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Ausgabe:

Juli/August/2011

Spalte:

762-763

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Vos, Christiane de

Titel/Untertitel:

Klage als Gotteslob aus der Tiefe. Der Mensch vor Gott in den individuellen Klagepsalmen.

Verlag:

Tübingen: Mohr Siebeck 2005. X, 261 S. gr.8° = Forschungen zum Alten Testament. 2. Reihe, 11. Kart. EUR 49,00. ISBN 978-3-16-148700-2.

Rezensent:

Manfred Oeming

Mit dieser Studie wurde Christiane de Vos, geboren 1963, jetzt Pastorin in Hamburg, 2004 in Groningen promoviert. Das Buch bietet eine gattungskritische Studie zur größten Psalmengruppe mit einem existentialistischen Anstrich: »Wie steht der Mensch in den Klagepsalmen vor Gott?« Gibt es »die Klagepsalmen« als Gattung überhaupt, wo doch nicht alle Klagepsalmen gleich aufgebaut sind? Oder stellt jeder Psalm vielmehr einen kleinen Kosmos in sich dar?
Das Buch hat zwei Hauptteile: zum Ersten exemplarisch ge­meinte Analysen der Pss 56; 88 und 38, an denen jeweils ein dynamischer Prozess in der Beziehung zwischen Gott und Beter, ein Schwanken von Nähe und Distanz, das logisch nicht ausgeglichen neben- und gegeneinander steht, nachgewiesen wird. Darauf folgt zum Zweiten eine Zusammenstellung grundlegender Formen und Motive der individuellen Klagepsalmen (die sich weitgehend in den Spuren von Gunkel u. a. bewegen): Ich-Aussagen (Der Mensch wendet sich an Gott; Orientierung auf Gott; Notbeschreibungen; Lob Gottes); Klage über andere (dabei spielen auch die Feinde eine wesentliche Rolle); Wie der Beter Gott negativ erlebt; Was der Beter von Gott erwartet (Gottes Zuwendung; Gottes Handeln am Beter; Gottes Handeln gegen die Widersacher); Beweggründe; Wie der Beter Gott anredet; Wie der Beter Gott positiv erlebt.
Bei dieser Durchsicht, deren innere Logik sich dem Rezensenten nicht völlig erschlossen hat, stellt sich wieder einmal heraus, dass das Leiden des Beters nicht aus einer einzigen Ursache erklärt werden kann, sondern im polykausalen Geflecht erlebt wird. Das Phänomen des Stimmungsumschwungs wird kaum gewürdigt, ge­schweige etwas Neues dazu gesagt. Trotz großer Sympathie für den Ansatz bleibt beim Rezensenten eine gewisse Ratlosigkeit darüber, an welchen Punkten dieses Buch die Forschungen zum Alten Testament weitergebracht hat. Am ehesten kann man aus den umfang­reichen thematisch geordneten hebräischen Wortlisten Gewinn ziehen.