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Ausgabe:

Januar/1996

Spalte:

71 f

Kategorie:

Kirchengeschichte: Neuzeit

Titel/Untertitel:

Spee-Jahrbuch. Hrsg. von der Arbeitsgemeinschaft der Friedrich-Spee-Gesellschaften Düsseldorf und Trier. 1. Jahrgang 1994.

Verlag:

Trier: Spee-Verlag 1995. 227 S. m. Abb. 8°.

Rezensent:

Reinhart Staats

Der vorliegende Band ist der erste Jahrgang des Spee-Jahrbuches, das auf dem Hintergrund der in den letzten Jahren zu beobachtenden "Spee-Renaissance" ein Forum für den interdisziplinären Dialog über Friedrich von Spee (1591-1635) bieten will (5). Die Bände sollen jeweils Aufsätze zum Werk Spees, zu seinem Nachleben, dazu Rezensionen und eine jährliche Spee-Bibliographie enthalten (6).

Der erste Jahrgang enthält Aufsätze, die aus dem Kreis der herausgebenden Spee-Gesellschaften entstanden sind. Die inhaltlichen Schwerpunkte liegen dabei auf den Lieddichtungen Spees und dessen Rezeption in der Literatur und bildenden Kunst. Den Aufsätzen voraus gehen zwei Würdigungen des 1993 verstorbenen Spee-Forschers Anton Arens durch Bathasar Fischer und Beatriz Hilgers. Der Beitrag von Martina Eicheldinger zu Friedrich Spees geistlichen Arkadien befaßt sich mit Spees religiösen Hirtenliedern, die sich auf dem Hintergrund antiker und barocker Bukolik als Einladung in ein geistliches Arkadien verstehen, in dem der Leser nun dem Hirten Christus andachtsvoll begegnet. Karl Heinz Weiers untersucht Spees "Echolied" auf seine angebliche Entstehung aus einem Naturerlebnis in der Umgebung Triers und kommt zu dem Ergebnis, hier habe kein Naturerlebnis, sondern der Rückgriff auf einen barocken Topos zugrundegelegen. Einen ökumenischen Aspekt Spees beleuchtet Johanna Schell in ihrem Beitrag zu den vier Spee-Liedern im neuen Evangelischen Gesangbuch. Die Lieder werden einzeln im Kontext barocken Empfindens inhaltlich und formal interpretiert. Interessant ist im Blick auf die Wirkungsgeschichte die Umdichtung des Passionsliedes "O Traurigkeit, o Herzeleid" durch Spees evangelischen Zeitgenossen Johann Rist, worauf sich das bekannte Mißverständnis einer "Gott ist tot"-Theologie in unserer Generation gern berufen hatte: "O große Not! Gott selbst liegt tot" (Strophe 2). Karl Keller stellt den Weg von Spees "St. Michaelslied" vom katechetischen Kirchenlied zum patriotischen Kampflied des "deutschen Michel" im 19. Jh. dar. Anhand von Liedvergleichen zeigen Anja und Hans Jürgen Skorna die aufklärerische Umformung von Spees barocker Frömmigkeit in Heinrich Lindenborns Gesangbuch "Tochter Sion" von 1741 auf. Zum Nachleben Spees gehört auch sein Auftreten als literarische Gestalt in der Literatur des 19. und 20. Jh.s (etwa bei Reinhold Schneider), hier nachgezeichnet von Hans Müskens, ebenso seine Vereinnahmung bei patriotischen Dichtern des 19. Jh.s, hier dargestellt von Gunther Franz. Dem Spee-Bild in der neueren bildenden Kunst widmen sich Beiträge von Karl-Jürgen Miesen, Ursel Hamm, Michael Embach und Gunther Franz.

Man darf erwarten, daß sich das Jahrbuch nach dieser ästhetik-geschichtlichen Premiere dann auch dem Theologen und Ethiker als dem namhaften Gegner der Hexenverfolgung in Deutschland widmen wird.