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Ausgabe:

Februar/1997

Spalte:

135–137

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Morrow, William S.

Titel/Untertitel:

Scribing the Center. Organization and Redaction in Deuteronomy 14:1–17:13.

Verlag:

Atlanta: Scholars Press 1995. XI, 271 S. 8° = SBL Monograph Series, 49. Kart. $ 33.95. ISBN 0-7885-0065-1.

Rezensent:

Udo Rüterswörden

Die Arbeit geht auf eine Dissertation des Department of Near Eastern Studies der University of Toronto aus dem Jahre 1988 zurück. Ziel der Arbeit ist "a redaction-critical statement of the text’s composition"(5); die angewandte Methode ist die Literarkritik, kontrolliert durch die discourse analysis, für die als Gewährsmänner Halliday und Hasan genannt werden, sowie durch die Methodologie, die Wolfgang Richter entwickelt hat:

"In the first place, whereas Richter insists on the need for an analysis of textual structure after literary-critical study, I follow those who insist on the need for a synchronic description of textual structure prior to literary-critical analysis. For the same reason, a description of the text’s relationship to various sorts of li-terary parallels on the phrase, clause, and clause row levels of textual organization also precedes literary-critical analysis."(6 f.).

Der analytische Hauptteil der Arbeit befaßt sich mit den clause rows (Satzreihen, 33) in Dt 14,1-17,13. Die Abgrenzung der Satzreihen folgt im wesentlichen der Setzung von Petuchot und Setumot im massoretischen Text. Die Analyseschritte sind: Überlegungen zur Abgrenzung; Umschrift und Übersetzung nebst tabellarischen Übersichten zur Satzstruktur (Clause Level Analysis) und -konstitution (Clause Constituent Analysis, "a hybrid system of structural and semantic categories" [38]); Aufbau der Satzreihe (Clause Row Structure) mit tabellarischer Übersicht zur inneren Form; Parallelen i.S.v. Formulierungs- und Strukturparallelen, Formkritik; Prüfung der literarischen Einheitlichkeit. Eine tabellarische Übersicht im Anhang zeigt "Structural Ties in the Clause Rows of Deut 14:1-17:13".

Als Ergebnis ist eine Grundschicht rekonstruiert, die in Dt 14,22-23a, 24aa´.ab´.b, 25-27aa´.b, 28-29; 15,1-3, 19-23; 16,1-11, 13-20; 17,8-10 zu finden ist. "This span of material may be called the mqwm sentence, because its primary concern is with actions and journeys connected to the ’place which Yahweh your God chooses.’" (13). Die Schicht ist ein Kommentar zu Dt 12,13-19. Die Disposition des Materials folgt dem Schema: all ­ some ­ none. In 14,22-15,3.19-23; 16,1-17 finden sich Bestimmungen mit der Anrede in der 2. Pers., die sich an alle richten; in 16,18-20; 17,8-10 ist der Adressatenkreis eingegrenzt; zu der Gruppe "none" gehören die Priester, von denen in der 3. Pers. die Rede ist und die somit aus dem Adressatenschema herausfallen. Eine mögliche Vorstufe dieser Schicht sind privilegrechtliche Bestimmungen; Texte außerhalb dieser Schicht sind exilisch oder später; Anzeichen für josiazeitliche Deuteronomismen finden sich in dem Textbereich nicht.

Der Autor gibt an, daß die Abgrenzung des Analysebereichs etwas willkürlich (somewhat arbitrary, 3) sei. Dem ist zuzustimmen, denn zu den mqwm sentences gehört auch Dt 18,1-8, ein Text, der nur am Rande mitverarbeitet wird (219 f.). Bei einer Mitbehandlung in der Analyse hätte sich dann verstärkt die Frage nach der Einbindung des Königs- und Prophetengesetzes gestellt. Geht man über den Formalismus, der in dem Begriff mqwm sentence liegt, hinaus, und erweitert den Blick auf die Zentralisationstexte, die sich ja insgesamt auf Dt 12 beziehen, wird man auch Dt 19 zu berücksichtigen haben. (1) Zentralisationsgesetze gehören zum Kernbestand des Deuteronomiums, aber man wird ihn nicht darauf reduzieren können. (2)

Ein Problem bei M.s Sicht der Dinge ist der Überleitungsbereich in Dt 16,18-17,1. Eine Überleitung würde auf einen Themenwechsel weisen, etwa vom Sachbereich Kult auf den Bereich der Ämter, ein für M.s Konzept durchlaufender mqwm sentences sperriges Element, das durch die literarkritische Herauslösung von Dt 16,20-17,1 eliminiert wird. Ein Teil der nachfolgenden Forschung hat diesen Weg beschritten; (3) mit Frevel wären indes daran Fragen zu stellen. (4)

Eine oft ventilierte Frage richtet sich auf die Zuordnung von Dt 17,2-7. Daß es Parallelen zu Dt 13 gibt, ist altbekannt, und eine dtr. Kompilation ist eine in der Forschung vertretene These. Wieweit für die Frage der Einheitlichkeit die discourse analysis hilfreich sein kann, hätte vielleicht deutlicher herausgestellt werden können; der Vf. bekennt sich am Ende zu seiner Meinung (opinion), "that 17:2-7 has a cohesive literary unity and that there are no literary-critical grounds for establishing a shorter, more original form" (183). Der Gestirnkult in Dt 17,3 spielt augenscheinlich für die inner structure keine Rolle (181), dennoch wäre hier kein Kriterium für einen Zuwachs zu finden (184).

Berücksichtigt sind Arbeiten zum Deuteronomium etwa bis zur Mitte der 80er Jahre; (5) spätere Literatur ist nur spärlich benutzt; so gibt es keine Auseinandersetung etwa mit Niehr (1986), Foresti (1988), Buchholz (1988), Seebass (1991), Bultmann (1992), Zobel (1992), Crüsemann (1992); zu Dt 15 wäre die Diskussion mit Perlitt (1980) und Lohfink (1990) interessant gewesen; Brauliks Kommentar (1986.1992) wird nicht erwähnt; an älteren, gleichwohl wichtigen Kommentatoren vermißt man Dillmann und Steuernagel.

Fussnoten:

(1) S. dazu jetzt E. Reuter, Kultzentralisation (BBB 87), Frankfurt am Main 1993, 184 ff.
(2) Hingewiesen sei auf die für die neuere Deuteronomiumforschung wichtige Position von E. Otto, Theologische Ethik des Alten Testaments (Theologische Wissenschaft 3,2), Stuttgart, Berlin, Köln 1994, 175 ff.
(3) E. Otto, a.a.O., 193 ff.
(4) Ch. Frevel, Aschera und der Ausschließlichkeitsanspruch Jahwes (BBB 94/1), Weinheim 1995, 164 ff.
(5) Nach den Angaben des Vf.s hätte sich ein Abschluß des Manuskripts etwa zeitgleich mit der Verfügbarkeit der Arbeit von E. Reuter um 1994 ergeben (50 Anm. 54).