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Ausgabe:

Juli/August/2011

Spalte:

787-788

Kategorie:

Dogmen- und Theologiegeschichte

Autor/Hrsg.:

Thiselton, Anthony C.

Titel/Untertitel:

Hermeneutics. An Introduction.

Verlag:

Grand Rapids-Cambridge: Eerdmans 2009. XIV, 409 S. gr.8°. Kart. US$ 32,00. ISBN 978-0-8028-6410-9.

Rezensent:

Ingolf U. Dalferth

Anthony C. Thiselton, Professor of Christian Theology an der Universität Nottingham (England), ist der Altmeister der Hermeneutik in der englischsprachigen Welt. Zu seinen wichtigsten Arbeiten gehören New Horizons in Hermeneutics: The Theory and Practice of Transforming Biblical Reading (1992); The Two Horizons: New Testament Hermeneutics and Philosophical Description with Special Reference to Heidegger, Bultmann, Gadamer, and Wittgenstein (1980); The Responsibility of Hermeneutics (zusammen mit R. Lundin und C. Walhout) (1985); The Promise of Hermeneutics (zusammen mit R. Lundin und C. Walhout) (1999); Can the Bible Mean Whatever We Want It to Mean? (2005); Thiselton on Hermeneutics: Collected Works with New Essays (2006) und The Hermeneutics of Doctrine (2007).
Der vorliegende Band ist als Lehrbuch konzipiert und gibt einen guten Einblick in das, was Th. hermeneutisch am Herzen liegt. In 27 Kapiteln, jeweils mit Hinweisen für genauere oder weiterführende Lektüre, wird ein Überblick über die Hauptthemen und zentralen Problemfelder der Hermeneutik geboten. Das geschieht nach zwei einführenden Kapiteln über Ziel und Horizont der Hermeneutik (Kapitel I) und Hermeneutik im Kontext von Philosophie, Bibelwissenschaft, Literatur- und Gesellschaftstheorie (II) im Wesentlichen historisch, indem von den Gleichnissen Jesu (III) über die Auslegungstraditionen der jüdischen und griechischen Antike (IV), das Neue Testament und das 2. Jh. (V), das 3. bis 13. Jh. (VI), Reformation, Aufklärung und historische Kritik (VII), Schleiermacher und Dilthey (VIII), Bultmann und Entmythologisierung (IX), Barth, Neue Hermeneutik, Strukturalismus und Poststrukturalismus (X), bis zu Gadamer (XI) und Ricœur (XII) wichtige Positionen und Entwicklungen knapp dargestellt werden.
Die letzten Kapitel sind der Hermeneutik der Befreiungstheologien und postkolonialen Hermeneutik (XIII) gewidmet, der feministischen und womanistischen Hermeneutik (XIV), der Reader-Response-Theorie und Rezeptionstheorie (XV) und der Hermeneutik der Postmoderne (XVI). Das letzte Kapitel (XVII) bietet abschließende Bemerkungen, die noch einmal die bibelhermeneu­tischen Interessen Th.s akzentuieren.
Th. sieht die beiden entscheidenden Wendepunkte in der Ge­schichte der Hermeneutik bei Schleiermacher und bei Gadamer. Die römisch-katholische Tradition kommt, wie er selbst notiert, nach der Reformation kaum noch zur Sprache. Auch kulturhermeneutische Fragestellungen tauchen nur am Rande auf. Th. ist sich dieser Verkürzungen bewusst, rechtfertigt sie aber mit dem Hinweis auf die Notwendigkeit, für ein Lehrbuch auswählen zu müssen. Das erklärt auch manche recht knappe und gelegentlich etwas oberflächliche Charakterisierung von Problemen und Positionen. Aber die Möglichkeit zu vertiefender Lektüre und Information wird stets geboten, und insofern kann man dieses Lehrbuch zur Einführung in die Hermeneutik durchaus empfehlen.