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Ausgabe:

Oktober/2010

Spalte:

1151-1152

Kategorie:

Dogmen- und Theologiegeschichte

Autor/Hrsg.:

Weigel, Valentin

Titel/Untertitel:

De vita beata – De luce et caligine divina – Vom seligen Leben. Hrsg. u. eingeleitet v. H. Pfefferl.

Verlag:

Stuttgart-Bad Cannstatt: Frommann-Holzboog 2009. XLVIII, 200 S. m. Abb. gr.8° = Valentin Weigel – Sämtliche Schriften. Neue Edition, 2. Lw. EUR 386,00. ISBN 978-3-7728-1841-7.

Rezensent:

Ernst Koch

Der Band, in der Folge der bereits vorliegenden Bände der Neuen Edition der Schriften Valentin Weigels als siebenter veröffentlicht, enthält drei Texte, die zumindest mittelbar in engem Zusammenhang miteinander stehen. Verhalten sich ›De vita beata‹ und ›Vom seligen Leben‹ zueinander wie Erstfassung und bearbeitete Übersetzung, so erschien ›De luce et caligine divina‹ erstmals als Anhang zum Druck von ›De vita beata‹ (Halle 1609). Der Herausgeber konnte zusätzlich eine handschriftliche Fassung des Textes in London ermitteln. Er vermag mit guten Gründen die kleine, im vorliegenden Band etwas mehr als sieben Druckseiten (einschließlich des kritischen Apparats) umfassende Schrift Weigel selbst als Verfasser zuzuweisen, ihre Entstehung auf 1570/71 zu datieren und damit bisherige Angaben zu korrigieren.
Für die Ausgabe der Schrift ›De vita beata‹ war eine Prager Handschrift heranzuziehen, die unter abweichendem Titel – ›De homine externo et interno‹ – »den größten Teil der ›De vita-beata‹-Kapitel« enthält. Der Herausgeber kann den Text zusammen mit ›Vom seligen Leben‹ als »voneinander unabhängige, auf eine dem Druck [von ›De vita beata‹] vorausliegende Überlieferungsstufe zurückgehende Bearbeitungen dieser Weigelschrift« identifizieren (XXV).
Eine der Überraschungen der kritischen Ausgabe von ›De vita beata‹ besteht in der Entdeckung, dass große Teile der Schrift, nämlich 23 von 27 Kapiteln, »fast vollständig und zum Teil wörtlich der ›Philosophiae concolatio‹ von Boethius bzw. einem Boethius-Kommentar entstammen, der unter dem Namen von Thomas von Aquin überliefert ist, aber von William Wheatley (gest. nach 1317) stammt. Dieser Befund führt außerdem zu dem Ergebnis, dass die schon früher beobachtete Seneca-Rezeption Weigels nicht originär ist, sondern auf die Rezeption von Wheatley zurückgeht. Ein weiteres Kapitel (Kapitel 23) beruht auf Pseudo-Dionysius Areopagita und wurde von Oswald Croll (gest. 1608) »meist wörtlich« (XXVI) in das Vorwort seiner 1609 erschienenen Schrift ›De signaturis internis reum‹ aufgenommen (vgl. 89–92).
Diese und weitere Beobachtungen des Herausgebers können an der aus Gründen besserer Erreichbarkeit ausführlich zitierenden Kommentierung nachvollzogen werden. Berücksichtigt man, dass der Herausgeber die Erstfassung von ›De vita beata‹ als eine der frühesten Schriften Weigels auf 1570 datiert, so ergeben sich auch Schlüsse für das Werden von Weigels Anschauungen überhaupt.
Die deutschsprachige Bearbeitung von ›De vita beata‹, nämlich ›Vom seligen Leben‹, weist der Herausgeber Weigels Diakon Benedikt Biedermann zu, von dem wahrscheinlich auch das Prager Manuskript des Textes stammt. Der Text wird in der Ausgabe ohne Kommentierung wiedergegeben, da auf die korrespondierenden Partien bereits der Kommentar zu ›De vita beata‹ verweist.
Es liegt nunmehr numerisch die Hälfte der Weigel-Neuedition vor. Dem Band sind – wie schon den vorher erschienenen Bänden – Abbildungen von wichtigen Teilen der Primärquellen sowie Regis­ter der zitierten Personen, anonymer Werke, von Texten Weigels selbst und biblischer Zitate beigegeben. Die gewohnte Sorgfalt und Umsicht des Herausgebers in Texterstellung, Deutung und Kommentierung verspricht der weiteren Forschung eine zuverlässige Grundlage. Das bleibt angesichts der auch an der nun vorgelegten Edition ablesbaren speziellen Schwierigkeiten, von denen das Vorwort berichtet, mit Dank hoch zu würdigen.