. Auf der literarischen Ebene ist die Beschreibung der Gattung »Apokalypse« wesentlich, bei der insbesondere der Akzent der »Jenseitigkeit«, ob zeitlich oder örtlich, betont wird. Dabei können Formen, wie Vision, Dialog bzw. narrativer Rahmen, auch nach rhetorischen Mustern befragt werden (vgl. Carey, 1–18 u. 245 f.: Anm.). Von dieser Gattungsbezeichnung abgeleitet bezeichnet »Apokalyptik« dann eine Haltung, bisweilen ein Lebensgefühl, das mit einem baldigen Untergang der Welt und einer neuen Schöpfung oder der Durchsetzung der Gottesherrschaft rechnet. Im modern-profanen Sprachgebrauch überwiegt schließlich der As­pekt des Katastrophalen und des Untergangs.
Dass sich die Apokalyptik aus prophetischen wie weisheitlichen Vorstellungen speist, ist kaum noch angefochten. Zwar dominieren bisweilen prophetische Traditionen (vgl. Dan 7; 9), doch ist gerade die »prophetische« von der »apokalyptischen Eschatologie« zu unterscheiden. Während Erstere in Unheilansage (Am; Hos; Mi) bzw. Umkehrforderung (Jer) eine Diesseitserwartung ausdrückt oder, etwa im Exil, bereits verarbeitet, zielt Letztere in unmittelbarer Naherwartung auf ein jenseitiges Heil. Außerdem nutzen vor allem die Handschriften vom Toten Meer die Autorität prophetischer Gestalten wie Mose (4Q175: »Testimonium«) oder Elia (4Q558), aber auch »Gesalbte« der prophetischen Literatur (Jes 61,1–3; 4Q521: »Messian. Apokalypse«), um apokalyptische oder auch »messianische« Erwartungen auszudrücken. 8


3. Astrologie und Magie – zum apokalyptischen Weltbild


Die antike Astrologie ist fest mit der Apokalyptik verknüpft: sei es durch das Astronomische Buch (äthHen 72–82) mit seiner solaren bzw. luni-solaren Orientierung und Offenbarung über die Ordnungen der Gestirne oder über die astrale Form der Jenseits- und Auferstehungshoffnung in Dan 12,1–3 (vgl. äthHen 103–104). Wie weit die Gestirnslehre in magisch-mantische Zusammenhänge, auch im antiken Judentum, eingebettet war, zeigt die Arbeit von M. Popovi, der sich schon kulturgeschichtlich von Alt-Mesopotamien bis nach Griechenland und Rom bewegt, um den »physiognomischen« Texten vom Toten Meer (4Q186; 4Q561) auf die Spur zu kommen.9 Die Fragmente 4Q186 und 4Q561 aus herodianischer Zeit zählen zwar nicht zu den apokalyptischen Texten (s. u.), stehen aber ihrem Weltbild durch ihre magisch anmutende Verbindung von (menschlicher) Physiognomie und Astrologie (Sternkreiszeichen/Zodiakos) nahe. Hinzu kommt die listenartige Struktur der Überlieferung, die vor allem in 4Q561 in Zukunftsansagen ausmündet, wenngleich diese aufgrund des fragmentarischen Textzustands nur noch angedeutet erscheinen. Astrologie wie Apokalyptik betonen jedenfalls den Geheimnischarakter ihres Wissensinventars. Dies gilt auch dann, wenn die Astrologie, zumindest nach dem noch lesbaren Befund in 4Q186 und 4Q561, keinerlei Hinweise auf apokalyptische Gerichtserwartungen bewahrt hat.
Aus dem Fundus der antiken und spät-antiken jüdischen Quellen ergeben sich weitere Schnittmengen zwischen Astrologie, Magie und Apokalyptik.10 Zwar wird man Henoch nicht zum Urheber antik-jüdischer astrologischer Literatur erheben können, doch zeigt vor allem das Astronomische Buch (äthHen 72–82) mit seinen Offenbarungen über die Gestirnswelten, wie gut ordnungs- und geschichtsdeterministisches Denken der Apokalyptik und Ge­stirnskunde koinzidieren. Weiterhin ist die »Schrift des Sem« zu beachten, eine nach dem Zodiakos (vgl. 4Q186: s. o.) aufgebaute, astrologische Komposition, die apokalyptisch-messianische Motive mit astrologischen verbindet und wohl in der vorliegenden Rezension erst aus dem 7. Jh. n. Chr. stammt. 11 Die Verbindung von astrologischen Prognosen und messianischen Erwartungen findet sich auch in späteren Texten, was angesichts der schon frühen Verknüpfung von Messianologie und Sternenmotivik (vgl. Num 24,17. 23 f.) wenig überrascht.
Auch wenn die Texte vom Toten Meer (vgl. CD 12,2) und das Wächterbuch (vgl. äthHen 7,1; 8,3) Magie von ihrer dämonologischen, zu verurteilenden Seite her betrachten, haben gerade in der Apokalyptik zahlreiche Spuren magischen Denkens die Zeiten überdauert. Einen Schwerpunkt bilden dabei in der Zeit des Zweiten Tempels die Exorzismen. Etwa das Jubiläenbuch (Jub 10,3–6), das man auch wegen seiner Bezüge zu äthHen »apokalyptisch« nennen kann, lässt Noah ein exorzistisches Gebet formulieren, die bösen Geister, eine Folge der Wächterepisode (vgl. Jub 7,20–25; äthHen 6–11 u. Gen 6,1–4), mögen seine Nachkommen verschonen, womit ein dualistisches Weltbild zum Tragen kommt, das Magie und Apokalyptik teilen. Insgesamt zeigt die aktuelle Diskussion, dass nicht nur – wenig spezifische – Einzelmotive, wie Engel oder sich überlagernde Himmelssphären, sondern strukturelle Ge­mein­samkeiten von Magie bzw. Astrologie einerseits und Apokalyptik andererseits vergleichbare Weltbilder konstituieren.

4. Henoch – die Astrologie und die Wächter


Besonders eindrücklich stehen diese Weltbilder vor Augen, wo Apokalyptik und Astrologie, bzw. die in der Antike von der Astrologie nicht zu trennende Astronomie, in den Quellen organisch verwoben erscheinen, wie etwa im Astronomischen Buch (äthHen 72–82).12 Die in das 3. Jh. v. Chr. datierte Komposition spekuliert in Engel-Offenbarungen an Henoch über die Sonnen-, Mond- und Sternenbewegungen. Sie verbindet Kalenderfragen mit Endzeiterwartungen (vgl. äthHen 80,2–8; 81,7–9). Nach den Zeugnissen vom Toten Meer in zwei aramäischen Abschriften (4QEnastra, 4QEna­strb) liegt ein sehr eigenständiger und im Vergleich mit der äthiopischen Ausgabe längerer Text vor.13 Für die apokalyptische Literatur insgesamt ist von Interesse, dass bei der Adaption babylonischer Vorstellungen insbesondere das Aramäische als sprachliches Verbindungsglied verantwortlich gemacht wird. Darüber hinaus verknüpfen auch babylonische Texte des 2./1. Jt.s v. Chr. astronomische Beobachtungen und Kalenderfragen mit dem Ethos (etwa MUL.APIN, Enūma Anu Enlil).14 In theologischer Zuspitzung betont der Monotheismus des Astronomischen Buches dann die freie Wahl des menschlichen Willens und dient als Basis für das kommende Weltgericht, während die impliziten Schöpfungsvorstellungen auch auf andere Teilkompositionen in äthHen verweisen.15
Jene religionsgeschichtlichen Kontexte zeitigen auch Konsequenzen für die chronologische Einordnung der »henochischen« Apokalyptik. So ist die Fokussierung auf die »syrische Religionskrise« (167–164 v. Chr.) bzw. die Makkabäerzeit – orientiert vor allem am Danielbuch – schon länger aufgegeben. Schon die Abschriften der aramäischen Henochfragmente vom Toten Meer und ihre Datierung verweisen auf ältere apokalyptische Zeugnisse.16
Auch das Wächterbuch gehört zu den älteren Apokalypsen. Inhalt und Gliederung werfen ein Licht auf die Textentstehung. Der älteste Kern findet sich in äthHen 6–16: Die himmlischen Wächter kommen zur Erde, um mit den schönen Menschentöchtern »Giganten« zu zeugen. Dadurch und durch die Offenbarung himmlischer Geheimnisse an die Menschen gerät die göttliche Weltordnung aus den Fugen, was zum Gericht führt (äthHen 6–11; vgl. Gen 6,1–4). Während es in Kapitel 6–11 die vier Erzengel sind, die Gottes Gericht ausführen, tritt in äthHen 12–16 Henoch auf den Plan (vgl. Gen 5,18–24). Die Vergebungsbitte der Wächter beantwortet Henoch im Auftrag Gottes mit der Bestätigung des kommenden Gerichtes (Kapitel 12–16), bevor er kosmische Reisen unternimmt (Kapitel 17–36). Der Kern in Kapitel 6–11, der Henoch nicht einmal erwähnt, dürfte den überlieferungsgeschichtlich ältesten Teil der Komposition bieten (wohl 4./3. Jh. v. Chr.). Dieser Kern wurde nachträglich durch die Interzession Henochs, die Reisen und eine Gerichtstheophanie (Kapitel 1–5) erweitert. 17
H. S. Kvanvig, der grundsätzlich diesen Einsichten folgt und in Kapitel 6–11 die mit Schemihaza verknüpfte Überlieferung (um 300 v. Chr.) der »Engelehen« gegenüber der, zumeist mit Asael verbundenen, Wissensoffenbarung für ursprünglicher hält, rekonstruiert eine »dialogische« Beziehung zur Urgeschichte in Gen 1–11: Während vor allem das P-Material aus Gen 1–9* die Wächterepisoden beeinflusst habe, stehe Gen 6,1–4, der jüngste Text der Schöpfung-Flut-Komposition, in Abhängigkeit zur Schemihaza-Überliefe-rung, der ältesten Überlieferung in äthHen 6–11. Einzelne Motivkonstellationen (»Segmente«), wie das Flutmotiv, die Wächter-Rebellion und die Zufügung Henochs, zeigen nach Kvanvig Spuren aus den Schöpfungsmythen des Alten Testaments, insbesondere jedoch aus mesopotamischen Traditionen. Daraus folge, dass sich die henochische Apokalyptik des Wächterbuches letztlich nicht Adaptionen oder Fortschreibungen der übrigen Henoch- oder auch antik-jüdischen Literatur, sondern den altorientalischen Schöpfungsideen verdanke. Angesichts des großen kulturellen und zeitlichen Abstands zwischen Henoch-Apokalyptik und alt-mesopotamischen Traditionen 18 sowie der oben erläuterten komplexen Abhängigkeiten sind die Schlussfolgerungen Kvanvigs recht hypothetisch. Noch weiter geht S. Bhayro:19 Der Text in äthHen 6–11 stamme aus dem 4. Jh. v. Chr., aus dem Gebiet vom Tel Dan bzw. des Berges Hermon. Er bestehe aus fünf ursprünglich selbständigen literarischen Schichten. Die ursprüngliche Absicht der Schemihaza-Erzählung (äthHen 6,1–6; 7,1–6; 8,4; 10,9–14) liege in der Kritik babylonischer Mantik, und die späteren Überarbeitungsschichten nähmen diese Kritik wieder »ironisierend« zurück.
In der Summe zeigt sich, dass altorientalische Einflüsse auf die älteren Henochschriften nicht zu leugnen sind. Wie weit diese Anleihen reichen, bleibt weiterhin offen.
Die neuere Forschung nimmt neben religionsgeschichtlichen auch immer stärker theologische Fragestellungen auf.20 Insbesondere die Frage nach der Mose-Tora im Wächterbuch und der übrigen Henoch-Literatur wird kontrovers diskutiert.21 Schon immer war aufgefallen, dass die Mose-Tora in diesem Textkorpus eine bestenfalls sehr untergeordnete Rolle spielt, was vor allem zu religionssoziologischen Thesen führt: Die Trägerkreise des äthHen werden mit einem »Enochic Judaism« identifiziert, der in Abwendung vom Jerusalemer »Zadokite Judaism« die Mose-Tora durch mythische Engelvorstellungen und eine spezifisch apokalyptische Eschatologie ersetzt habe. Derartige Pauschalisierungen sind m. E. problematisch, 22 zumal man mit V. Bachmann in äthHen 1–36 grundsätzlich die schöpferisch-göttliche Ordnung betont sehen sollte, womit u. a. Tora- und Sinai-Motivik angesprochen ist.
Die Diskussion um die Mose-Tora in den henochischen Schriften, vor allem im Wächterbuch, ist noch nicht zu einem befriedigenden Ergebnis gelangt. Einerseits wird man berücksichtigen müssen, dass die Texte des äthHen in den Handschriften vom Toten Meer prominent tradiert wurden. Zudem unterstreichen viele weitere Texte der Qumraniten durchaus eine Nähe zur Mose-Tora. Andererseits bezeugen die aramäischen Abschriften aus Qumran stets das Wächterbuch einschließlich seiner literarhistorisch späteren Einleitung (äthHen 1–5), also bereits als mutmaßlich »mosaisierte« Komposition. Nach Auffassung einiger Interpreten ist diese »mosaisierte« Komposition als späte, makkabäerzeitliche Überarbeitung des älteren Wächterbuches einzuordnen, die sich am ebenfalls späteren Jubiläenbuch orientiert habe.23


5. Apokalyptischer Widerstand


In der älteren Apokalyptik-Forschung wurde die theologische Dimension der Texte bestenfalls auf einen verborgenen Gott hin reduziert. Der Gott des Alten Testaments als Gott der Geschichte konnte etwa im Danielbuch nicht mehr identifiziert werden.24 In den neueren Arbeiten deutet sich an dieser Stelle ein massiver Umschwung an.25 Theologische Modelle treten immer stärker in den Vordergrund: sei es die im Wächterbuch an den Gottesbezeichnungen orientierte Betonung von Gottes königlicher Herrschaft (V. Bachmann), sei es die insgesamt in der Apokalyptik identifizierte Trennung von irdischer und himmlischer Welt, bei der Gott eine Schlüsselstellung zukommt (S. Beyerle). Andere Beiträge arbeiten die göttliche Geschichtsmächtigkeit heraus (M. Leuenberger) oder entdecken in der »Tierapokalypse« (s. u.) den »biblischen« Schöpfer- und Bundesgott (D. Assefa). Den unterschiedlichen apokalyp­tischen Theologien ist jedenfalls eine mehr oder weniger ausgeprägte Widerstandshaltung eigen, die sich im hellenistischen Umfeld verortet. 26 Dass dabei der verkürzte Gegensatz von »Judentum« und »Hellenismus« zu kurz greift und sich der Widerstand auch gegen (»hellenisierte«) Judentümer richtete, ist schon länger bekannt (E. J. Bickerman, M. Hengel). Dass auch eine, nahezu automatisierte, Situierung dieses Widerstands in den Kontext der religionspolitischen Maßnahmen Antiochos’ IV. und der makkabäischen Erhebung unzureichend ist, zeigen insbesondere die älteren Textzeugen vom Toten Meer zu Astronomischem und Wächterbuch (s. o.). V. Bachmann hat etwa eine ganz von der historischen Situation losgelöste Erklärung für die Apokalyptik des Wächterbuches geliefert. Mit Blick auf die Apokalyptik der Makkabäerzeit, insbesondere die Tierapokalypse, hat D. Assefa eine alternative, nämlich vormakkabäische, Datierung vorgeschlagen (s. u.).
Dennoch gehen neuere Untersuchungen zur Widerstandstheologie der Apokalyptik mit Recht von jenen Texten aus, die in das Umfeld der syrischen Religionskrise zu datieren sind: die Daniel-Apokalypse und die späteren Bestandteile des äthHen wie das »Traumbuch« (Kapitel 83–90), einschließlich der Tierapokalypse (Kapitel 85–90), oder die »Epistel« (Kapitel 91–105), einschließlich der »Zehnwochenapokalypse« (93,1–10; 91,11–17). Für die Konturen einer Widerstandstheologie ist eine möglichst punktgenaue Datierung dieser Quellen wichtig, um die neuerdings eine Diskussion entbrannt ist.
Die Tierapokalypse steht unter den Genannten deshalb im Fokus, weil sie in einigen Passagen offenbar unmittelbar auf die syrische Religionskrise bzw. die Makkabäer-Kriege anspielt. Die Tierapokalypse repräsentiert in ihrer Gattung den »historischen« Typ, da sie die Geschichte Israels, von der Urgeschichte (Adam) ausgehend, in chiffrierter Form als Tier-Allegorie (vgl. auch Dan 8), rekapituliert. Interessant für Deutung und Datierung ist äthHen 90, worin sich der Autor der eigenen, hellenistischen Gegenwart, über vier Perioden der Herrschaft der »70 Hirten« hinweg, nähert.
Wegen fehlender Hinweise auf Antiochos. IV. wird der Grundbestand der Tier­apokalypse neuerdings in vor-makkabäische Zeit, die Epoche der »Diadochen«-Kämpfe seit Alexanders Tod, datiert (323–302 v. Chr.):27 Erst die Ergänzung in äthHen 90,13–15 stamme aus der Zeit des Judas Makkabäus. Schließlich werde durch diese Frühdatierung der Tierapokalypse ihre Verbindung zu Qumran deutlich – D. Assefa verweist hier u. a. auf die »Groningen-Hypothese«, wonach apokalyptisch gesinnte Gruppierungen die Basis für die sich abspaltenden Qumraniten boten.28 Eine solche Frühdatierung der Tierapokalypse stieß bereits auf Widerspruch: Zwar ist durchaus auffällig, dass jeder Hinweis auf Antiochos IV. fehlt und die »Getreuen«, im Unterschied zur Zehnwochenapokalypse (s. u.), nicht am Endgericht beteiligt sind. Dennoch er­scheint eine spätere Datierung, während der makkabäischen Auseinandersetzungen (ca. 165–160 v. Chr.), plausibler. Denn gegenüber Assefas These bietet die Tierapokalypse durchaus Hinweise auf Gewalt und Widerstand. Das Fehlen direkter Bezüge auf Antiochos IV. leitet sich aus einem argumentum e silen­tio ab, und die literarischen Spannungen in äthHen 90,13–19 führen nicht notwendig zu zwei zeitlich weit voneinander entfernten Textbestandteilen.29 An der Diskussion wird deutlich, dass gegenwärtig Datierungsfragen un­mittelbar mit den Weltbildern und theologischen Konzepten der Apokalypsen verknüpft werden.
Die verbleibenden Kompositionen in äthHen, die Zehnwochen­apokalypse (93,1–10; 91,11–17) und die Epistel (91–105), dürften auch älteres Material enthalten, das noch in vor-makkabäische Zeit datiert. Zwar besteht keine unmittelbare Verbindung dieser Teilkompositionen zum Traumbuch und vor allem zu der Tierapokalypse, doch rezipieren die Abschnitte in äthHen 91–108 konsequent Stoffe aus dem Wächter- und – wahrscheinlich – dem Astronomischen Buch.30 Das gegenüber dem aramäischen Befund im äthiopischen Text dislozierte Schema der Zehnwochenapokalypse ist gerahmt durch das Motiv der herrschenden Gerechtigkeit in Ur- und Endzeit. Bis in die siebte Woche, der »Gegenwart« der Überlieferer, wird die Geschichte von der Schöpfung bis zur Zerstörung des Jerusalemer Tempels geschildert. In der siebten bis zehnten Woche ist die Zukunft verortet, die nach einer konsequenten Weltverfallenheit an das Böse zum göttlichen Gericht und einem »neuen Himmel« führt.
L. T. Stuckenbruck sieht u. a. im »abtrünnigen Geschlecht« der siebten Woche (93,9) einen Hinweis auf die Abfassung – zumindest größerer Teile – der Zehnwochenapokalypse in der Zeit der religionspolitischen Repressionen durch Antiochos IV. zwischen 175 und 170 v. Chr., also noch vor-makkabäisch. Außerdem ist das Aushändigen des Schwertes zur Durchsetzung der Gerechtigkeit im Gericht, wie es die achte Woche vorsieht (93,12), kaum auf die makkabäische Erhebung zu beziehen, da jene Woche im Aufriss der Apokalypse bereits zukünftige Ereignisse, jenseits des Standpunkts der Zeit der Tradenten, be­schreibt (60–62.118–123.134–136). Nach Stuckenbruck bilden die Rahmenstücke in 91,1–10.18–19 Ermahnungen Henochs an seine Kinder und datieren daher später (2. Hälfte des 2. Jh.s v. Chr.). Schließlich kann die Epistel (92,1–5; 93,11–14; 94,1–105,2), so Stuckenbruck, wiederum vor-makkabäisch datiert werden, ist jedoch schon, der Zehnwochenapokalypse vergleichbar, unter dem Eindruck hellenistischer Anfechtungen verfasst. Zur Begründung wird vor allem auf das »Zeugnis« (äth. sam ā’t) verwiesen, das Henoch nach Jub 4,19 aufschrieb und den Menschen auf der Erde hinterließ. Der Begriff »Zeugnis« ist als Nomen oder Verb in allen Abschnitten der Epistel bezeugt, so dass das um 160 v. Chr. entstandene Jubiläenbuch in Kapitel 4 wohl Rahmen und Kern von äthHen 92–105* bereits kannte.
Im Kontext historischer Textauswertung und vor dem Hintergrund apokalyptischer Widerstandshaltung haben sich neuerdings auch D. R. Schwartz und A. E. Portier-Young der »syrischen Religionskrise« gewidmet.31 Letztere hat dabei die oben erläuterten Frühdatierungen der Tier- und Zehnwochenapokalypse kritisch überprüft. Grundsätzlich will Portier-Young begründen, dass mit den religionspolitischen Maßnahmen Antiochos’ IV. die Gattung der »historischen Apokalypse« (etwa Tier- und Zehnwochenapokalypse, Danielbuch) auf den Plan tritt. Die apokalyptische Weltsicht sei im Kontext des Widerstands gegen die »Terror« und »Zerstörung« bringenden Maßnahmen Antiochos’ IV. zu verstehen, wobei das Danielbuch im Unterschied zu den henochischen Apokalypsen eine gewaltfreie Gegenwehr propagiere. Insgesamt entwirft Portier-Young für die Apokalyptik des 2. Jh.s v. Chr. eine politische Widerstandstheologie.
Die Argumente für eine nuancierte, wenn auch für das Verständnis der Apokalyptik nicht ganz unerhebliche, spätere Datierung von Tier- und Zehnwochen­apokalypse sind: Da nur staatlich verordnete Eingriffe in die jüdische Religion, nicht aber die Maßnahmen Jasons seit 175 v. Chr. per se, und weil das »abtrünnige Geschlecht« in der Zehnwochenapokalypse (äthHen 93,9), das über den Beleg in Dtn 32,5 mit Idolatrie verknüpft ist (Dtn 32, 16 f.), im Kontext der konkreten Eingriffe des Antiochos Sinn ergeben, sei die Datierung der Zehnwochenapokalypse in den Zeitraum um 167 v. Chr. plausibel. Allerdings ist eine an Begriffen orientierte Datierung stets unsicher,32 und es bleibt das Problem, dass die Zehnwochenapokalypse keine Hinweise auf das Edikt des Antiochos oder seine Tempelschändung enthält. Indem die einzelnen Wochenabschnitte den »Gerechten« ihre Geschichte und damit Identität vor Augen halten, sie im Gericht das Schwert zur Durchsetzung von »Gerechtigkeit« überreicht bekommen und schließlich am Gottesreich (»Tempel des großen Königs«: äthHen 91,12 f.) teilhaben, deutet die »Theologie des Widerstands« auf eine höhere Autorität eines »neuen Himmels« (äthHen 91,16) hin, die alle andere Autorität an Macht überstrahlt. Dass dieses apokalyptische Konzept in das zweite Drittel des 2. Jh.s v. Chr. gehört, scheint einleuchtend. Ob es punktgenau in das Jahr 167 v. Chr. datiert werden kann, ist m. E. weiterhin offen.
Die Rekonstruktion der Ereignisse um die »syrische Religionskrise« rückt aktuell schließlich auch das 2. Makkabäerbuch in den Fokus der Diskussion:33 In griechischer Sprache von den Juden in Jerusalem »an die Brüder, die Juden in Ägypten« (2Makk 1,1) verschickt, bietet es die Zusammenfassung von fünf Büchern eines sonst unbekannten Jason von Kyrene (2,29–32). Absicht der Gesamtkomposition ist es, die Juden in der ägyptischen Diaspora zur Feier des Chanukka-Festes zu animieren (10,1–8), das aus Anlass der Wiedereinweihung des Jerusalemer Tempels gefeiert wird. Sprachliche und motivische Gemeinsamkeiten mit dem Aristeasbrief, 3Makk und Philo von Alexandrien zeigen allerdings, dass hier ein Diaspora-Schreiben vorliegt. Entgegen der Mehrheitsmeinung, die eine Entstehung um 125/24 v. Chr. bevorzugt, bietet jetzt D. R. Schwartz Argumente für eine insbesondere die Komposition und das historische Umfeld berücksichtigende Frühdatierung um 143/42 v. Chr.34 Entsprechend nahe liegen die Schilderungen des 2Makk an der Einnahme Jerusalems und der Tempelschändung durch Antiochos IV. (vgl. 5,11–6,9), zu deren Datierung nach 168 v. Chr. (anders 1Makk 1,20: nach 170/169 v. Chr.) Schwartz wichtige Argumente bietet.35 Auf die drei religiösen Elemente der Unterdrückung, Tempelentweihung (2Makk 6,2–5), Verbot der jüdischen Gebotspraxis (V. 1.6.10 f.: vor allem Sabbat, Beschneidung) und Zwang zum Fremdgötter-Kult (V. 7: Dionysos), reagiert die apokalyptische Widerstandstheologie.


6. Baruch und die späte Apokalyptik


Mit den griechisch, lateinisch, syrisch und altkirchen-slavisch überlieferten Apokalypsen ist man in der Spätzeit, also dem 1. bzw. 2. Jh. n. Chr. angekommen. Will man auch diese Apokalyptik in Analogie zu den älteren Texten (s. Abschnitt 5) als Widerstandsliteratur beschreiben, stößt man auf ein Problem: Weder das 4. Esrabuch, der syrische Baruch noch der griechische bzw. slavische Baruch lassen sich nämlich in ihren Entstehungszusammenhän-gen einem der prominenten jüdischen Aufstände im 1./2. Jh. n. Chr. zuordnen, auch wenn sie offensichtlich die national-religiöse Katastrophe des Jahres 70 n. Chr. verarbeiten.36 Unterschiedliche Gründe können dafür benannt werden: Mag sein, dass unser Wissen über die politisch-religiösen Ereignisse dieser Jahre immer noch zu lückenhaft ist. Mag sein, dass dieser problematische Be­fund in der Spätzeit der Apokalyptik weniger mit den Quellen und Verhältnissen in der Antike als vielmehr mit unserem modernen Blick auf die Texte und unseren Methoden zusammenhängt. Vielleicht sollte man, auch im Rückblick auf die Apokalyptik des 2.Jh.s v. Chr. (s. o., Abschnitt 5), einmal ganz grundsätzlich fragen, ob nicht zu rasch vermeintliche »historische Hinweise« auf prominente »historische Ereignisse« bezogen werden, was methodische Engführungen impliziert und unter Umständen Ergebnisse verfälscht. Hier kann der lange Zeit mit der syrischen Religionskrise verbundene Kurzschluss auf die angeblich älteste Apokalyptik (vor allem Dan) als »Lehrstück« dienen.
Trotz der grundsätzlichen Skepsis gegenüber vorschnellen historischen Identifizierungen steht für die jüngere Apokalyptik fest: Der Zweite Tempel, seine Zerstörung, dann Jerusalem/Zion und das »Land (Israel)« spielen in den Apokalypsen des 2. Jh.s n. Chr., vor allem in 4Esra und syrBar, eine prominente Rolle.37 Beide Texte bieten formal und inhaltlich Gemeinsamkeiten. Vor dem Hintergrund der Zerstörung Jerusalems 70 n. Chr. reagieren die Protagonisten Esra und Baruch mit Trauer, indem sie in Dialogen nach der Gerechtigkeit Israels im Horizont der Katastrophe fragen und in Visionen eine heilvolle Endzeit, einschließlich Messiaserwartung und Auferstehung, erblicken. Im Konzept einer an der Gebotserfüllung ausgerichteten »Bundestheologie« spielen »Jerusalem« und das »Land« die entscheidende Rolle bei Fragen der Heilserwartung und endzeitlicher Erlösung. Die syrische Baruchapokalypse stellt das Jerusalemer Kidrontal als Ort des Fastens, der Trauer, aber auch der Unterweisung und der Präparation zur Gottesbegegnung dem Zion als Ort ebenjener endzeitlichen Begegnung mit erlösender und sühnender Funktion gegenüber. Zugleich wird im Übergang zur Endzeit das unwirtliche Kidrontal zum Ausgangspunkt der Sühne für Israel, während der Zion noch zerstört liegt.
Letztlich umreißt das messianische Zeitalter in syrBar jenen »Raum«, der den Übergang von der gegenwärtigen, dem Tod und der Zerstörung verfallenen Welt zur endzeitlichen Heilswelt markiert.38 Damit signalisiert die syrische Baruchapokalypse nicht nur ein mythisch zu nennendes Raumkonzept, wie es etwa auch in der älteren Apokalyptik (vgl. Henochs kosmische Reisen: äthHen 17–36)39 begegnet, vielmehr ist damit ein wesentliches Merkmal apokalyptischer Literatur überhaupt benannt: Erde/Diesseits und Himmel/Jenseits sind voneinander getrennt und fungieren als Ge­genwelten.
Für die antik-jüdische Apokalyptik des 2. und 3. Jh.s n. Chr. ist dann zu beachten, dass Motive (»Offenbarung«, »Geheimnis«, »En­gel/Metatron« etc.) und Konzepte (»Schöpfung«, »Himmelsreisen«, »himml. Heiligtum« etc.) bereits erhebliche Differenzen zur älteren Apokalyptik aufweisen und manche Denkmuster eine Nähe zur jüdischen Mystik (»Hekhalot«-Literatur) herstellen.40 Allerdings laufen die einzelnen Motivvergleiche mit der jüdischen Mystik Gefahr, ohne Kontextbeachtung methodisch außer Kontrolle zu geraten, was m. E. auf die Studien von A. A. Orlov partiell zutrifft. Wie viele Apokalypsen der Spätzeit beschreibt gr/slBar Himmelsreisen. Der Visionär, der über die »Gefangenschaft Jerusalems« weint, wird durch eine Abfolge von fünf Himmeln geführt. Im dritten Himmel trifft er auf das Totenreich der gottlosen Seelen, während im vierten die Gerechten als Vögel weilen und im fünften aufgrund ihrer Tugenden Gott zugeführt werden. Wenn die Beschreibung nicht ursprünglich sieben Himmel vorsah (vgl. Origenes), dann bietet diese Apokalypse keine endzeitliche Restauration, sondern verbleibt hinsichtlich ihrer Heilskonzeption ganz im Jenseits. Auch wenn der Text ursprünglich wohl in griechischer Sprache verfasst wurde, bewahrt nach heutigem Befund die kürzere altkirchen-slavische Fassung die ältere Version. 41
In slBar 4,6–17 fragt Baruch den ihn begleitenden Engel nach dem Paradiesbaum, »der Adam getäuscht hat« (V. 6). Der angelus interpres erklärt, dass Gott Engel mit der Bepflanzung des Gartens beauftragt, unter denen Satanael den Wein angebaut habe, den Gott verfluchte. Der Nachfrage Baruchs, weshalb »der Wein jetzt weiterhin genutzt« (V. 9) werde, entgegnet der Engel mit dem Hinweis auf die Flut, die auch das Paradies unter Wasser setzte, jedoch eine Weinranke herausgespült habe, die Noah fand, um sie zu kultivieren (V. 15). A. A. Orlov identifiziert in diesem Text »anti-enochic polemic« und rekonstruiert eine der Giganten- und Henochüberlieferung gemeinsame Tradition, wobei er in ihrer Zuordnung hoch umstrittene Handschriften vom Toten Meer (4Q530; 6Q8), mittelpersische Fragmente des manichäischen Gigantenbuches und den späten Midrasch Schemihazas und Asaels miteinander kombiniert (289–308). M. E. können die komplexen Überlieferungen weder »gemeinsame Traditionen« noch gar eine Henoch-Polemik begründen. Sehr viel vorsichtiger bei Mo­tivparallelen und traditionsgeschichtlichen Abhängigkeiten urteilt A. Kulik, der nicht nur antik-jüdische, vor allem apokalyptische, Textwelten, sondern auch Bezüge zur altisraelitischen Literatur (etwa Ps 139,8–10) in gr/slBar findet. Hinzu kommt, dass der detaillierte Kommentar Kuliks, der den altkirchen-slavischen und griechischen Text be- rücksichtigt, sowohl frühchristliche, antik-jüdische, rabbinische als auch hellenistische und römische Traditionen zu gr/slBar 4 vergleicht und unter Einbezug des Kontextes zeigt, wie sich Kapitel 4 in den Duktus der Apokalypse einpasst: als corpus permixtum von Traditionen, mit bereits stark »mystischen« Anklängen.42
Trotz der verdienstvollen Sammlung von Belegen und Quellenmaterial bleibt das Bemühen Orlovs, die späte Apokalyptik zwischen Wächterbuch und jüdischer Mystik über Motivparallelen und die Funktion der »biblischen« Gestalten von Adam, Henoch über Noah und Moses bis Jakob und Melchizedek zu erschließen, größtenteils unbefriedigend.


7. Zusammenfassung


Die antik-jüdische Apokalyptik umfasst eine Textüberlieferung, die vom 4. Jh. v. Chr. bis in die Spätantike hinein reicht. Die Vielfalt an Motiven und Traditionen offenbart im Wortsinne zudem einen reichen Bestand an religionsgeschichtlichen, theologischen und ideengeschichtlichen Themen und Reflexionen jenseits des »he­-bräisch-aramäischen«, aber auch des »griechischen Kanons«. Dies verdeutlichen etwa Einflüsse von Magie und Astrologie auf das apokalyptische Weltbild. Bei aller Vorsicht werden in der gegenwärtigen Diskussion Schnittmengen deutlich, die vor allem die je­weiligen Weltbilder betreffen: also das Verhältnis von »Diesseits« und »Jenseits«, das dualistische Denken oder Generieren von Ge­heimwissen. Eine unmittelbare Verbindung gehen Astrologie bzw. Astronomie und Apokalyptik in der ältesten Henoch-Literatur ein. Das »Astronomische Buch« und die ältesten Bestandteile des »Wächterbuches« nehmen jeweils zahlreiche Einflüsse aus mesopotamischen Quellen auf – Intensität und Bedeutung dieser Einflüsse sind gegenwärtig umstritten. Dennoch: Chronologisch ge­sprochen umgreift die Thematik also eine Zeitspanne von gut 2000 Jahren.
In der aktuellen Forschung erfährt die ursprünglich mit gruppensoziologischen Argumenten untermauerte These einer selbständigen »henochischen Apokalyptik« (G. Boccaccini) momentan eine kritische Überprüfung an den Quellen. Es zeigt sich, dass die vor allem an Begrifflichkeiten wie »Mose« und »Tora« orientierte Unterscheidung von »henochischem« und »zadokidischem Judentum« nur bedingt überzeugt. Etwa von einem »nicht-« oder gar »anti-mosaischen Wächterbuch« zu sprechen, verbietet sich vom Quellenbefund her.
Zur allgemeinen Tendenz in der aktuellen Apokalyptik-Forschung, die separierten Quellen jeweils stärker in den Fokus zu nehmen (V. Bachmann), gehört eine erhöhte Sensibilität für religionsgeschichtliche und theologische Sinngebungen in den Texten. Prominent wird die Charakterisierung der Apokalyptik als »Widerstandsliteratur« diskutiert, was methodisch wieder stärker Datierungsfragen in den Mittelpunkt rückt. Hermeneutisch werden dabei theologische Schwerpunkte der Apokalyptik, insbesondere die Jenseitshoffnung, an real-historische Ereignisse rückgebunden. Im Wesentlichen beschränkt sich die Diskussion zur Widerstandstheologie aber auf die Zehnwochen-, die Tier­apo­ka­lypse und das Danielbuch.
Allerdings greifen auch späte, bereits in christlicher Zeit entstandene Apokalypsen entsprechende Widerstandsstrategien auf, auch wenn eine realhistorische Situierung der Texte im unmittelbaren Kontext der jüdischen Aufstände des 1./2. Jh.s n. Chr. nicht gelingt. Im Unterschied zur älteren Apokalyptik fällt außerdem auf, dass neben der Betonung des »Gesetzes« bzw. des »Bundes« eine stärkere Jenseitsorientierung, etwa bei der Konstruktion einer Hie­rarchie unterschiedlicher Himmel bzw. eines himmlischen Heiligtums, zum Tragen kommt, die bereits in die spät-antike und mit­telalterliche jüdische Mystik vorausweist.









Fussnoten:

* Albani, Matthias, Daniel; Assefa, Daniel, L’Apocalypse des animaux(1Hen 85–90) une propagande militaire?; Association catholique française pour l’étude de la Bible (Jacques Vermeylen), Les prophètes de la Bible et la fin des temps; Bachmann, Veronika, Die Welt im Ausnahmezustand; Ben-Dov, Jonathan, Head of All Years; Berthelot, Katell and Daniel Stökl Ben Ezra (Eds.), Aramaica Qumranica; Bhayro, Siam, The Shemihazah and Asael Narrative of 1 Enoch 6–11; Boccaccini, Gabriele and John J. Collins (Eds.), The Early Enoch Literature; Boccaccini, Gabriele and Giovanni Ibba (Eds.), Enoch and the Mosaic Torah; Bohak, Gideon, Ancient Jewish Magic; Carey, Greg, Ultimate Things; Daschke, Dereck, City of Ruins; Ellul, Jacques, L’Apocalypse; García Martínez, Florentino, Qumranica Minora I; Kulik, Alexander, 3 Baruch; Kvanvig, Helge S., Primeval History: Babylonian, Biblical, and Enochic; Leicht, Reimund, Astrologumena Judaica; Lied, Liv Ingeborg, The Other Lands of Israel; Orlov, Andrei A., From Apocalypticism to Merkaba Mysticism; Popovi, Mladen, Reading the Human Body; Portier-Young, Anathea E., Apocalypse Against Empire; Schwartz, Daniel R., 2 Maccabees; Stuckenbruck, Loren T., 1 Enoch 91–108.
1) Vgl. dazu vor allem die Traditionslinien, die Orlov, Andrei A.: From Apocalypticism to Merkabah Mysticism. Studies in the Slavonic Pseudepigrapha. Leiden/Boston: Brill 2007. XIV, 483 S. 24,6 x 16,5 cm = Supplements to the Journal for the Study of Judaism, 114. Lw. EUR 181,00. ISBN 978-90-04-15439-1, nachvollzieht (s. u.).
2) Carey, Greg: Ultimate Things. An Introduction to Jewish and Christian Apocalyptic Literature. St. Louis: Chalice Press 2005. XIII, 280 S. 22,6 x 15,0 cm. Kart. US$ 24,99. ISBN 978-0-827238-03-9, 232.
3) Vgl. den Ansatz von L. DiTommaso, in: Berthelot, Katell, and Daniel Stökl Ben Ezra [Eds.]: Aramaica Qumranica. Proceedings of the Conference on the Aramaic Texts from Qumran in Aix-en-Provence 30 Juni – 2 July 2008. Leiden/Boston: Brill 2010. XII, 624 S. m. Abb. 24,6 x 17,0 cm = Studies on the Texts of the Desert of Judah, 94. Lw. EUR 180,00. ISBN 978-90-04-18786-3, 451–476.
4) Vgl. jetzt die ausgewogene wie ausführliche Hinführung von Albani, Matthias: Daniel. Traumdeuter und Endzeitprophet. Leipzig: Evangelische Verlagsanstalt 2010. 315 S. m. 26 Abb. 19,0 x 12,0 cm = Biblische Gestalten, 21. Kart. EUR 19,80. ISBN 978-3-374-02717-0.
5) Vgl. die interessanten Beiträge von Ellul, Jacques: L’Apocalypse. Architecture en mouvement. Préface de F. Rognon. Genève: Labor et Fides 2008. 309 S. 8° = Essais bibliques, 44. Kart. EUR 25,00. ISBN 978-2-8309-1288-3, dem 1994 verstorbenen Soziologen und Theologen, die hier mit Recht noch einmal aufgelegt werden (dt. auch Neukirchen-Vluyn 1981).
6) Dt.: Bd. V der »Jüdischen Schriften aus hellenistisch-römischer Zeit« (JSHRZ), Gütersloh 1974–2003, sowie die Ausgabe der »Neuen Folge«. Engl.: J. H. Charlesworth (Ed.), The Old Testament Pseudepigrapha. Vol. 1: Apocalyptic Literature and Testaments, New York et al. 1983. Franz.: A. Dupont-Sommer/M. Philonenko (Éds.), La Bible: Écrits intertestamentaires (Bibliothèque de la Pléiade 337), Paris 11987 und ND 2006: mit Literaturnachträgen. Internet: I. W. Scott (Bearb.), »The Online Critical Pseudepigrapha«, hrsg. von der »Society of Biblical Literature«: ocp.tyndale.ca (Stand: Oktober 2011). Kommentare: Hermeneia und CEJL (s. u.).
7) Zu Textausgaben des Jub vgl. die hilfreiche Bibliographie von V. Bachmann u. I. W. Oliver (442 f.445–447) und zur Textgeschichte vgl. J. C. VanderKam (3–21), jeweils in: Boccaccini, Gabriele, and Giovanni Ibba [Eds.]: Enoch and the Mosaic Torah. The Evidence of Jubilees. Ed. with collaboration of J. von Ehrenkrook, J. Waddell, and Jason Zurawski. Grand Rapids-Cambridge: Eerdmans 2009. XXI, 474 S. 22,6 x 15,5 cm. Kart. US$ 55,00. ISBN 978-0-8028-6409-3. Zum äthHen vgl. G. W. E. Nickelsburg, 1 Enoch 1. A Commentary on the Book of 1 Enoch, Chapters 1–36; 81–108 (Hermeneia), Minneapolis 2001, 9–20.109–116.
8) Vgl. die Beiträge von Ph. Abadie (183–207), J. Asurmendi (353–358) und C. Coulot, (209–228) in: Association catholique française pour l’étude de la Bible: Les prophètes de la Bible et la fin des temps. XXIIIe congrès de l’Association catholique française pour l’étude de la Bible (Lille, 24–27 août 2009). Actes éd. sous la direction de J. Vermeylen. Paris: Cerf 2010. 412 S. m. Abb. 21,5 x 13,5 cm = Lectio Divina, 240. Kart. EUR 32,00. ISBN 978-2-204-09251-7.
9) Vgl. Popovic´, Mladen: Reading the Human Body. Physiognomics and Astrology in the Dead Sea Scrolls and Hellenistic-Early Roman Period Judaism. Leiden/Boston: Brill 2007. XX, 346 S. 24,1 x 15,7 cm = Studies on the Texts of the Desert of Judah, 67. Geb. EUR 112,00. ISBN 978-90-04-15717-0.
10) Vgl. Leicht, Reimund: Astrologumena Judaica. Untersuchungen zur Geschichte der astrologischen Literatur der Juden. Tübingen: Mohr Siebeck 2007. X, 413 S. 23,8 x 16,2 cm = Texts and Studies in Medieval and Early Modern Judaism, 21. Lw. EUR 99,00. ISBN 978-3-16-148911-2; Bohak, Gideon: Ancient Jewish Magic. A History. Cambridge: Cambridge University Press 2008. IX, 483 S. m. Abb. 22,8 x 15,2 cm. Lw. £ 79,00. ISBN 978-0-521-87457-1.
11) So die vorsichtige These bei Leicht (a. a. O., 45–55), auch wenn ältere Motive in der Überlieferung durchaus wahrscheinlich sind. Leicht wendet sich gegen die pauschale Frühdatierung (1. Jh. v. Chr.) bei J. H. Charlesworth (Bearb.), Die Schrift des Sem (JSHRZ.NF 2,9), Gütersloh 2005, vor allem 10 f.
12) Ben-Dov, Jonathan: Head of All Years. Astronomy and Calendars at Qumran in their Ancient Context. Leiden/Boston: Brill 2008. XX, 331 S. m. Abb. u. Tab. 24,0 x 16,8 cm = Studies on the Texts of the Desert of Judah, 78. Lw. EUR 107,00. ISBN 978-90-04-17088-9.
13) Vgl. J. C. VanderKam, The Books of Enoch and the Qumran Scrolls, in: T. H. Lim/J. J. Collins (Eds.), The Oxford Handbook of the Dead Sea Scrolls, Oxford 2010, 254–277, hier: 255–257.261.
14) Allerdings verweist Ben-Dov (a. a. O., 259–266) darauf, dass astronomische Texte aus Babylonien nicht in Aramäisch, sondern in (ägyptisch) Demotisch und in römischer Zeit auch in Griechisch begegnen. Zu den Motivparallelen betont er (a. a. O., 153–196), dass sich das 364-Tage-Schema erst einer »inner-henochischen« Fortschreibung verdankt.
15) Vgl. die Beiträge von K. Koch (119–137) und H. S. Kvanvig (139–158), in: Boccaccini, Gabriele, and John J. Collins[Eds.]: The Early Enoch Literature. Leiden/Boston: Brill 2007. X, 367 S. 24,4 x 16,8 cm = Supplements to the Journal for the Study of Judaism, 121. Lw. EUR 136,00. ISBN 978-90-04-16154-2, und Kvanvig, Helge S.: Primeval History: Babylonian, Biblical, and Enochic. An Intertextual Reading. Leiden/Boston: Brill 2011. XVI, 610 S. 24,0 x 16,0 cm = Supplements to the Journal for the Study of Judaism, 149. Lw. EUR 184,00. ISBN 978-90-04-16380-5.
16) Unter den Handschriften vom Toten Meer fanden sich zum Wächterbuch (4QEna–b.f: 1. Hälfte des 2. Jh.s v. Chr.) und zum Astronomischen Buch (4QEnastra: 2. Jh. v. Chr.) entsprechend alte Zeugnisse. Hinzu kommt neuerdings auch ein Papyrusfragment (XQpapEnoch) zu äthHen 8,4–9,3, dessen Datierung jedoch wohl erst in das 1. Jh. v. Chr. weist: vgl. den Beitrag von L. T. Stuckenbruck in Boccaccini/Collins, Literature, 41–63, hier: 54–56.
17) Vgl. R. E. Stokes, Art. Watchers, Book of the (1 Enoch 1–36), in: J. J. Collins/D. C. Harlow (Eds.), The Eerdmans Dictionary of Early Judaism, Grand Rapids-Cambridge 2010, 1332–1334.
18) Über den Protagonisten Henoch wird so eine direkte Verbindung der antik-jüdischen Apokalyptik mit bis zu 2000 Jahren älteren Schöpfungsvorstellungen aus Mesopotamien hergestellt (vgl. vor allem Kvanvig, History, 395–516).
19) Vgl. Bhayro, Siam: The Shemihazah and Asael Narrative of1Enoch 6–11. Introduction, Text, Translation and Commentary with Reference to Ancient Near Eastern and Biblical Antecedents. Münster: Ugarit-Verlag 2005. XII, 295 S. 24,0 x 17,0 cm = Alter Orient und Altes Testament, 322. Lw. EUR 62,50. ISBN 978-3-934628-62-5.
20) Vgl. Bachmann, Veronika: Die Welt im Ausnahmezustand. Eine Untersuchung zu Aussagegehalt und Theologie des Wächterbuches (1 Hen 1–36). Berlin/New York: de Gruyter 2009. X, 299 S. 23,0 x 15,5 cm = Beihefte zur Zeitschrift für die alttestamentliche Wissenschaft, 409. Lw. EUR 89,95. ISBN 978-3-11-022429-0. Vgl. auch die Arbeiten von A. Bedenbender, Der Gott der Welt tritt auf den Sinai: Entstehung, Entwicklung und Funktionsweise der frühjüdischen Apokalyptik (ANTZ 8), Berlin 2000, und St. Beyerle, Die Gottesvorstellungen in der antik-jüdischen Apokalyptik (JSJ.S 103), Leiden/Boston 2005.
21) Zur Diskussion um die Mose-Tora sind neben den Beiträgen von A. Bedenbender (65–79) u. G. W. E. Nickelsburg (81–94), in: Boccaccini/Collins, Literature, die Aufsätze von H. S. Kvanvig (163–177), W. K. Gilders (178–192), G. Boccaccini (193–210) und A. Y. Reed (353–368), in: Boccaccini/Ibba, Enoch, zu beachten.
22) Wenn man zumal die »Gesetzesoffenbarung« im ganzen äthHen beachtet. Vgl. äthHen 93,6 (u. V.4): äth. šer’at bzw. ser’at[a in der vierten Woche der Zehnwochenapokalypse (s.u.) und die Erwähnung des Gesetzes bzw. Bundes (äth. s/šer’at) in 99,2; 106,14; 108,1 (u. 99,14). Zur Kritik s. auch J. C. VanderKam, Mapping Second Temple Judaism, in: Boccaccini/Collins, Literature, 1–20, hier: 10–20.
23) Vgl. dazu G. Boccaccini, From a Movement of Dissent to a Distinct Form of Judaism: The Heavenly Tablets in Jubilees as the Foundation of a Competing Halakah, in: Dies./Ibba, Enoch, 196–203.
24) Vgl. etwa M. Noth, Das Geschichtsverständnis der alttestamentlichen Apokalyptik (1954), in: Ders., Gesammelte Studien zum Alten Testament (TB 6), München 1957, 248–273; W. Schmithals, Die Apokalyptik: Einführung und Deutung, Göttingen 1973, 21–37.
25) Vgl. Assefa, Daniel: L’Apocalypse des animaux (1 Hen 85–90) une propagande militaire? Approches narrative, historico-critique, perspectives théologiques. Leiden/Boston: Brill 2007. XI, 355 S. 24,6 x 16,8 cm = Supplements to the Journal for the Study of Judaism, 120. Lw. EUR 146,00. ISBN 978-90-04-16267-9; Bachmann, Welt, vor allem 110–150; Beyerle, Gottesvorstellungen, vor allem 387–412; vgl. auch M. Leuenberger, Gott in Bewegung: Religions- und theologiegeschichtliche Beiträge zu Gottesvorstellungen im alten Israel (FAT 76), Tübingen 2011, 210–234.
26) Vgl. Portier-Young, Anathea E.: Apocalypse Against Empire. Theologies of Resistance in Early Judaism. Foreword by J. J. Collins. Grand Rapids-Cambridge: Eerdmans 2011. XXIII, 462 S. 23,6 x 16,0 cm. Geb. US$ 50,00. ISBN 978-0-8028-6598-4; R. A. Horsley, Revolt of the Scribes: Resistance and Apocalyptic Origins, Minneapolis 2010, 1–104 u. 209–220: Anm.
27) Vgl. Assefa, L’Apocalypse, vor allem 121–135.190–236. Zu älteren Hypothesen, die zwar auch äthHen 90,13–15 als spätere, allerdings dem Grundbestand in Kapitel 90 zeitnahe Ergänzung betrachten, vgl. P. A. Tiller, A Commentary on the Animal Apocalypse of I Enoch (SBL.EJL 4), Atlanta 1993, 61–79.
28) Zur »Groningen-Hypothese« vgl. die Beiträge von García Martínez, Florentino: Qumranica Minora I. Qumran Origins and Apocalypticism. Ed. by E. J. C. Tigchelaar. Leiden/Boston: Brill 2007. XVII, 325 S. 24,6 x 16,3 cm = Studies on the Texts of the Desert of Judah, 63. Lw. EUR 154,00. ISBN 978-90-04-15569-5, 3–29.31–52 u. 297–310.
29) Vgl. die Diskussion bei Portier-Young, Apocalypse, 349–352; vgl. schon Tiller, Commentary, 76.78.
30) Vgl. Stuckenbruck, Loren T.: 1 Enoch 91–108. Berlin/New York: de Gruyter 2007. XV, 855 S. 23,0 x 15,5 cm = Commentaries on Early Jewish Literature. Lw. EUR 134,95. ISBN 978-3-11-019119-6.
31) Vgl. Schwartz, Daniel: 2 Maccabees. Berlin/New York: de Gruyter 2008. X, 617 S. 23,0 x 15,5 cm = Commentaries on Early Jewish Literature. Lw. EUR 134,95. ISBN 978-3-11-019118-9; Portier-Young, Apocalypse, 49–216.
32) So wendet sich ein Wehe-Wort in der Epistel (äthHen 99,2) gegen die, welche die »wahren Worte verdrehen und den ewigen Bund verkehren«. Der griechische Zeuge des Chester-Beatty-Michigan-Papyrus verwendet hier u. a. das Verb διαστρέφω (zum Text ausführlich Stuckenbruck, 1 Enoch 91–108, 351 f.357.360.376 f.), das auch die LXX in Dtn 32,5 zur Beschreibung des »abtrünnigen Geschlechts« bietet. Da Sprache und Motive in äthHen 99,2 auf das Wächterbuch verweisen (vgl. äthHen 5: Stuckenbruck, a. a. O., 379 f.), darf man auch die in äthHen 19,1 (vgl. auch 8,1–3; 99,7–9) angeprangerte Idolatrie beachten. Kurz: In Epistel und Wächterbuch begegnet recht exakt das Motivinventar, das Portier-Young zur Datierung der Zehnwochenapokalypse heranzieht. Niemand käme jedoch auf die Idee, Epistel oder Wächterbuch in die Zeitspanne 167–164 v. Chr. zu datieren.
33) Weitere Quellen sind: 1Makk 1; Dan 7–12; Jos Bell I,31–35; Ant XII, 237–264; 4Q390 und 4Q248). Vgl. H. Eshel, The Dead Sea Scrolls and the Hasmonean State (Studies in the Dead Sea Scrolls and Related Literature), Grand Rapids et al. 2008, 1–27.
34) Vgl. Schwartz, 2 Maccabees, 3–15.38–56. Damit datiert 2Makk eindeutig vor 1Makk, das nach 134 oder 104 v. Chr., also um die Zeit Johannes Hyrkans, eingeordnet wird (Schwartz, a. a. O., 15 Anm. 32).
35) Somit datiert das für die jüdische Identität und insbesondere die antik-jüdische Apokalyptik so gewichtige Ereignis nicht im Anschluss an den ersten, sondern im Nachgang zum zweiten Ägypten-Feldzug des Antiochos (vgl. Schwartz, 2 Maccabees, 249–251.274 und Appendix 3: 533–536; zu den Ereignissen selbst vgl. a. a. O., 273 f.278–280 und Appendix 5: 541–543).
36) Selbst die Abraham-Apokalypse, die nur in altkirchen-slavischen Ma­nuskripten (14.–17. Jh. n. Chr.) überliefert ist, ursprünglich jedoch wohl auf Hebräisch verfasst wurde, mit ihren deutlichen Hinweisen auf Auseinandersetzungen um die Götzenverehrung im Tempel um 70 n. Chr. und expliziten Hinweisen auf die Tempelzerstörung (Kapitel 27, vor allem V. 3.7 f.), dürfte erst einige Jahrzehnte nach 70 n. Chr. verfasst worden sein: vgl. D. C. Harlow, Art. Abraham, Apocalypse of, in: Collins/Ders., Dictionary, 295–298, der betont (298): »But it is risky to see in such symbolic images reflections of specific incidents.«
37) Lied, Liv Ingeborg: The Other Lands of Israel. Imaginations of the Land in 2 Baruch. Leiden/Boston: Brill 2008. XIX, 375 S. 23,5 x 15,9 cm = Supplements to the Journal for the Study of Judaism, 129. Lw. EUR 129,00. ISBN 978-90-04-16556-4; Daschke, Dereck: City of Ruins. Mourning the Destruction of Jerusalem Through Jewish Apocalypse. Leiden/Boston: Brill 2010. X, 231 S. m. 5 Abb. 24,4 x 16,5 cm = Biblical Interpretation Series, 99. Geb. EUR 99,00. ISBN 978-90-04-18181-6, nennt Ez, 4Esra, syrBar und gr/slBar »Zion-Apokalypsen«, was wenigstens bei Ez problematisch erscheint, da es sich hierbei keineswegs um eine Apokalypse handelt, was Daschke (a. a. O., 61 f.) allerdings auch eingesteht.
38) Vgl. Lied, Lands, 122–132.208–241. Als Belege zu Kidron vs. Jerusalem vgl. syrBar 5,5 f.; 10,5; 13,1; 31,5; 34,1–35,1; 44,5–15 u. ö.; zum messianischen Zeitalter vgl. syrBar 29 f.; 35–40 und 53; 70–74.
39) Vgl. dazu ausführlich K. C. Bautch, A Study of Geography of 1 Enoch 17–19: »No One Has Seen What I Have Seen« (JSJ.S 81), Leiden/Boston 2003.
40) Vor allem an der henochischen Literatur hat dies, ausgehend vom slHen, Orlov, Apocalypticism, vor allem 109–236, untersucht (vgl. auch Daschke, City, 187 f.).
41) Zumal der längere griechische Text christliche Interpolationen bietet. Vgl. zu Inhalt, Textüberlieferung und Herkunft Kulik, Alexander: 3 Baruch. Greek-Slavonic Apocalypse of Baruch. Berlin/New York: de Gruyter 2010. XI, 447 S. 23,0 x 15,5 cm = Commentaries on Early Jewish Literature. Geb. EUR 99,95. ISBN 978-3-11-021248-8, 3–60.
42) Vgl. Kulik, 3 Baruch, 39–44. Zur Kommentierung von gr/slBar 4,6[8]–17 vgl. a. a. O., 187–223, die sich zum Teil jedoch den Thesen Orlovs anschließt (s. a. a. O., 203 f.212.215).