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Ausgabe:

Juli/August/2011

Spalte:

770-771

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Seim, Turid Karlsen, and Jorunn Øklund[Eds.]

Titel/Untertitel:

Metamorphoses. Resurrection, Body and Transformative Practices in Early Christianity.

Verlag:

Berlin-New York: de Gruyter 2009. VI, 401 S. gr.8° = Ekstasis, 1. Geb. EUR 88,00. ISBN 978-3-11-020298-4.

Rezensent:

Jürgen Zangenberg

1Kor 15 macht deutlich: Eine der wichtigsten konzeptionellen Nahtstellen zwischen dem »Diesseits« und dem »Jenseits« ist der Körper des Menschen. In der Behandlung des Körperlichen entscheidet sich nicht nur, wie man Kontinuität und Differenz zwischen »Hier« und »Jetzt« anthropologisch begreifen kann, sondern es fallen auch wichtige theoretische Entscheidungen darüber, wie Individualität und Personalität des Menschen zu fassen seien. Intensive Forschungsarbeit hat deutlich gemacht, dass diese Fragen keinesfalls nur auf der theoretischen Ebene behandelt wurden, sondern integral mit Ritualen und Praktiken verbunden waren, die sich vor allem, aber nicht ausschließlich in der Behandlung des Leichnams während der Bestattung niederschlugen. Ritus und Nachdenken gehen Hand in Hand, wenn auch nicht immer nahtlos und ungebrochen. Der vorliegende Band untersucht unterschiedliche theoretische Konzepte, mit denen antike Autoren die Transformation des Körpers zwischen »Diesseits« und »Jenseits« thematisiert haben, sowie damit verbundene Praktiken, die diese Transformation ermöglichen oder in Kunst, Ritual und Literatur darstellen sollten. Die Beiträge, entstanden 2006/2007 im Rahmen der am Centre for Advanced Studies der Norwegian Academy of Sciences and Letters in Oslo tätigen internationalen Forschergruppe, führen auf eindrückliche Weise vor Augen, dass die frühchristliche Behandlung der Themen »Auferstehung« (im weiteren Sinne, von den Herausgebern des Bandes oft als »metamorphosis« be­zeichnet) und »Körper« keinesfalls einzigartig ist, sondern ihren Platz in einer breiten, wenn auch von christlichen Autoren nicht immer mit denselben Kategorien und sprachlichen Mitteln ge­führten gemeinantiken Diskussion hat.
Die Einleitung (1–18) reißt eine Anzahl wichtiger methodischer Fragen an. »Metamorphosis« und »Resurrection« seien »tales about transformation« und als »Reflection on the Self« zu verstehen (3 f.). »Transformation« hat dabei nicht allein mythologische Aspekte (Bezüge zu Ovid und Apuleius sind deutlich), sondern »can also be seen as a disciplinary and ethical programme« (5).
Die beiden ersten Beiträge von Turid K. Seim, »The Resurrected Body in Luke-Acts. The Significance of Space« (19–39), und Adela Y. Collins, »Ancient Notions of Transferal and Apotheosis in Relation to the Empty Tomb Story in Mark« (41–57), unterstreichen vor allem die Bedeutung der räumlichen Dimension als wesentliches Element des »ultimate transformative moment« (16). Etwas abrupt schließt sich dann der an sich wichtige Beitrag von Karen L. King, »›In your midst as a child‹ – ›In the form of an old man‹. Images of Aging and Immortality in Ancient Christianity« (59–82), an.
Die folgenden vier Beiträge sind Paulus gewidmet: Jorunn Øk­lund, »Genealogies of the Self. Materiality, Personal Identity, and the Body in Paul’s Letters to the Corinthians« (83–107), Vigdis Songe-Moller, »›With What Kind of Body Will They Come?‹ Metamorphosis and the Concept of Change. From Platonic Thinking to Paul’s Notion of the Resurrection of the Dead« (109–122), Troels Engberg-Pedersen, »Complete and Incomplete Transformation in Paul. A Philosophical Reading of Paul on Body and Spirit« (123–146), und Outi Lehtipuu, »›Flesh and Blood Cannot Inherit the Kingdom of God‹. The Transformation of the Flesh in the Early Christian Debates Concerning Resurrection« (147–168). Vor allem 1 und 2Kor »share an extended interface with the broader Greco-Roman philosophical and literary discussion of continuity, change and metamorphosis« (17). Die zentrale Rolle der in weiten Teilen freilich noch recht unbestimmten Christologie erlaubte Paulus, die Elemente dieses Diskurses in oft erstaunlich neuartiger Weise zusam­menzufügen. Deutlich wird zudem, dass das Christentum keinesfalls die Leiblichkeit negierte, sondern geradezu als ein »movement preoccupied with the body« bezeichnet werden könnte (17).
Mit Einar Thomassen, »Valentinian Ideas About Salvation as Transformation« (169–186), beginnt die Behandlung nachkanonischer Literatur, gefolgt von Hugo Lundhaug, »›These are the Symbols and Likenesses of the Resurrection‹. Conceptualizations of Death and Transformation in the Treatise on the Resurrection (NHC I,4)« (187–205), István Czachesz, »Metamorphosis and Mind. Cognitive Explorations of the Grotesque in Early Christian Literature« (207–230), Antti Marjanen, »Male Women Martyrs. The Function of Gender-Transformation Language in Early Christian Martyrdom Accounts« (231–247), Denise K. Buell, »Imagining Human Transformation in the Context of Invisible Powers. Instrumental Agency in Second-Century Treatments of Conversion« (249–270), und Samuel Rubenson, »›As Already Translated to the Kingdom While Still in the Body‹. The Transformation of the Ascetic in Early Egyptian Monasticism« (271–289). Die beiden Artikel John J. Collins, »The Angelic Life« (291–310), und Liv I. Lied, »Recognizing the Right­eous Remnant? Resurrection, Recognition and Eschatological Reversals in 2 Baruch 47–52« (311-335), ergänzen das Bild durch die Diskussion jüdischer Texte und Vorstellungen.
Eine nützliche Bibliographie (337–366) und ein gegliedertes Stellen-, Autoren und Sachregister schließen den wichtigen Band ab, der zusammen mit den Bänden L. Brink/D. Green (Eds.), Commemorating the Dead. Texts and Artefacts in Context. Studies of Roman, Jewish and Christian Burials, Berlin-New York 2008 (Rezension siehe oben Sp. 739, T. Nicklas/F. V. Reiterer/J. Verheyden/H. Braun (Eds.), The Human Body in Death and Resurrection, Berlin-New York 2009 (DCL.Yearbook 2009), und T. Fögen/M. M. Lee (Eds.), Bodies and Boundaries in Greco-Roman Antiquity, Berlin-New York 2009 (Rez. für ThLZ folgt demnächst), die Forschung zur antiken Anthropologie und Eschatologie einen wesentlichen Schritt voranbringt.