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Ausgabe:

März/2011

Spalte:

345-346

Kategorie:

Kirchenrecht

Autor/Hrsg.:

Kuttler, Friedemann

Titel/Untertitel:

Synode und Parlament.

Verlag:

Hamburg: Kovac 2010. 257 S. 8° = Studien zur Rechtswissenschaft, 253. Kart. EUR 85,00. ISBN 978-3-8300-5372-9.

Rezensent:

Hendrik Munsonius

Die anzuzeigende Arbeit ist als rechtswissenschaftliche Dissertation an der Universität Tübingen entstanden. Friedemann Kuttler widmet sich der Unterscheidung von Synode und Parlament. Das ist nicht zuletzt deswegen angebracht, weil bis in kirchliche Verlautbarungen hinein, in denen Synoden schlankerhand als Kirchenparlamente bezeichnet werden und von demokratischer Legitimation gesprochen wird, der Unterschied zwischen diesen nur auf den ersten Blick sehr ähnlichen Institutionen verwischt wird. Das führt leicht dazu, dass kirchliche Entscheidungen an Maßstäben gemessen werden, die der Spezifik kirchlicher Existenz nicht entsprechen.
Nach einer Einleitung, in der er sich auf den Beitrag von G. Heinemann über »Das Verhältnis von Synode und Parlament« (1973) bezieht, widmet sich K. zunächst einer (vorläufigen) Begriffsklärung, ehe er die Entstehung des Synodalwesens und seine Entwick­lung bis in die Gegenwart behandelt. Als Ursprung und Paradigma der Synode weist er das Apostelkonzil aus, wobei er sich vorrangig auf die Darstellung in der Apostelgeschichte bezieht. Wichtige Entwicklungsstufen waren die Reformation und die Zeit zwischen der Französischen Revolution und dem Ende des Zweiten Weltkriegs. In einem weiteren Abschnitt behandelt K. den Einfluss unterschiedlicher »Strömungen, Traditionen und Bekenntnisse«, wobei die parallele Entwicklung in Staat und Kirche ebenso zur Sprache kommt, wie die Unterschiede lutherischer und reformierter Provenienz. Es werden schließlich ein demokratieähnlicher, ein synodal-presbyterialer und ein (im Verhältnis zu anderen Leitungsorganen) parallelgeordneter Typus der Synode unterschieden. Im ausführlichsten, fünften Abschnitt werden Ge­meinsamkeiten und Unterschiede von Synode und Parlament behandelt. Dabei kommen ihrer Stellung, Legitimation, Repräsentation, Kompetenzen, Modus und Wirkung ihrer Entscheidungen sowie ihre Organisation zur Sprache. In einem Exkurs werden synodale Strukturen in der Evangelischen Kirche in Deutschland und der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands behandelt, ehe abschließend noch einmal Synode und Parlament in Anlehnung an Heinemann »wie Jesus und Pilatus« einander gegenübergestellt werden.
K. widmet sich seinem Thema mit erkennbarem Engagement. Allerdings leidet die Darstellung an mangelnder (sachlicher und sprachlicher) Präzision und mancher Redundanz. Die Ausführungen werden sehr sparsam belegt und können so kaum überprüft werden. Inhaltlich bleiben die Ausführungen hinter der Komplexität des Themas zurück. So lassen sich einerseits nicht Staat und Demokratie so ohne Weiteres gleichsetzen, andererseits stehen sich Kirche und weltliche Verfassungsordnungen nicht einfach wie Jesus und Pilatus gegenüber. Dieser Gegensatz ist der Kirche in ihrer geschichtlichen Realität vielmehr selbst eingeschrieben. Die gegenseitige (Un-)Abhängigkeit staatlicher und kirchlicher Verfassungsentwicklung wird zwar gesehen, hätte aber genauerer Analyse bedurft. Schließlich wäre noch zu fragen, ob dem Apostelkonzil für das Synodalwesen eine derart paradigmatische Funktion zugewiesen werden kann. Sowohl das Ereignis, als auch die Zeugnisse seiner Überlieferung stammen aus der Zeit, als die Bewegung des Christentums noch wenig institutionelle Verfestigung aufwies. Es wären darum für die Begründung und Entfaltung des Synodalwesens (wie für andere Elemente kirchlicher Leitungsstrukturen) noch in höherem Maße ekklesiologische und kirchentheoretische Erwägungen anzustellen. Dies ist jedoch nicht mehr eine rechtswissenschaftliche, sondern eine genuin theologische Aufgabe.