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Ausgabe:

Dezember/2010

Spalte:

1356

Kategorie:

Kirchengeschichte: Reformationszeit

Autor/Hrsg.:

Wengert, Timothy J. [Ed.]

Titel/Untertitel:

The Pastoral Luther. Essays on Martin Luther’s Practical Theology.

Verlag:

Grand Rapids-Cambridge: Eerdmans 2009. XI, 380 S. 8° = Lutheran Quarterly Books. Kart. US$ 45,00. ISBN 978-0-8028-6351-5.

Rezensent:

A. B.

»Martin Luther was, more than anything else, pastor and preacher for his Wittenberg flock« (1). In der Absicht, das Denken und Wirken des Reformators in dieser zielscharfen, aber vernachlässigten Zentralperspektive ansichtig zu machen, hat der renommierte amerikanische Lutherforscher Timothy J. Wengert 17 exempla­rische und komplementäre Beiträge, die, bei einer Ausnahme, ur­sprünglich oder in amerikanischer Übersetzung zunächst in der Zeitschrift Lutheran Quarterly erschienen waren, in eine anregende Anthologie zusammengeführt.
Die konzise Einleitung des Herausgebers rekapituliert Luthers Weg ins Pfarramt und würdigt neben dessen unmittelbar pastoralem Wirken auch die literarische und seelsorgerliche Dimension seines Lebensberufs. Anschließend weist sie den Leser mit pointierten Bemerkungen in die fünf Kapitel des Sammelwerks ein. Nach einem prinzipielle Orientierung bietenden Abschnitt zu Luthers Kreuzestheologie (R. Kolb) fokussiert das zweite Kapitel den von Luther zeitlebens geleisteten Dienst am Wort Gottes (u. a. V. Westhelle; H. S. Wilson). Sodann werden zentrale Aspekte des von Lu-ther ausgeübten theologischen Lehramtes beleuchtet, etwa seine grundlegende Unterweisung im Großen Katechismus (Th. J. Wengert; Ch. P. Arand) oder sein Verständnis des Abendmahls (R. Schwarz). Die frömmigkeitspraktische Relevanz des vom Reformator versehenen Pastorats beleuchtet das vierte Kapitel, beispielsweise hinsichtlich Luthers Mariologie (B. Kreitzer), seiner Beziehung zur Musik (R. A. Leaver) oder seiner rechtfertigungstheolo­gischen Kooperation mit dem Freund Lukas Cranach (Ch. Weimer). In weiter Horizontöffnung wird abschließend darauf reflektiert, wie sich der pastorale Luther gegenüber Mönchtum (D. Wendebourg) und weltlicher Obrigkeit (J. M. Estes) positionierte.
Es ist nachgerade erstaunlich, wie organisch und instruktiv sich diese durchweg profunden Einzelstudien zu einem Gesamtbild ergänzen. Dass die einzelnen Aufsätze primär Forschungsbeiträge des jeweils eigenen wissenschaftskulturellen Kontextes rezipieren, wird den Kenner der Szene kaum überraschen und indiziert einen in der Lutherforschung noch immer evidenten Internationalisierungsbedarf. Gleichwohl dürfte der Sammelband, den Wengert erstellt hat, die Zuversicht nähren, dass die nordamerikanische und deutsche Lutherforschung auf gutem Wege sind: nämlich entschieden und erwartungsvoll aufeinander zu!