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Ausgabe:

Januar/1996

Spalte:

(1) 57 f.; (2) 58 f.; (3) 59; (4) 59 f.

Kategorie:

Kirchengeschichte: Allgemeines

Autor/Hrsg.:

(1)Güntsch, Georg [Hrsg.] (2)Jahn, Christoph [Hrsg.] (3)Schott, Gerhard [Hrsg.] (4)Sommer, Hans [Hrsg.]

Titel/Untertitel:

(1)Castell –­ Grafschaft und Dekanat. Porträt eines Dekanatsbezirkes. (2)Unterwegs im Dekanat Erlangen. Porträt eines Dekanatsbezirkes. Mit einem Arbeitskreis des Dekanates hrsg. (3)Evang.-Luth. Dekanat Kulmbach. Porträt eines Dekanatsbezirkes. (4)Es geschah im Namen des Glaubens. Evangelisch im Dekanat Ansbach.

Verlag:

(1)Erlangen: Verlag der Ev.-Luth. Mission 1991. 140 S. m. zahlr. Abb. 8o = Porträts bayerischer Dekanatsbezirke. Kart. DM 18,­. ISBN 3-87214-246-1. (2)Erlangen: Verlag der Ev.-Luth. Mission 1990. 296 S. m. zahlr. Abb. 8o = Porträt bayerischer Dekanatsbezirke. Kart. DM 18,­. ISBN 3-87214-229-1. (3)Erlangen: Verlag der Ev.-Luth. Mission 1991. 168 S. m. zahlr. Abb. 8o = Porträts bayerischer Dekanatsbezirke. Kart. DM 18,­. ISBN 3-87214-247-X. (4)Erlangen: Verlag der Ev.-Luth. Mission 1991. 219 S. m. zahlr. Abb. 8o = Porträts bayerischer Dekanatsbezirke. Kart. DM 19,­. ISBN 3-87214-248-8.

Rezensent:

Martin A. Bartholomäus

Das Lektorat des Bandes "Castell ­ Grafschaft und Dekanat" hatte der um den Verlag in Erlangen sehr verdiente Christoph Jahn. Gedruckt wurde das Buch in der Freimund-Druckerei Neuendettelsau. Zu Beginn stellt der Dekan Georg Güntsch, der auch Hg. ist, sein Dekanat vor als Main-, Wein- und Diasporadekanat. Früher hatte die Grafschaft Castell sogar ein eigenes Gesangbuch: "Gesangbuch veranstaltet für die Grafschaft Castell und andere theilnehmende Gemeinden" 1787. Seit 1967 ist Castell in der Nachbarschaft von Markt Einersheim und Kitzingen Dekanatssitz. Ein eigener Abschnitt legt den Blick frei auf kirchliche Verantwortungsträger, die aus dem kleinen Dekanat hervorgegangen sind: Hugo Maser, Oberkirchenrat und Stellvertreter des Landesbischofs; Herwig Wagner, Professor für Missions- und Religionswissenschaft an der Augustana-Hochschule Neuendettelsau; Kirchenrat Friedrich Hofmann, Liturgiker und Kirchenmusiker; Heinz Miederer, Rektor des Diakoniewerkes Neuendettelsau und Hermann Dietzfelbinger, langjähriger Landesbischof der Ev.-luth. Kirche in Bayern. Durch diese Männer wurde bayerische Kirchengeschichte mitgestaltet und das soll in der Erinnerung der Gemeinden bleiben.

Es folgt ein Blick in die Geschichte von Castell (früheste Erwähnung als Siedlung 816) von Dr. Walter Scherzer, woran sich eine Einzeldarstellung aller evangelischen Gemeinden, alphabetisch von Abtswind bis Zeilitzheim, anschließt. Eine herausragende Gestalt ist Argula von Grumbach, die zuletzt in Zeilitzheim lebte und dort 1554 starb. Sie ist nach Theodor Kolde eine "mutige Bekennerin evangelischen Glaubens und die erste Schriftstellerin des deutschen Protestantismus". Sie hatte Kontakt mit Luther, Melanchthon und anderen; Flugschriften, Sendschreiben und Briefe liegen von ihr vor. Im Februar 1524 schreibt Luther an seinen Freund Johann Briesmann in Königsberg: "Die edle Frau Argula von Stauff kämpft in jenem Land (Bayern) einen großen Kampf mit hohem Geist und erfüllt von dem Wort und der Erkenntnis Christi. Sie ists wert, daß wir alle für sie bitten, daß Christus in ihr triumphiere. Sie ist ein sonderliches Werkzeug Christi" (Maria Heinsius: Das Bekenntnis der Frau Argula von Grumbach, München [Bücherreihe Christliche Wehrkraft, 34]).

Am Ende des Buches werden einige spezielle Arbeitszweige herausgehoben: Die Communität Casteller Ring (CCR) auf dem Schwanberg mit ihrem Einsatz für Christus und für die Jugend, begründet von Christel Schmid und Maria Pfister. Das weite Feld der Kirchenmusik, vorbildlich dargestellt von Rainer Gaar. Es folgen kleinere Hinweise auf die Militärseelsorge in der Mainfrankenkaserne, auf das Zeltlager der Jugend, auf die Weiterbildung der ehrenamtlichen Mitarbeiter, auf das Jugendtagungshaus Wiesenbronn, auf die Arbeit der Dorfhelferin Margot Fuchs und auf die Arbeit von und mit Frauen. Durch alle diese Beiträge ersteht vor den Augen des Lesers Castell ­ ein kleines Dekanat mit einem großen Reichtum.

Die zweite hier vorzustellende Arbeit, "Unterwegs im Dekanat Erlangen", ist die 2. Aufl. von "Erlangen evangelisch", 1976 hrsg. von Peter Smolka. Sie wurde völlig neu gestaltet.

Zu Beginn stellen die jeweiligen Gemeindepfarrer die einzelnen Kirchengemeinden im Dekanat Erlangen vor, außerdem die Communität Simonshofen (Straffälligenhilfe). In Erlangen selber ragt die Neustädter Kirche heraus, die zugleich Universitätskirche ist (Gottfried Seitz). Viele Impulse gehen von der Universität aus, von der Theologischen Fakultät in der Kochstraße 6, hilfreich und befruchtend für das kommunale und kirchliche Leben Erlangens. (Im Blick auf eine Gesamtdarstellung der Erlanger Theologischen Fakultät verweise ich auf: Karlmann Beyschlag: Die Erlanger Theologie [Einzelarbeiten aus der Kirchengeschichte Bayerns, 67]. Erlangen: Martin-Luther-Verlag 1993, in Zusammenarb. mit dem Verein für bayerische Kirchengeschichte). Wie immer in den Dekanatsbüchern tritt bei der Darstellung der einzelnen Gemeinden zunächst die Geschichte in den Vordergrund, dann die Gegenwart mit ihren vielfältigen kirchlichen Aufgabenfeldern. Auch die evangelisch-reformierte Gemeinde wird einbezogen. Einzeln vorgestellt werden Friedrich Rückert als Dichter, Sprachgelehrter und Christ (1788-1868) sowie Johann Friedrich Esper (1732-1781). Der Judenfriedhof in Zeckern legt Zeugnis ab von der Existenz jüdischer Gemeinden im Landkreis Erlangen. Es folgen weitere Schwerpunkte praktisch-kirchlicher Tätigkeit: die Kirchenmusik, die Theologische Fakultät (von Günter R. Schmidt liebevoll beschrieben), die Arbeit der Evangelischen Studentengemeinde und des Christlichen Vereins Junger Menschen (CVJM). Es folgen Beschreibungen der Seniorenarbeit, der Krankenhausseelsorge, der Seelsorge in der Justizvollzugsanstalt an den Gefangenen, der Diakonie, des Evangelischen Bildungswerkes und der allen Gemeinden dienenden Gesamtkirchenverwaltung. Der Verlag der Ev.-luth. Mission in der Schenkstraße, in dem auch der vorliegende Band erscheint, bemüht sich mit der Reihe der "Erlanger Taschenbücher" und mit seiner Monographienreihe "Erlanger Monographien zu Mission und Ökumene" um einen Brückenschlag zu Kirchen und Christen aller Erdteile. Die Erlanger Taschenbücher haben die Zahl 100 längst überschritten. Seit 1989 hat das Dekanat Erlangen eine partnerschaftliche Beziehung zur Theologischen Hochschule in Makumira/Tansania in Afrika. Im gegenseitigen Geben und Nehmen entwickelt sich weltweites Christsein. Eingebettet in die Universitäts- und Industriestadt Erlangen äußert sich das Leben der evangelischen Gemeinden in vielfältiger Weise.

Am Ende des Buches hat Johannes E. Bischoff für den Zeitraum von 1976-1988 für die Pfarreien und Kirchengemeinden im ev.-luth. Dekanat Erlangen und die ev.-ref. Kirchengemeinde Erlangen eine Bibliographie zusammengestellt. Der Band lädt ein, Erlangen näher kennenzulernen; er ist ein hervorragendes Geschenk für alle, die zu Erlangen eine Beziehung haben; er ist darüber hinaus ein wichtiger Teil einer evangelischen Kirchengeschichte Bayerns.

Das Dekanat Kulmbach ist Gegenstand des dritten vorliegenden Bandes. Die Plassenburg über der Stadt und die Petrikirche in der Stadt prägen das Bild der nördlich von Bayreuth gelegenen Stadt Kulmbach. Markgrafen bestimmten am Anfang das evangelische kirchliche Leben, so Markgraf Georg der Fromme mit der Einführung der Reformation (1528-1541). Seine Unterschrift steht auch unter der Speyrer Protestation von 1529 und dem Augsburger Bekenntnis von 1530. Eine wichtige Gestalt des Anfangs war auch Pfarrer Johann Eck, der mehr in der Stille arbeitete. Zu Beginn der Reformation wurden Visitationen durchgeführt von Visitatoren, Examinatores oder auch Superintendenten. Die oberste kirchliche Leitung hatte einen Generalsuperintendent. 1566 wurde ein Konsistorium gegründet; es sollte wachen über die Kirchenordnung, die Zucht in Geistlichkeit und Kirche, über die Schulen, über das Visitationswesen und über Ehesachen. Später wurde das Konsistorium nach Bayreuth verlegt.

Heute leben im Dekanatsbezirk Kulmbach 39000 Evangelische, womit Kulmbach hinter Coburg, Hof und Bayreuth an vierter Stelle liegt. Nach der gewohnt sorgfältigen Darstellung der einzelnen Gemeinden in Geschichte und Gegenwart werden noch einige Schwerpunkte kirchlicher Arbeit hervorgehoben: die Jugendheimstätte Fassoldshof (Jugendhilfe an seelisch erkrankten oder verwundeten jungen Menschen); Haus Schmeilsdorf (Hilfe für geistig behinderte Frauen und Männer); die Landeskirchliche Gemeinschaft mit Kinder-, Bibel- und Hauskreisen, die kirchenmusikalische Arbeit; das Evangelische Jugendhaus Weihermühle und die Arbeit des Christlichen Vereins Junger Männer (CVJM-AG Kulmbach), die diakonische Arbeit. Meistens wird nach den geschichtlichen Ausführungen auf weiterführende Literatur verwiesen.

Hans Sommer ist der Hg. des 4. zur Besprechung anstehenden Titels "Es geschah im Namen des Glaubens". Die Darstellung und liebevolle Beschreibung der einzelnen Gemeinden des großen, 33 Kirchgemeinden umfassenden Dekanates Ansbach, verfaßt von den jeweiligen Gemeindepfarrern, mit schwarz-weißen und farbigen Abbildungen bereichert, ist eingebettet in die Vorstellung vielfältigen Lebens in Geschichte und Gegenwart. Insofern geht es auch um die Dokumentation lokaler Kirchengeschichte in Bayern.

Das Buch beginnt mit der Erläuterung des Brauchtums rund um das Kirchenjahr (Martinswein, Martinsweck, Nikolaus etc.). Der inzwischen verstorbene Konrad Kreßel ging auf die Geschichte der Reformation in Ansbach ein, in der besonders Luthers Gefolgsmann Markgraf Georg der Fromme hervorzuheben ist. Mehr dazu ist zu lesen in: 450 Jahre evangelisches Ansbach (Ausstellung des Landeskirchlichen Archivs), Ans-bach 1978. Zum endgültigen Durchbruch der Reformation kam es auf dem Landtag von 1528. Dem Erfolg einer Universitätsgründung war im Jahre 1529 kein Erfolg beschieden. Der erste evangelische Pfarrer heißt Johann Rurer. Reiner Appold referiert die Zeit von Kirchenkampf und Nationalsozialismus. Es ist die geraffte Wiedergabe eines Aufsatzes von Christina Appold über "Deutsche Christen und Bekennende Kirche in Ansbach seit der Machtübernahme Hitlers am 30.1.1933 bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkrieges am 1.9.1939", erschienen in: "250 Jahre barocke Kirche St. Gumbertus Ansbach", 1988.

Tagungsort der Landessynode, eines der vier kirchenleitenden Organe der Ev.-luth. Kirche in Bayern, ist immer wieder Ansbach. Ab 1827 tagte sie in Ansbach und Bayreuth, dem Sitz der beiden Konsistorien, von 1849-1958 im Wechsel zwischen beiden Orten, jetzt auch in anderen bayerischen Städten. Der frühere Oberbürgermeister von Ansbach und dann Regierungspräsident von Mittelfranken, Karl Burckhardt, war 24 Jahre ihr Präsident. Gegenwärtig ist es Dr. Dieter Haack.

Der Grabstein von Kaspar Hauser begegnet uns. Seine Aufschrift lautet: "Hier ruht Kaspar Hauser, das Rätsel seiner Zeit, unbekannt seine Geburt, geheimnisvoll sein Tod".

Weitere Schwerpunkte sind Jugendarbeit und Erwachsenenbildung, Frauenweltgebetstag, Evangelischer Frauenbund und Landeskirchliche Gemeinschaft, die Seelsorge im Altenheim und in der Welt des Krankenhauses, die Bruckberger Heime und die ökumenische Arbeit mit ihren Möglichkeiten und Schwierigkeiten. Gottfried Naether beschreibt den Sitz des Kreisdekans in seinem Gewordensein, der gegenwärtige Kreisdekan ist Dr. Ernst Bezzel. Für jeden werdenden Theologen ist Ansbach die Stadt des ersten und zweiten theologischen Examens. Den Weg dorthin mit seinen Nöten und Schwierigkeiten macht Dr. Hermann Vorländer sichtbar, der heutige Leiter des Missionswerkes in Neuendettelsau. Ein Blick auf die Kirchenmusik und besonders auf die in zweijährigem Abstand stattfindende Bachwoche sowie ein Interview mit dem Hg. Hans Sommer beschließen den Band.

Ein kleiner Hinweis sei mir erlaubt: Im Jahre 1926 hat Theodor Däschlein ein 120 Seiten umfassendes Buch geschrieben mit dem Titel: "Der Schwanenorden und die sogenannte Schwanenordens-Ritter-Kapelle in Ansbach". Ansbach 1926. Weil sich der Besucher Ansbach auch von der Kunstgeschichte her nähern kann, ist solche Literatur hilfreich.