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Ausgabe:

April/2012

Spalte:

464–465

Kategorie:

Philosophie, Religionsphilosophie

Autor/Hrsg.:

Blum, Paul Richard

Titel/Untertitel:

Philosophy of Religion in the Renais­-sance.

Verlag:

Farnham/Burlington: Ashgate 2010. IX, 211 S. 23,4 x 16,4 cm = Ashgate Studies in the History of Philosophical Thought. Geb. £ 50,00. ISBN 978-0-7546-0781-6.

Rezensent:

I. U. D.

Die gründliche und lesenswerte Studie des Jesuiten Paul Richard Blum von der Loyola University Maryland in den USA untersucht die Beziehung zwischen Theologie und Philosophie vom ausgehenden Hochmittelalter an über den Humanismus bis zur Spätrenaissance. In zehn Studien analysiert er die wachsenden Spannungen zwischen beiden Disziplinen bei Ramon Llull, Raimundus Sabundus, Michel de Montaigne, Nicholas von Cusa, Giordano Bruno, Coluccio Salutati, Lorenzo Valla, Georgios Gemistos Plethon, Marsilio Ficino, Giovanni Pico, Tommaso Campanella und Francisco Suárez. Er ist sich bewusst, dass er den Terminus ›philosophy of religion‹ anachronistisch gebraucht, um das philosophische Denken über Gott in der sich anbahnenden Neuzeit zu analysieren. Aber – und das steuert die Auswahl der von ihm besprochenen Denker – er ist auch überzeugt, dass zwischen Theologie und Philosophie prinzipiell ein dialektisches Verhältnis besteht: »theol­ogy is the discipline that discusses the reality of God’s existence, its sources and its implications, whereas philosophy establishes the theoretical conditions implied in a concept like God that is sup­-posed to be real« (VII).
Das ist eine typische neuzeitliche Verhältnisbestimmung von Philosophie und Theologie, die für katholisches Denken eher zutrifft als für protestantische Entwürfe. Aber diese konfessionelle Spitze ist beabsichtigt. Wie B. betont, möchte er mit seinen Studien durchaus nahelegen, dass die »heretical and reformation movements are epiphenomena of Renaissance thought, in the sense of practical consequences of philosophical theology, and that Protes­tantism is a special case of that, in the sense of a historical reduc­-tionism« (VIII). B.s systematische These ist, dass es im Denken beider Disziplinen um Wahrheitsansprüche geht und dass »[a]ny subjectivist approach to conflicting truth claims reaches the paradox that the subjective conviction or experience is irrefutable, but that it is also incommunicable« (178). Subjektivismus führt (angeblich) in den Fideismus und der ist (angeblich) kommunikationsunfähig. Demgegenüber müsse man mit divergierenden religiösen Wahrheitsansprüchen nicht hermeneutisch, sondern metaphysisch und epistemologisch umgehen und mit Suárez die Aufmerksamkeit »from the hermeneutics of words and things to the operation of the mind« (183) richten. Das gemeinsame Bezugsfeld, das einen kritischen Wahrheitsdialog möglich mache, wird damit gerade in den Strukturen der Subjektivität gesucht. Um nicht widersprüchlich zu werden, hätte hier zumindest die Differenz zwischen Subjektivismus und Subjektivität genauer ausgearbeitet werden müssen. Aber das geschieht nicht, weil B. ausdrücklich keine systematische, sondern ›nur‹ eine historische Studie vorlegen will – die allerdings starke systematische Ansprüche formuliert, mit denen man sich kritisch wird auseinandersetzen müssen.