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Ausgabe:

September/2011

Spalte:

941-943

Kategorie:

Philosophie, Religionsphilosophie

Autor/Hrsg.:

White, Roger M.

Titel/Untertitel:

Talking about God. The Concept of Analogy and the Problem of Religious Language.

Verlag:

Farnham-Burlington: Ashgate 2010. XII, 207 S. gr.8° = Transcending Boundaries in Philosophy and Theology. Kart. £ 19,99. ISBN 978-1-4094-0042-4.

Rezensent:

Werner Schüßler

Der Titel von Roger M. White, Senior Fellow am Department of Philosophy der University of Leeds, UK, erscheint vielversprechend, ist doch die leitende Frage der Untersuchung eine sowohl für die Philosophie als auch für die Theologie zentrale: »How is it possible to use human language to talk about God?« (XI) W. beginnt das erste Kapitel (11–25) mit einem Blick auf die griechische Mathematik, in der die Bedeutung des Analogiebegriffs – im Sinne der Analogie der Proportionalität – erstmals offenkundig wird: A/B = C/D. Im zweiten Kapitel (27–52) geht er der Verwendung dieses Analogiebegriffs bei Aristoteles im Sinne eines »all-purpose tool of research« (27) nach. So gewinnt dieser Bedeutung in der Biologie (29 ff.), in der Rhetorik (so basieren gute Metaphern auf der Proportionalitätsanalogie) (37 ff.), in der Ethik (was den Begriff der Gerechtigkeit angeht) (41 ff.), in der Politik (was den Begriff der Gleichheit angeht) (44 ff.) sowie in der Metaphysik (48 ff.). W. fasst diese weite Anwendung bei Aristoteles so zusammen: »With analogy, we can compare things that are different in kind, no matter how strictly we interpret the idea of ›different in kind‹, without violating the fact that they are different in kind.« (52) Das dritte Kapitel (53–72) beschäftigt sich mit dem Verhältnis von Analogie und Sprache bei Aristoteles. So wird u. a. das Verhältnis der Analogie zur Definition und zur Äquivokation untersucht und noch einmal die Frage der Metapher erörtert.
Die Kapitel vier bis sechs bilden das Herzstück der Untersuchung: Anhand von Thomas von Aquin (73–103), Immanuel Kant (105–136) und Karl Barth (137–171) geht W. – wie er selbst sagt – der theologischen Anwendung der Analogie nach (XI). W. macht zu Recht darauf aufmerksam, dass bei Thomas die Analogie der Attribution oder Proportion (Beispiel »Gesundheit«) diejenige der Proportionalität allmählich verdrängt (83). Es ist bekanntlich Cajetan, der wieder in der Analogie der Proportionalität das entscheidende Werkzeug sieht in Bezug auf die »Namen Gottes« (100 f.).
Kant anerkennt die Analogie der Proportionalität zwar in der Gotteserkenntnis an, doch lässt seine kritische Philosophie eine »objektive« Setzung eines Begriffs nicht zu, da dies zu einem unerlaubten Anthropomorphismus führen würde: »Kant has thus eliminated all possibility of any discussion of the nature of God as He in Himself« (136). Damit ist zwar jegliche Gefahr von Anthropomorphismus gebannt, aber mit dem Resultat, dass wir es hier mit einem extremen Anthropozentrismus zu tun haben (ebd.).
W. macht zwar zu Recht darauf aufmerksam, dass Barth einiges in der Diskussion um den Begriff der Analogie missverstanden habe (153), und doch scheint ihm dessen Begriff der »Analogia relationis« selbst sehr sympathisch zu sein (162 ff.), was auch das siebte und letzte Kapitel »Final Reflections« (173–191) noch einmal unterstreicht (bes. 190 f.).
Fazit: Die Darlegungen von W. sind gründlich und genau, auch sehr verständlich gehalten, aber eigentlich erfährt der in der Sache Belesene nur wenig Neues. Zwar sagt W. im Vorwort, dass sein Ziel primär ein philosophisches sei (XI; vgl. 5), was bei einem Philosophiedozenten ja auch nicht verwundern sollte, um aber nur einige Seiten weiter in der »Preamble« zu betonen: »Although my own standpoint is a specifically Christian one and, to be specific, my own theological position is closer to that of Karl Barth than any of the other authors I shall discuss« (6). Das mag zwar so manchen (pro­tes­tantischen) Theologen erfreuen, aber als Philosoph wundert man sich darüber schon, besonders wenn W. dann auf den beiden letzten Seiten des Bandes noch einmal auf Barth zurückkommt und das Ganze mit vier Bibelzitaten (2Kor 4,6; Kol 1,15; 2,2–3; Joh 1,14) be­schließt.
Ich halte es auch für fragwürdig, mit W. die Analogie der Proportionalität (vgl. 8), und nicht der Proportion oder Attribution, die ja bekanntlich auf die Aristotelische »Pros-Hen-Aussage« zurück­geht (wobei W. hier im Anschluss an Owen von »focal meaning« [vgl. 7.48.75] spricht), für die entscheidende Analogieform zu halten.
Man fragt sich natürlich, was einen Philosophen bewegt, Barths Position in dieser Frage als die entscheidende zu favorisieren. W. hat sich bisher vornehmlich mit dem Begriff der Metapher (The Structure of Metaphor, 1996) und Wittgenstein (Wittgenstein’s Tractatus Logico-Philosophicus: A Reader’s Guide, 2006) beschäftigt. Letzterer hat ja bekanntlich in seiner Spätphilosophie auch eine fideistische Position vertreten.
Von daher wird vielleicht auch verständlich, dass für W. eine Position wie diejenige Paul Tillichs, der ja mit seinem Symbolbegriff an die Attributionsanalogie anschließt, überhaupt nicht in den Blick kommt. Und auch die Tradition der sog. Negativen Theo­logie, die ja selbst bei Thomas von Aquin immer auch noch mitschwingt, wird nur an drei Stellen gestreift (vgl. bes. 189) und dann auch noch im Sinne einer »purely apophatic theology« missverstanden; dabei geht es dieser doch immer auch darum, über die Negationen hinaus letztlich doch etwas Positives über das Gött­-liche zu vermitteln.
Wie gesagt, bei den Ausführungen handelt es sich um recht gute Darstellungen der entsprechenden Positionen von Aristoteles, Thomas, Kant und Barth. Allerdings sind die genannten Prämissen fragwürdig, und das Ganze wirkt doch insgesamt recht inhomogen und in seiner Konklusion philosophisch wenig überzeugend.