Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

Januar/2004

Spalte:

3–24

Kategorie:

Systematische Theologie: Dogmatik

Autor/Hrsg.:

Hoping, Helmut

Titel/Untertitel:

Gottes Offenbarung und die Frage ihrer Verstehbarkeit

Theologische Neuansätze in der katholischen Dogmatik*

Da es nicht möglich ist, im Rahmen eines Literaturberichts auch nur einigermaßen umfassend über den gegenwärtigen Stand der deutschsprachigen katholischen Dogmatik zu berichten, ist eine radikale Beschränkung erforderlich. Der folgende Überblick konzentriert sich auf Neuansätze innerhalb der theologischen Hermeneutik. Es handelt es sich um Beiträge zur Gotteslehre, Christologie und Soteriologie, in denen die göttliche Offenbarung und die Frage ihrer Verstehbarkeit im Zentrum stehen.1 Die Neuansätze, die vorgestellt und diskutiert werden sollen, bestätigen den Eindruck einer zunehmenden Pluralisierung der katholischen Glaubenshermeneutik. Schon Karl Rahner, der mit seiner Transzendentaltheologie die katholische Theologie aus der Geschlossenheit des neuscholastischen Denkgebäudes herausgeführt hatte, beschäftigte das Problem des "theologischen Pluralismus".2 Durch den "forcierten Pluralismus" (Wolfgang Welsch) der Lebens-, Sprach- und Denkformen, wie er für unsere als "Postmoderne" titulierte späte Moderne kennzeichnend ist (menschliches Leben und damit auch Religion vollzieht sich danach nur im Vorletzten und Pluralen), hat sich das Pluralismusproblem erheblich verschärft.3 Bei ihrer Suche nach einer der Glaubenslehre angemessenen Denkform sieht sich die katholische Dogmatik auf Grund ihres Erbes der "natürlichen Theologie" in besonderer Weise durch die postmoderne Philosophie, die Humanwissenschaften, die ästhetische Theorie und die Kulturanthropologie herausgefordert.

1. Hermeneutik des Glaubens und transzendentale Freiheitslehre

Einen der profiliertesten Neuansätze in der katholischen Dogmatik verfolgt seit Jahren Thomas Pröpper.4 Mit Entschiedenheit plädiert er für die theologische Aufnahme des transzendentalen Freiheitsdenkens, sofern es dem "mit der fortschreitenden Selbstreflexion des neuzeitlichen Denkens erreichten Problemniveaus" (2001, 16.77) entspricht. Die Glaubenshermeneutik erfordert für Pröpper ein philosophisches Denken, das die "Ansprechbarkeit" des Menschen für die Wahrheit des Glaubens "aufzeigt und zugleich einsieht, sie selber weder ableiten noch sicherstellen zu können: ein auf die Freiheit bezogenes Denken also. Denn es liegt im Wesen menschlicher Freiheit, daß die Wirklichkeit, die ihr gemäß ist, nur geschenkt werden kann: die Anerkennung durch Mitmenschen und noch mehr die Selbstmitteilung Gottes" (151). Für die Glaubenshermeneutik erweist sich das transzendentalphilosophische Denken als besonders geeignet, da es mit dem Rückgang auf die Unbedingtheit der Freiheit eine letztverbindliche Instanz geltend macht, ohne die Wirklichkeit von Freiheit zu beweisen.

Konkret besteht Pröppers Programm einer transzendental-anthropologischen Glaubenshermeneutik darin, "den mit dem Philosophen Hermann Krings und anderen Vertretern des transzendentalen Denkens auf dem Weg von Kant und Fichte eröffneten Weg weiterzugehen, dabei aber auch Einsichten des späten Schelling, Schleiermachers und Kierkegaards und anderer zu integrieren", um so die "formale Unbedingtheit der Freiheit systematisch fruchtbar zu machen" (16 f.).5 Das Programm versteht sich als Alternative zur Transzendentaltheologie Rahners, die noch stark von thomistischer Erkenntnismetaphysik bestimmt ist. Im Vordergrund steht hier die Erkenntnis- und Urteilsanalyse, während die Freiheitsthematik noch nicht jene zentrale Stellung gewinnt, die ihr zukommt. Das freie Selbstverhältnis des Menschen wird bei Rahner "metaphysisch" aus dem "Woraufhin" der Transzendenz des menschlichen Geistes begründet (2001, 121 f.).

Die Grundwahrheit christlicher Theologie sieht Pröpper darin, "daß es die wesentliche Bedeutung der Geschichte Jesu ausmacht, der Erweis der unbedingt für die Menschen entschiedenen Liebe Gottes und als solcher Gottes Selbstoffenbarung zu sein" (6). Diese Wahrheit ist der Ereigniszusammenhang der Verkündigung Jesu, seines Todes und seiner Auferweckung, der als "Bedeutungszusammenhang" wahrzunehmen ist (7 f., vgl. 43) und den "ersten Bestimmungsgrund" (11 u. ö.) darstellt, durch den "die Vielfalt der theologischen Einzelaussagen zu einer Wissenschaft" (73) verbunden ist: "Ohne Jesu Verkündigung wäre Gott nicht als schon gegenwärtige und bedingungslos zuvorkommende Liebe, ohne seine erwiesene Bereitschaft zum Tod nicht der Ernst und die unwiderrufliche Entschiedenheit dieser Liebe und ohne seine (offenbare) Auferweckung nicht ihre verläßliche Treue und todüberwindende Macht und somit auch nicht Gott selbst als ihr wahrer Ursprung offenbar geworden. In dieser Einheit ihrer wesentlichen Momente ist Jesu Geschichte der Erweis von Gottes unbedingt für die Menschen entschiedener Liebe" (8; vgl. 47; 31991, 228).

Das menschliche Verstehen, das durch Gottes endgültige Offenbarung in der Geschichte Jesu beansprucht wird, steht unter dem Anspruch einer wahrheitsverpflichteten Vernunft. Der Philosophie kommt demnach eine theologiekritische Funktion zu. Da die formale Unbedingtheit der Freiheit unserem Vernunftinteresse entspricht, alles Fragen bis zur Einsicht in ein Unbedingtes zu führen, sieht Pröpper im Freiheitsdenken das "philosophische Prinzip" der theologischen Hermeneutik, ihren "zweiten Bestimmungsgrund" (2001, 15.77 u. ö). Ohne ein Unbedingtes, das im Menschen vorausgesetzt werden könnte, ließe sich weder denken, dass Gottes Selbstoffenbarung den Menschen unbedingt angeht (also des Menschen Ansprechbarkeit durch Gott), noch die durch die Gnade ermöglichte Antwortfähigkeit des Menschen auf Gottes unbedingt für uns entschiedene Liebe (80 f.).6

Freiheit kann nicht objektiv aufgewiesen, sondern nur retorsiv in einem reduktiv-transzendentalen Verfahren erschlossen werden. In seiner transzendentalen Freiheitsanalytik identifiziert Hermann Krings als geltungsbegründende Instanz und Regel aller Regelsetzung einen als "transzendentale Freiheit" bezeichneten Akt unbedingter "Affirmation von Freiheit durch Freiheit"7. Dieser wird als ein ursprüngliches Sichöffnen gedacht, als das Erschließen eines Gehalts, der als ein die Freiheit erfüllender Gehalt letztlich nur die andere Freiheit sein kann. Allein im Entschluss zu anderer Freiheit setzt sich Freiheit ihrer vollen Form nach. Ein Mensch allein kann nicht frei sein. Da aber das endliche Kommerzium der Freiheit ihr ursprüngliches Sichöffnen niemals erschöpfen kann, entspringt ihr die Idee einer vollkommenen, nicht nur formal, sondern auch material unbedingten Freiheit. Als Einheit von unbedingtem Sichöffnen und unvermittelter Fülle des Inhalts entspricht der endlichen Freiheit eine vollkommene Freiheit als das schlechthin Sinnerfüllende. Die Freiheitsanalytik kann so nicht nur zeigen, dass Intersubjektivität ein Moment der transzendentalen Konstitution des Selbstverhältnisses darstellt; sie ermöglicht zugleich ein Gott-Denken, in dem Selbstmitteilung als ursprüngliches Gottesprädikat erscheint, ohne dass mit der Idee vollkommener Freiheit ein Gottesbeweis gegeben oder gar Gottes geschichtliche Offenbarung ableitbar wäre (31991, 171-194; 2001, 124).

Ausgehend vom Gedanken des endlichen Gehalts und der sinnlich "wahrnehmbaren" Gestalt sich realisierender Freiheit bestimmt Pröpper mit Hilfe eines transzendental vertieften Symboldenkens das "darstellende Handeln" in der Selbstmitteilung unserer Freiheiten füreinander (31991, 188 f.) als "symbolisches Handeln": Symbol ist die Wirklichkeit, "in der und durch die eine Freiheit sich anderer Freiheit selbst mitteilt" (246). Die transzendental vertiefte Symbolkategorie ermöglicht es, die zeichenhafte Struktur des Wirkens Jesu, sofern es Gottes Liebe vermittelt (2001, 51), als "symbolisches Handeln" aufzufassen, Jesu Geschichte als Selbstoffenbarung Gottes, als "Realsymbol" von Gottes unbedingt für uns entschiedener Liebe (31991, 198. 248) zu verstehen. Die Freiheit Jesu wird dabei als das die Liebe Gottes den Menschen Vermittelnde gedacht (62 f. 247 f.). Die "gläubige Praxis" konzipiert Pröpper als "symbolisches Handeln", in dem sich die durch Gottes endgültiges Handeln in der Geschichte Jesu zur Darstellung seiner Liebe ermächtigte Freiheit der Gnade vollzieht (2001, 54; 31991, 210-214). Schließlich sieht er im "darstellenden Handeln" der christlichen Gemeinde in ihren sakramentlichen Feiern, vor allem in der Feier der Eucharistie (2001, 245-265; 31991, 214), eine zeichenhaft verdichtete Konkretion "gläubiger Praxis".

Möglichkeit und Anfang der Sünde sind nach Pröpper in das konstituierte Selbstverhältnis, das heißt in "das Sichverhalten zu der Aufgabe, die mit der Existenz endlicher Freiheit gegeben ist" (2001, 165), zu setzen. In ihrer formalen Unbedingtheit kann die Freiheit "durch die Sünde niemals so restlos zerstört werden ..., daß sie von der Gnade nicht aktualisiert und wieder freigesetzt werden könnte" (81). Pröpper bestreitet eine jeder persönlichen Stellungnahme vorausgehende Sündhaftigkeit des Menschen, wie sie die christliche Erbsündenlehre annimmt. Möglichkeit und Anfang der Sünde werden in der Selbstwahl der endlichen Freiheit, nicht in einer der menschlichen Subjektivität immer schon innewohnenden Sündhaftigkeit gesehen. An diesem Punkt setzt sich Pröpper von Wolfhart Pannenberg ab, für den die Macht der Sünde der Konstitution des menschlichen Selbstverhältnisses schon zu Grunde liegt.8 Die Sündhaftigkeit ist für Pannenberg im Ich von Beginn an gegeben. Er begründet dies damit, dass die Spannung von "exzentrischer Positionalität" (Helmuth Plessner) und "Ichzentrierung" menschlicher Existenz immer schon zu Gunsten der Zentralinstanz des "Ich" und ihrer Dominanz aufgelöst ist (Pannenberg spricht vom "Bruch im Ich").9 In seiner Kritik an Pannenberg ist Pröpper darin beizupflichten, dass für die "theologische Aneignung" humanwissenschaftlicher Forschungen der transzendentalphilosophischen Reflexion "eine unentbehrliche Vermittlungsrolle" (172) zukommt, bei Pannenberg aber das Selbstverhältnis nicht mehr in einer Selbstbewusstseins- und Freiheitstheorie transzendental-reduktiv erschlossen wird (170 f.). Doch bei Pröpper endet das transzendental-reduktive Verfahren mit dem Rückgang auf die formal unbedingte Freiheit.

Für die hermeneutische Erschließung der Universalität der Sünde spielt das Verfahren keine Rolle. Die Universalität der Sünde wird als Faktum vorausgesetzt, ohne es seinem Ursprung nach transzendental zu denken.10 Zwar versucht Pröpper die faktische Universalität der Sünde durch die Angst, die für ihn wesentlich zu einer Freiheit gehört, die sich als endlich weiß (167), verständlicher zu machen (31991, 204 f.), doch verliert sich der Anfang der Sünde, so Pröpper, letztlichim Dunkeln (2001, 166).11

Pröppers freiheitstheoretische Glaubenshermeneutik ist konsequent der transzendentalen Reflexion verpflichtet. In einer transzendental-anthropologischen Erschließung des Glaubens sieht Pröpper das Problemfeld, auf dem heute die Entscheidung über die Möglichkeit einer Vermittlung des Glaubens fällt. Pröppers Glaubenshermeneutik berührt sich an dieser Stelle mit den subjekttheoretischen bzw. anthropologischen Ansätzen bei Schleiermacher, Ebeling, Pannenberg und Rahner.12 Ihre Ansätze werden von Pröpper kritisch aufgenommen, indem er das unbedingte Moment menschlicher Freiheit, ihre formale Unbedingtheit im ursprünglichen Sichentschließen bzw. in der Fähigkeit, sich zu allem ins Verhältnis zu setzen, zur Geltung bringt. Mag in unserer pluralistischen Spätmoderne der Gedanke des Unbedingten auch zunehmend fragwürdig erscheinen, so wird es doch "angesichts der gegenwärtigen Tendenzen zur posthistoire und Regression des Freiheitsbewusstseins" sowie der Verabschiedung des Subjekts bei Systemtheoretikern und Strukturalisten für Pröpper zu einer "Gewissensfrage" für eine auf den Universalismus des biblischen Monotheismus verpflichtete Theologie, "ob sie an der Freiheitsthematik festhalten oder sich etwa mit der funktionalistischen Zumutung an die Religion" (122) abfinden will. Immer wieder betont Pröpper, dass nicht jedes Denken für eine wahrheitsverpflichtete Hermeneutik des Glaubens geeignet ist.13

Seit Rahner ist das transzendentaltheologische Denken in der katholischen Dogmatik beheimatet. Es hat seitdem verschiedene Transformationen erfahren. Pröpper selbst sieht sich auf dem Weg, den Karl Rahners Denken für die Theologie eröffnete (180).14 Neben dem transzendentalen Denken hat in den letzten Jahren in der katholischen Glaubenshermeneutik vor allem die neuere französische Phänomenologie an Bedeutung gewonnen. Während die Rezeption der Phänomenologie Michel Henrys15 und Jean-Luc Marions16 im deutschsprachigen Raum noch in den Anfängen steckt,17 übt das Werk des jüdischen Philosophen Emmanuel Levinas inzwischen einen ungemein starken Einfluss aus.

2. Phänomenologie des Antlitzes und jüdisch-christlicher Dialog

Das Denken von Emmanuel Levinas erwächst wie dasjenige Marions aus einer intensiven Auseinandersetzung mit Descartes "Meditationen", Husserls Phänomenologie und Heideggers Seinsdenken.18 Levinas' ontologiekritische Philosophie ist der Versuch, nach Hegel und Heidegger Transzendenz noch einmal neu zur Sprache zu bringen. In seiner Phänomenologie wird das Subjekt des Menschen nicht von der Idee der Freiheit oder im Rahmen einer dem metaphysischen Denken verpflichteten Theorie der Subjektivität konzipiert, sondern als "inkarniertes Subjekt", als Leiblichkeit und Passivität, in seinem Ausgesetztsein an den Anderen. Im Anspruch, der mit dem Antlitz (visage) des Anderen an das Subjekt ergeht, erkennt Levinas eine "Transzendenz im Fleisch", die mich unbedingt betrifft und verpflichtet. Levinas spricht von einer Spur (trace) der Nähe Gottes im Antlitz des Nächsten.19 Entscheidend für die Frage der theologischen Rezeption des Levinasschen Denkens ist, dass Gott für Levinas nur im Modus der unvordenklichen Vergangenheit, als Spur des Abwesenden, gedacht werden kann. In der Beziehung des Menschen zum Unendlichen besteht deshalb für Levinas ein doppeltes Bilderverbot: Weder das Subjekt noch der Andere dürfen mit Gott identifiziert werden.

In der katholischen Dogmatik hat vor allem Josef Wohlmuth, der sich intensiv um eine theologische Hermeneutik im Gespräch zwischen Judentum und Christentum bemüht, das Werk des jüdischen Philosophen bekannt gemacht.20 Eine durch Levinas' Phänomenologie herausgeforderte Glaubenshermeneutik sieht Wohlmuth mit Fragen konfrontiert, die zentrale theologische Themen betreffen: das Verständnis der göttlichen Trinität, den Schöpfungsgedanken (creatio ex nihilo), die Anthropo-logie der Gottebenbildlichkeit, die Inkarnationschristologie (Nikaia, Chalkedon), das Problem des Todes, den jüdischen und christlichen Messianismus, das Verbindende von Juden und Christen, die theologische Ästhetik sowie die Nähe Christi in der Eucharistie.21

Obschon Levinas in seiner Subjekttheorie den Menschen als "inkarniertes Subjekt" versteht, vertritt er mit Martin Buber die These von der Inkarnationslosigkeit des Judentums.22 Der Messianismus ist für ihn keine christologische, sondern eine anthropologische Dimension. Messianismus und Inkarnation müssen deshalb streng auseinander gehalten werden. Gottes Nähe zeigt sich für Levinas im Besiegten, im Armen und Verfolgten. Sie manifestiert sich in der Demut der verfolgten Wahrheit: "Der Messias ist der Mensch, der leidet"23. Der anthropologische Messianismus Levinas' versperrt eine direkte Brücke zur Christologie. Dem Leiden wird von Levinas auch jede sühnende Kraft bestritten.24 Da Levinas die göttliche Kondeszendenz als eine Vergangenheit denkt, die niemals Gegenwart war noch werden kann, bieten weder das "inkarnierte Subjekt" (dessen Geheimnis jene hinter die Identität des Ich zurückgehende Bewegung ist, die Levinas "Rekurrenz" nennt)25 noch der Andere eine Möglichkeit für eine messianische Inkarnations-Christologie. Der Unendliche kann sich nicht in einem Menschen identifizierend inkarnieren, ohne sein "Incognito" aufzugeben. Zwischen das Ich und den Unendlichen schiebt sich ein Du: Gottes Offenbarung ist die Spur seiner Nähe im Antlitz des Nächsten.
Der erniedrigte Gott ist der Gott der Propheten, der mir im Antlitz des Anderen fordernd gegenübertritt.26

Mit Entschiedenheit vertritt Wohlmuth die These, dass die Christologie nach Auschwitz im Zentrum des jüdisch-christlichen Dialogs stehen müsse (1996, 62; 21999, 241-247). Doch wie mit Hilfe des Levinasschen Denkens über die Christologie ins Gespräch kommen, wenn das Antlitz eines Menschen niemals mehr ist als die Spur des Schöpfers in der Welt, wenn Gott in der Zeit nicht gegenwärtig werden kann, wenn das Messianische keine christologische, sondern eine anthropologische Größe ist, das Gott-Mensch-Verhältnis also unter dem doppelten Bilderverbot steht, weder das Subjekt noch den Anderen mit Gott zu identifizieren (1996, 55; 2002, 227)? Für Wohlmuth kann es nicht darum gehen, Levinas für die Christologie zu vereinnahmen. Doch sieht Wohlmuth die Hermeneutik der Christologie durch das Denken Levinas' vor die Aufgabe gestellt, das christliche Bekenntnis "et incarnatus est, ... et homo factus" so zu erläutern, dass dabei die absolute Transzendenz Gottes gewahrt bleibt (1996, 56-60) - gegen die "geheime monophysitische Unterströmung" (Karl Rahner) in der Christologie (21999, 223). Eine Möglichkeit dazu eröffnet für Wohlmuth eine konsequent chalzedonische Hermeneutik des christlichen Offenbarungsverständnisses.

Trotz seiner ontologischen Sprache war das christologische Dogma darum bemüht, Gottes Transzendenz, unbeschadet der Menschwerdung des Logos, ebenso zu wahren wie die volle Menschlichkeit Jesu. In ihrer hermeneutischen Erschließung der biblischen Überlieferung ging es der Christologie des Konzils von Chalzedon darum, die göttliche Transzendenz und die volle Menschlichkeit Jesu unreduziert zur Geltung zu bringen. Die Christologie des "unvermischt" und "ungetrennt" läuft gerade nicht auf eine Auflösung der Transzendenz, die Vermischung von Göttlichem und Menschlichem hinaus, sondern widersetzt sich ihr. Eine chalzedonische Hermeneutik des christlichen Offenbarungsverständnisses müsste von daher nicht antijüdisch sein. Sie könnte vielmehr aufzeigen, wie nah jüdisches und christliches Denken einander bei aller Differenz geblieben sind (1996, 60).27 Der von Horkheimer und Adorno erhobene "Vorwurf einer Remythisierung der Gottesvorstellung durch die Christologie", neben Buber und Levinas der mutatis mutandis auch von Jean-François Lyotard erhoben wird, hat "nur dann Gültigkeit, wenn man die frühkirchliche, verbindlich gewordene Christologie anders versteht, als sie sich nach heutigem Stand der Forschung selbst verstehen will. Es ist deshalb zu fragen, ob jüdisches Denken dort, wo es sich kritisch gegen die christliche Inkarnationstheologie absetzt, um die göttliche Transzendenz zu retten, letztlich einem monophysitischen Mißverständnis der Christologie unterliegt" (1996, 57).

Wohlmuth ist darin beizupflichten, dass das chalzedonische "unvermischt" der "jüdische Stachel in der Christologie geblieben ist" (2002, 182). Doch stellt sich die Frage, worin das Besondere der Offenbarungsgestalt in Jesus liegt, wenn diese gnadentheologisch bzw. pneumatologisch auf jeden Menschen hin geöffnet wird. Das "einmalige Privileg der hypostatischen Union" (21999, 225) müsse auf die "Begnadeten" ausgedehnt werden, im Sinne einer "Eröffnung unserer eigenen innigsten Gottesbeziehung" (299). So werde deutlich, dass nach christlichem Verständnis die "Christologie" die "messianisch ausgelegte Anthropologie" trägt (2002, 184). Geht es beim Verhältnis von Christologie und Anthropologie aber nicht um mehr als ein Begründungsverhältnis im Messianischen? Und läuft nicht schon der anthropologische Messianismus Levinas' letztlich auf eine moralische Überforderung hinaus? Um Wohlmuths christologischer Position gerecht zu werden, muss allerdings neben seinen Beiträgen zu Levinas auch seine "mystagogische Christologie" (1992) berücksichtigt werden. Inspiriert von patristischer Mystagogik und dem Denken Franz Rosenzweigs legt er darin einen von der Liturgie des "triduum paschale" entwickelten christologischen Entwurf vor.

Liturgie hat es mit einer "Transzendenz im Fleisch" (1992, 28) zu tun. Darauf bezieht sich die Rede von der Liturgie als einem "ästhetischen Gebilde". In diesem Sinne spricht Wohlmuth auch vom "liturgischen Gesamtkunstwerk des Heiligen Geistes" (32). Die Liturgie feiert "den transitus Jesu vom Tod zur Auferstehung als einen Weg, in den die Gemeinde durch die Feier der Liturgie einbezogen wird" (48). Die christliche Liturgie begnügt sich aber nicht mit einer "rein realpräsentischen Mysteriengegenwart" (52), sondern ist zugleich Gedenken des Leidens und ein Versprechen auf die Zukunft. "Die Feier der Liturgie verweist eine allzu logozentrische Christologie in ihre Schranken" (91). In der Feier der Eucharistie werden Brot und Wein zu "ästhetischen Gestalten jener Güte ..., die in Jesus von Nazareth offenbar geworden ist" (101).28 Der Liturgie und ihrer christologischen Dimension misst Wohlmuth "eine wichtige erkenntnistheoretische Bedeutung für die gesamte Theologie" (222) bei. Am Anfang einer liturgisch orientierten Christologie steht das "ästhetisch qualifizierte Widerfahrnis einer einzigartigen Begegnung mit Jesus als dem Christus" im "ästhetischen Gebilde" der Liturgie, die als solche "eine Mittelstellung zwischen Glaube und Theologie erhält" (224).29

Wohlmuths Beiträge zu einer "theologischen Ästhetik"30 berühren sich mit einem weiteren Neuansatz in der katholischen Glaubenshermeneutik, den man auf die Formel "Poetische Theologie im Raum von Liturgie und Kunst" bringen kann.

3. Poetische Theologie im Raum von Liturgie und Kunst

Unter Dogmatik versteht man gewöhnlich die zusammenhängende Darstellung der christlichen Glaubenslehre im Medium des Begriffs. Die "poiesis" in christlicher Dichtung, Kunst, Liturgie und Frömmigkeit, worin der christliche Glaube seinen ästhetischen Ausdruck findet, spielt in der Dogmatik in aller Regel keine Rolle. Das von Alex Stock verfolgte Projekt einer "Poetischen Dogmatik" betritt hier Neuland.31 Es handelt sich bei Stocks Dogmatik um ein Werk "jenseits des herrschenden Paradigmas", das eine andere "Darstellungsform" besitzt als die mit den begrifflichen Mitteln des philosophischen Denkens arbeitende Dogmatik oder die Dogmengeschichte (Bd. 3, 8).32 Das Modell der "Poetischen Dogmatik" ist die Liturgie, sofern in ihr Wahrheit und Schönheit des Glaubens nicht voneinander zu trennen sind. Stocks Dogmatik "stützt sich auf die poetische Kreativität der christlichen Religion, wie sie in Liturgie und Frömmigkeit, Kunst und Dichtung faßbar wird. Aber doch in systematischer Absicht" (Bd. 2, 8). Obschon sich die "Poetische Dogmatik" an der Struktur des Glaubensbekenntnisses orientiert, ist ihr Ziel nicht die Vollständigkeit der wissenschaftlichen Darstellung und Erörterung. Es geht ihr nicht um "die tragende Architektur eines Glaubensgebäudes" (Bd. 3, 10). Vielmehr beschäftigt sie sich mit der prägnanten, anschaulichen Gestalt des Glaubens, wie sie in der liturgischen Evidenz des Festes gegeben ist.33 Es geht um eine Dogmatik im Raum der Liturgie.34

Da im Raum der Liturgie des Kirchenjahres wie der Frömmigkeit, Kunst und Literatur die christologische Thematik dominiert, steht im Zentrum der "Poetischen Dogmatik" die Christologie, die ihren Titel dem "Namen" einer Person verdankt (12). Gegenstand der Christologie ist eine konkrete menschliche Gestalt. Stock orientiert sich deshalb in der Anlage seiner Christologie an dem, was für eine carte d'identité, also zum Ausweis einer Person, erforderlich ist: Name, Schrift, Gesicht, unveränderliche Kennzeichen etc. Von Jesus wissen wir nicht, wie er ausgesehen hat, noch kennen wir seine Unterschrift. Doch wurde dem Eigennamen Jesu eine große Namensfülle zugetragen. Die Überlieferung beschäftigte vor allem der Schriftzug seines Namens, der zugleich den Gegenstand der Christologie bezeichnet: Jesus Christus. Zudem hat die Überlieferung die Leerstelle des Gesichtes Jesu mit szenischen und symbolischen Bildern gefüllt, ja schließlich das Angesicht Jesu (vera icon) selbst zum Thema gemacht (Bd. 3, 185; Bd. 2, 8-11; Bd. 4, 10).

Ausgehend von dem Formular des vergleichsweise jungen (15./16. Jh.), der Liturgiereform zum Opfer gefallenen Festum Sanctissimi Nominis Iesu entwickelt der erste Band unter dem Titel "Namen" eine Namenschristologie, die an der onomatischen Vielfalt (Jesus, Christus, Kyrios, Sohn Gottes, Menschensohn, Heiland, Erlöser, Lehrer, König u. a.) in Schriftlesungen, Gebeten, Homilien, Hymnen, Antiphonen, Litaneien, Gedichten und Bildwerken sowie der dadurch substantiierten Geschichte der Person orientiert ist.35 Der zweite Band unter dem Titel "Schrift und Gesicht" beschäftigt sich mit einem weiteren Feld der "christopoietischen Einbildungskraft", mit dem Namenszug Christi, dem nomen sacrum in Manuskripten der Heiligen Schrift, Epigraphik, Ikonographie, politischer Heraldik und den Bildnissen Christi, die dem Bedürfnis, Jesus zu sehen (Joh 12,20 f.), dem Wunsch nach Präsenz des Abwesenden, nachgeben (10.130 f.). Von dem einen "Namen" und der onomatischen Vielfalt, die diesem Namen zugetragen wird, geht die "Poetische Dogmatik" über zur konkreten "leibhaftigen Realität" der Person Christi (9). Dabei nähert sich Stock über verschiedene Christus- und Jesusmonogramme der im nomen sacrum festgehaltenen messianischen Identität Jesu.36 Der dritte Band mit dem Titel "Leib und Leben" wendet sich, entsprechend der Orientierung an der carte d'identité den "unveränderlichen Kennzeichen" der Person Christi zu.37 Die Mysterien des Lebens Jesu, die im dritten Band nicht behandelt werden (Erscheinung des Herrn, Beschneidung und Darstellung im Tempel u. a.) berücksichtigt Stock im vierten Band seiner Christologie. Der Band, der den Titel "Figuren" trägt, knüpft an das an, was in der traditionellen Christologie unter dem Titel munera Christi verhandelt wird, geht darüber aber hinaus, indem der Blick geweitet wird auf zentrale Namen Christi, deren Bedeutungsspektrum Stock unter dem Titel "Figuren" entfaltet. Figura versteht er dabei im weiteren Sinne als Gestalt. "Figuren" nennt Stock jene Namen, denen im Raum der christlichen Imagination (in figurativen Bildern wie in Sprachbildern) der Status von Leitfiguren zugewachsen ist. Für Stock sind dies die Figuren Lehrer, Erlöser, Hirt, Richter, König, Lamm und schließlich das Kreuz, das wie keine andere Figur für die nach Jesus Christus benannte Religion steht (10-12).

Stocks Opus magnum stellt einen beachtlichen Beitrag zur Überwindung der Trennung von christlichem Kult und Systematischer Theologie dar. Es ist nicht nur ein schönes und geistlich ungemein reiches Werk, sondern auch theologisch von eminenter Bedeutung. Was die Dogmatik gewinnen kann, wenn sie nicht losgelöst vom Raum der Liturgie, der Frömmigkeit und der Kunst durchgeführt wird, führt Stocks Christologie konkret vor Augen. Gerade weil Stocks Dogmatik aber mit der klassischen Dogmatik und ihrer hermeneutischen Erschließung der Glaubens- bzw. Lehrüberlieferung "nicht konkurrieren oder sie gar ablösen" (Bd. 2, 8) will, wäre es vielleicht besser gewesen, nicht von "Poetischer Dogmatik", sondern von "Poetischer Theologie" zu sprechen. Denn die Dogmatik ist nicht nur auf die zusammenhängende Darstellung der christlichen Glaubenslehre, sondern ebenso auf das Programm der "fides quaerens intellectum" verwiesen. Die Dogmatik bedarf deshalb einer der theologischen Hermeneutik angemessenen philosophischen Denkform. Dies machen vor allem die neuere Monotheismusdebatte und die gegenwärtigen trinitätstheologischen und religionstheologischen Diskussionen deutlich.

4. Monotheismuskritik, Trinitätslehre und Religionspluralismus

Eine besondere Herausforderung für die christliche Gotteslehre stellt die gegenwärtige Debatte um den biblischen Monotheismus dar. Dieser wird zunehmend unter Verdacht gestellt, untrennbar mit einem absolutistischen Herrschaftsanspruch verbunden zu sein.38 Die neuere Monotheismuskritik operiert wie die Kritik der Aufklärung mit einem Begriff des Monotheismus, den man mit Schelling abstrakt nennen könnte,39 da er "bloß den Gedanken des einzigen Gottes" enthält, der, "wenn er Gott ist, freilich keinen andern außer sich haben kann"40. So aufgefasst muss der Monotheismus als Negation von Differenz und Pluralität erscheinen. Doch der wahre Gott ist der lebendige Gott, der Schöpfer, der aus seinem "unvordenklichen Sein" heraustritt und sich anderes frei gegenübersetzt und als solches anerkennt41. Der Gott Israels ist der Gott der Befreiung, der sich als der Gott des wirkmächtigen und schöpferischen Wortes erweist.42

Die johanneische Aussage "Gott ist die Liebe" (1Joh 4,8) macht deutlich, dass für den christlichen Monotheismus "Wahrheit" und "Liebe" identisch sind, in dieser Identität aber die höchste Garantie für die Toleranz liegt, mögen die Christen auch immer wieder die Einheit von Wahrheit und Liebe durch ihr Tun verdunkelt haben.43 Gegenüber der Monotheismuskritik wird es einer "Apologie" des christlichen Monotheismus vor allem um eine hermeneutische Erschließung der christlichen Trinitätslehre gehen müssen, die Johann Evangelist Kuhn als "konkreten Monotheismus" bezeichnet hat. Da biblischer Monotheismus und christliche Trinitätslehre nicht als Gegensatz erscheinen dürfen, stellt sich die Frage, ob man dem exklusiven Gott der Monotheismuskritik, der allein für sich Gott sein will, vielleicht das Modell einer Gemeinschaft göttlicher Personen gegenüberstellen könnte, in der diese in einem "Dialog" in Analogie des Verhältnisses von Ich und Du wechselseitig aufeinander bezogen sind. Fordert die endgültige Offenbarung Gottes in der Geschichte Jesu eine solche "dialogische" Erweiterung des biblischen Monotheismus?

Mit dieser Frage ist die gegenwärtige Diskussionslage in der katholischen Trinitätstheologie angesprochen. Man kann diese nicht verstehen ohne den Einwand, den Karl Rahner gegen die trinitätstheologische Verwendung des Personbegriffs vorgebracht hat: Der Personbegriff begünstige auf Grund seiner neuzeitlichen Transformation seit Locke und Hume (Personalität als Bewusstseinsphänomen) die Vorstellung von drei "Ichs" in Gott, von drei selbstbewussten Subjekten - eine Vorstellung, die Rahner wie Karl Barth als tritheistisch zurückgewiesen hat. Rahner schlug vor, statt von "Personen" (im modernen Sinne) von drei "göttlichen Subsistenzweisen" zu sprechen.44 Inspiriert durch den trinitarischen Personbegriff Richards von St. Viktor und des Thomas von Aquin sowie den dialogischen Personalismus hat sich in der katholischen Dogmatik, die sich der hermeneutischen Erschließung des kirchlichen Dogmas verpflichtet weiß,45 die Grundidee eines "relationalen Personbegriffs" durchgesetzt. Leitend ist zudem das Prinzip, die göttliche Einheit als gleichursprünglich reziproke Vermittlung von Vater, Sohn und Geist zu verstehen.46 In der Frage, ob die göttlichen Personen in Analogie zur Freiheit selbstbewusster Subjekte zu denken sind, gehen dagegen die Meinungen auseinander.

Während die einen Rahners Trinitätskonzeption, wenn auch nicht formell, so doch tendenziell für modalistisch halten bzw. gegen sie den Vorwurf erheben, "mono-subjektivistisch" zu sein (Gisbert Greshake, Magnus Striet, Georg Essen, u. a.)47, sehen andere in Rahners Trinitätskonzeption einen wichtigen Impuls für die hermeneutische Erschließung der christlichen Trinitätslehre, vor allem im Dialog mit dem Judentum (Herbert Vorgrimler, Josef Wohlmuth, Helmut Hoping u. a.)48. Zwar ist Rahners Vorbehalt gegenüber der kirchlichen Sprachregelung una substantia - tres personae keineswegs zwingend.49 Im Kern kreist die trinitätstheologische Kontroverse in der katholischen Dogmatik heute auch weniger um die Legitimität des Personbegriffs50 als um die Frage, ob den göttlichen Personen ein eigenes Selbstbewusstsein bzw. eine je eigene Freiheit zuzuschreiben ist.51

Leitend ist in Greshakes trinitarischer Theologie die These, dass die Bezogenheit Jesu auf den Vater es unumgänglich mache, auch innertrinitarisch einen Dialog von Personen anzunehmen. Greshake bestimmt deshalb die Wesenseinheit Gottes von der Gegenseitigkeit personaler Beziehungen her. Die göttliche Einheit konzipiert er als gleichursprünglich reziproke Vermittlung von Vater, Sohn und Geist, als eine vollendete Communio der göttlichen Personen. Damit verbindet er die These, dass von göttlichen Personen nur dann gesprochen werden könne, wenn den Trägern des göttlichen Wesens ein "differentes Selbstbewusstsein"52 zuzuschreiben ist. Die göttlichen Personen seien als "drei Selbstbewußtseine (drei Ich)"53 aufzufassen, in Gott somit auch "drei Freiheiten"54 anzunehmen. Zustimmend zitiert Greshake Jürgen Moltmanns Rede von den "drei distinkten göttlichen Subjekten" mit "Wille" und "Verstand".55

Ausgehend vom transzendentalphilosophischen Freiheitsansatz, wie er bei Thomas Pröpper rezipiert wird, nehmen auch Magnus Striet und Georg Essen in Gott drei Freiheiten bzw. drei selbstbewusste Subjekte an. Ausgangspunkt ist dabei die Freiheit Jesu in seiner Bezogenheit auf den Vater. So meint Striet, dass dem Sohn eine "eigene, und zwar durch Freiheit bestimmte Personalität gegenüber dem Vater" zugeschrieben werden müsse, um dem Modalismus zu entgehen, und dass dies auch für den Heiligen Geist gilt.56 Noch entschiedener vertritt diese Position Georg Essen: Da "die Selbstbestimmung selbstbewusster Subjekte für den Begriff der Person konstitutiv"57 sei, müsse den tres personae in Gott jeweils "Bewusstsein, Selbstbewusstsein und Freiheit" prädiziert werden. Gott sei als ein "Kommerzium von Freiheiten" zu denken.58

Herbert Vorgrimler, der bei katholischen Dogmatikern wie Hans Urs von Balthasar und Gisbert Greshake, aber auch evangelischen Systematikern wie Jürgen Moltmann den Glauben an den einen Gott bedroht sieht,59 hat sich, wohl aus etwas übertriebener Sorge um das Erbe Rahners, durch Striets Beitrag zu einer unnötigen polemischen Antwort hinreißen lassen: Striet vertrete eine idealistisch überhöhte Trinitätsspekulation, in der "drei Götter als Inbegriff des christlichen Gottesglaubens" behauptet werden.60 Auch wenn man Striets trinitätstheologischen Ansatz nicht teilt, der Vorwurf des Tritheismus ist doch völlig überzogen. Es sollte auch eigentlich nicht strittig sein, dass die Theologie bei der hermeneutischen Erschließung der christlichen Trinitätslehre zu höchster begrifflicher Anstrengung verpflichtet ist und es mit der Betonung der praktischen und spirituellen Dimension der Selbstzusage Gottes in seinem Sohn und Geist keineswegs getan ist.61

Während Vorgrimler selbst über Rahners Trinitätskonzeption im Wesentlichen nicht hinauskommt, bemüht sich Josef Wohlmuth um eine Fortschreibung des Gedankens von den drei "Gegebenheitsweisen" oder "Daseinsweisen" Gottes (Vater, Sohn, Geist). Wohlmuth plädiert dafür, die Trinitätslehre auf dem heilsökonomisch-eschatologischen Hintergrund des biblischen Monotheismus als "konsequente Weiterführung der Offenbarungsphänomenologie"62 zu entfalten und so die trinitarische Gottesrede eschatologisch offen zu halten - was ausdrücklich nicht heißt, sie in Frage zu stellen. Um die Kontinuität mit dem biblischen Monotheismus zu wahren, geht Wohlmuth konsequent von der ökonomischen Trinität aus und versteht Vater, Sohn und Geist als die drei Erfahrungsorte Gottes. Die immanente Trinitität, von der nicht ohne die ökonomische Trinität gesprochen werden kann, ist für Wohlmuth die eschatologische Wahrheit der ökonomischen Trinität, was für ihn Spekulationen über die innertrinitarischen Verhältnisse in einem geschlossenen Denksystem ausschließt. Denn unbeschadet der Tatsache, dass Gottes Kenose in Jesus menschliche Gestalt angenommen hat (Phil 2,8 f.), bleibt Gott doch der geheimnisvolle, transzendente und freie Gott.63

In der Identität des Gottes Jesu Christi mit dem Heiligen Israels ist es begründet, warum Israel für die christliche Trinitätslehre das monotheistische Gewissen ist und bleibt. Die christliche Trinitätslehre hat, will sie nicht ihren jüdischen Wurzelgrund verraten, im Dienst der "Einigung" Gottes und der Heiligung seines Namens zu stehen. Jede Personenpsychologie, in der die göttlichen Personen als Personen mit eigenem Bewusstsein konzipiert werden, muss zwangsläufig zu tritheistischen Missverständnissen führen, die im Dialog mit dem Judentum (und mit dem Islam) zu vermeiden sind.64 Es geht nicht darum, die Differenz im christlichen und jüdischen Gottesverständnis zu leugnen. Die heute von vielen als notwendig erachtete interpretatio iudaica des kirchlichen Trinitätsdogmas darf nicht zu einer Relativierung des proprium christianum führen. Diese Gefahr scheint mir dort gegeben zu sein, wo das trinitarische Sprechen von Gott auf die Rede von dem Widerfahrnis der Nähe des Gottes Israels in Jesus und in der heiligen Ruach zurückgenommen und dabei die philosophisch wie theologisch durchaus fragwürdige These eines strikten Gegensatzes von (Offenbarungs-)Phänomenologie und Ontologie vertreten wird.65 In der hermeneutischen Erschließung der christlichen Trinitätslehre sind ontologische Aussagen letztlich ebenso unabweisbar wie in der Christologie.66

Deutlich macht dies auch die problematische erkenntnistheoretische Position der pluralistischen Religionstheorie John Hicks. Wenn das göttliche Absolute nicht an sich so ist, wie es von Menschen erfahren wird, ist die von Hick für seine pluralistische Option herangezogene Unterscheidung Kants zwischen "Phänomenon" und "Noumenon" von einem "Fiktionalismus" letztlich nicht zu unterscheiden. Obschon die pluralistische Religionstheorie mit dem Göttlichen eine letzte Wirklichkeit annimmt, entgeht sie nicht der Aporie des religiösen Relativismus, gegen den die umstrittene Erklärung "Dominus Iesus" in ihrer primären Stoßrichtung gerichtet ist. Die religionstheologische Aufgabe katholischer Dogmatik und Fundamentaltheologie besteht darin, gegenüber dem religionstheologischen Exklusivismus und der pluralistischen Religionstheorie den sich aus der endgültigen Offenbarung Gottes in Jesus Christus ergebenden inklusiven Ansatz im Interesse eines "aufgeklärten" und "dialogfähigen Inklusivismus"67 genauer zu entfalten und zu begründen.68 Ohne eine eingehendere Beschäftigung mit dem inklusiven Ansatz wird man auch der neueren Monotheismuskritik von christlicher Seite nicht begegnen können.69

Da die neuere Monotheismuskritik am Ursprung des biblischen Monotheismus eine Religion der Gewalt am Werke sieht, gewinnen auch Überlegungen, die sich verstärkt dem Zusammenhang von Religion, Gewalt und Opfer widmen, theologisch an Gewicht.70 Abschließend soll deshalb kurz das insbesondere von Raymund Schwager entwickelte Konzept einer "dramatischen Erlösungslehre" vorgestellt und diskutiert werden.

5. Dramatische Erlösungslehre und die Semantik der Opfersprache

Unter Aufnahme von Gedanken der "Theodramatik" Hans Urs von Balthasars71 plädiert Schwager dafür, das Erlösungsgeschehen in Jesus als ein Drama in mehreren Akten zu verstehen.72 Am Anfang steht das voraussetzungslose, bedingungslose Heilsangebot Gottes (1990, 43-75). Der zweite Akt zeigt auf Seiten
des Menschen neben der teilweisen Annahme des Heilsangebots die sündige Verhärtung (76-109). Im dritten Akt erfolgt das göttliche Gericht über die Menschen, die Offenbarung von "Gottes Zorn". Gott zürnt, indem er die Menschen der Logik ihres eigenen Handelns ausliefert. Zugleich aber geht seine gewaltfreie Liebe dem Menschen nach bis hinein in die Welt des Todes. Jesus, der leidende Gerechte wird ein Opfer der Gewalt, die er in passiver Widerstandslosigkeit durchleidet (109-154). Der vierte Akt im Heilsdrama ist die Auferweckung Jesu. Durch sie werden der Gekreuzigte bestätigt und jene, die Christus gekreuzigt haben, ins Unrecht gesetzt. Die göttliche Entscheidung für den Sohn ist aber keine gegen seine Gegner. Auch ihnen gilt die gewaltfreie göttliche Liebe (154-182). Die Sendung des "Heiligen Geistes" und die Sammlung der neuen Gemeinde bilden den fünften Akt im Heilsdrama (183-202).

Eine zentrale hermeneutische Funktion kommt in Schwagers dramatischer Erlösungslehre der Opfer- bzw. Sündenbocktheorie des Ethnologen und Literaturkritikers René Girard zu. Wie Girard sieht Schwager in Jesus den "Sündenbock", der den Gewaltmechanismus durchbricht (31994, 189-219).

Girard erkennt den Ursprung aller Kultur und Religion in der mimetischen Wirkung des Begehrens und der damit zusammenhängenden Gewalt. Um nicht in einer ungehemmten Gewalt aller gegen alle zu eskalieren, richtet sich die Gewalt gegen ein stellvertretendes Opfer, in dessen Tötung die Gewalt "gereinigt" wird. Im kultischen Ritual wird das Opfer wie seine Tötung sakralisiert. Girards Opferbegriff ist am Gewaltopfer (victima/victim) orientiert. Das Wesen des Opfers besteht darin, dass einer für die anderen bezahlt.73 Das Ziel des Opfers ist es, die Gewalt zu überlisten. In der religiösen Praxis und Vorstellung eines Gott dargebrachten Opfers werde dies verkannt. Bei Opferstellvertretung geht es nach Girard darum, dass "die Gesellschaft ... eine Gewalt, die ihre eigenen, um jeden Preis zu schützenden Mitglieder treffen könnte, auf ein relativ wertfreies, opferfähiges Opfer leitet"74. Beim "versöhnenden Opfer", das bei einer Krise zur Wiederherstellung der gestörten Ordnung dargebracht wird, geht es nicht um Sühne, sondern um die Abwehr von Chaos und Gewalt. Ein Mensch oder eine Gruppe wird als der Schuldige identifiziert, als "Sündenbock" getötet und so definitiv ausgeschlossen. Deutlich werde dies am Ödipus-Mythos und an mittelalterlichen Judenpogromen.75

Anders als Assmann bestreitet Girard einen notwendigen Zusammenhang von biblischem Monotheismus und Gewalt. Es ist gerade der Monotheismus, der im Neuen Testament dazu führt, die mimetische Gewalt und den Sündenbockmechanismus zu durchbrechen.76 Im Tod Jesu erkennt Girard einen Gewaltakt, der sich (im Sinne seiner Sündenbocktheorie) gegen ein unschuldiges Opfer richtet, das durch die Tötung ausgestoßen wird. Die widerstandslose Übernahme der Sündenbockrolle durch Christus durchbricht den Gewaltmechanismus und führt so zur Aufklärung über sein Wesen.77 Der Tod Jesu ist in Girards Opfertheorie kein Opfer (sacrificium), sondern als "Entmystifizierung" des sakralen Gewaltsystems die Aufhebung aller Opfer.78 Mit ihrer Grundthese von der mimetischen Wirkung des Begehrens und dem "Sündenbockmechanismus" als einheitlichem, Kultur und Religion zu Grunde liegendem Gewaltprinzip tendiert Girards Opfertheorie dazu, die Semantik des Opfers auf den Aspekt der Gewalt (victima/victim) zu reduzieren. Der kulturell ebenso zentrale Begriff des Opfers als Gabe (sacrificium/sacrifice) und Mahl, der im soteriologischen und eucharistietheologischen Kontext entscheidend ist, wird ausgeblendet.79



Die Hauptschwierigkeit von Schwagers dramatischer Erlösungslehre sehen Kritiker in dem Versuch, den biblischen Gedanken des stellvertretenden Sühnetodes Jesu mit Hilfe der Sündenbocktheorie Girards zu erschließen (31994, 189-219; 1990, 203-248). Die Stellvertretung Jesu besteht nach Schwager darin, dass sich Jesus mit allen "Opfern" der Sünde identifiziert hat, einschließlich den Gewalttätern, die mit ihrer Feindschaft im Bannkreis der Gewalt stehen und damit wie die Gewaltopfer "Opfer" sind (1990, 216-220). Der Gekreuzigte hat sich nicht mit den Taten der Sünder identifiziert, sondern mit ihnen, insofern sie Opfer sind (237.243 f.). Schwager kann durchaus davon sprechen, dass Jesus der "Sündenbock" ist, der sich für uns Menschen "geopfert" hat. Auf Grund der starken Orientierung an Girards Sündenbocktheorie und ihrer einseitigen Betonung der victima-Kategorie gelingt es der dramatischen Erlösungslehre Schwagers aber nur schwer, den Tod Jesu in seiner Bedeutung als Opfer des eigenen Lebens (sacrificium) für die Sünde der Welt zu verstehen.80 Im Zentrum steht das Verständnis Christi als victima paschalis (1990, 220-222).

Was Schwager mit Hilfe der Sündenbocktheorie neu zu deuten versucht, wird in der protestantischen Theologie unter dem Stichwort "Strafleiden" Christi verhandelt (215). Schwager sieht keine Möglichkeit, die Rede vom stellvertretenden Sühnetod Jesu im Sinne eines aktiven Opfers (sacrificium) zu verstehen, etwa ausgehend von der Semantik des alttestamentlichen Sühnekultes. Gegen Hartmut Gese, der den alttestamentlichen Sühnekult als Totalhingabe an das Heilige interpretiert, versteht Schwager diesen Kult im Sinne eines archaischen Entsühnungsrituals. Die prophetische Kultkritik zielt für Schwager auf eine Überwindung des Sühnekultes, den Gott heilspädagogisch zur Weckung des Sündenbewusstseins befohlen hat, als solchen aber gar nicht wollte. Die "inhaltliche Kontinuität zwischen altem und neuem Bund" verläuft "nicht über die kultische, sondern über die opferkritische Linie" (233). Im Gedanken der freiwilligen Preisgabe des eigenen Lebens (sacrificium) zu Gunsten der Sünder, in der Treue zur eigenen Sendung, sieht Schwager die Gefahr einer sublimen Form der Selbsttötung (221).

Wird die Stellvertretung Jesu darin gesehen, dass sich dieser als "Sündenbock" mit allen Menschen, insofern sie Opfer der Sünde sind, identifiziert hat (242), erhebt sich die Frage, ob Jesus dann wirklich, wie es die Schrift sagt, zur Sühne für unsere Sünden, ja für die Sünden der ganzen Welt (1Joh 2,2) gestorben ist. Natürlich besteht der stellvertretende Sühnetod Jesu nicht darin, dass sein grausamer Tod das geschuldete Opfer eines Vergeltung fordernden Gottes darstellt. Wird der Tod Jesu aber nicht als aktives Opfer (sacrificum) im Sinne der Lebenshingabe für die Sünder aufgefasst, wird seine Stellvertretung vielmehr darauf begrenzt, sich als Opfer (Sündenbock) mit allen Opfern identifiziert zu haben, mit den Opfern der Gewalt wie mit den Opfern der Sünde, dann könnte man wohl kaum mehr sagen, dass Jesus für die Sünder gestorben ist, sofern sie Sünder sind.81

So bedeutsam es ist, dass Jesus auf der Seite der Leidenden und Geschlagenen steht und ihn mit allen Gewaltopfern eine tiefe Nähe verbindet, das im Tod Jesu begründete Heil besteht nach der Schrift darin, dass der Gerechte für die Sünder sein Leben gibt, damit diese leben (iustus pro peccatoribus). Dieser Identitätstausch, das sacrum et admirabile commercium, von dem die Väter sprechen, ist mehr als die Identifizierung des Gekreuzigten mit allen Opfern.82 Mit der Gewaltlosigkeit Jesu ist zwar ein zentraler Aspekt seiner Botschaft und seines Lebens angesprochen. Doch ohne jede sakrifizielle Deutung des Todes Jesu kann der Gedanke der stellvertretenden Sühne nicht festgehalten werden. Im Sterben Jesu haben wir es mit Gottes äußerster Gabe (sacrificium) an uns zu tun, die Gott uns in der Lebenshingabe seines Sohnes schenkt - in einem Opfer "jenseits der Gewalt"83. Das Wesen des einen Opfers, das alle bisherigen Opfer ablöst und unmöglich macht, besteht nicht in der Zerstörung, sondern in der Darbringung der Gabe und ihrer Verwandlung: die Preisgabe des eigenen Lebens und die leibliche Auferweckung, die Darbringung der Gaben von Brot und Wein sowie ihre "Transsubstantiation" in den Leib und das Blut Christi.84

Schluss

Obschon mit den freiheits- und selbstbewusstseinstheoretischen Ansätzen (Herman Krings, Dieter Henrich) und in der neueren französischen Phänomenologie (Emmanuel Levinas, Jean-Luc Marion, Michel Henry) unterschiedliche philosophische Denkwege eingeschlagen werden, eint sie doch das erst- bzw. letztphilosophische Anliegen, das im anarchischen Denken des Dekonstruktivismus nicht mehr vertretbar ist. Um transzendentales Denken und Phänomenologie im Rahmen ihrer theologischen Rezeption innerhalb der katholischen Glaubenshermeneutik miteinander ins Gespräch zu bringen, müssten neben theologischen vor allem erst- bzw. letztphilosophische Fragen erörtert werden. Welchen Status hat die Idee des Unendlichen bzw. des Absoluten? Wenn die Realität Gottes nicht durch Rückgang auf die Transzendentalität des Denkens oder das formale Unbedingte der Freiheit gewonnen werden kann, begegnet sie dann primär im Antlitz des Anderen? Wie verhält sich dazu der im "metaphysischen" Denken erschlossene einheitsstiftende Grund unseres bewussten Lebens? Welche Bedeutung hat die Transzendenz der Leiblichkeit für das Subjekt? Wie verhalten sich transzendentales und inkarniertes Subjekt, Subjekttheorie und Dialogik zueinander? Wo liegt der primäre hermeneutische Ort der Gottesrede, im inkarnierten Subjekt oder in der Unbedingtheit der Freiheit bzw. der Konstitution unseres bewussten Lebens?

Die zentrale Herausforderung, die sich aus dem Werk von Levinas ergibt, lautet: Kann die christliche Theologie konsequent einem philosophischen Denken folgen, das nur die Spur Gottes im Antlitz des Anderen kennt, die bestreitet, dass Gott in der Zeit "gegenwärtig" werden kann? Kann die Theologie Gottes endgültige Offenbarung in der Person des auferweckten Gekreuzigten wie dessen Präsenz in der Eucharistie mit Hilfe einer philosophischen Denkform zur Sprache bringen, die den Gedanken "realer Gegenwart" (George Steiner) systematisch unterläuft? Hier geht es um nichts weniger als um das Verhältnis von Synchronie und Diachronie, Präsenz und Unterbrechung, von Anwesenheit und Abwesenheit, von Bild und Wirklichkeit, das die Phänomenologie seit Husserl beschäftigt. Der freiheitstheoretische Ansatz hingegen wirft die Frage auf, ob die Passivität, wie sie mit unserer leiblichen Verfassung gegeben ist, durch den Gedanken der symbolischen Vermittlung einer formal unbedingten Freiheit angemessen gedacht werden kann. Bedarf es dazu nicht einer Phänomenologie des inkarnierten Subjekts? Wie ist die Bewegung des Lebens zu denken, die noch hinter die Identität des Ich zurückführt?

Neben der Darstellung der christlichen Glaubenslehre im Medium des Begriffs gewinnen in der katholischen Dogmatik zunehmend ästhetische und poetologische Ansätze an Bedeutung. So erhellend eine Ästhetische und Poetische Theologie für die Selbstverständigung des christlichen Glaubens auch ist, eine wahrheitsverpflichtete Glaubenshermeneutik kann sich mit der ästhetischen und poetischen Imaginationskraft des Glaubens letztlich nicht zufrieden geben.

Die Universalität des christlichen Monotheismus lässt sich ohne eine der theologischen Hermeneutik angemessene philosophische Denkform nicht zur Geltung bringen. Dies zeigt derzeit vor allem die offenbarungs- und trinitätstheologische Diskussion. Eine hermeneutische Erschließung der christlichen Trinitätslehre ist nicht nur auf das Gespräch mit dem Judentum angewiesen. Sie kann ebenso wenig auf eine Beschäftigung mit der philosophischen Persondiskussion, der Pluralistischen Religionstheorie und der neueren Monotheismuskritik verzichten. Die derzeit so bedrängende Frage nach dem Verhältnis von Religion und Gewalt könnte schließlich die katholische Dogmatik veranlassen, im Gespräch mit der Kultanthropologie und in enger Kooperation mit der Liturgiewissenschaft die spezifische Semantik der christlichen Opfersprache genauer aufzuklären - im religionsgeschichtlichen Vergleich wie in kritischer Distanz zum verdeckten Götzendienst und den Opfern ökonomischer Rationalität.

Summary

This contribution surveys recent developments in Catholic dogmatics. It treats the following approaches and themes: 1. The theological reception of the transcendental idea of freedom (Thomas Pröpper); 2. a theology of Alterity inspired by the philosophy of Emmanuel Levinas which plays an important role in Jewish-Christian dialogue (Josef Wohlmuth et al); 3. Poetic dogmatics which unfolds Christian theology in terms of commentaries on liturgy and art (Alex Stock); 4. current discussions on the critique of Monotheism, the Trinity, and religious pluralism as well as 5. the dramatic teaching of salvation (Raymund Schwager et al) which builds on René Girard's mimetic theory of power. Final remarks concern open problems and further tasks.

Fussnoten:

* Das Manuskript wurde Ende April 2003 abgeschlossen.

1) Nicht sinnvoll erschien es, einen Überblick zu den neueren Lehrbüchern zur katholischen Dogmatik zu geben. Wer komprimierte Darstellungen der christlichen Glaubenslehre aus katholischer Sicht sucht, wird hier fündig. Vgl. Th. Schneider (Hrsg.), Handbuch der Dogmatik, 2 Bde., Düsseldorf 1992; W. Beinert (Hrsg.), Glaubenszugänge. Ein Lehrbuch der katholischen Dogmatik, 3 Bde., Paderborn-München-Wien-Zürich 1995; L. Scheffczyk/A. Ziegenaus, Katholische Dogmatik, 8 Bde. Aachen 1996- 2000 (der 7. Band steht noch aus); G. L. Müller, Katholische Dogmatik. Für Studium und Praxis der Theologie, Freiburg-Basel-Wien 42001; H. Wagner, Dogmatik, Stuttgart 2003. - Aus Platzgründen mussten die katholische Ekklesiologie (P. Hünermann, M. Kehl, G. L. Müller, J. Werbick), die Amtstheologie (G. Bausenhart, G. Greshake, G. L. Müller), die Sakramentenlehre (E.-M. Faber, Th. Freyer, J. Nocke) und die Ökumenische Theologie (D. Sattler, B. J. Hilberath, P. Neuner, W. Thönissen, Th. Schneider) ebenso ausgespart werden wie Theologie- bzw. Dogmengeschichte, Mediävistik (M. Gerwing, P. Walter), katholische Thomasforschung (Chr. Berchtold, H. Hoping, Kl. Krämer, Kl. Obenauer, M. Scheuer, M. Schulze) sowie das Verhältnis von moderner Naturwissenschaft und Theologie (D. Hattrup).

2) Vgl. H. Hoping, Ein transzendentaltheologischer Begriff des Christentums - Rahners Kurzformeln des Glaubens, in: Das Christentum der Theologen im 20. Jahrhundert. Vom "Wesen des Christentums" zu den "Kurzformeln des Glaubens", hrsg. von M. Delgado, Stuttgart-Berlin-Köln 2000, 235-245.

3) Nach Welsch ist ein unbedingter religiöser Wahrheitsanspruch nur noch innerhalb der Teilnehmerperspektive, also im Innenbezug einer Religion, nicht mehr aber nach außen hin vertretbar. Vgl. Der Pluralismus läßt Absolutheit zu, wenn er privat beibt, in: EK 8 (1998), 476-479; ders., Relativität aushalten. Unbedingtheit gibt es nur im Innenbezug, in: EK 12 (1994), 734 f. Zur Kritik an Welschs Pluralismusverständnis aus theologischer Sicht vgl. J. Werbick, Den Glauben verantworten. Eine Fundamentaltheologie, Freiburg-Basel-Wien 2000, 376 f.379 f. (vgl. Rezension in ThLZ 127 [2002], 813).

4) Vgl. Th. Pröpper, Erlösungsglaube und Freiheitsgeschichte. Eine Skizze zur Soteriologie, München 31991 (1985); ders., Evangelium und freie Vernunft. Konturen einer theologischen Hermeneutik, Freiburg-Basel-Wien 2001 (vgl. Rezension in ThLZ 128 [2003], 555).

5) Auf diesem Weg folgen ihm vor allem G. Essen (Historische Vernunft und Auferweckung Jesu. Theologie und Historik im Streit um den Begriff geschichtlicher Wirklichkeit, Mainz 1995; ders., Die Freiheit Jesu. Der neuchalkedonische Enhypostasiebegriff im Horizont neuzeitlicher Subjekt- und Personphilosophie, Regensburg 2001; vgl. Rezension in ThLZ 128 [2003], 1193) und M. Striet (Das Ich im Sturz der Realität. Philosophisch-theologische Studien zu einer Theorie des Subjekts in Auseinandersetzung mit der Spätphilosophie Friedrich Nietzsches, Regensburg 1998; ders., Offenbares Geheimnis. Zur Kritik der negativen Theologie, Regensburg 2003).

6) Zur Frage der Hermeneutik der Glaubensüberlieferung vgl. G. Essen/Th. Pröpper, Aneignungsprobleme der christologischen Überlieferung. Hermeneutische Vorüberlegungen, in: Gottes ewiger Sohn. Die Präexistenz Christi, hrsg. von R. Laufen, Paderborn-München-Wien-Zürich 1997, 163-178 (vgl. Rezension in ThLZ 125 [2000], 759).

7) H. Krings, System und Freiheit. Gesammelte Aufsätze, Freiburg-München 1980, 65.

8) Vgl. W. Pannenberg, Anthropologie in theologischer Perspektive, Göttingen 1983, 77-150. Dazu kritisch Thomas Pröpper (ThQ 168 [1990], 267-289 = 2001, 153-179) und die Antwort Pannenbergs (ThQ 170 [1990], 289-298 = Beiträge zur Systematischen Theologie, Bd. 2, Göttingen 2000, 234-245).

9) Vgl. auch den verwandten Ansatz von Chr. Axt-Piscalar, Ohnmächtige Freiheit. Studien zum Verhältnis von Subjektivität und Sünde bei August Tholuck, Julius Müller, Sören Kierkegaard und Friedrich Schleiermacher, Tübingen 1996 (vgl. Rezension in ThLZ 122 [1997], 947).

10) Wie Pröpper begnügt sich auch K.-H. Menke mit der "faktischen Universalität der Sünde". Im Interesse der Autonomie menschlicher Freiheit verfolgt Menke, dem es um eine konsequent vom "Augustinismus" befreite Gnadenlehre geht, eine Rehabilitierung der Freiheits- und Gnadenlehre des Pelagius. Hier bewegt er sich in den Spuren seines Lehrers Gisbert Greshake (vgl. Gnade als konkrete Freiheit. Eine Untersuchung zur Gnadenlehre des Pelagius, Mainz 1972). Menke vertritt die These, dass Pelagius Paulus im entscheidenden Punkt, nämlich im Verständnis von Freiheit, Sünde und Gnade, besser verstanden habe als Augustinus (vgl. Das Kriterium des Christseins. Grundriss der Gnadenlehre, Regensburg 2003). Zwar führt die neuere Paulusexegese zu einer differenzierten Beur-
teilung von Augustins Prädestinationslehre und Luthers Rechtfertigungsverständnis, doch dürfte sie nicht geeignet sein, nun Pelagius gegenüber Augustinus ins Recht zu setzen. Es fällt auf, dass der Konsens in der Rechtfertigungslehre, der zwischen Lutherischem Weltbund und römisch-katholischer Kirche (1999) in der Frage des "sola gratia" wie des "simul iustus et peccator" erreicht worden ist, bei Menke nicht behandelt wird. Vielmehr beschränkt er sich auf die Erörterung der weiterhin kontroversen kriteriologischen Funktion der Rechtfertigungslehre.

11) Einen anderen Weg als Pröpper bin ich in meiner eigenen Rezeption der transzendentalen Freiheitslehre gegangen. Den Gedanken einer "transzendentalen Verweigerung", in der Hermann Krings das Prinzip des Bösen sieht, aufnehmend wird hier retorsiv (in kritischer Aufnahme von Kants Lehre vom "radikalen Bösen") nach dem transzendentalen Ursprung der Sünde in der Konstitution des menschlichen Selbstverhältnisses zurückgefragt, um so der zentralen Aussage der christlichen Erbsündenlehre, dass der Mensch seiner Existenz nach, das heißt "von Natur aus", Sünder ist, zu entsprechen. Vgl. Helmut Hoping, Freiheit im Widerspruch. Eine Untersuchung zur Erbsündenlehre im Ausgang von Immanuel Kant, Innsbruck-Wien 1990; ders., Freiheitsdenken und Erbsündenlehre. Der transzendentale Ursprung der Sünde, in: ThGl 84 (1994), 299-317.

12) Wie Friedrich Schleiermachers Glaubenslehre verfolgt Pröpper in seiner freiheitstheoretischen Glaubenshermeneutik einen elliptischen, auf die theologische Grundwahrheit und den philosophischen Bestimmungsgrund der Glaubenshermeneutik konzentrierten Ansatz (2001, 77). Doch wahrt das Freiheitsdenken, sofern es Gottes Selbstoffenbarung in der Geschichte Jesu als den Erweis von Gottes unbedingt für die Menschen entschiedene Liebe denken lässt, die Positivität der Glaubenswahrheit. Sie widersetzt sich jener Unterbestimmung des Christentums und der Erlösung, wie sie in Schleiermachers Glaubenslehre begegnet. In ihr wird das Verhältnis von Vernunft und Glaube nicht konsequent als wechselseitiges Bestimmungsverhältnis konzipiert. Vielmehr dominiert das leitende philosophische Prinzip (Gottesbewusstsein als Wesensanlage des Menschen) die theologische Hermeneutik (129-152).

13) Von dem amerikanischen Philosophen Thomas Nagel stammt das an Hegel (vgl. Werke in zwanzig Bänden, Bd. 2, 172) erinnernde Diktum: "Wenn es so etwas wie Vernunft gibt, muß sie universal sein". Nagel ist einer der prominentesten Kritiker des hermeneutischen Relativismus (vgl. Das letzte Wort. Aus dem Englischen übersetzt von J. Schulte, Stuttgart 1999). Ohne das "letzte Wort" einer allgemeinen Vernunft im Prozess des hermeneutischen Verstehens und der rationalen Begründung wäre auch "Gottes letztes Wort" nicht mehr denkbar, das er in seiner endgültigen Offenbarung in der Geschichte Jesu gesprochen hat. So lässt ein radikaler Sprachspielpluralismus für eine Religion, die wie die christliche Religion einen universalen Anspruch erhebt, keinen Raum mehr.

14) Zum Verhältnis von transzendentaler Freiheitsanalytik (Hermann Krings) und "metaphysischer" Theorie der Subjektivität (Dieter Henrich)
vgl. M. Striet, Das Ich im Sturz der Realität. Philosophisch-theologische Studien zu einer Theorie der Subjektivität in Auseinandersetzung mit der Spätphilosophie Friedrich Nietzsches, Regensburg 1998, 237-306; G. Essen, Die Freiheit Jesu, 161-173. Zur Bedeutung der Subjektivitätstheorie Henrichs für die Theologie vgl. Kl. Müller, Wenn ich "ich" sage. Studien zur fundamentaltheologischen Relevanz selbstbewusster Subjektivität, Frankfurt/Main 1994, 457-557; H. Hoping, Understanding the Difference of Being: On the Relationship between Metaphysics und Theology, in: The Thomist 59 (1995), 189-211.

15) Vgl. M. Henry, Radikale Lebensphänomenologie. Ausgewählte Studien zur Phänomenologie, Freiburg-München 1992; ders., "Ich bin die Wahrheit". Für eine Philosophie des Christentums, Freiburg-München 1997 (21999); ders., Inkarnation. Eine Philosophie des Fleisches, Freiburg-München 2002.

16) Vgl. J.-L. Marion, Dieu sans l'être: Hors-Texte, Paris 1982 (engl. God without Being: Hors-Texte. Transl. by Th. A. Carlson. With a Foreword by David Tracy, Chicago-London 1991).

17) Vgl. Ruf und Gabe. Zum Verhältnis von Phänomenologie und Theologie, hrsg. vom Professorenkollegium der Bonner Katholisch-Theologischen Fakultät, Bonn 2000; T. Specker, Einen anderen Gott denken? Zum Verständnis der Alterität Gottes bei Jean-Luc Marion, Frankfurt/ Main 2002.

18) Vgl. die beiden Hauptwerke von Emmanuel Levinas: Totalität und Unendlichkeit. Versuch über die Exteriorität. Übersetzt von W. N. Krewani, Freiburg-München 1987; ders., Jenseits des Seins oder anders als Sein geschieht. Aus dem Französischen übersetzt von Th. Wiemer, Freiburg-München 1992.

19) Vgl. Levinas, Menschwerdung Gottes?, in: ders., Zwischen uns. Versuche über das Denken an den Anderen. Aus dem Französischen von F. Miething, München-Wien 1995, 78. - "Antlitz" ist für Levinas der Inbegriff des nicht intentional erfassbaren Anderen. Vgl. ders., Totalität und Unendlichkeit, 63.

20) Vgl. J. Wohlmuth, Jesu Weg - unser Weg. Kleine mystagogische Christologie, Würzburg 1992; ders., Im Geheimnis einander nahe. Theo-logische Aufsätze zum Verhältnis von Judentum und Christentum, Paderborn-München-Wien-Zürich 1996 (vgl. Rezension in ThLZ 118 [1993], 448; ders. (Hrsg.), Emmanuel Levinas - eine Herausforderung für die christliche Theologie, Paderborn-München-Wien-Zürich 21999 (vgl. Rezension in ThLZ 125 [2000], 210); ders., Die Tora spricht die Sprache der Menschen. Theologische Aufsätze und Meditationen zur Beziehung von Judentum und Christentum, Paderborn-München-Wien-Zürich 2002. Von Wohlmuth werden auch Denkanstöße anderer Philosophen jüdischer Herkunft aufgegriffen (Franz Rosenzweig, Walter Benjamin, Theodor W. Adorno, Jean-François Lyotard, Jacques Derrida). Doch ist Wohlmuth immer wieder zu Levinas zurückgekehrt. - Zur kritischen Frage einer möglichen theologischen Rezeption Derridas, dessen Denken der "différance" George Steiner als "Gegentheologie der Abwesenheit", als "Null-Theologie" des "immer Abwesenden" bezeichnet hat (vgl. Von realer Gegenwart. Hat unser Sprechen Inhalt?, München-Wien 1990, 164.298), siehe J. Valentin, Atheismus in der Spur Gottes. Theologie nach Jacques Derrida, Mainz 1997 (vgl. Rezension in ThLZ 124 [1999], 1273); J. Hoff, Spiritualität und Sprachverlust. Theologie nach Foucault und Derrida, Paderborn-München-Wien-Zürich 1999. Vgl. auch G. M. Hoff, Die prekäre Identität des Christlichen. Die Herausforderung postmodernen Differenzdenkens für eine theologische Hermeneutik, Paderborn-München-Wien-Zürich 2001, bes. 421-467.

21) Zur Levinasrezeption in der katholischen Dogmatik vgl. auch E. Dirscherl, Die Bedeutung der Nähe Gottes. Ein Gespräch zwischen Karl Rahner und Emmanuel Levinas, Würzburg 1996 (vgl. Rezension in ThLZ 122 [1997], 949); Th. Freyer/R. Schenk (Hrsg.), Emmanuel Levinas - Fragen an die Moderne, Wien 1996; S. Sandherr, Die heimliche Geburt des Subjekts. Das Subjekt und sein Werden im Denken Emmanuel Levinas', Stuttgart-Berlin-Köln-Mainz 1998 (vgl. Rezension in ThLZ 127 [2002], 321); Th. Freyer, Zeit - Kontinuität und Unterbrechung. Studien zu Karl Barth, Wolfhart Pannenberg und Karl Rahner, Würzburg 1993; ders. (Hrsg.), Emmanuel Levinas - Fragen an die Moderne, Wien 1996; U. Dickmann, Subjektivität als Verantwortung. Die Ambivalenz des Humanen bei Emmanuel Levinas und ihre Bedeutung für die theologische Anthropologie, Tübingen 1999 (vgl. Rezension in ThLZ 126 [2001], 1072; N. Fischer/D. Hattrup, Metaphysik aus dem Anspruch des Anderen. Kant und Levinas, Paderborn-München-Wien-Zürich 1999 (vgl. Rezension in ThLZ 127 [2002], 1334).

22) Vgl. M. Buber, Die Brennpunkte der jüdischen Seele, in: ders., Der Jude und sein Judentum. Gesammelte Aufsätze und Reden, Darmstadt 1993, 196-206, hier 205.

23) Levinas, Messianische Texte, in: ders., Schwierige Freiheit. Versuch über das Judentum, Frankfurt/Main 21996, 58-103, hier 93. Zum anthropologischen Messianismus Levinas' vgl. Wohlmuth, Die Tora spricht die Sprache der Menschen, 171-177.

24) Vgl. Levinas, Messianische Texte, 93.

25) Zum "inkarnierten Subjekt" bzw. zur äußersten Passivität der "Rekurrenz" vgl. Levinas, Jenseits des Seins oder anders als Sein geschieht, 219-288.

26) Vgl. Levinas, Menschwerdung Gottes?, 73-82. - Beim Gedanken der Schöpfung geht es nach Levinas um eine Vergangenheit, die im synthetisierenden Zeitbewusstsein nicht vergegenwärtigt werden kann, um das philosophische Paradox "eines Unendlichen, das außerhalb von sich ein Seiendes zulässt, das es nicht in sich absorbiert" (vgl. Levinas, Messianische Texte, 94), um die Trennung des Unendlichen und des Endlichen. Levinas denkt diese Trennung unter Rückgriff auf die aus der Lurianischen Kabbala bekannte Denkfigur der "Kontraktion" (zimzum) des Unendlichen. Für die Dogmatik bedeutet dies, so Wohlmuth, in der creatio ex nihilo keine auf kosmogonische Vorgänge bezogene Formel zu sehen. Schöpfung ist nicht Herstellung (productio). Bei der creatio ex nihilo geht es um eine "unvordenkliche Vergangenheit" (absolute Diachronie), die intentional nicht einholbar ist. Der Schöpfer hat sich zurückgenommen. Er ist ein gastfreundlicher Gott. Seine Spur ist das Antlitz des Anderen, dem das inkarnierte Subjekt ausgesetzt und für den es verantwortlich ist. Geschaffensein bedeutet nicht nur Endlichkeit. Mit der Schöpfung wird die "Ordnung des Guten" eröffnet (1996, 63-79.91-96.107-109; 2002, 139-159).

27) Zur Herausforderung, die Levinas' Denken für die Christologie darstellt, vgl. auch D. Hattrup, Emmanuel Levinas und die Christologie, in: ThGl 88 (1998), 324-341.

28) Zur Eucharistie vgl. auch Wohlmuth, Im Geheimnis einander nahe, 157-175 (vgl. Rezension in ThLZ 122 [1997], 1161).

29) Das Proprium der christlichen Liturgie, so Wohlmuth, kann und darf nicht gegen das Judentum ausgespielt werden. Zu deutlich ist (bei aller heute angenommenen wechselseitigen Beeinflussung von jüdischer und christlicher Liturgie), in welchem Maße die christliche Liturgie auf den jüdischen Festen aufruht.

30) Vgl. ders., Überlegungen zu einer theologischen Ästhetik der Sakramente, in: Weisheit Gottes - Weisheit der Welt, hrsg. von W. Baier u. a., FS J. Ratzinger, St. Ottilien, 1109-1128; ders., Jesu Weg - unser Weg, 11-67. - Zur theologischen Ästhetik der Sakramente vgl. auch H.-J. Höhn, Spüren. Die ästhetische Kraft der Sakramente, Würzburg 2002.

31) Zur Genese des Projekts vgl. Stock, Über die Idee einer poetischen Dogmatik, in: Gott-Bild. Gebrochen durch die Moderne? FS K. M. Woschitz, Graz 1996, 118-128. Eine Bibliographie der zahlreichen bildtheologischen Arbeiten Stocks findet sich in: ders., Keine Kunst. Aspekte einer Bildtheologie, Paderborn-München-Wien-Zürich 1996 (vgl. Rezension in ThLZ 122 [1997], 711). Inzwischen liegt eine vierbändige Christologie vor (vgl. Poetische Dogmatik: Christologie, Bd. 1: Namen, Paderborn-München-Wien-Zürich 1995; Bd. 2: Schrift und Gesicht, 1996; Bd. 3: Leib und Leben, 1998; Bd. 4: Figuren, 2001 - vgl. Rezension in ThLZ 121 [1996], 882; ThLZ 122 [1997], 190; ThLZ 124 [1999], 1054). Die Christologie soll noch um eine Gotteslehre ergänzt werden.

32) Den Titel "Poetische Dogmatik" nennt Stock ein "irritierendes Oxymoron", weil die Verbindung "poetisch/dogmatisch" den Eindruck erweckt, der Titel sei dem postmodernen "Abschied vom Prinzipiellen" (Odo Marquardt) geschuldet. Doch auch der "Poetischen Dogmatik" geht es um eine zusammenhängende Darstellung der christlichen Glaubenslehre. Doch vollzieht sich diese ausgehend von Bildern, Texten, Liedern, Gedichten und Symbolen im Raum der Liturgie bzw. der christlichen Frömmigkeit, in denen sich die "kulturelle Kreativität der christlichen Religion" (9), die "poetische Energie" des Glaubens, gleichsam seine religiöse Einbildungskraft, ausdrückt - im Sinne des griechischen Wortes "poiesis": etwas ins Werk setzen, Werke hervorbringen, "mit den Mitteln von Sprache, Musik, bildender Kunst". Liturgie, Dichtung und bildende Kunst sind nicht nur "ornamentae ecclesiae", sondern als "fontes theologiae" ernst zu nehmen (8 f.). - Die Beschäftigung mit Stocks "Poetischer Dogmatik", die für Dogmatik und Liturgiewissenschaft gleichermaßen von Interesse ist, steckt erst in den Anfängen. Vgl. auch folgende Besprechungen: St. Orth, Bilderschatz der Tradition. Alex Stocks Poetische Dogmatik, in: HK 56 (2002), 141-146; J.-H. Tück, Die poetische Energie des Glaubens. Alex Stocks bilderreiche Christologie, in: NZZ vom 12. Januar 2002 (Nr. 5), 74. Siehe ebenso H. Hoping, Symbolik und Pragmatik des Glaubens. Die Bedeutung der Liturgie für die Theologie, in: Liturgisches Jahrbuch 52 (2002), 3-20, bes. 10-14.

33) Leitend sind dabei Anregungen, die Stock vor allem von jüdischen Denkern erhalten hat, von Jacob Taubes, der geneigt war, Theologie aus der Liturgik zu entwickeln (vgl. J. Taubes, Die politische Theologie des Paulus, München 1993, 55), oder von Gershom Scholem, der meinte, eine Religion lasse sich besonders authentisch von ihrem geistigen Leben, wie es sich in der Liturgie reflektiert, beschreiben (vgl. G. Scholem, Judaica 4, hrsg. von R. Tiedemann, Frankfurt/Main 1984, 262 f.). Taubes wie Scholem denken hier vor allem an den "Stern der Erlösung" von Franz Rosenzweig. Die Liturgie nimmt hier beim Vergleich zwischen Judentum und Christentum einen zentralen Platz ein (vgl. Der Stern der Erlösung. Mit einer Einführung von Reinhold Mayer und einer Gedenkrede von Gershom Scholem, Frankfurt/Main 1988). Liturgik meint bei Stock weder das rekonstruierende Verfahren der Liturgiegeschichte noch eine auf Praxisanleitung ausgerichtete Pastoralliturgik. "Theologie aus der Liturgik zu entwickeln" bedeutet, "die Liturgie als Quelle theologischer Erkenntnis in Anspruch zu nehmen" (Bd. 3, 8).

34) Unter "Liturgie" wird dabei nicht nur das universalkirchlich geregelte liturgische Ritual verstanden, sondern ebenso die ortskirchliche Liturgie (Stock spricht hier nicht ganz glücklich von "Paraliturgie") in Andachten, Prozessionen, Liedern und Gebeten sowie das künstlerische Bild.

35) Behandelt werden u. a. eine Homilie Bernhards von Clairvaux, die O-Antiphonen, der Hymnus aus dem Philipperbrief, zisterziensische Hymnen und ein Hymnus von Klemens von Alexandrien, patristische Namenslisten, das Abecedarium, der Ordo Missae der römischen Liturgie, ein eucharistisches Tischgebet und dazu verschiedenen Bildwerke (u. a. Ratgeb: Beschneidung Christi; Rembrandt: Predigt Jesu).

36) Die bilderlosen Anfänge der christlichen Religion, das seit dem 3. Jh. aufkommende Christusbild und die spätestens im 8. Jh. virulent werdende Frage nach der Bilderverehrung (Bd. 2, 95-105) führen Stock zu den großen Veränderungen im Christusbild, dessen theologische Legitimität die Ikonophilen und Bildertheologen wie Johannes von Damaskus mit dem Dogma von der Menschwerdung des Gottessohnes begründen. Das Acheiropoieton als Analogon der Inkarnation (105-108), die Mandylien (116-126), Legende bzw. Meister der hl. Veronika/Veraicon (126- 139) und die seit der Patristik diskutierte Frage nach der Physiognomie Christi (218-236) werden ebenso behandelt wie Rembrandts völlig neuartige Christusdarstellungen (236-242), das Gesicht des Gekreuzigten im Werk Rouaults (209-213) und die als "moderne Ikonen" titulierten Bilder Jawlenskys (243-251).

37) Es sind die Mysterien des Lebens Jesu, die "acta et passa", Taten und Leiden Christi, denen in den mittelalterlichen Christologietraktaten, etwa in der theologischen Summe des Thomas von Aquin, eine große Bedeutung zukommt, bei Stock ergänzt um "Fronleichnam" und "Herz Jesu" - wie "Verklärung" ausgesprochen leibbezogene Feste (Bd. 3, 12-16). Der
Gang der Darstellung folgt dem Ablauf des Kirchenjahres. Im Zentrum stehen die Rede vom triforme corpus Christi und die damit verbundene Thematik der Verwandlung. Stärker als im zweiten Band wird hier die römische Liturgie einbezogen. Doch geht Stocks Interesse wiederum über den christlichen Kult weit hinaus. Es erstreckt sich auf diverse Lieder, Gedichte und Bilder, in denen sich die kulturelle Kreativität der religiösen Einbildungskraft niedergeschlagen hat. Stock beginnt mit der Verkündigung Mariens (17-53), neben der Kreuzigung Christi das beliebteste Thema der mittelalterlichen Bildkunst (Fra Angelico, Lorenzo di Credi u.a.) und fährt dann fort mit der Geburt (55-123), die wie kaum ein anderes Fest zum Singen und Dichten, aber auch die Bildkunst angeregt hat. Es folgen das Geheimnis der Passion: Schmerzensmann, Gethsemane, Verhör, Leidensweg (125-211), das Stock wie die anderen Mysterien des Lebens Jesu liturgie- und kunstgeschichtlich (Dürer, Tizian, Daumier u. a.) erschließt, sodann die Thematik des verklärten Leibes der Feste von Ostern (213-256) und Himmelfahrt (257-303), das "corporis mysterium" des Fronleichnams-Offiziums (Pange lingua) zusammen mit dem vielfach vertonten "Ave verum corpus" sowie Luthers Abendmahlslied (305-335), der prekäre Kult des römisch-katholischen Herz-Jesu-Festes (337-379) und schließlich das für die Figuration Christi zentrale Fest der Verklärung Jesu (381-408).

38) So erhebt Odo Marquard gegen den Monotheismus den Vorwurf, er sei wie die neuzeitliche Geschichtsphilosophie eine Form totalisierenden Einheitsdenkens (vgl. Lob des Polytheismus. Über Monothymie und Polythymie, in: ders., Abschied vom Prinzipiellen, Stuttgart 1981, 103.107 f.). Für unser pluralistisches Zeitalter empfiehlt Marquard einen aufgeklärten Polytheismus, der auf eine relativistische "Gewaltenteilung im Absoluten" hinausläuft. Im Unterschied zu "bekömmlichen" Mythensorten, die für eine solche Gewaltenteilung offen sind, zählt Marquard den Monotheismus zu den "schädlichen" Mythensorten (98). Jan Assmann
sieht in der vom biblischen Monotheismus untrennbaren Unterscheidung zwischen dem "wahren" Gott und den Götzen ein Prinzip der Intoleranz (vgl. J. Assmann, Moses der Ägypter. Entzifferung einer Gedächtnisspur, Frankfurt/Main 2000 [München-Wien 1998], bes. 17-87.245-282 (vgl. Rezension der 1. Aufl. in ThLZ 124 [1999], 874); ders., Herrschaft und Heil. Politische Theologie in Altägypten, Israel und Europa, Frankfurt/ Main 2002 [München-Wien 2002], bes. 15-31.247-280).

39) Vgl. dazu H. Hoping, Creatio ex nihilo. Von der Bedeutung einer schwierigen Unterscheidung für den Begriff des Monotheismus, in: JBTh 12 (1997), 291-307, hier 291-294.

40) Vgl. F. W. J. Schelling, Philosophie der Offenbarung (1841/42), hrsg. und eingeleitet von M. Frank 1977, 189. - Diese Einzigkeit Gottes ist aber nichts anderes "als eins der negativen Attribute Gottes", das selbst noch dem Gott des spinozistischen Monismus zukommt. Monotheismus seinem konkrete Begriffe nach ist dagegen für Schelling "die Lehre, die Gott als solchen, oder seiner Gottheit nach, bestimmt" (ebd. 191 f.).

41) Vgl. ebd.

42) Vgl. E. Zenger, Was ist der Preis des Monotheismus? Die heilsame Provokation von Jan Assmann, in: HerKorr 55 (2001), 186-191.

43) Vgl. J. Kardinal Ratzinger, Glaube - Wahrheit - Toleranz. Das Christentum und die Weltreligionen, Freiburg-Basel-Wien 2003, 170- 186.

44) Einen informativen Überblick zur aktuellen Forschungsdiskussion gibt G. Essen, Person - ein philosophisch-theologischer Schlüsselbegriff in der dogmatischen Diskussion, in: ThRv 94 (1998), 243-254.

45) Eine Extremposition vertritt K.-H. Ohlig. Konsequent historisiert er die altkirchliche Trinitätslehre und zieht ihre bleibende Normativität in Zweifel. Vgl. Ein Gott in drei Personen? Vom Vater Jesu zum "Mysterium" der Trinität, Mainz 1999.

46) Vgl. B. J. Hilberath, Der Personbegriff der Trinitätslehre in Rückfrage von Karl Rahner zu Tertullians "Adversus Praxean", Innsbruck-Wien 1986; J. Werbick, Trinitätslehre, in: Handbuch der Dogmatik, Bd. 2, hrsg. von Th. Schneider, 513-575; F. Courth, Der Gott der dreifaltigen Liebe, Paderborn 1993; M. Böhnke, Einheit in Mehrursprünglichkeit. Eine kritische Analyse des trinitarischen Ansatzes im Werk von Klaus Hemmerle, Würzburg 2000 (vgl. Rezension in ThLZ 127 [2002], 220); A. Ganoczy, Der dreieinige Schöpfer. Trinitätstheologie und Synergie, Darmstadt 2001 (vgl. Rezension in ThLZ 127 [2002], 948).

47) Vgl. G. Greshake, Der dreieinige Gott. Eine trinitarische Theologie, Freiburg-Basel-Wien 42001, 141-145; ders., Streit um die Trinität. Ein Diskussionsbeitrag, in: HerKorr 56 (2002), 534-537, hier 535; M. Striet, Spekulative Verfremdung. Trinitätstheologie in der Diskussion, in: HerKorr 56 (2002), 202-207, hier 204; Essen, Die Freiheit Jesu, 331; Böhnke, Einheit in Mehrursprünglichkeit, 231.

48) Vgl. H. Vorgrimler, Randständiges Dasein des dreieinigen Gottes? Zur praktischen und spirituellen Dimension der Trinitätslehre, in: StZ 220 (2002), 545-552; ders., Gott. Vater, Sohn und Heiliger Geist, Münster 2003, 91-122; J. Wohlmuth, Zum Verhältnis von ökonomischer und immanenter Trinität. Eine These, in: ders., Im Geheimnis einander nahe, 115-138; H. Hoping, Göttliche und menschliche Personen. Die Diskussion um den Menschen als Herausforderung für die Dogmatik, in: ThG 41 (1998), 162-174.

49) In welche Schwierigkeiten der moderne Personbegriff führt, zeigt die gegenwärtige bioethische Diskussion mit ihrer Tendenz, die Personwürde menschlichem Leben nicht mehr an sich, sondern nur noch unter bestimmten Kautelen, nämlich gebunden an die Fähigkeit zu bestimmten Bewusstseinsleistungen, zuzuschreiben.

50) Vorgrimler zeigt dagegen deutliche Reserven gegenüber der trinitarischen Verwendung des Personbegriffs (vgl. Gott, 105-112). Auch in der Frage der Erlösung durch Christus folgt Vorgrimler seinem Lehrer Karl Rahner, was zum Ausfall einer staurozentrischen Soteriologie und zur Kritik der Vorstellung vom Kreuzestod Jesu als Opfer führt. Vgl. ebd. 98 f.

51) So auch die Einschätzung von Essen, Die Freiheit Jesu, 329 f.

52) Greshake, Der dreieine Gott, 206.

53) Ebd. 122.

54) Ebd.

55) Vgl. ebd., 169. Vgl. dazu kritisch Hoping, Göttliche und menschliche Personen, bes. 167-169. - In der vierten Auflage seiner trinitarischen Theologie hat Greshake auf meine Kritik scharf reagiert. Die Kritik beruhe auf einem Missverständnis. Es gehe ihm gar nicht darum, drei distinkte göttliche Selbstbewusstseine in Gott zu behaupten (575 f.). Warum aber spricht Greshake dann explizit von drei "differenten" göttlichen Selbstbewusstseinen, von drei "Ichs" in Gott, wenn es nur ein göttliches Bewusstsein geben soll? Darauf gibt auch Volker Busch, der Greshakes Trinitätskonzept gegen meine Kritik zu verteidigen sucht, keine Antwort (vgl. In Gottes Gemeinschaft vollendet. Die Konzeption einer "Auferstehung im Tod" in der Theologie Gisbert Greshakes, Mainz 2001, 337-343). Meine eigene Position, die auf die Grenze des Bewusstseins- und Selbstbewusstseinsbegriffs für die Rede von den drei göttlichen Personen aufmerksam macht und statt von drei differenten Bewusstseinszentren von drei Aktzentren spricht, die das eine göttliche Leben (Geist, Liebe) tragen, rückt Greshake in der vierten Auflage seiner trinitarischen Theologie in die Nähe der modalistischen Häresie (vgl. 577 f.).

56) Modalistische Tendenzen erkennt Striet nicht nur bei Karl Rahner, sondern auch bei Karl Barth. Vgl. Spekulative Verfremdung, 203. - Zu Karl Barth vgl. G. Taxacher, Trinität und Sprache. Dogmatische Erkenntnislehre als Theologie der Sprache. Eine systematische Befragung Karl Barths, Würzburg 1994 (vgl. Rezension in ThLZ 122 [1997], 192).

57) Essen, Die Freiheit Jesu, 331.

58) Ebd. 334. - Vorbehalte gegenüber der trinitarischen Verwendung des Bewusstseins- bzw. Selbstbewusstseinsbegriffs äußert Böhnke, Einheit in Mehrursprünglichkeit, 258.270 f. Böhnke geht es in seiner Arbeit um eine transzendentaldialogische Reformulierung des Gedankens der Mehrursprünglichkeit, wie er für die von Heinrich Rombachs Strukturontologie beeinflusste trinitarische Ontologie Klaus Hemmerles zentral ist. Zur Diskussion der trinitarischen Ontologie Hemmerles vgl. auch E. Salmann, Die Freiheit als Welt und die Welt als Gefüge. Zur theologischen Bedeutung der Strukturontologie Heinrich Rombachs, in: FZPhTh 33 (1986), 153-179; ders., Neuzeit und Offenbarung. Studien zur trinitarischen Analogik des Christentums, Rom 1986, hier 115; M. Türk, Offenbarung und Struktur. Ausgewählte Offenbarungstheologien im Kontext strukturontologischen Denkens, Frankfurt/Main u. a. 1999, hier 147.163.

59) Vgl. Vorgrimler, Gott, 117-122.

60) Vgl. ders., Randständiges Dasein des dreieinigen Gottes?, 547.

61) Die gegenwärtige Aufgabe trinitätstheologischer Reflexion wird von Striet sehr präzise beschrieben. Vgl. Spekulative Verfremdung, 205: "Das weitere dogmatische Interesse muss jedenfalls dem Ziel gelten, unter Einschluss entsprechender, subjekt- und persontheoretischer Reflexionen eine Denkform zu konzipieren, die den in der Geschichte Jesu offenbar gewordenen Gott als den gleichursprünglich in drei Personen Existierenden verstehend erschließt".

62) Wohlmuth, Im Geheimnis einander nahe, 18.

63) Vgl. ebd., 115-138.

64) Vgl. Hoping, Göttliche und menschliche Personen, 172. Vgl. auch K. Rahner, Einzigkeit und Dreifaltigkeit Gottes, in: Der eine und der dreieine Gott. Das Gottesverständnis bei Christen, Juden und Muslimen, hrsg. von K. Rahner, München-Zürich 1993, 141-160. - Auf die Schwierigkeit des modernen, vom Subjektivitätsdenken bestimmten Personbegriffs weist auch Bertram Stubenrauch hin: "Wer von drei göttlichen Personen spricht, muss ausdrücklich hinzufügen, dass es in Gott nicht drei Bewusstseinszentren gibt." (Dreifaltigkeit, Regensburg 2002, 114) - Stubenrauch macht den Vorschlag, zu Gunsten des biblischen, trinitarischen Monotheismus statt von drei göttlichen Personen von der "einen göttlichen Person" und drei "Persönlichkeiten" (Vater, Sohn, Geist) zu sprechen (vgl. ebd., 112-119). Unter Persönlichkeit versteht Stubenrauch "gestaltete Person": Das eine "Du" Gottes begegnet im Vater, im Sohn und im Geist, die zusammen die eine "Person" Gott repräsentieren und jeweils verschieden ausprägen (vgl. ebd. 116 f.).

65) So bei Th. Freyer, Vergessener Monotheismus? Zur gegenwärtigen Trinitätslehre, in: Monotheismus (JBTh 4, 2002), hrsg. von J. Manemann, Münster 2003, 93-106, bes. 97 f.

66) Vgl. G. Essen, Bibelferne Spekulationen? Zu den gegenwärtigen christologischen Auseinandersetzungen, in: HerKorr 55 (2001), 389-394, hier 394.

67) J. Werbick, Der Pluralismus der pluralistischen Religionstheologie. Eine Anfrage, in: Christus allein? Der Streit um die pluralistische Religionstheologie (QD 1996), hrsg. von R. Schwager, Freiburg-Basel-Wien 1996, 140-157, hier 153 (vgl. Rezension in ThLZ 124 [1999], 141).

68) Wichtige Anstöße haben der Bonner Dogmatiker K.-H. Menke (vgl. Die Einzigkeit Jesu Christi im Horizont der Sinnfrage, Freiburg 1995) und der Münsteraner Fundamentaltheologe J. Werbick (vgl. Den Glauben verantworten, 380-402) gegeben. Vgl. auch G. L. Müller (Hrsg.), Einzigkeit und Universalität Jesu Christi. Im Dialog mit den Religionen, Freiburg 2001 (vgl. Rezension in ThLZ 128 [2003], 329); Raymund Schwager (Hrsg.), Relativierung der Wahrheit? Kontextuelle Christologie auf dem Prüfstand (QD 170), Freiburg-Basel-Wien 1998.

69) Zur neueren Monotheismuskritik vgl. J. Werbick, Absolutistischer Eingottglaube? - Befreiende Vielfalt des Polytheismus?, in: Ist der Glaube Feind der Freiheit? Die neue Debatte um den Monotheismus, hrsg. von Th. Söding (QD 196), Freiburg-Basel-Wien 2003, 142-175; J. Kardinal Ratzinger, Glaube - Wahrheit - Toleranz. Das Christentum und die Weltreligionen, Freiburg-Basel-Wien 2003, 170-186. - Von philosophischer Seite setzt sich Kl. Müller kritisch mit der Monotheismuskritik auseinander (vgl. Der Monotheismus im philosophischen Diskurs der Gegenwart, in: Ist der Glaube Feind der Freiheit?, hrsg. von Th. Söding, 176-213).

70) Vgl. R. Schwager, "Nicht auf das Kreuz begrenzt". Ein Gespräch über Gewalt und Religion, in: HerKorr 56 (2002), 286-291.

71) Vgl. H. U. von Balthasar, Theodramatik, Bd. III: Die Handlung, Einsiedeln 1980.

72) Vgl. R. Schwager, Der wunderbare Tausch. Zur Geschichte und Deutung der Erlösungslehre, München 1986; ders., Jesus im Heilsdrama. Entwurf einer biblischen Erlösungslehre, Innsbruck-Wien 1990; ders., Dem Netz des Jägers entronnen. Das Jesusdrama nacherzählt von Raymund Schwager, München 1991; ders., Brauchen wir einen Sündenbock? Gewalt und Erlösung in den biblischen Schriften, Thaur-Wien-München 31994; J. Niewiadomski/W. Palaver (Hrsg.), Dramatische Erlösungslehre. Ein Symposium, Innsbruck-Wien 1992. - Im Laufe der Jahre hat sich Schwagers soteriologischer Ansatz zu einem Gesamtkonzept heilsdramatischer Theologie entwickelt, auf deren einzelne Aspekte hier nicht eingegangen werden kann. Vgl. die Beiträge in: Vom Fluch und Segen der Sündenböcke, hrsg. von J. Niewiadomski und W. Palaver, vor allem den Beitrag von Jozéf Niewiadomski, Das Drama Jesu. Raymund Schwagers Kurzformeln des Glaubens, 31-47.

73) Vgl. R. Girard, Der Sündenbock. Aus dem Französischen von Elisabeth Mainberger-Ruh, Zürich-Düsseldorf 1998, 164.

74) Ebd., 13.

75) Vgl. Girard, Das Heilige und die Gewalt. Aus dem Französischen von Elisabeth Mainberger-Ruh, Frankfurt/Main 31999, 7-85.

76) Vgl. Girard, Ich sah den Satan vom Himmel fallen wie einen Blitz. Eine kritische Apologie des Christentums. Mit einem Nachwort von Peter Sloterdijk. Aus dem Französischen von E. Mainberger-Ruth, München 2002.

77) Vgl. Girard, Der Sündenbock, 148-182.

78) Vgl. ebd., 41; ders., Ich sah den Satan vom Himmel fallen wie einen Blitz, 168.

79) Zur Kritik an der Opfertheorie Girards vgl. J. Greisch, Homo mimeticus. Anthropologische Voraussetzungen von René Girards Opferbegriff, in: Zur Theorie des Opfers. Ein interdisziplinäres Gespräch, hrsg. von R. Schenk, Stuttgart-Bad Cannstatt 1995, 27-59 (vgl. Rezension in ThLZ 124 [1999], 494); H. Bürkle, Die religionsphänomenologische Sicht des Opfers und ihre theologische Relevanz, in: ebd., 153-169; R. Schenk, Opfer und Opferkritik aus der Sicht der römisch-katholischen Theologie, in: ebd., 193-250. - Das Gespräch mit Raymund Schwager hat Girard später dazu geführt, den Opferbegriff auch positiv aufzugreifen und anzuerkennen, dass Jesus der "Sündenbock" ist, der sich für alle Menschen "geopfert" hat, ja dass es Gott selbst in ihm ist, der das Opfer übernimmt, um alle zu retten (vgl. ders., Hiob. Ein Weg aus der Gewalt, Zürich-Düsseldorf 1990, 195-211; ders., Mimetische Theorie und Theologie, in: Vom Fluch und Segen der Sündenböcke, hrsg. von J. Niewiadomski und W. Palaver, 15- 29; ders., Ich sah den Satan vom Himmel fallen wie einen Blitz, 166 f.). Doch eine sühnetheologische Deutung des Todes Jesu lehnt Girard weiterhin ab. Die Erlösung ist für Girard vor allem ein Prozess der Aufdeckung und Erkenntnis.

80) Vgl. Schenk, Opfer und Opferkritik aus der Sicht der römisch-katholischen Theologie, 239 f.

81) Vgl. H. Verweyen, Offene Fragen im Sühnebegriff auf dem Hintergrund der Auseinandersetzung Raymund Schwagers mit Hans Urs von Balthasar, in: Dramatische Erlösungslehre, hrsg. von J. Niewiadomski/W. Palaver, 137-146, hier 141-146.

82) In der Begrenzung der Opfersprache auf die Semantik von victim/ victima scheint mir auch eine Grenze der Rede von der ohnmächtigen Solidarität Jesu zu liegen (vgl. H.-J. Sander, Nicht verleugnen. Die befremdende Ohnmacht Jesu, Würzburg 2001, 61-80).

83) Vgl. J. Wohlmuth, Opfer - Verdrängung und Wiederkehr eines schwierigen Begriffs, in: Das Opfer. Biblischer Anspruch und liturgische Gestalt (QD 186), hrsg. von A. Gerhards und Kl. Richter, Freiburg-Basel-Wien 2000, 100-127, hier 125-127 (vgl. Rezension in ThLZ 127 [2002], 553). Vgl. auch H. Hoping, Gottes äußerste Gabe. Die theologische Unverzichtbarkeit der Opfersprache, in: HerKorr 56 (2002), 47-251; ders., Wie heute vom Tod Jesu sprechen? Der Opfertod Jesu als Mitte des christlichen Glaubens, in: Wie heute vom Tod Jesu sprechen? Neutestamentliche, systematisch-theologische und liturgiewissenschaftliche Perspektiven, hrsg. von G. Häfner und H. Schmid. FS L. Oberlinner, Freiburg 2002, 81-101.

84) Vgl. die erhellenden Analysen zur Opfersemantik in den Gebeten und Gesten des Offertorium (Gabenbereitung) der katholischen Messe bei A. Stock, Gabenbereitung. Zur Logik des Opfers, in: LJ 53 (2003), 33-51. - Zur Diskussion um den Opfertod Jesu und den Opfercharakter des Abendmahls in der evangelischen Theologie vgl. I. U. Dalferth, Das Opfer VI. Dogmatik, in: TRE 25 (1995), 286-293; ders., Sühnopfer: Die Heilsbedeutung des Todes Jesu, in: ders., Der auferweckte Gekreuzigte. Zur Grammatik der Christologie, Tübingen 1994, 237-315 (vgl. Rezension in ThLZ 121 [1996], 1187); ders., Opfer des Lebens, in: Opfer. Verschenktes Leben, hrsg. von H. J. Luibl und S. Scheuter, Zürich 2001, 131- 134; M. Welker, Was geht vor beim Abendmahl?, Stuttgart 1999; B. Janowski/M. Welker (Hrsg.), Opfer. Theologische und kulturelle Kontexte, Frankfurt/Main 2000; S. Brandt, Opfer als Gedächtnis. Auf dem Weg zu einer befreienden theologischen Rede vom Opfer, Münster 2001; Chr. Gestrich, Christentum und Stellvertretung. Religionsphilosophische Untersuchungen zum Heilsverständnis und zur Grundlegung der Theologie, Tübingen 2001 (vgl. Rezension in ThLZ 127 [2002], 1202); Das Abendmahl. Eine Orientierungshilfe zu Verständnis und Praxis des Abendmahls in der evangelischen Kirche, vorgelegt vom Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland, Gütersloh 2003, bes. 38-43.