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Ausgabe:

Juli/August/2010

Spalte:

849-850

Kategorie:

Kirchengeschichte: Alte Kirche, Christliche Archäologie

Autor/Hrsg.:

Seeliger, Hans Reinhard [Hrsg.]

Titel/Untertitel:

Archäologie der antiken Bischofssitze I: Spätantike Bischofssitze Ägyptens. Hrsg. unter Mitarbeit v. K. Krumeich.

Verlag:

Wiesbaden: Reichert 2007. 128 S. m. 32 Abb. 8° = Sprachen und Kulturen des Christlichen Orients, 15. Lw. EUR 49,00. ISBN 978-3-89500-501-5.

Rezensent:

Stefan Timm

Die vorliegende Studie, hervorgegangen aus dem Forschungsprojekt »Archäologie der antiken Bischofssitze« der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Tübingen, vermehrt »über die Kenntnis der ergrabenen bischöflichen Bauten hinaus zugleich das Wissen um die bestehenden Lücken« (Vorwort, IX [H. R. Seeliger]). Sie dokumentiert exemplarisch zu zwölf Orten, was Quellenstudium und Archäologie dazu zusammengetragen haben, weist aber zu Recht darauf hin, dass zur Zeit der arabischen Eroberung des Landes (um 640 n. Chr.) 85 Bistümer bezeugt sind.
Unter der Überschrift: »Bischöfliche Bauten der Spätantike in Ägypten – zur Interpretation der archäologischen Befunde« (27–40) geht Kirsten Krumeich dem nach, woran zu erkennen sei, dass es sich bei bestimmten Relikten um die ehemalige Bischofskirche handle. Ihre Überlegungen laufen darauf hinaus, dass es ein repräsentativer Bau mit Baptisterium gewesen sein muss. Das bleiben unscharfe Kriterien, es ist aber eine kaum lösbare Frage. Die aufgefundenen Kirchen sind in Größe, Typ und Ausstattung so verschieden, dass kein Einheitsmodell einer Bischofskirche aufzuweisen ist, vgl. die Kirchen, die in Tempel hineingebaut wurden (Philae).
Das Kernstück des Buches (45–109 [K. Krumeich]) ist ein Katalog über elf Orte, für die ein Bischofssitz bezeugt ist und in denen ansehnliche Relikte als Bischofskirche angesehen werden können. Er um­fasst: Alexandreia (ohne Lokalisierung der ältesten Kirchen, aber mit Angaben, wo sie im heutigen Stadtgebiet anzusetzen seien), Antinoopolis, Athribis, Diospolis megalē, Hermōnthis, Hermoupolis megalē, Koptos, Ostrakinē, Pēlousion, Philai und Tentyris. Neben griechischen, lateinischen, koptischen und arabischen Ortsnamensformen bietet er eine komprimierte Diskussion unter Rückgriff auf neueste Literatur und schließt mit Hinweisen auf die kirchenhistorische und die archäologische Literatur sowie Di­verses. Unter Letzterem sind die einschlägigen Opera von A. Calderini bzw. S. Daris und die des Rezensenten subsumiert. Für diese Orte wird hiermit der neueste Stand der Forschung dokumentiert, für die jeder Dank zu sagen hat. Nützlich sind auch die ausführlichen Sach-, Personen- und topographischen Register (griechisch, lateinisch-griechisch, koptisch-griechisch, arabisch-griechisch).
Der beigegebene Abbildungsteil entspricht nicht überall dem sonstigen Standard (vgl. Karte Abb. 1), der Plan von Alexandreia (Abb. 2) ist kaum lesbar. Was soll das Schnittprofil zu Athribis bezeugen (Abb. 8)? Dem stehen vorzügliche, neueste Grundrisszeichnungen von Peter Großmann gegenüber, dem profundesten Kenner der antiken christlichen Architektur Ägyptens (Abb. 9–11; 14; 16; 20; 22–28; 30–31). Auf sie sei ausdrücklich hingewiesen.
Wenn auch Mareia/Maryūṭ in den Katalog aufgenommen worden ist, so war die große Basilika in al-Ḥawārīya keine Bischofskirche. Die Funktion der beiden großen Privathäuser dort ist umstritten (Hospitium? Gerontomeion?). Aber es hätten sehr wohl noch mehr »Zugaben« dieser Art sein dürfen.