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Ausgabe:

Juli/August/2010

Spalte:

823-824

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Matthews, Victor H.

Titel/Untertitel:

More Than Meets the Ear. Discovering the Hidden Contexts of Old Testament Conversations.

Verlag:

Grand Rapids-Cambridge: Eerdmans 2008. XII, 198 S. gr.8°. Kart. US$ 25,00. ISBN 978-0-8028-0384-9.

Rezensent:

Melanie Köhlmoos

Der Professor und Dekan der Missouri State University legt in diesem Buch eine kompakte und offenbar als Lehrbuch konzipierte Einführung in Methodik und Fragestellungen der Soziolinguistik vor und wendet sie auf alttestamentliche Texte an. In instruktiven Analysen wird deutlich, dass die Dialogsequenzen alttestamentlicher Prosatexte nicht nur narrative Ausschmückungen darstellen, sondern durch Anordnung und Präsentation, Soziolekt und Rollenstrukturen ein wesentliches Gerüst des jeweiligen Textes bilden.
Das Buch enthält fünf Kapitel. In einem ersten Teil wird skizzenartig der theoretisch-methodische Rahmen umrissen (Analyzing Biblical Dialogue with Sociolingustics and Discourse Analysis: 1–26), der dann mit einer Analyse von Gen 38 ausgefüllt wird (Discourse and Cognition in the Story of Judah and Tamar: 27–66). Kapitel 3 widmet sich der Konversationsanalyse (Conversation Anal­ysis and Embedded Dialogue: 67–100) und entfaltet sie nach kurzer Einführung an Ex 18, 2Sam 6 und 1Sam 25. In Kapitel 4 wird die positioning theory vorgestellt (Dialogue as Social Kaleidoscope: Using Positioning Theory: 101–131), d. i. die Analyse von Selbstwahrnehmungen und Rollenbildern durch rhetorische Mittel. Sie wird an Dan 1; 3; 6 beispielhaft durchgeführt. Kapitel 5 schildert die Dynamiken sozialer Interaktion im Zusammenhang mit sozialen und kulturell codierten Räumen (Spatiality and Context: 131–164).
Die Einbeziehung sozialwissenschaftlicher Methoden in die Exegese ist nicht neu. In den theoretischen Teilen wird indes wiederholt transparent, wie hilfreich sie zum adäquaten Verständnis sozialer Interaktionen in biblischen Texten sein können: Hier handeln Mitglieder einer bestimmten Gesellschaft; die Stimmigkeit einer Erzählung hängt also auch von der Plausibilität der Figuren in ihrem Kontext ab (vgl. 30 f.). In den einzelnen Analysen wird jedoch dieser Anspruch an die Leistungsfähigkeit der Methode nicht immer eingelöst. Gerade in der umfangreichen Präsentation von Gen 38 wird nicht erkennbar, welche Einsichten sich literarischer, welche sich soziologischer Befragung des Textes verdanken. Die weiteren Textanalysen sind eher Schlaglichter auf die Möglichkeiten der Methode.
Das kleine Werk ist vor allem theoretisch-methodisch interessant für diejenigen, die sich einen kurzen, instruktiven Überblick über Fragen der Soziolinguistik verschaffen wollen. In diesem Zusammenhang sind das Glossar und das umfangreiche Literaturverzeichnis (169–187) ein echter Gewinn. Die Studie kann sich zur exegetischen Auseinandersetzung mit der Sozialwissenschaft als nützlich erweisen.