Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

Juni/2011

Spalte:

646-650

Kategorie:

Kirchengeschichte: Allgemeines

Autor/Hrsg.:

Hrsg. v. W. Demel, J. Fried, E.-D. Hehl, A. Jockenhövel, G. A. Lehmann, H. Schmidt-Glintzer u. H.-U. Thamer in Verbindung m. d. Akademie d. Wissenschaften u.d. Literatur, Mainz

Titel/Untertitel:

WBG Weltgeschichte. Eine globale Geschichte von den Anfängen bis ins 21. Jahrhundert. 6 Bde.

Verlag:

Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft. Bd. I: Grundlagen der globalen Welt. Vom Beginn bis 1200 v. Chr. Hrsg. v. A. Jockenhövel. 2009. XVI, 496 S. m. Abb. u. Ktn. Bd. II: Antike Welten u. neue Reiche. 1200 v. Chr. bis 600 n. Chr. Hrsg. v. G. A. Lehmann u. H. Schmidt-Glintzer. 2009. VIII, 500 S. m. Abb. u. Ktn. Bd. III: Weltdeutungen und Weltreligionen 600 bis 1500. Hrsg. v. J. Fried u. E.-D. Hehl. 2010. VIII, 502 S. m. Abb. u. Ktn. Bd. IV: Entdeckungen und neue Ordnungen 1200 bis 1800. Hrsg. v. W. Demel. 2010. VII, 504 S. m. Abb. u. Ktn. Bd. V: Entstehung der Moderne 1700 bis 1914. Hrsg. v. W. Demel u. H.-U. Thamer. 2010. VII, 502 S. m. Abb. u. Ktn. Bd. VI: Globalisierung 1880 bis heute. Hrsg. v. H.-U. Thamer. 2010. VII, 500 S. m. Abb. u. Ktn. gr.8°. Geb. EUR 449,00. Gesamt-ISBN 978-3-534-23091-4.

Rezensent:

Hartmut Leppin

Globalgeschichte liegt im Trend, allenthalben werden Tagungen zu dem Thema veranstaltet, Sammelbände veröffentlicht, Zeitschriften begründet und Bücher verfasst (für eine Orientierung vgl. Sebastian Conrad, Andreas Eckert, Ulrike Freitag [Hrsg.]: Globalgeschichte. Theorien. Ansätze. Themen. Frankfurt a. M. 2007). Das ist auch keineswegs überraschend, da heutzutage niemand die Augen vor den globalen Verflechtungen verschließen kann, die es mutatis mutandis auch in älteren Zeiten gegeben hat. Da aber die globalen Verflechtungen seit dem Zeitalter der Entdeckungen intensiver geworden sind, neigt die Globalgeschichte zu einer mehr gegenwartsbezogenen Darstellung. Umso wichtiger ist es, wenn jetzt eine Weltgeschichte vorgelegt wird, die nicht nur einen weiten räumlichen, sondern auch einen weiten zeitlichen Bogen spannt. Jeder Rezensent ist von der Aufgabe überfordert, das Werk in seinen vielfältigen Facetten angemessen zu würdigen. Ich sehe meine Aufgabe darin, einen Eindruck von der Gesamtkonzeption und den einzelnen Bänden zu geben. Dabei versuche ich mich nicht zu sehr von der fachlichen Provinz leiten zu lassen. Dass dennoch viel Subjektivität ins Spiel kommt und die engen Grenzen meiner Kompetenz sichtbar werden, ist unvermeidlich.
So einleuchtend es erscheint, Weltgeschichte oder Globalgeschichte zu schreiben, so schwierig ist es, dieses Ziel zu erreichen. Man kann, wie es Christopher Bayly (Die Geburt der modernen Welt. Eine Globalgeschichte 1780–1914. Frankfurt a. M. 2006 [engl. 2004]) und Jürgen Osterhammel (Die Verwandlung der Welt. Eine Geschichte des 19. Jahrhunderts. München 2009) erfolgreich getan haben, eine bestimmte Epoche der Geschichte nach weltgeschichtlichen Maßstäben ausmessen. Man kann wie Alexander Demandt eine Weltgeschichte schreiben, die dezidiert den mitteleuropäischen Standpunkt einnimmt (Kleine Weltgeschichte. Die ganze Weltgeschichte in einem Band. München 2003). Man kann wie Dietmar Rothermund versuchen, theoretische Überlegungen in einen Abriss der Weltgeschichte umzusetzen (Geschichte als Prozeß und Aussage. Eine Einführung in Theorien des historischen Wandels und der Geschichtsschreibung. München 2005 2, vor allem im Schlussteil). Man kann wie Jacob Burckhardt in seinen (nach seinem Tode so genannten) Weltgeschichtlichen Betrachtungen (besser Über das Studium der Geschichte) nach leitenden Prinzipien forschen. Der Anspruch der WBG-Weltgeschichte ist umfassender – so eine programmatische Äußerung von Helwig Schmidt-Glintzer, einem der Initiatoren (und herausragenden Beiträger) der Weltgeschichte (hier zitiert nach http://www.wbg-weltge­schichte.de/ leit­idee/):
»Mit dieser Weltgeschichte erscheint erstmals eine Darstellung der Geschichte der Menschen unter Berücksichtigung aller Zeiten und Kulturen. Neben den Grundzügen der Menschheitsgeschichte von Anbeginn bis heute trägt die Darstellung den politischen und institutionellen Aspekten ebenso Rechnung wie der Veränderung und Vielfalt im Bereich von Religion, Philosophie und Kunst. Dabei werden regionale Mythen und durch jahrhundertelange Ge­schichtsschreibung geprägte Vorstellungen ebenso berücksichtigt wie neuere, durch biometrische und andere Verfahren gewonnene Erkenntnisse. In einer Zeit rapide zunehmender Informationen über die Geschichte der Erde und des Kosmos und insbesondere über die Geschichte der Menschheit lassen sich die einzelnen Kenntnisse erst durch eine knappe, aber umfassende Darstellung der Welt- und Menschheitsgeschichte einordnen.«
Wie wird der Anspruch eingelöst? Von den genannten Werken un­terscheidet sich diese Weltgeschichte dadurch, dass eine Vielzahl von in nicht wenigen Fällen namhaften Spezialisten gewonnen wurde. Kaum herangezogen wurden merkwürdigerweise ausländische Forscher – obwohl hierin eine Chance für eine perspektivenreiche Darstellung gelegen hätte. Ferner wurden die einzelnen Bände unterschiedlichen Herausgebern anvertraut, wobei der fünfte Band von zwei Herausgebern, die jeweils den davor und den danach kommenden Band herausgeben, verantwortet wird.
Den Herausgebern wurde, auch wenn man die Konzeption und Gliederung anscheinend untereinander diskutierte, offenbar vergleichsweise freie Hand gelassen. Denn während im dritten Band bestimmte sachliche Ordnungskriterien eingezogen werden, geht man im zweiten geographisch-chronologisch vor. Während bei den einen die Ereignisgeschichte im Zentrum steht, sind es an­-derswo die Strukturen, und auch innerhalb der Bände liegen die Schwerpunkte oft unterschiedlich.
Dieses Verfahren hat den Vorzug, dass eine zumeist hohe fach­-liche Kompetenz gewährleistet ist, den Nachteil aber, dass das Ergebnis nicht wie aus einem Guss erscheint, auch wenn die »Einleitungen« und »Ausblicke« Verbindungen herzustellen versuchen und »Chronologien« am Ende der Bände durch parallele Zeittafeln Zusammenhänge sichtbar machen – doch kann, ja soll eine Weltgeschichte überhaupt aus einem Guss geschrieben werden?
Ein kurzer Blick sei auf die einzelnen Bände geworfen. Der erste Band beginnt mit einem etwas mehr als eine Seite umfassenden, die Bedeutung der historischen Dimension für die Globalisierungsdebatten hervorhebenden Geleitwort von Joschka Fischer und einem Vorwort der Herausgeber, für das Schmidt-Glintzer verantwortlich zeichnet. Hier werden in knappster Form Grundgedanken des Gesamtwerks eindringlich dargelegt. Albert Jockenhövel schließlich legt eine bandspezifische Einleitung vor, die vor allem die methodischen Probleme der Archäologie reflektiert. Fünf Hauptteile hat der Band: Frühe Menschheitsgeschichte – Neolithisierung und frühurbane Strukturen – Frühe Hochkulturen – Kupfer und Bronze: Neue Technologien; schließlich (hier wird dann doch einmal die eurozentrische Perspektive eingenommen) Ferne Lebensräume, womit Afrika, China, Altes Amerika und Arktis gemeint sind. Die Gliederung hat somit chronologische und systematische Aspekte, was sich in der Darstellung bewährt. Missverständlich ist die chronologische Angabe im Untertitel. Denn gerade die Kapitel zu den »fernen« Lebensräumen gehen zeitlich weit über 1200 v. Chr. hinaus, die Abschnitte zu Altamerika sogar bis zum Vorabend der europäischen Expansion. Ein Ausblick von Jockenhövel führt die Fäden des Bandes kompetent zusammen, indem er die Entwick­lung und Ausbreitung des Menschen prägnant skizziert und auf spätere Epochen blickt.
Wer Band II für sich sieht, wird enttäuscht sein, dass von Amerika und Afrika gar nicht die Rede ist – sie waren ja für die entsprechende Zeit im ersten Band abgehandelt worden. Das ist eine be­wusste Entscheidung: Gustav Adolf Lehmann betont in der Einleitung, dass es in seinem Band nicht darum gehe, »kaleidoskopartig Überblicke« zu geben, vielmehr bestimmt er zwei bedeutende Ge­schichtsräume, die »vorderasiatisch-mediterrane« und die »ostasiatisch-chinesische« Hochkulturwelt. Das erhöht die Geschlossenheit, bringt aber Nachteile mit sich, denn die Entdeckung der Nok-Kultur in Afrika, die gleichzeitig mit der griechischen Klassik entstand, ist schon geeignet, die Entwicklungen in der griechisch-römischen Welt in einen neuen Zusammenhang zu rücken, selbst wenn es keine Kontakte gab.
Lehmann spricht in der Einleitung die Kontakte zwischen den beiden Geschichtsräumen vor allem in Gestalt von Handels- und Warenaustausch an und – sehr instruktiv – die Gemeinsamkeiten und Unterschiede in der Periodisierung, um sich danach auf die Geschichte der mediterranen Welt zuzubewegen, mit einem besonderem Blick auf die Phönizier. Das Folgende ist in vier Hauptkapitel eingeteilt, von denen drei die mittelmeerisch-vorderasiatische Welt betreffen: Antike Staaten und Kulturen – Die Welt des Hellenismus – Die antike Oikumene. Stets wird bei diesen im Kern chronologisch angeordneten Kapiteln in sinnvoller Weise auch der Vordere Orient mit in den Blick genommen, bisweilen trotz Überschneidungen zum ersten Band wie im Falle des Neuassyrischen Reiches. Bedauerlich ist indes, dass den Germanen und Kelten keine eigenen Kapitel gewidmet sind. Das vierte Hauptkapitel behandelt Asiatische Großreiche und Kulturtransfer, damit Indien und China. Die Leser dieser Zeitschrift wird besonders die Behandlung der Geschichte des Christentums interessieren. Die neue Religion wird von Bruno Bleckmann geschickt in die allgemeine Geschichte integriert. Denn er schreibt ein ausführliches Kapitel zum Imperium Romanum, sodann ein weiteres zu Religion und Spätantike, das mit dem nachösterlichen Christentum einsetzt und zur Chris­tianisierung des Römischen Reiches bis an der Schwelle zur Ex­pansion des Islam führt. Natürlich wäre zu erwägen gewesen, auch ein theologiegeschichtliches Kapitel einzufügen, doch dann hätte auch die Philosophie ein eigenes Kapitel verdient. Etwas isoliert steht allerdings dann wiederum ein Abschnitt zum attischen Drama, das vermutlich neben dem Kapitel zur bildenden Kunst des klas­-sischen Griechenlands die Klassik evozieren soll. Der »Ausblick« von Schmidt-Glinzer zieht souverän einen Vergleich zwischen beiden Geschichtsräumen, die diesen Band bestimmen.
Im Band III wird ein Wagnis unternommen, indem die verschiedenen religiösen Bewegungen unter gemeinsamen Stichworten zusammengeführt werden. Diese sind Die Vielfalt der Welt – Die Ordnung der Welt – Die Deutung der Welt. Diese Gliederung verdient die Bezeichnung »innovativ« und fasziniert den Rezensenten. Weiter verdichtet wird der Band dadurch, dass einige Kapitel etwa zur Stadt ihrerseits noch einmal den interkulturellen Vergleich ansprechen. Besonders mutig in der Zusammenschau der verschiedenen Traditionen ist der Beitrag Volkhard Huths zu Verwissenschaftlichung und Rationalität. Merkwürdig ist allerdings, dass Byzanz, obwohl es so unterschiedliche Kulturen berührt, in dem ganzen Band nur ein Schattendasein fristet – bisweilen er­wähnt, aber nicht wirklich gewürdigt. »Einleitung« und »Ausblick« stammen von Ernst Dieter Hehl, der die Zweiteilung zwischen Mittelmeerraum mit Vorderem Orient einerseits und Fernem Osten andererseits, die im ersten Band beschworen worden war, in eine dreigeteilte, in einem hohen Maße durch die unterschiedlichen Religionen bestimmte übergehen sieht, da sich mit der islamischen Welt ein eigener »Kultur- und Herrschaftsraum« herausbildet. Zu Recht hebt er auch die Vielfalt des Christentums hervor, das nicht auf die lateinisch-römische Form beschränkt werden dürfe (und in diesem Zusammenhang wird auch einmal das byzantinische Christentum etwas näher betrachtet). Im »Ausblick« ruft derselbe Autor noch einmal eindringlich die Vielfalt und Spannungen der Jahrhunderte von 500 bis 1500 in Erinnerung, die sich nicht in der Gestalt eines linearen Entwicklungsprozesses be­schreiben lassen, schon gar nicht unter weltgeschichtlichen Ge­sichtspunkten.
Chronologisch überschneidet sich der Band IV bewusst mit Band III, da der letztere 1500 endet und der erstere 1200 beginnt. Das erweist sich als glückliche Lösung. Die Gliederung von Band IV ist ebenfalls systematisch und Kulturräume übergreifend angelegt, die Kategorien sind jedoch deutlich andere: Demographie, Technik und Wirtschaft – Herrschaft und politische Ideen – Kultur, Religion und Sozialisation. In manchen Teilkapiteln werden Begegnungen erörtert, etwa durch Mission, in anderen verschiedene Kulturen vergleichend nebeneinandergestellt, wie in Fragen von Erziehung, Bildung und Wissenschaft, anderswo, etwa beim Kapitel zu Professionalisierung und neue Gesellschaftsstruktur, dient der Vergleich dazu, das Besondere an der europäischen Entwicklung deutlich zu machen. Walter Demel erläutert in seiner »Einleitung« ausgehend von dem Begriff der Entdeckung die Gliederung des Bandes und hebt im gedrängten Vergleich der verschiedenen Großräume zentrale Momente des Wandels hervor, um im »Ausblick« der Frage nach den Ursachen für Europas Dominanz nachzugehen.
Der Band V nimmt Gliederungselemente des Vorbandes auf, variiert sie aber in kluger Weise: Bevölkerung, Wirtschaft, Technik – Kultureller Wandel – Veränderungen der politischen Welt. Die Politikgeschichte steht in diesem Bande im Hintergrund; es geht vielmehr um übergreifende Prozesse wie den der Entstehung und Entwicklung des Verfassungsstaates oder den der Industrialisierung. Dementsprechend wird die Französische Revolution in verschiedenen Kontexten angesprochen. Die nationalgeschichtliche Perspektive und die Fixierung auf große Ereignisse sind mit dieser Konzeption definitiv überwunden. Stärker als noch in jüngerer Zeit üblich wird auch für das 19. Jh. die religiöse Dimension ge­würdigt, und zwar unter dem Gesichtspunkt der Vernetzung der Welt durch Mission, aber auch der Bildung neuer Eliten in den Missionsländern. Manches wird in essayistisch pointierter Weise vorgetragen, wie die Überlegungen zur Autonomie der Kunst. Verwunderlich ist, dass die Ideengeschichte letztlich ganz auf Hegel bezogen wird.
Die »Einleitung«, wieder von Demel, betont die Bedeutung der Revolutionen in ganz verschiedenen Verständnissen – sei es, dass es um die Agrarwelt, das Wissen oder um politische Strukturen geht – für diese Epoche und die Bedeutung der Globalisierung Europas in der Zeit, da die westliche Moderne entstand. Der »Ausblick« von Hans-Ulrich Thamer nimmt diese Fäden auf, aber ausdrücklich vom Standpunkt des 20. Jh.s aus, in dem Bestreben, die Zäsur zwischen 19. und 20. Jh. zu relativieren. Dabei unterstreicht Thamer besonders die Bedeutung verschiedener Prozesse wie der Nationalstaatsbildung oder der Emanzipationsbewegungen, aber auch der Industrialisierung und der Wissensrevolution und betont nachdrücklich, dass es sehr unterschiedliche Wege in die Moderne gab. Antinomien der Moderne werden deutlich konturiert, die unter anderem zu den sozialen Bewegungen führten, die die nächsten Jahrzehnte mitprägen sollten.
Der letzte Band variiert die Gliederung der Neuzeitbände weiter: Politische Verflechtungen und Konflikte – Demographie und Wirtschaft – Gesellschaft im Wandel heißen die Hauptüberschriften. Der Band enthält einen dichten ereignisgeschichtlichen Überblick, der zwangsläufig Europa in den Mittelpunkt rückt. Es werden aber auch Probleme wie Krieg, Migration und anderes systematisch und vergleichend erörtert. Weltumspannende Fragen der Umweltgeschichte sowie des Ressourcenverbrauchs oder der Massenkultur bilden ebenfalls den Gegenstand einzelner Kapitel.
In der »Einleitung«, für die erneut das Stichwort der »multiplen Moderne« (Shmuel N. Eisenstadt) leitend ist, stellt Thamer den Glanz der Pariser Weltausstellung von 1900 den Herausforderungen der Moderne und Katastrophen des 20. Jh.s gegenüber, erörtert aber auch die Entstehung eines neuen, vom Wissen um die wechselsei­tige Abhängigkeit erfüllten Weltverständnisses in den letzten Jahrzehnten des 20. Jh.s und stellt dabei die Zäsur der Jahre 1989/90 infrage. Gerade der außereuropäische Blick lasse die vertrauten Einteilungen des 20. Jh.s in nachdenkenswerter Weise verschwimmen.
Den »Ausblick« formuliert Schmidt-Glintzer, indem er noch einmal einen weiten Bogen von der Vorgeschichte bis zur Gegenwart schlägt und mit einer erstaunlichen Fähigkeit, Unterschiedliches zusammenzusehen, zentrale Probleme einer Weltgeschichte erörtert, zugleich Verbindungen zwischen den Einzelbänden reflektiert, bisweilen dabei auch neue Aspekte einführt. Vor allem setzt er auch persönliche Akzente, indem er die Perspektivität der Ge­schichtsschreibung betont und bekennt, dass er ein Nachdenken über die gemeinsame Geschichte der Menschen für eine Besserung der Welt als nötig betrachtet. Das ist der eindrucksvolle Abschluss eines Projektes, über welches das Urteil gleichwohl ambivalent ausfallen muss.
Die Bände der Weltgeschichte, die in beeindruckend rascher Folge erschienen sind, zeigen eine übersichtliche Gestaltung und haben ein ansprechendes Layout, auch feinsinnig gestaltete Umschläge; sie bieten viele neue, überwiegend durchaus aussagekräftige Karten, wenngleich die Qualität der Abbildungen insgesamt nicht hoch ist. Die Register (Personen und Orte) scheinen sorgfältig erarbeitet. Über das Internet ist eine Volltextsuche in den Bänden möglich (vom Rezensenten nicht getestet, da er sich nicht registrieren lassen wollte).
Gleichwohl hat dieses Projekt Schwächen: Man hätte sich mehr Achsen zwischen den Bänden gewünscht, auch innerhalb der Bände gelingt die Verzahnung nicht immer, viele Einzelbeiträge sind additiv aneinandergereiht; es gibt Lücken, manche Schwerpunktsetzung bleibt unverständlich; die Gesellschaftsgeschichte tritt eingestandenermaßen in vielen Bänden in den Hintergrund; die Ideengeschichte in einem weiten Verständnis – bei der eine Raffung besonders schwierig ist – ist nur selten überzeugend integriert. Die religiöse Dimension der Geschichte bleibt dabei übrigens stets im Blick, auch wenn sie natürlich je nach Epoche eine unterschiedliche Bedeutung hat.
Was leistet das, was vorliegt? Der Leser gewinnt durch diese Bücher kein umfassendes Nachschlagewerk zur Weltgeschichte, er gewinnt auch keine grundlegende nach konsistenten Gesichtspunkten erarbeitete Neudeutung. Doch eröffnet sich ihm an vielen Stellen die Möglichkeit, sich über wichtige Aspekte der Weltgeschichte, die nicht auf eine Globalisierungsgeschichte reduziert wird, auf hohem Reflexionsniveau, bisweilen auch mit innovativen Ansätzen, kompetent zu informieren, Beziehungen überraschend zu erkennen und die eigene Geschichte im Zusammenhang zu sehen – und das ist nicht wenig. Es ist ein nützlicher und verdienstvoller Versuch zu einer Weltgeschichte, dem weitere folgen werden, und diese werden sich daran messen lassen müssen.