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Ausgabe:

Dezember/2011

Spalte:

1368-1369

Kategorie:

Religionspädagogik, Katechetik

Autor/Hrsg.:

Domsgen, Michael, u. Frank M. Lütze

Titel/Untertitel:

Schülerperspektiven zum Religionsunterricht. Eine empirische Untersuchung in Sachsen-Anhalt.

Verlag:

Leipzig: Evangelische Verlagsanstalt 2010. 211 S. m. Abb. u. Tab. 8°. Kart. EUR 16,80. ISBN 978-3-374-02721-7.

Rezensent:

Stefanie Pfister

Die Studie von Michael Domsgen und Frank M. Lütze bietet einen differenzierten Blick auf die Schülerperspektive zum Religionsunterricht in Sachsen-Anhalt. Die Verfasser stellen die Ergebnisse ihrer im Jahr 2008 durchgeführten empirischen Untersuchung des evangelischen Religionsunterrichtes explizit »aus der Perspektive der Schülerinnen und Schüler« (5) vor, die den Religionsunterricht in den Klassenstufen 5/6 sowie 9/10 der Sekundarschulen und Gymnasien in Halle (Saale), im Landkreis Wittenberg und im Altmarkkreis Salzwedel besuchten (N = 1.094). Zur Vergleichbarkeit innerhalb Ostdeutschlands ist der Fragebogen dieser Untersuchung – mit geringfügigen Modifikationen – ähnlich konzipiert wie in der quantitativen Studie von Helmut Hanisch und Detlef Pollack (Da­tenerhebung 1994) bzw. in der erweiterten Fassung der Replikationsstudie von 2003 in Sachsen, die auch die Grundlage bildete für die von Michael Wermke initiierte Erhebung in Thüringen (Datenerhebung 2004).
Ziel ist es – aus der Sicht derjenigen Schüler, die das mittlerweile seit zehn Jahren fest etablierte Wahlpflichtfach Religion besuchen (dies sind immerhin ein Sechstel der Schüler der allgemeinbildenden Schulen) –, deren »Teilnahmemotive und Ausmaß der Bindung an das Fach«, »fachliche … Interessen«, »die faktische Ausgestaltung des Unterrichts« sowie deren »religiöse Prägungen und Orientierungen« (29) zu erfassen.
Einige interessante Ergebnisse: »Knapp drei Viertel aller Schülerinnen und Schüler im evangelischen Religionsunterricht in Sachsen-Anhalt sagen, dass sie an Gott glauben.« (51) Dieses Ergebnis ist positiv überraschend. Gleichwohl wäre bei der Frage nach der Selbsteinschätzung der anzukreuzenden Items »(eher) gläubig«, »(eher) religiös« oder »(eher) der Kirche nahe« zu Frage 40 (»Ich verstehe mich selbst als … Bitte wähle einen Wert zwischen den Polen!«) religionstheoretisch der Begriff »religiös« bzw. »Religion« zu klären gewesen.
Weiter wird festgestellt, dass zwar »die Hälfte der Religionsschülerinnen und -schüler nicht getauft ist« (71), von diesen sich aber 18,5 % taufen lassen möchten. Zudem stimmen von den ge­tauften und den taufwilligen Schülern mehr als zwei Drittel der Aussage zu, ihre eigenen Kinder taufen lassen zu wollen, wohingegen es bei den Nichtgetauften nur 18 % sind, so dass »die Bedeutung der Taufe für die Ausformung von Religiosität« (101) deutlich wird.– Problematisch ist, dass der Bereich der neuen Kommunikationstechnologien bei der Frage »Im Religionsunterricht sprecht ihr manchmal über Gott. Von wem hast du sonst etwas von Gott ge­hört?« (Frage 22) nicht abgefragt wird.
Die Studie zeichnet sich insgesamt durch einen ausgezeichneten Überblick zu gegenwärtigen religiösen Prägungen von Schülerinnen und Schülern in Sachsen-Anhalt aus und evoziert neue – zukünftig zu untersuchende – Fragestellungen und Forschungsperspektiven. Wertvolle und äußerst interessante Ergänzungen zu jedem Gesamtergebnis bieten jeweils die regionenspezifischen Auswertungen, sowie die dezidierten Auswertungen zwischen den beiden Schulformen, den Klassenstufen 5/6 und 9/10 sowie zwischen den Geschlechtern. Besonders leserfreundlich ist die jedem Kapitel vorgeschaltete kurze Inhaltsbeschreibung desselben sowie die knappe Zusammenfassung der Ergebnisse.