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Ausgabe:

Mai/2007

Spalte:

491–500

Kategorie:

Kirchengeschichte: 20. Jahrhundert, Zeitgeschichte

Autor/Hrsg.:

Jochen-Christoph Kaiser

Titel/Untertitel:

Erwägungen zu Begriff und Geschichtedes politischen Protestantismus

Dass der Protestantismus seit seiner Entstehung im 16. Jh. auf das Engste mit den politischen Kräften seiner Zeit verbunden war und es trotz aller Umbrüche über 1918 und das Ende des landesherrlichen Kirchenregiments hinaus geblieben ist, scheint als Feststellung trivial: Die Symbiose von kirchlich-theologischer Reform und den dann evangelisch werdenden Territorialstaaten bildet nahezu das konstitutive Element der doppelten Modernisierungsgeschichte des deutschen Protestantismus und protestantischer Landesherrschaft in Deutschland. Aber auch im 20. Jh. verschwand diese besondere Staatsnähe nicht einfach, sondern entwickelte sich in einem langen und schmerzlichen Prozess zur heutigen gesellschaftlichen Rolle der evangelischen Konfession innerhalb des de­mokratischen Sozialstaats.

Die Christentumsgeschichte weiß seit jeher von dem Anspruch von Religion und Kirche, auf den Bereich des Öffentlichen Einfluss zu nehmen und die jeweiligen gesellschaftlichen Werte und Normen entweder als bestimmende Größe zu gestalten oder – mit Blick auf die neueste Zeit – daran wesentlichen Anteil zu nehmen. Im Mainstream der kirchengeschichtlichen Entwicklung lässt sich diese Tendenz im Grunde seit der Konstantinischen Wende verfolgen. Christliche Sondergemeinschaften und Sekten, die bewusst auf diesen Anspruch verzichteten oder dies noch immer tun, können hier außer Betracht bleiben, zumal ihr ›Rückzug aus der Welt‹ indirekt ebenfalls politische Folgen nach sich zog und sei es durch die unkritische Akzeptanz des jeweiligen Herrschaftssystems.

Die Begriffsgeschichte dessen, was materialiter mit ›politischem Protestantismus‹ gemeint ist, bewegt sich, aus der Perspektive der theologischen Disziplinen gesehen, mindestens auf zwei voneinander ab­zuhebenden Ebenen: Zunächst geht es um das weite Feld einer (christlichen) Ethik des Politischen – hier fokussiert auf den Pro­testantismus –, die so alt ist wie das Christentum insgesamt. Das Verhältnis von Religion und Gesellschaft spielte in der Chris­tentumsgeschichte immer eine entscheidende Rolle, wenn es um die Umsetzung dogmatischer Regeln und einer persönlichen Glaubensüberzeugung im praktischen Lebensvollzug ging. Die damit verbundenen Probleme stehen deshalb seit jeher auf der Agenda der Systematischen Theologie und ihrer Unterdisziplin (Sozial-) Ethik. Damit verwandt, aber auf Grund des methodischen Zugriffs in anderer Weise, besitzt der politische Protestantismus erst recht eine historische respektive kirchengeschichtliche Dimension. Auf sie wird sich das Folgende vor allem konzentrieren. Intendiert ist je­doch keine geschichtstheoretische Abhandlung, die in diesem Bereich verbleibt, sondern eine Einführung aus grundsätzlicheren Erwägungen und empirischen Beobachtungen, die erstere illus­trieren bzw. ihnen die quellenmäßig aufweisbare ›Bodenhaftung‹ geben.

I.


Wer sich mit dem ›politischen Protestantismus‹ beschäftigt, wird bald feststellen, das dieser in einschlägigen Lexikonartikeln als eigenständiger Terminus technicus nur höchst selten auftaucht, während die ›Sache‹, um die es geht, sehr wohl Thema ist, jedoch stets im Zusammenhang anderer Schlagworte wie Politik, Nation, Gesellschaft, Vaterland.1 Ähnliches trifft auch auf die meisten his­torischen wie sozialethischen Monographien und Aufsätze zum Thema ›Protestantismus und Politik‹ zu: Hin und wieder taucht der Begriff ›politischer Protestantismus‹ sogar im Titel auf – auf eine systematisierende, historisch eingrenzende Begriffsbestimmung und Einordnung wird aber in der Regel verzichtet.2

Es war der Münsteraner Neuhistoriker Heinz Gollwitzer, der 1981 in einem Vortrag vor der Rheinisch-Westfälischen Akademie der Wissenschaften das Phänomen erstmals wissenschaftlich angemessen in den Blick nahm und konstatierte, dass der Begriff so gut wie gar nicht eingeführt sei und historisch gesehen außer in der kontroverstheologischen Polemik kaum benutzt werde.3 Auch der Versuch, sich über den komplementären Terminus ›politischer Ka­tholizismus‹, der sehr wohl greifbar ist,4 einer Definition des ›politischen Protestantismus‹ zu nähern, führt nach Gollwitzer kaum weiter, denn die Ausgangsbedingungen und Entwicklungslinien einer in Anlehnung an konfessionelle Prinzipien betriebenen Politik seien bei Katholiken und Protestanten zu unterschiedlich, ferner verfüge der Katholizismus mit der Kurie über eine weltumspannende Institution, der seitens des Protestantismus nichts Adäquates zur Seite stehe.5 Abgesehen davon, dass Gollwitzer auch die europäische Perspektive mit einbezieht und neben den lutherischen skandinavischen Gesellschaften und Großbritannien selbst den amerikanischen Protestantismus berücksichtigt, be­schreibt er in Sonderheit die deutschen Strömungen eines protes­tantisch eingefärbten Konservativismus, Nationalismus, Liberalismus und schließlich religiösen Sozialismus. Bezogen auf die Jahrzehnte nach 1945 stellt er abschließend die kritische Frage, in welchem Maß das protestantische Kirchenvolk den politischen Op­tionen sei­ner Repräsentanten noch folge oder in politischer Hinsicht eigenständige Wege gehe, die kaum mehr von konfessionellen Rücksichten oder Orientierungen geprägt seien. Seine bedenkenswerte Schlussthese zielt auf die Vermutung, dass angesichts der fortschreitenden Säkularisierung von einem volkskirchlich ge­bundenen politischen Protestantismus nur noch sehr bedingt ge­sprochen werden könne – die Aufgabe historischen Nachfragens jedoch darin liege, auch bei fehlendem oder abnehmendem Be­wusstsein konfessionell konditionierter politischer Entscheidungen deren religiös-mentalen Wurzeln nachzuspüren. 6

Deutet sich bei Gollwitzer bereits an, dass der Terminus weithin unklar ist bzw. ein so weites Spektrum umfasst, dass ihm kaum analytische Kraft zukommt, bestätigen auch andere Autoren diesen Eindruck. So moniert Herbert Christ »eine verwirrende Fülle von Erscheinungen keineswegs einheitlichen Charakters«, die bei einer historischen Einordnung des Begriffs zu berücksichtigen seien.7 Auch der neueste Beitrag zum Thema von Michael Klein beklagt dessen Undeutlichkeit und ›eigentümliche Ungebräuchlichkeit‹ in kirchen- und allgemeingeschichtlichen Untersuchungen,8 plädiert aber im Anschluss an Gollwitzer für die ›Wiedersichtbarmachung‹ der konfessionellen Komponenten von Politik, die im Protestantismus allerdings mehr verdeckt als offen zu Tage träten. Man dürfe diese aber nicht isolieren oder verabsolutieren und vor allem nicht andere universalgeschichtliche Faktoren in ihrer Relevanz für den politischen Protestantismus ausblenden.9 Klein vermutet, dass der parallele Begriff ›politischer Katholizismus‹ auf Grund seiner negativen Konnotation im evangelischen Bereich verhindert habe, dass hier ein von den kontroverstheologischen pejorativen Tendenzen entkleideter, ins Positive gewendeter politischer Protes­tantismus terminologisch Fuß fasste. Ferner kenne der Protestantismus keine der katholischen Konfession ähnliche Geschlossenheit, höchstens ein ›protestantisches Prinzip‹, das bei Klein jedoch ähnlich vage bleibt wie die Denkfigur eines politischen Protestantismus, zumal Hegel als der wichtigste Vertreter dieses Prinzips darunter in hoher Abstraktion die protestantische Identifikation von Religion und Sittlichkeit verstehen wollte, ohne dieses Modell historisch näher zu füllen. 10 Die mangelnde Geschlossenheit, meint Klein in Anlehnung an Rudolf Smend,11 sei jedoch kein Mangel, sondern geradezu eine Stärke des Protestantismus, die die Vielgestaltigkeit seiner Erscheinungsformen und Durch­setzungsfähigkeit bedingte, weshalb er es nicht nötig gehabt habe, sich auf eine konfessionelle Partei ähnlich dem Zentrum zu stützen.12 – Einer solchen Auffassung wird man entgegenhalten können, dass es im 19. Jh. sehr wohl Parteien gab, die dem Protestantismus be­sonders nahestanden und die sich deshalb mit der ge­botenen Vorsicht als ›evangelische‹ Gruppierungen kennzeichnen lassen: in Preußen etwa die Konservative Partei auf der Rechten und der Na­tionalliberalismus, der sich vom ebenfalls evangelisch ge­prägten ›linken‹ Freisinn deutlich unterschied. Außerdem gab es bekanntlich die – gescheiterten – Parteigründungen Adolf Stoe­ckers im Kaiserreich und zu Beginn der Weimarer Republik den Versuch einer durch den ehemaligen Hofprediger Bruno Doehring inspirierten, kurzlebigen ›Reformationspartei‹, vom Christlich-sozialen Volksdienst als evangelisch-sozialer Abspaltung von den Deutschnationalen ganz zu schweigen.13

Nach knappen Ausführungen darüber, ob der Verzicht auf den Terminus ›politischer Protestantismus‹ nicht überhaupt einer Geis­teshaltung geschuldet sei, die den Bereich des Politischen lieber mied, wagt sich Klein dennoch an eine Definition dessen, was er in seiner Untersuchung über die Parteienlandschaft in der alten Bundesrepublik bis 1963 ›politischen Protestantismus‹ nennt. Darunter will er »jegliches Auftreten bzw. Wirken des Protestantismus bzw. von Protestanten im oben definierten Sinne im Raum der politischen Institutionen (polity), der politischen Auseinandersetzung (politics) bzw. einer bestimmten Politik (policy)« verstehen. 14

Angesichts dieser politikwissenschaftlich-funktionalen Be­griffs­bestimmung ist nach dem historischen Nutzen zu fragen, den eine derartige Definition für die Forschung erbringen kann. Es scheint, als ob Klein im Kern von der Tatsache einer seit dem 19. Jh. zu beobachtenden neuen Politisierung des Protestantismus ausgeht, der er am Ende und im Ergebnis dann das Etikett ›politischer Protestantismus‹ anheftet.15 Denn über eine konfessionsbezogene Ausrichtung oder über deren Anteil am Wirken (gesellschafts-)politisch aktiver Protestanten oder ihrer Kirche(n) ist damit nichts gesagt. Dass Menschen sich an den politischen Diskursen ihrer Zeit beteiligen, die zugleich Staatsbürger und evangelisch oder katholisch sind, ist für sich genommen noch keine überraschende Erkenntnis. Man könnte noch zahlreiche andere Faktoren oder Rollen benennen, die für politische Entscheidungsfindungen von Protestanten wichtig sind: etwa das Geschlecht, die landsmannschaftliche Zugehörigkeit und – vor allem – die soziale Stellung. Man wird Klein jedoch als Verdienst zugestehen müssen, dass er sich im Zuge seiner zeitgeschichtlichen Forschungen überhaupt an eine Begriffsbestimmung des politischen Protestantismus gewagt hat. Dieser veränderte sich im Laufe des Politisierungsprozesses seit der ersten Hälfte des 19. Jh.s jedoch fortlaufend, so dass eine gleichsam zeit­lose – und damit ahistorische – Festlegung auf eine bestimmte Definition prima vista nicht möglich erscheint; aber es dürfte sich lohnen, über eine solche übergreifende Begriffsbildung weiter nach­zudenken.

II.


Eingehender als protestantische (Kirchen-)Historiker haben sich – vor allem in der ersten Hälfte des 20. Jh.s – katholische Autoren mit dem Begriff des politischen Protestantismus auseinandergesetzt. Zu ihnen gehörten der Priester und Kirchenhistoriker Johannes B.Kißling, ab 1920 Professor in Braunsberg/Ermland, und der Schriftsteller Otto Kunze,16 dessen das Thema im Titel tragende Broschüre aus dem Jahr 1926 bislang allerdings kaum rezipiert wurde.17

Kißling verzichtet auf eine exakte Definition des politischen Pro­testantismus und siedelt dessen Entstehung in den konfessionspolitischen Wirren des 19. Jh.s von der Gebietsneuordnung im Gefolge des Wiener Kongresses über den Kölner Mischehenstreit bis zum Kulturkampf an. Wichtiger als seine positionell gefärbten Ausführungen ist die Interpretation der Hintergründe eines wirkungsmächtigen politischen Protestantismus: Er sieht diese in der »Unterwerfung des Staates unter protestantisch-kirchliche Belange«.18 Offen bleibt dabei, ob er darunter eine theokratische Tendenz oder eine mentale protestantische Prädisposition der (preu­ßischen) Dynastie und ihrer Führungseliten versteht. Letztere be­deutet für ihn freilich mehr als bloßes politisches Machtkalkül im Sinne der Sicherung und Wahrung einer protestantischen Leit- und Einheitskultur auch nach dem Zugewinn von Territorien mit katholischer Bevölkerungsmehrheit. Dafür bringt er zahlreiche Belege von führenden preußischen Persönlichkeiten und Poli­tikern und als Spitzenzitat den in der Tat hochproblematischen Ausspruch des Generals Leopold von Gerlach aus dessen ›Denkwürdigkeiten‹: Aufgabe des preußischen Staates war es danach, »die herrschenden Teile seiner Einwohner zu vermehren und den un­ter­worfenen Theil zu vermindern: Germanisieren gegen Polen, Protestantisieren gegen die Römer!«19

Einen anderen Akzent als Johannes Kißling setzt Otto Kunze in seinem Verständnis des ›politischem Protestantismus‹: Nicht der Staat wurde der protestantischen Idee unterworfen, sondern um­gekehrt: Preußen instrumentalisierte den politischen Protestantismus als »treibende Kraft« seiner Staatsraison, weil er »eine be­stimmte Art des Protestantismus als ein Stück seines Wesens« empfand.20 Im politischen Katholizismus hingegen sah Preußen seinen natürlichen Gegner – weniger aus konfessionellen, sondern primär aus politischen Gründen: Im Kaiserreich gab es stets eine ideelle »Einheit zwischen Protestantismus, Großpreußentum und Ho­henzollern-Kaiser«, wobei allerdings unklar blieb, ob der politische Protestantismus nun »politische Religion« war oder nur »religiöse Politik«.21 Nach Auffassung Kunzes hat der moderne Gegensatz zwischen evangelisch und katholisch mit den religiösen Spannungen der Reformationszeit nichts mehr zu tun; diese seien seit langem überwunden und hätten schließlich auch die Reichseinheit nicht zerstört. Man müsse bezogen auf das 19. und 20. Jh. vielmehr von einem politischen Antagonismus sprechen, der neuartige Züge trug und die Religion zu politischen Zwecken missbrauchte. Da­ran anschließend versucht sich auch Kunze an einer Definition des politischen Protestantismus: Dessen höchstes Gut sei »nicht Lu­thers gnädiger Gott, nicht die neuprotestantische Gewissensfreiheit, sondern ein nationales deutsches Kaiserreich unter Preußen (heute vielfach nur noch ein preußisch-deutscher Nationalstaat überhaupt), stark durch die möglichste Einheit des deutschen Volkes in einer evangelischen Staatskirche.« 22

Bevor wir näher auf diese These eingehen, soll der historische Begründungszusammenhang, in dem Kunze seine Begriffsbestimmung entfaltet, knapp skizziert werden. Hier wartet er mit der großflächigen These auf, dass im Luthertum und bei Luther selbst ein aggressiver politischer Protestantismus im Sinne der späteren preußisch-deutschen Staatsdoktrin nicht angelegt war. Erst der Formwandel der (lutherischen) Reformation einmal durch die Nachwirkungen des ›linken Flügels der Reformation‹ und dann mit der »Überfremdung durch den romanischen Kalvinismus« hatten dies nach Kunze zu verantworten. Als die Reformierten 1613 nach der Konversion der Hohenzollern auch Preußen eroberten, schlugen sie eine ›Bresche‹ in das bis dahin geschlossene Luthertum. Durch sie »drang der schwärmerische Pietismus ein und weichte die dogmatische Gläubigkeit auf«. Erst mit der Unionsbildung von 1817 schuf sich der Staat dann jene Bastion, von der aus die »Unterwerfung Deutschlands« unter den politischen Protestantismus erfolgen konnte, 23 der mit der Reichsgründung sein Hauptziel erreichte und auch nach der Revolution weiter daran arbeitete, seinen Einfluss geltend zu machen.

III.


In unserem Kontext wollen wir uns mit der historischen natio­nalismusgeschichtlich aufschlussreichen Begründung der Hauptthese Kunzes nicht näher beschäftigen; sein Erklärungsversuch verbleibt im Rahmen einer traditionellen, konfessionell gebundenen Sicht, deren historisch-empirische Verifizierung Kunze nicht geleistet hat. Gleichwohl bereichert seine Hypothese die ältere katholische Protestantismuskritik des 19. Jh.s mitsamt ihrer kontroverstheologisch eingefärbten Grundannahme, die Reformation habe die Schleusen für die revolutionäre Umgestaltung der frühneuzeitlichen Staatenwelt und damit für Liberalismus, Demokratie und die mit beiden identifizierte Entkirchlichung geöffnet, um eine differenzierende Variante. 24 Wichtiger als deren historisch-genetische Herleitung erscheint die daraus folgende Behauptung von der Ersetzung der theologischen Grundeinsichten der Reformation innerhalb des Protestantismus des Kaiserreiches und über dessen Ende hinaus durch nationalistisches Ideengut, lange bevor diese Auffassung von der modernen Nationalismusforschung er­neut aufgegriffen wurde. Denn ungeachtet der polemischen Zu­spit­zung mutet eine solche Interpretation aus der Perspektive des Jahres 1926 erstaunlich aktuell und scharfsichtig an; sie charakterisiert jenen Teil des protestantischen Spektrums zutreffend, für den der Leitgedanke von ›Nation und Vaterland‹ im letzten Drittel des 19. Jh.s mehr und mehr die religiöse Substanz evangelischen Chris­tentums überlagerte und darüber hinaus schließlich den Boden für ein völkisch inspiriertes ›deutsches Christentum‹ bereitete.

Hans-Ulrich Wehler ist der Meinung, dass Nationalismus und Religion im 19. Jh. prinzipiell austauschbar gewesen seien: In dem Maße, wie die tradierten christlichen Erlösungslehren an Überzeugungskraft verloren, sei ein neues kulturelles Deutungssystem, eben der Nationalismus mit ähnlichen Mustern von Kontingenzbewältigung, Heilsversprechen und Sinndeutungsangeboten entstanden.25 Seine Kritiker haben Wehler nicht von ungefähr ein primär funktionales Verständnis von Religion bescheinigt, das von dogmatischen Aussagen und Glaubensinhalten völlig absehe und damit den Wesenskern christlicher Religiosität verfehle.26 Im Transformationsprozess zum Nationalismus werde Religion von ihm wesentlich auf Herrschaftssicherung reduziert, während das religiöse Moment mehr und mehr zurücktrete und schließlich ganz verschwinde. – Im Hintergrund dieses innerhalb der modernen Gesellschafts- und Sozialgeschichte weit verbreiteten Modells steht eine Säkularisierungstheorie, die in Anlehnung an das We­bersche Diktum von der ›Entzauberung der Welt‹ Religion in erster Linie als Verlustkategorie betrachtet, deren Bedeutung in modernen Gesellschaften so rasch und irreversibel abnehme, dass sie selbst als historisches Phänomen nur noch sehr bedingt Interesse beanspruchen könne. 27

Auch wer diese Sicht der Dinge mit guten Argumenten kritisiert, wird nicht umhinkommen, die von Wehler und anderen geschilderte Entwicklung von der ideologischen Überformung ur­sprünglich religiöser Überzeugungen durch die Ideologie des Na­tionalismus aufmerksam zu verfolgen. Denn in der Tat sind Entwicklungstendenzen dieser Art nicht von der Hand zu weisen: Dass ›deutsches Wesen‹ und deutsche Nation seit dem letzten Drittel des 19. Jh.s von dem evangelischen Bürgertum zu den ›höchsten Werten‹ gezählt wurden und in Verbindung mit einem den Reformator heroisierenden Lutherkult Deutschtum und evangelische Konfession in weiten Teilen des bürgerlichen Protestantismus immer näher zusammenrückten, ist sicherlich ein Faktum, dass an nationalen Gedenktagen des Kaiserreiches – und während des Ersten Weltkriegs in besonderer Zuspitzung – offenkundig wurde und in der frommen Kanzel-Rhetorik vom notwendigen Dienst und Opfer für das Vaterland demonstrierte, dass sich die christliche Substanz dieser Predigten zunehmend verflüchtigte bzw. ›ausgedünnt‹ wurde. 28

Frank-Michael Kuhlemann warnt in kritischer Auseinandersetzung mit Wehlers Modell davor, im Nationalprotestantismus allein die »Verabsolutierung des Nationalen als der letzten sinngebenden Instanz« zu sehen:29 Die Mehrzahl der Pfarrer habe trotz aller Hochschätzung des Nationalen dazu nicht geneigt, lasse man die Kriegszeit einmal außer Betracht. Deutliche Vorbehalte »ge­genüber einer nationalen Pervertierung des Glaubens« blieben bestehen; denn der theologische Ort des Volkstums war die Schöpfungsordnung, die auch ›unter dem Zorn Gottes stand‹, was eine ›Ver­gottung des Deutschtums‹ schlechterdings verbot. Es gab also »Grenzziehungen« des Nationalen in Selbstverständnis und politischem Handeln der Geistlichen. Sie blieben allerdings partiell und können das »Gesamtbild« eines existenten Pastorennationalismus nicht verdecken. Nach Kuhlemann fungierte der Nationalismus nicht als Ersatzreligion, die ein Sinnvakuum auffüllte, sondern als Ergänzung bzw. Anreicherung eines vorhandenen religiösen Weltbildes. Jedenfalls war der Nationalismus für die Pfarrerschaft in ihrer Breite keine »ausschließlich lebensbestimmende Macht und Sinninstanz«, wie es Wehlers These vom Nationalismus als säkularisierter neuer Religion unterstellt.30

Die in der Wilhelminischen Ära einsetzende bewusste Politisierung der protestantischen Konfession, die im Wesentlichen durch den dritten Hofprediger der Hohenzollern, Adolf Stoecker, vorangetrieben und darüber hinaus von dem beginnenden ›Pastorennationalismus‹ (Thomas Nipperdey) mitgetragen wurde, konnte in die von Wehler und anderen angedeutete Richtung gehen, musste es aber nicht, da sie in ihren Anfängen richtungsoffen war, jedoch bald ihr ambivalentes Gesicht zeigte. Denn diese Offenheit konnte in ganz unterschiedliche, ja gegensätzliche politischen Richtungen tendieren: einmal nach ›links‹, wie der liberale Kulturprotes­tan­tismus zeigt, bis hin zum religiösen Sozialismus, und dann nach ›rechts‹ in das Spektrum des Nationalprotestantismus hinein, der in Weimar auch die Ränder des völkisch-deutschchristlichen Spektrums erreichte.

Dieses Ja zu einer Politisierung überwand in Teilsegmenten des Protestantismus allmählich die alte Anschauung, die den Staat stützenden gesellschaftlichen Eliten stünden ›über den Parteien‹ und hätten sich um praktische Politik nicht zu kümmern. Ausgelöst wurde dieser Wandel vor allem durch die ungelöste soziale Frage und die Formierung des Proletariats als ›Klasse‹ mit einem re­volutionären Wirtschaftsprogramm und einer der bürgerlichen Gesellschaft bewusst entgegengesetzten materialistischen Weltanschauung. Beispiele dafür sind der Versuch Stoeckers, mit seiner Christlich-sozialen (Arbeiter-)Partei von 1878 und der ›Berliner Bewegung‹ evangelische Politik aktiv zu gestalten, 31 wie auch die vorsichtigeren, jedoch nicht zu unterschätzenden Bestrebungen des Central-Ausschusses für Innere Mission in den 1890er Jahren, öffentlich für eine strukturverändernde Sozialpolitik einzutreten und dabei auch vor Kritik am schwankenden Kurs Wilhelms II. wie gegenüber dem diesem loyal folgenden Evangelischen Oberkirchenrat nicht zurückzuschrecken.32 Letztere Bemühungen markieren den Beginn einer Entwicklung – vorerst in Einschränkung auf das Feld der Sozialpolitik –, die in Weimar fortgeführt und in theologisch-sozialethischer Reflexion im Streit zwischen Heinz-Dietrich Wendland und Herbert Krimm in der frühen Bundesre­pu­b­lik um die sog. Gesellschaftsdiakonie wieder aufgenommen wurde.33

IV.


Gemeinhin geht man davon aus, dass die Entstehung des politischen Katholizismus Resultat des Außendrucks war, der (nicht nur) auf dem katholischen Milieu des 19. Jh.s lastete. Da der Protes­tantismus Zug um Zug bis zur Reichsgründung und danach verstärkt zur Religion der staatstragenden Schichten wurde und evangelische Kirchenfunktionäre wie das Kirchenvolk weithin wie selbstverständlich von einer protestantischen Dominanz im Reich ausgingen,34 entwickelte sich bis 1918 weder ein mehr oder weniger geschlossenes protestantisches Sondermilieu im Sinne der Versäulungstheorie nach M. Rainer Lepsius noch ein geschichtsmächtig werdendes Bedürfnis nach einer spezifisch evangelischen Partei oder einem sich dezidiert selbst so bezeichnenden oder von anderen so genannten politischen Protestantismus: Dieser war ja bereits auf allen Ebenen eines modern gefassten, weiten Politik- und Ge­sellschaftsbegriffes virulent und musste nicht erst als Programm formuliert und anschließend durch geeignete gesellschaftspoli­tische Gruppierungen umgesetzt werden. Dass Letztere – etwa in Gestalt vor allem des Evangelischen Bundes – in den Jahrzehnten nach der Reichsgründung dennoch entstanden, hatte konkret-po­litische Gründe wie die Bismarcksche Beilegung des Kulturkampfs und einen dezidierten Antikatholizismus in bestimmten Segmenten des protestantischen Lagers.35 Hans Maier hat deshalb früh die bedenkenswerte These aufgestellt, dass erst die totalitären Systeme des 20. Jh.s zur Entfaltung eines politischen Protestantismus ge­führt hätten. Dem ist zuzustimmen, wenn man den Begriff zeitlich weit fasst und mit der Revolution von 1918/19 einsetzen lässt.36

Hatte sich der deutsche Protestantismus im 19. Jh. nur im Hinblick auf die soziale Frage defensiv verhalten, so wandelte sich im ersten Drittel des 20. Jh.s dieses Einstellung zu einer nun gesamtpolitisch defensiven Grundhaltung. Erst nach dem ›Mora­torium‹ der NS-Herrschaft und der Konsolidierung der Bundesrepublik als Parteien- und nachhaltig integrativer Sozialstaat fand er seinen Ort auf dem politisch-gesellschaftlichen ›Markt‹. Nicht zuletzt durch die Selbstbefreiung aus nationalprotestantischer Befangenheit seit den 1960er Jahren konnte der deutsche Protestantismus damit zum ersten Mal auch freier respektive ›erfolgreicher‹ agieren als in den 150 Jahren zuvor. Während Hans Maier 1959 neben anderen Ge­sichtspunkten noch die Spannung zwischen Zwei-Reiche-Lehre und der These von der Königsherrschaft Jesu Christi, d. h. der Spannung zwischen Barmen V und II, als grundlegendes Problem für di e– im Vergleich mit dem politischen Katholizismus – geringere gesellschaftspolitische Öffentlichkeitswirkung der Protestanten verantwortlich machte,37 hat Klaus Tanner 30 Jahre später mit Recht auf die Bedeutung der Demokratiedenkschrift von 1985 hingewiesen.38 Erst damit war im Kern das er­reicht, was schon Dibelius 1926 in seinem Jahrhundert der Kirche vorschwebte, freilich mit anderer Zielsetzung: So blieb der kurmärkische Generalsuperintendent noch ganz dem Stoeckerschen Politikverständnis mit dem dahinterstehenden umfassenden Anspruch der Re-Christianisierung der Gesellschaft verbunden, den aufzugeben er noch keineswegs intendierte. Jedoch wies die von ihm beschworene Freiheit der Kirche gegenüber allen ge­sellschaftlichen und politischen Bindungen – jedenfalls bei wohlwollender Interpretation – bereits in jene Richtung, die kurz vor der Wende zum 21. Jh., d. h. 60 Jahre später, tatsächlich auch er­reicht wurde: die Aufgabe des christlichen He­gemonieanspruchs und das unzweideutige Ja zur pluralistisch-demokratischen Ge­sellschaft, in deren Kontext der Protestantis­mus heute nur einen, wenngleich gewichtigen Part unter anderen gesellschaftlichen Gruppen spielt.39

Summary


From its emergence in the 16. century Protestantism has been closely connected with the political powers of its time. This has continued to be so through the changes after 1918 and the end of the sovereigns’s rule over the church. The symbiosis of theological reforms of the church and territorial states becoming Protestant forms a constitutive element of the twofold history of modernisation of German Protestantism.

The history of the term »political Protestantism« can be persued on two different levels. On the one hand there is the long history of Christian social ethics and political thought including that of Protestantism. On the other there is the special historical dimension of the history of the Prostestant Churches. The article concentrates on the latter even though its aim is not a mere historical account but a critical reflection and discussion of some important developments and empirical data.

Fussnoten:

1) Das gilt für die vier Auflagen der RGG ebenso wie für die TRE und selbst für die Geschichtlichen Grundbegriffe, in denen man das Stichwort eigentlich hätte erwarten dürfen.
2) S. etwa Herbert Christ, Politischer Protestantismus in der Weimarer Republik. Eine Studie über die politische Meinungsbildung durch die evangelischen Kirchen im Spiegel der Literatur und der Presse, Diss. Bonn 1967; ferner Friedrich Wilhelm Kantzenbach, Politischer Protestantismus. Historische Profile und typische Konstellationen seit 1800, Saarbrücken 1987; das Beispiel einer sozialethischen Untersuchung mit diesem Titel bietet die Marburger theologische Dissertation von Michael Haspel, Politischer Protestantismus und gesellschaftliche Transformation. Ein Vergleich der evangelischen Kirchen in der DDR und der schwarzen Kirchen in der Bürgerrechtsbewegung in den USA, Tübingen-Basel 1997.
3) Heinz Gollwitzer, Vorüberlegungen zu einer Geschichte des politischen Protestantismus nach dem konfessionellen Zeitalter, Opladen 1981. Vereinzelte Belege für den Gebrauch des Terminus im frühen 19. Jh. ebd., 7 f.
4) Dazu Egon Lönne, Politischer Katholizismus im 19. und 20. Jahrhundert, Frankfurt a. M. 1986. – Lönne geht auf den politischen Protestantismus nicht ein; das Taschenbuch wurde in der Reihe ›Neue Historische Bibliothek‹ veröffentlicht, in der auch ein Parallelband zum politischen Protestantismus angekündigt ist, der bislang jedoch nicht erschien. Auch das könnte ein Hinweis auf die Probleme sein, die das Thema bereitet.
5) Das wird aus der Definition von Lönne ganz deutlich: »Der politische Katholizismus ist daher nicht im Hinblick auf die Bindung an die politische Linie der Kirchlichen Hierarchie, sondern hinsichtlich des Willens zu definieren, Politik aus der Bindung und Selbstbindung an die katholische Lehr- und Glaubensgemeinschaft, an ihre Bedürfnisse und Ziele zu gestalten.«, ebd., 11 f.
6) Ders., 40 f.
7) Christ (wie Anm. 2), 5 f.
8) Michael Klein, Westdeutscher Protestantismus und politische Parteien. Anti-Parteien-Mentalität und parteipolitisches Engagement von 1945 bis 1963, Tübingen 2005.
9) Gollwitzer (wie Anm. 3), 11.
10) Dazu jetzt Jörg Dierken, Selbstbewußtsein individueller Freiheit. Religionstheoretische Erkundungen in protestantischer Perspektive, Tübingen 2005, 259 ff.
11) Rudolf Smend, Protestantismus und Demokratie, in: Ders., Krisis. Ein politisches Manifest, 1932, 183–193; Nachdruck in: Ders., Staatsrechtliche Ab­handlungen und andere Aufsätze, Berlin 1955, 297–308.
12) Klein (wie Anm. 8), 18.
13) Walter Braun, Evangelische Parteien im Zweiten Reich. Nebst einem Anhang: Evangelische Parteien des germanischen Auslandes, Diss. Heidelberg 1939, Mannheim 1939; weitere Hinweise bei Kurt Nowak, Evangelische Kirche und Weimarer Republik. Zum politischen Weg des deutschen Protestantismus zwischen 1918 und 1932, Weimar-Göttingen 1981, 144 ff., und J. C. Kaiser, Der Evangelische Bund und die Politik 1918–1933, in: Evangelisch und Ökumenisch. Beiträge zum 100jährigen Bestehen des Evangelischen Bundes, hrsg. v. Gottfried Maron, Göttingen 1986, 174–191, bes. 181 ff. – Zum Christlich-Sozialen Volksdienst, einer Absplitterung von der DNVP, s. Günter Opitz, Der Christlich-Soziale Volksdienst. Versuch einer protestantischen Partei in der Weimarer Republik, Düsseldorf 1969.
14) Klein (wie Anm. 8), 19.
15) Ganz ähnlich übrigens Lönne (wie Anm. 4) in seiner Einleitung, der sich auf diese Weise einer exakteren Bestimmung seines Themas, des politischen Katholizismus, entzieht.
16) Kunze (1885–1929) war Konvertit und publizierte auch unter dem Pseudonym Otto Sachse; vgl. Wilhelm Kosch (Hrsg.), Das Katholische Deutschland. Biographisch-bibliographisches Lexikon, Bd. 2, Augsburg o. J., 2422, und den Nachruf von Georg Moenius in: Allgemeine Rundschau. Wochenschrift für Politik und Kultur 26 (1929).
17) Johannes Baptist Kißling, Der deutsche Protestantismus 1817–1917, 2 Bde., Münster 1917–18. Im ersten Band findet sich ein Kapitel über »Die Entstehung des politischen Protestantismus« (327 ff.). – Otto Kunze, Der politische Protestantismus, München 1926; Kunzes Büchlein erschien in der Reihe des Franziskanerpaters Dr. Erhard Schlund ›Zur religiösen Lage der Gegenwart‹.
18) So in der Formulierung Kunzes, der sich häufig auf Kißling bezieht; Kunze (wie Anm. 17), 11 f.
19) Nach Kißling I, 358. Die Originalstelle bei L. v. Gerlach, Denkwürdigkeiten aus dem Leben Leopold von Gerlachs …, nach seinen Aufzeichnungen hrsg. v. seiner Tochter Ulrike A. v. Gerlach, 2 Bde., Berlin 1891/92, hier Bd. 2, 24.
20) Kunze (wie Anm. 17), 11 f.
21) Ebd., 10.
22) Ebd., 11.
23) Kunze meint, die Unionsbildung habe die Tatsache ignoriert, dass widerstreitende Dogmen nicht zu harmonisieren seien, dass sich Religion (und Konfessionalität) jedoch auf klare Lehrsätze beziehen muss, weil sie »ohne Dogmen im Nebel zerfließt« (40). Diese Parteinahme – wie überhaupt die Generalthese von den zerstörerischen Wirkungen des Calvinismus – macht deutlich, dass sich der ehemalige Protestant Kunze von seinen gewiss lutherischen Wurzeln auch als Katholik noch nicht gelöst hatte.
24) Belege bei Gollwitzer (wie Anm. 3), 7 f.42.
25) Hans-Ulrich Wehler, Nationalismus. Geschichte, Folgen, Formen, München 2001, 32 f.
26) Rolf-Ulrich Kunze, Nation und Nationalismus, Darmstadt 2005, 55 ff. S. a. Frank-Michael Kuhlemann, »Pastorennationalismus in Deutschland im 19. Jh. – Befunde und Perspektiven der Forschung«, in: Heinz-Gerhard Haupt/ Dieter Langewiesche (Hrsg.), Nation und Religion in der deutschen Geschichte, Frankfurt-New York 2001, 548–586: 574 f.
27) Zur treffenden Kritik an solchen nicht allein auf Wehler bezogenen Thesen vgl. Friedrich-Wilhelm Graf, Die Wiederkehr der Götter. Religion in der modernen Kultur, München 2004, bes. 104 ff.
28) Beispiele bei Martin Greschat, Krieg und Kriegsbereitschaft im deutschen Protestantismus, in: Ders., Protestanten in der Zeit. Kirche und Gesellschaft in Deutschland vom Kaiserreich bis zur Gegenwart, Stuttgart et al. 1994, 51–66.
29) Folgendes nach Kuhlemann (wie Anm. 26), 574 f.
30) Ebd., 585.
31) Werner Jochmann/Günter Brakelmann/Martin Greschat, Protestantismus und Politik. Werk und Wirkung Adolf Stoeckers, Hamburg 1982; zum Verständnis evangelischer Politik bei Stoecker an einem Einzelbeispiel vgl. J. C. Kaiser, »Zur Politisierung des Verbandsprotestantismus. Die Wirkung Adolf Stoeckers auf die Herausbildung einer evangelischen Frauenbewegung um die Jahrhundertwende«, in: Wolfgang Schieder (Hrsg.), Kirche und Gesellschaft im 19. Jahrhundert, Stuttgart 1993, 254–271.
32) Klaus-Erich Pollmann, Landesherrliches Kirchenregiment und soziale Frage. Der evangelische Oberkirchenrat der altpreußischen Landeskirche und die sozialpolitische Bewegung der Geistlichen nach 1890, Berlin-New York 1973; J. C. Kaiser, »›Innere Mission‹ als Sozialreform im kirchlich-konservativen Verbandsprotestantismus«, in: Ramona Myrrhe (Hrsg.), Geschichte als Beruf. Demokratie und Diktatur, Protestantismus und politische Kultur, FS Klaus-Erich Pollmann, [Dößel] 2005, 209–224.
33) Dazu Volker Herrmann, ›Liturgie und Diakonie‹. Zu Leben und Werk von Herbert Krimm, Heidelberg 2003.
34) Stoecker prägte in diesem Kontext das Schlagwort vom ›Heiligen evangelischen Reich deutscher Nation‹; vgl. Walter Frank, Hofprediger Adolf Stoe­cker und die christlich-soziale Bewegung, Hamburg 21935, 27 f.
35) Zum Lagerbegriff s. Karl Rohe, Wahlen und Wählertraditionen in Deutschland, Frankfurt a. M. 1992, 19 ff.
36) Hans Maier, Kirche und Revolution. Zur Frühgeschichte der christlichen Demokratie, Freiburg-Basel-Wien 1988 [11959], 290 ff. – S. a. J. C. Kaiser, Die Formierung des protestantischen Milieus. Konfessionelle Vergesellschaftung im 19. Jahrhundert, in: Olaf R. Blaschke/Frank-Michael Kuhlemann (Hrsg.), Religion im Kaiserreich. Milieus, Mentalitäten, Krisen, Gütersloh 1996, 257–289.
37) Ebd., 294 f.
38) Klaus Tanner, Die fromme Verstaatlichung des Gewissens: zur Auseinandersetzung um die Legitimität der Weimarer Reichsverfassung in Staatsrechtswissenschaft und Theologie der zwanziger Jahre, Göttingen 1989; s. auch ders., Politischer Protestantismus in den deutschen Republiken, in: Walter Sparn (Hrsg.), Wieviel Religion braucht der deutsche Staat? Gütersloh 1992, 49–66.
39) S. dazu auch das jüngst erschienene gemeinsame Wort des Rates der EKD und der Deutschen Bischofskonferenz ›Demokratie braucht Tugenden‹ vom 20.11.2006 (Gemeinsame Texte Nr. 19).