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Ausgabe:

September/2011

Spalte:

905-906

Kategorie:

Kirchengeschichte: Alte Kirche, Christliche Archäologie

Autor/Hrsg.:

Brox, Norbert

Titel/Untertitel:

Der Glaube als Weg und als Zeugnis. Nach biblischen und altchristlichen Zeugnissen. Hrsg. v. F. R. Prostmeier u. K. Wenzel.

Verlag:

Ostfildern: Matthias-Grünewald-Verlag 2010. VI, 156 S. 8°. Kart. EUR 19,90. ISBN 978-3-7867-2813-9.

Rezensent:

Bernhard Mutschler

Das postum herausgegebene Buch vereinigt zwei Bände, die erstmals 1966 im Kösel-Verlag (Der Glaube als Zeugnis) bzw. 1968 im Pustet-Verlag (Der Glaube als Weg nach biblischen und altchristlichen Texten) erschienen sind. Erstmals veröffentlicht ist eine zweiseitige Besinnung auf den katholischen Schriftsteller, Publizis­ten und Journalisten Walter Dirks (1901–1991) unter der Überschrift »Ein linker Spinner?«. Für Dirks, den Sekretär Romano Guardinis in Berlin und nach 1945 Mitinitiator der Frankfurter CDU, waren nach eigener Auskunft »drei Grundpositionen« wichtig: »Ehe, Sozialismus und Eucharistie« (2). Der ehemalige Regensburger Patristiker Norbert Brox (1935–2006) sieht in Dirks einen Zeugen (1): »Wir brauchen Zeugen, die uns ein Stück voraus und wegweisend sind, und wir können und sollten solche nennen.« Für B. war Walter Dirks offenbar ein Zeuge für die Sehnsucht nach einer Gesellschaft »zwischen religiösem Humanismus und gläubigem Sozialismus« und für die »Illusionslosigkeit gegenüber der Kirche« (2).
»Der Glaube als Weg« (3–79) war ursprünglich eine vierstündige Vorlesung, die auf den Salzburger Hochschulwochen 1967 zum Rahmenthema »Der Weg des Menschen – woher, wohin?« gehalten wurde. Darin entfaltet B. die Wegmetapher im Alten Testament (7–12), das jüdische Zwei-Wege-Schema (12–21) und die durch Exodus und Abraham bezeichneten Aufbrüche (21–28), ehe er im neutestamentlichen Teil Christus als Weg (28–37) und den Weg Jesu skizziert (37–48). Anschließend werden der »Weg« und das Bleiben auf dem Weg im frühesten Christentum betrachtet (49–53), ehe B. seine Vorstellung vom »Erlösungsweg des Gnostikers« (53–59) erläutert (59): »Der Weg des Gnostikers ist im totalen Sinn eine Auswanderung.« Ein längerer Abschnitt über das Mitsterben und Mitleben mit dem Menschen Jesus sowie über die Gewissheit des Ziels schließt die kundige kleine Studie ab (60–79). Charakteristisch für sie ist die als selbstverständlich erscheinende Zusammenschau von neutestamentlichen und patristischen Gesichtspunkten, wie sie nur wenigen Wissenschaftlern gelingt und auch heute keineswegs selbstverständlich ist.
Der zweite Teil des Buches (81–141) befasst sich mit dem »Selbstverständnis des christlichen Glaubens in seinem Zeugnis-Charakter« (so im Vorwort der Ausgabe von 1966). Damit knüpft B. an das Thema seiner 1961 veröffentlichten Dissertation an (Titel: Zeuge und Märtyrer. Untersuchungen zur frühchristlichen Zeugnis-Terminologie). Vom Osterglauben und Osterzeugnis ausgehend (87–103) werden Zeugnisaspekte der Kirche u. a. durch Liebe, Gottesdienst, Schwachheit, Einheit, Antwort und Gefährdung bis hin zum Blutzeugnis besprochen (103–140). Patristische und neutestamentliche Aspekte werden auch hier in ihrer Zusammengehörigkeit vorgestellt und begegnen nicht als zwei Welten. Die »›Mission‹ der Kirche«, so B. abschließend, sei »nicht zusätzliche Aufgabe, sondern der Vollzug des Glaubens selbst in seiner Zeichenhaftigkeit« (140). Dieser zweite Teil des Buches kann insgesamt als Aufruf zum Lebenszeugnis gelesen werden. Dass er über 40 Jahre nach seinem ersten Erscheinen neu erklingt, dürfte ganz im Sinn dieses Lehrers der Theologie sein. In ihrem Epilog (143–147; 147) bezeugen die Herausgeber: »Norbert Brox war als Wissenschaftler, als ›Lehrer der Theologie‹ und als Mensch ein diskreter Zeuge des Lebens, des Christseins im Alltag der Welt.« An persönliche Begegnungen dieser Art erinnert sich auch der Rezensent in Dankbarkeit!