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Ausgabe:

November/2011

Spalte:

1190-1191

Kategorie:

Kirchengeschichte: Allgemeines

Autor/Hrsg.:

Kaiser, Jochen-Christoph, u. Rajah Scheepers [Hrsg.]

Titel/Untertitel:

Dienerinnen des Herrn. Beiträge zur weiblichen Diakonie im 19. und 20. Jahrhundert.

Verlag:

Leipzig: Evangelische Verlagsanstalt 2010. 373 S. 8° = Historisch-theologische Genderforschung, 5. Kart. EUR 44,00. ISBN 978-3-374-02805-4.

Rezensent:

Ch. G.

Wesentlicher Ausgangspunkt für diesen Sammelband war 2007 eine Tagung in der Henriettenstiftung Hannover, in der Ergebnisse eines von der Volkswagen-Stiftung geförderten Projekts zu »Krankenpflege und religiöse Gemeinschaft. Das Beispiel des Diakonissen-Mutterhauses der Henriettenstiftung in Hannover 1944« vorgestellt wurden. Dazu traten noch weitere Beiträge, die jetzt in diesem Band unter der (meist) leitenden Perspektive »historisch-theologischer Genderforschung« zusammengefasst sind, und zwar in vier Teilen:
Am Anfang stehen »Programmatische und methodische Überlegungen«. Dabei geht es u. a. um die Frage nach dem »Weiblichen« der weiblichen Diakonie (Ute Gause) und komplementär dazu um das Berufsbild der Diakone (Michael Häusler). Knapp beleuchten zwei Beiträge »Genese und Entwicklungen im 19. Jahrhundert«. Es wird den Wurzeln der weiblichen Diakonie in Pietismus und Er­weckungsbewegung nachgegangen (Ruth Albrecht) und exemplarisch werden Gründung und Entwicklung des Dresdner Diakonissenhauses rekonstruiert (Peggy Render-Berka).
Der Schwerpunkt des Bandes liegt auf dem dritten Teil, der »Weiterentwicklung und Erosion im 20. Jahrhundert« thematisiert. Nach instruktiven allgemeinen Überblicken zum Neuanfang staatlichen sozialen Handelns nach 1945 (Hans-Walter Schmuhl) und zur Professionalisierung in der Krankenpflege (Margot Sieger) wird das Verhältnis von Henriettenstiftung und Landeskirche nach 1945 (Hans Otte) skizziert. Es folgen sieben Spezialstudien zu unterschiedlichen Arbeitsfeldern weiblicher Diakonie, jeweils Fundgruben für interessante Entwicklungen, deren Erfolge und Probleme nur kontextuell erklärt werden können. Als Themen werden u. a. der Wandel des Selbst- und Fremdverständnisses der Diakonissen anhand der sich verändernden Diakonissentracht aufgezeigt (Rajah Scheepers) und der Wandel in der diakonischen Ausbildung (Claudia Bendick) behandelt. Erfreulicherweise wird das dunkle Kapitel der Gewaltanwendung in der evangelischen Heimerziehung nicht ausgeblendet (Ulrike Winkler).
Den Abschluss bildet ein aus zwei Beiträgen bestehender Teil zu »Gegenwärtige Tendenzen und Ausblicke«. Von der gemeinsamen Diagnose des Scheiterns des herkömmlichen Mutterhaus-Modells aus entwickeln Cornelia Coenen-Marx und Katharina Wiefel-Jenner interessante Überlegungen zu Möglichkeiten eines Neuanfangs. Es kann und soll zwar das frühere paternalistische Konzept nicht mehr repristiniert werden, doch verdient strukturell die im damaligen Kontext erstaunliche Modernität des diakonischen Ansatzes auch heute noch Beachtung.