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Ausgabe:

Dezember/2011

Spalte:

1325

Kategorie:

Kirchengeschichte: Mittelalter

Autor/Hrsg.:

Hrsg. v. D. Jasper.

Titel/Untertitel:

Die Konzilien Deutschlands und Reichsitaliens 1023–1059.

Verlag:

Hannover: Hahnsche Buchhandlung 2010. XXIV, 463 S. 4° = Monumenta Germaniae Historica. Concilia, 8. Lw. EUR 90,00. ISBN 978-3-7752-5502-8.

Rezensent:

Volker Leppin

Der Band dokumentiert die Anfänge des Reformpapsttums bzw. das Vorfeld des Investiturstreits im Spiegel der einschlägigen Konzilien. Ereignisse wie die Synode von Sutri und Rom 1046, auf der Heinrich III. die königliche Macht gegenüber einer Situation konkurrierender Päpste durchsetzte (184–196), oder die Verurteilung Berengars von Tours (Ego Berengarius: 398) stellen die Höhepunkte in dieser Reihe von Ereignissen dar.
Die eigentliche Bedeutung dieses Bandes liegt jedoch weniger in einzelnen hervorgehobenen Ereignissen als in der flächigen Präsentation der Entwicklung von der Synode von Mainz am 2. Juni 1023 bis zu der von Rom im April/Mai 1059. Man kann die fortlaufende Dokumentation auch als Hinweis auf die zunehmende Konzentration der päpstlichen Macht in der lateinischen Kirche lesen: Ab den 40er Jahren »verkümmert das Institut der Provinzialsynode«, wie der Herausgeber Detlev Jasper im Vorwort bemerkt (VI): Nicht zuletzt der erwähnte Berengar-Prozess kann auch als Beispiel dafür dienen, dass immer mehr Zweifelsfälle an die päpstlichen Entscheidungsinstanzen gezogen wurden.
Zugleich kann dieser Prozess aber auch zeigen, wie fatal die Überlieferungslage vieler Konzilien dieser Zeit ist: Darüber ist man vor allem durch Berengars entschiedenen Gegner Lanfrank bzw. durch von ihm abhängige Quellen informiert. Konzilsakten im strengen Sinne, insbesondere die Dokumentation von regulären canones, sind die Ausnahme. Besonders günstig ist hier die Lage für die Seligenstädter Synode vom 12. August 1023, deren Beschlüsse in zwei Rezensionen überliefert sind (34–50). Inhaltlich zeigen diese noch eine stark kasuistische Form. Es geht etwa um Fastengebote (35,4–37,2; 43,16–45,3) oder die Zahl der Messen, die ein Priester am Tag lesen darf (höchstens drei: 38,1–4; 45,18–2). – Ähnlich steht es mit den im Überlieferungszusammenhang mit der Seligenstädter Synode tradierten Beschlüssen von Trebur 1036 (139–145). Eher grundsätzliche Themen treten dann mit dem Reformpapsttum auf, wo insbesondere die Frage der Simonie Interesse finden dürfte, für die das Konzil von Pavia unter Heinrich III. 1046 eine scharfe Verurteilung formulierte (180,18–22), an die sich alsbald eine römische Synode unter Clemens II. weitgehend an­schloss (204,9–15).
Alle diese Berichte und Beschlüsse hat der Herausgeber Detlev Jasper in mühevoller Arbeit im Ruhestand vorzüglich ediert. Man erfährt dabei genau alles über die Überlieferungslage einschließlich der vorherigen Aufnahme in Konzilssammlungen und der Hinweise auf die Forschungsliteratur. Die Dokumente sind, wo aufgrund der Überlieferungslage gefordert, mit textkritischem Apparat sowie mit genauem Sachapparat versehen. Man muss nur einmal die ausführliche Teilnehmerliste der Synode von Rom April/Mai 1050 (288–291) in Augenschein nehmen, um die dahinterstehende Mühe zu erahnen. Jede Synode ist mit einer ausführlichen Einleitung in die historische Situation und die Quellenlage versehen, das Ganze durch Register der Handschriften, Initien, Zitate, Personen und Orte sowie Wörter und Sachen vorzüglich erschlossen. Für einen Band der Mo­nu­menta Germaniae Historica mag es bedeuten, Eulen nach Athen zu tragen, wenn man feststellt, dass hier ein hervorragendes In­strument für die Forschung bereitgestellt wurde. Und doch sei es auch für diesen Fall noch einmal ausdrücklich unterstrichen.