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Ausgabe:

Juli/August/2011

Spalte:

808-809

Kategorie:

Systematische Theologie: Dogmatik

Autor/Hrsg.:

Shields, John M.

Titel/Untertitel:

An Eschatological Imagination. A Revisionist Christian Eschatology in the Light of David Tracy’s Theological Project.

Verlag:

New York-Bern-Berlin-Bruxelles-Frankfurt a. M.-Ox­ford-Wien: Lang 2008. XI, 192 S. gr.8° = American University Studies. Series VII: Theology and Religion, 274. Geb. EUR 48,30. ISBN 978-1-4331-0227-1.

Rezensent:

Markus Mühling

John M. Shields, Associate Professor of Education and Religious Studies am Calumet College of St. Joseph in Whitting, legt hier eine kleine Programmschrift zur Eschatologie vor. Obwohl schon der Titel an David Tracys »Analogical imagination« erinnert – ebenso wie die Bezeichnung als »revisionist«, womit eine Korrelation zwischen traditionellen Gehalten und der Situation zwischen Moderne und Postmoderne gemeint ist –, überrascht es doch ein wenig, dass die drei Hauptkapitel in einer Besprechung der wichtigsten Werke David Tracys (»Blessed Rage for Order«, »The Analogical Imagination«, »Plurality and Ambiguitiy«) bestehen. Vorangeschaltet ist eine kurze eschatologische Zeitdiagnose, in der Sauter, Moltmann, Zachary Hayes, Dermot Lane und Karl Rahner sowie Stephen Williams besprochen werden. Ein kurzes Schlusskapitel zieht aus alledem Bilanz und formuliert die eigene Position. Diese besteht darin, dass aufgrund der Zweideutigkeit und Unverfügbarkeit der Zukunft einerseits, aufgrund des unhintergehbaren Interesses des Subjekts an der Zukunft andererseits mit Williams vorgeschlagen wird, dass eine zeitgemäße Eschatologie nicht die Form propositionaler oder systematischer Aussagen haben sollte – was recht pauschal als »spekulativ« bezeichnet wird, sondern die Form einer Rhetorik, die auf Werte rekurriert und so zum Handeln führt. Eine solche ausgeführte Rhetorik findet sich aber im Buch nicht. Vielmehr werden Grundzüge beschrieben, wie eine solche auszusehen hätte.
Orientiert einerseits am pragmatischen Wahrheitsbegriff Wil­-liam James’, in dem Wahrheit auch als Resultat von Handlungen gesehen werden kann, und an Tracys Gotteslehre andererseits, die S. dahingehend auf den Punkt bringt, dass es in allen analogen Gottesbezeichnungen letztlich um »interruptens« gehe, wird ein Programm entworfen, das S. auch in einem Satz zusammenfassen kann: »For a revisionist Christian eschatology in a postmodern world then, interruption, future, hope, and truth created in action directed by the Christian story are inter-related eschatological categories …« (174). Die Hoffnung richtet sich weniger auf Sicherheiten von Glaubensannahmen als auf Möglichkeiten, konkret Handlungsmöglichkeiten, und soll so zum Handeln antreiben. Die Zweideutigkeit der Zukunft unterbricht, wie der Gottesbegriff und die gegenwärtige Situation, falsche Sicherheiten, treibt aber in Hoffnung zum Handeln und zur Weltgestaltung an. Christlich ist die so zu entwerfende Rhetorik dadurch, dass sie durch die christliche Geschichte ihren Treibstoff erhält. Mit Tracy werden aus dieser christlichen Geschichte dann aber doch die Leitkategorien des Widerstandes, der Aufmerksamkeit und der Solidarität als die im Handeln durch die geforderte Rhetorik zu verwirklichenden Werte betrachtet. Diese werden noch konkretisiert, indem es um Widerstand in Form der Tugend der Mäßigung angesichts übergewisser traditioneller eschatologischer Aussagen, um Aufmerksamkeit als Besonnenheit gegenüber allzu phantasiereichen und mytholo­gischen eschatologischen Äußerungen der Tradition und um Solidarität mit Gott, der Welt und den Nächsten in Liebe und Gerechtigkeit geht. Um sich schnell über Tracys Hauptwerke zu informieren, wenn auch vor dem Hintergrund der Frage nach einem möglichen eschatologischen Gehalt, kann das Buch sicher gute Dienste leisten.
Die eigene Position von S. ist hingegen nur schwer zu bewerten, weil die eruierten Eckdaten einer solch rhetorischen Eschatologie nur allzu knapp ausfallen. Wenn man auch nicht unbedingt mit besonders großem Nachdruck betonen mag, dass auch Handlungen immer von vorgängigen Gewissheiten abhängig sind, und reformatorisch verstanden solchen Gewissheiten keine Sicherheit eignet, sondern diese immer unterbrochen und fragmentarisch sein mögen, so dass sich bei S. vielleicht doch eine Alternative andeutet, die letztlich keine ist, so wird eine gewichtende Besprechung der Position von S. doch dessen ausgeführte Rhetorik erwarten müssen.