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Ausgabe:

Januar/2012

Spalte:

110

Kategorie:

Praktische Theologie

Autor/Hrsg.:

Morgenthaler, Christoph

Titel/Untertitel:

Abendrituale. Tradition und Innovation in jungen Familien.

Verlag:

Stuttgart: Kohlhammer 2011. 293 S. m. Abb. u. Tab. 23,2 x 15,5 cm = Praktische Theologie heute, 116. Kart. EUR 29,90. ISBN 978-3-17-021836-9.

Rezensent:

Ch. G.

Die Studie von Christoph Morgenthaler wurde im Rahmen des in den Jahren 2003 bis 2007 durchgeführten Forschungsprojektes »Rituale und Ritualisierungen in Familien mit Kindern. Religiöse Dimensionen und intergenerationelle Bezüge« am Institut für Praktische Theologie der Universität Bern erstellt (zu den bereits erfolgten drei weiteren Publikationen aus diesem Projekt und zum Gesamtprojekt vgl. ThLZ 135 [2010], 1266–1269). Die Studie wertet die Kameraaufnahmen der Abendrituale von 18 Familien aus, in denen auch die Eltern interviewt wurden. Dazu kommen die Er­gebnisse aus der schriftlichen Befragung von 1344 deutschschweizer Familien zu ihren Ritualen.
Insgesamt besticht die Untersuchung durch ihre methodische Reflexion. So wird u. a. selbstkritisch das Problem der Probanden-Auswahl thematisiert (221), das einer Verallgemeinerung der Er­gebnisse entgegensteht. Vorzüglich bewährt sich der sozialöko­- lo­gische Zugang, ergänzt u. a. durch ein Lebensstil-Konzept. Die Familienrituale kommen dadurch als im umfassenden Sinn soziale Interaktionen in den Blick. Eindrücklich sind die exemplarischen Rekonstruktionen der Episoden und Sequenzen der Abendrituale. Dabei tritt die Ko-Konstruktivität aller Beteiligten zu Tage. Bei der inhaltlichen Interpretation ist ein weites Religionsverständnis im Sinn einer Wirklichkeit leitend, »welche die Familie transzendiert« (s. 28.f.). Dabei ergeben sich zwar hinsichtlich kirchlicher Be­stimmtheit Unschärfen, familienintern ist die festgestellte pragma­tische Religiosität in ihrem Alltagsbezug aber durchaus bestimmt.
In der Religionspädagogik gängige Vorstellungen erweisen sich im Verlauf der Untersuchung als problematisch. So fällt es methodisch z. B. schwer, eine klare »Kinderperspektive« zu gewinnen. Zu stark ist die Verwobenheit der Kinder mit den Erwachsenen und deren Interessen.
Zum grundsätzlichen Nachdenken regen schließlich die überzeugenden theologischen Reflexionen an. Sie stellen die ekklesiologische und liturgische Bedeutung der Abendrituale zutreffend heraus.
So weitet auch diese Untersuchung – wie die drei vorangegangenen – in erfreulicher Weise den Horizont Praktischer Theologie. Die grundlegende Bedeutung von Familie für religiöse Kommunikation tritt eindrucksvoll hervor.