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Ausgabe:

Juni/2011

Spalte:

705-706

Kategorie:

Religionspädagogik, Katechetik

Autor/Hrsg.:

Schröder, Bernd, Behr, Harry Harun, u. Daniel Krochmalnik [Hrsg.]

Titel/Untertitel:

Was ist ein guter Religionslehrer? Antworten von Juden, Christen und Muslimen.

Verlag:

Berlin: Frank & Timme 2009. 246 S. m. Abb. u. Tab. 8° = Religionspädagogische Gespräche zwischen Juden, Christen und Muslimen, 1. Kart. EUR 26,80. ISBN 978-3-86596-231-7.

Rezensent:

Gottfried Adam

Inhalt dieser Veröffentlichung sind die Vorträge einer Tagung, bei der es um eine besondere Herausforderung ging: um das religionspädagogische Fachgespräch zwischen jüdischen, christlichen und islamischen Religionslehrern in Deutschland. Damit wurde eine Tagungsreihe eröffnet, die von der Konrad-Adenauer- und der Bu­ber-Rosenzweig-Stiftung unterstützt wird. Das Ziel der Ta­gungs- und der ihr zugeordneten Buchreihe be­steht darin, für Re­ligionslehrkräfte der drei Religionen ein Forum zu bieten, »um miteinander theologische und pädagogische Im­pulse aus den drei Traditionen zu bedenken, eigene Erfahrungen mit Unterricht im Lichte der jeweils anderen Lehr-Lern-Kulturen sehen zu lernen und so die reichen religiösen Erziehungs- und Bildungstraditionen der jeweils anderen Religionen aus deren Innenperspektive zu verstehen. Dies gilt uns als Grundstein für die (unterrichtliche) Zusam­menarbeit in Schule, Gemeinde und Hochschule.« (Einleitung, 9)
Die drei Herausgeber sind je ein christlicher, islamischer und jüdischer Religionspädagoge. Sie waren in konzeptioneller Hinsicht für die inhaltliche Gestaltung der Zusammenkunft federführend. Im ersten Teil der Veröffentlichung handeln sie aus je ihrer Perspektive über ihre Vorstellungen von »Sinn und Zweck des Gesprächs zwischen jüdischen, christlichen und muslimischen Religionspädagoginnen und -pädagogen« (13-25). In einem ergänzenden Beitrag geht B. Schröder in vertiefender Weise auf die Mo­-tive und Perspektiven des Gesprächs ein. Dabei erörtert er die verschiedenen Lernorte religiöser Bildung, die religionsdidaktische Konzeptentwicklung, die Ebene der Kommunikation unter den Multiplikatoren religiöser Bildung und die vergleichende Erforschung der unterschiedlichen Bildungstraditionen.
Im umfangreichen Teil 2 handeln vier Beiträge vom »Ursprung und Wandel des Lehrerbildes« (55-188). In geschichtlichen Längsschnitten wird wiederum von den drei Herausgebern entfaltet, wie das Lehrerideal in den drei Religionen konkret gefasst wurde und welchen Wandlungen es unterlag. D. Krochmalnik entfaltet, wie sich das traditionelle Lehrerbild vom rabbinischem Judentum bis zu den gegenwärtigen Bildungsstandards für jüdische Religionslehre entwickelt hat. Eine Detailuntersuchung von D. Sa­dowski geht ergänzend am Beispiel H. Hombergs auf die Entwicklungen in der Epoche der Aufklärung und die Reform jüdischer Erziehung »im Geiste der Nützlichkeit« ein. Im anschließenden Beitrag be­handelt B. Schröder zunächst das Lehrer-Sein Jesu. Dann entfaltet er vier weitere Lehrerideale aus der Christentumsgeschichte. Schließlich arbeitet er Grundlinien und Spannungen im heutigen protestantischen Lehrerbild in all seiner Komplexität heraus. H. H. Behr stellt sodann Ursprung und Wandel des Lehrerbildes im Islam vor. Dabei geht er besonders auf die deutsche Situation ein. Auch hier ist ein Kapitel über Muhammad als »Lehrer« eingeschlossen.
Die Beiträge lassen als eine wesentliche Gemeinsamkeit den beachtlichen Stellenwert von Lehren und Lernen in den drei Religions-Traditionen sowie die Hochschätzung des Lehrerseins von Moses, Jesus und Muhammad erkennen. Im Detail ergeben sich dann allerdings unterschiedliche Akzentuierungen. Das zeigt sich auch im Verhältnis zur jeweiligen religiösen Tradition, zur Erziehungswissenschaft sowie darin, wie das Lehren und Lernen ausgestaltet wird.
Im 3. Teil ist die »Ausbildung der Religionslehrer/innen und ihre Vorbereitung auf den Dialog« (189-218) Thema. Hier wird über den Studiengang »Jüdische Religionslehre« in Heidelberg (B. Wehner) berichtet und ein Einblick in die katholische Religionslehrerausbildung (K. Kiesow) geboten. Ein Beitrag aus evangelischer Sicht (B. Schröder) und ein Bericht über muslimische Religionslehrerausbildung am Beispiel des Schulversuchs Islamunterricht an der bayerischen Hauptschule (A. Rochdi) runden das Bild ab. Diese vier Beiträge zeichnen sich durch einen sachlichen Realismus aus.
Der 4. Teil handelt »Von der Spannung zwischen Tradition und aktuellen Herausforderungen«. In ihrem Beitrag »Qualitätsstandards für Religionslehrkräfte« problematisiert die Erziehungswissenschaftlerin A. Scheunpflug von der Allgemeinen Pädagogik und von empirischen Fragstellungen her den Ansatz, die Professionalität von Lehrkräften an idealen Persönlichkeitsmerkmalen festzumachen und einen Tugendkatalog zu erstellen.
Der Band initiiert in der Tat das religionspädagogische Fachgespräch zwischen Religionslehrern aus Judentum, Christentum und Islam in Deutschland. In dieser programmatischen Weise hat es das bisher so noch nicht gegeben. Es sei aber die Frage erlaubt, ob man dazu den Begriff »Trialog«, mit dem spezifische Erwartungen verknüpft sind, benötigt. Der Begriff »Dialog« umschließt ja nicht nur die Unterredung zwischen zwei Partnern, sondern ebenso das Gespräch »auf Augenhöhe« zwischen mehreren Personen. Dass das religionspädagogische Fachgespräch zwischen Vertretern der drei Religionen sinnvoll und notwendig ist, belegen die Ausführungen der Veröffentlichung auf eindrückliche Weise. Am deutlichsten hat B. Schröder in seinen Beiträgen die religionspädagogischen Motive und Ziele sowie die zu bearbeitenden Themenbereiche herausgearbeitet. Es bleibt zu wünschen, dass bei der Weiterführung des Dialogs die Perspektive der Pädagogik mit ihren kritischen Anfragen, wie sie im vorliegenden Falle mustergültig von A. Scheunpflug zur Geltung gebracht werden, auch bei künftigen Begegnungen angemessen berücksichtigt wird.