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Ausgabe:

Dezember/2011

Spalte:

1355

Kategorie:

Philosophie, Religionsphilosophie

Autor/Hrsg.:

Langthaler, Rudolf, u. Kurt Appel [Hrsg.]

Titel/Untertitel:

Dawkins’ Gotteswahn. 15 kritische Antworten auf seine atheistische Mission.

Verlag:

Wien-Köln-Weimar: Böhlau 2010. 400 S. 8°. Kart. EUR 39,00. ISBN 978-3-205-78409-8.

Rezensent:

I. U. D.

Experten sind per definitionem Experten für Bestimmtes und nicht für alles Mögliche. Ignorieren sie das, tragen sie mit ihren Äußerungen nicht zur Aufklärung der Öffentlichkeit bei, sondern befördern deren Verdummung. Das gilt auch für den Evolutionsbiologen Richard Dawkins. Mit seinem polemischen Pamphlet »The God Delusion« (»Der Gotteswahn«) hat er sich 2006 ein unrühmliches Denkmal gesetzt. Die ganze Welt weiß jetzt, dass er – wie sein philosophischer Mitstreiter D. C. Dennett – nicht zwischen dem Glauben an Gott und dam an den Osterhasen unterscheiden kann oder will. Geister, Elfen, Osterhasen und Gott werden in einen Topf geworfen. Gestritten wird allerdings nur gegen den Glauben an Gott. Sofern das mit Argumenten geschieht, kann man sich damit auseinandersetzen. Der vorliegende Band versucht das mit Beiträgen vor allem (aber nicht nur) katholischer Autoren von Seiten der Philosophie, Theologie, Biologie und Physik.
Alle bemühen sich redlich, in Dawkins’ Ausführungen etwas zu finden, was sich wenigstens diskutieren lässt. Das ist schwierig, weil es für diesen Vertreter des sog. ›Neuen Atheismus‹ kein Niveau zu geben scheint, das er nicht zu unterschreiten gewillt ist. Wie qualitativ hochstehend diese Fragen dagegen im 18. Jh. diskutiert wurden, zeigen mehrere Beiträge, am besten R. Langthaler in seinem ausführlichen Vergleich mit Kant. Auch die übrigen Autoren weisen immer wieder mit Recht darauf hin, dass die in der Tat wichtigen Fragen des Atheismus und Agnostizismus anderswo tiefschürfender behandelt werden. Doch Dawkins’ Buch ist kein weiterführender Beitrag zur philosophisch-theologischen Debatte der Gottesfrage, sondern ein populäres Machwerk und Medienereignis. Es bietet einen Anlass, das Repertoire der religionskritischen Argumente wieder einmal Revue passieren zu lassen. Entstanden ist so ein Vademecum von Gegenargumenten zu Dawkins’ Polemiken. Die eigentliche Herausforderung des ›Neuen Atheismus‹ sind aber nicht die altbekannten gotteskritischen Ar­gumente, sondern die polemische oder indifferente Unkenntnis in Sachen Religion, Glauben und Gott. Auf ein Buch wie Dawkins’ »Gotteswahn« ist eigentlich nicht mit einer seriösen wissenschaftlichen Publikation zu antworten, sondern mit einem populären Büchlein, das seinen Ort ebenfalls auf den Büchertischen der Bahnhofsbuchhandlung finden müsste.