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Ausgabe:

Februar/2001

Spalte:

123–138

Kategorie:

Religionswissenschaft

Autor/Hrsg.:

Tworuschka, Udo

Titel/Untertitel:

Selbstverständnis, Methoden und Aufgaben der Religionswissenschaft und ihr Verhältnis zur Theologie*

1. Religionswissenschaft: Eine Arbeitsdefinition

Gibt es das Selbstverständnis der Religionswissenschaft? Überblickt man die gegenwärtigen theoretischen und methodischen Diskussionen innerhalb der scientific community, so gerät der Singular in den Verdacht, zum Teil recht Unterschiedliches zu Gunsten von etwas Einheitlichem zu unterschlagen. Soviel aber wird man sagen können: Zum Selbstverständnis der Religionswissenschaft gehört wesentlich, nicht Theologie sein zu wollen. Eine Religionswissenschaft, die an den Klippen religiöser/theologischer Scylla und humanwissenschaftlich-reduktionistischer Charybdis vorbeisteuern will, steht methodologischem Agnostizismus näher als methodologischem Atheismus.1

Peter Antes plädiert demgemäß für eine dem Selbstverständnis der Religion(en) angemessene "Offenheit"2 der Religionswissenschaft, die Religion(en) nicht von vornherein als göttliche Offenbarungen oder Projektionen begreift. Religionswissenschaft kommt aber ohne ein Minimum an Vorverständnis nicht aus: "Religion bezieht sich in ihren Worten und Handlungen fast immer auf etwas, das nicht empirisch faßbar ist, das aber für den Menschen dennoch eine Geltung besitzt ... ,Religiös' ist der Mensch, der sich auf etwas ihm Heiliges außerhalb des empirisch Gegebenen bezieht"3. Die Religionswissenschaft sollte den Anspruch, den religiöse Aussagen in ihren Traditionen zur Geltung bringen, gerade nicht einklammern, sondern den existentiellen Bezug ernst nehmen. In einen Pluralismus religiöser Bekenntnisse löst sie sich dadurch keineswegs auf.4

Mit Religion(en)5 befassen sich verschiedene Wissenschaften auch außerhalb der Religionswissenschaft. Sie untersuchen Religion(en) nicht als Ganzheit, sondern einzelne ihrer Aspekte: Religionspsychologie und -soziologie als Teildisziplinen der Psychologie und Soziologie erklären Religion(en) durch Rekurs auf Psychisches bzw. Soziales. Biologen thematisieren Religion(en), indem sie Rituale, Zeremonien, Verhaltensweisen (Aggression, Altruismus)6 evolutionsbiologisch deuten. Pharmakologie, Politologie, Rechts- und Wirtschaftswissenschaften, Geschichtswissenschaften, Physik, schließlich die Theologie greifen unter ihren jeweiligen Perspektiven auf das Phänomen Religion zu.

Gegenstand der Religionswissenschaft sind die konkreten Religionen der Vergangenheit und Gegenwart. Ihre Erforschung erfordert die angemessene Berücksichtigung der Beziehungen der Religionen zueinander, ihrer Vorstellungen voneinander (Stichworte: Klischee, Vorurteil)7, der politisch-ökonomisch-kulturell-sozialen, also kontextualen Determinanten, ihre vielfältigen Vermittlungen.8

Religion und Religionen treten dem Religionswissenschaftler als in von Forscher zu Forscher in unterschiedliche Dimensionen aufgefächerte Ganzheit(en) entgegen. Joachim Wach unterschied drei Grundausdrucksformen religiöser Erfahrung: Lehr- und Glaubenssystem, Kult bzw. religiöses Ausdruckssystem, Gemeinschafts- und Verhaltenssystem. Ninian Smarts Sechs-Dimensionen-Modell stand lange Zeit in der angelsächsischen Religionspädagogik in beinahe unangefochtener Geltung.9 Michael Pye unterscheidet im Unterschied zu Smart vier Dimensionen.10

Nach wie vor herrscht Uneinigkeit darüber, was unter Religion verstanden werden soll. Den Hunderten von Religionsdefinitionen soll hier keine weitere hinzugefügt werden. Umgangssprachlich ist relativ klar, was als Religion zu gelten hat: Buddhismus, Hinduismus, Islam, Zeugen Jehovas usw. Hubert Seiwert hält gar nur noch eine einzige religionswissenschaftliche Definition für möglich: "Religion ist das, was Religionswissenschaftler untersuchen"11. Auf jeden Fall sollte der Religionsbegriff, falls man sich für einen entscheidet und nicht ganz auf ihn verzichtet,12 nicht zu eng gefasst werden. Ein Verständnis von Religionen als "Daseinshaltungen", als "Deutungen der menschlichen Existenz ..., die die Gesamtwirklichkeit als Bezugspunkt haben und die Normen für die Realisierung der Existenz implizieren"13, eröffnet die Möglichkeit, auch sogenannte "Pseudo-", "Krypto-", Ersatzreligionen (Tillich) oder "Religionsersatz" (Mensching) zum Gegenstand religionswissenschaftlichen Forschens zu machen.



Vorherrschend ist die Auffassung geworden, Religionswissenschaft als humanwissenschaftliche Disziplin zu definieren, deren
Untersuchungsobjekte - empirische Religionen, Ausdrucksformen menschlichen Verhaltens - in historische Kontexte eingebunden und nicht ohne sie erforschbar sind.14 Rationalität, Exaktheit, intersubjektive Überprüfbarkeit, "methodischer Atheismus", Deskription, Verzicht auf absolut geltende Wahrheits- und Werturteile gelten als wichtige Merkmale einer so verstandenen Religionswissenschaft. Anthropologisch gilt Religion als Eigenschaft des Menschen, so wie Kunst und Spiel.15

Bereits vor Jahrzehnten stellte Mensching apodiktisch fest, "daß alle echte Religionswissenschaft auf eine empirische Tatsachengrundlage bezogen sein muß. Religionswissenschaft ist also keine willkürliche Spekulation über jenseitige Wirklichkeiten ... Die Tatsachengrundlage, die die Basis aller Religionswissenschaften sein muß, liefern die historischen Religionen der Welt in ihren Kultbräuchen und Gottesvorstellungen, ihren ethischen Anschauungen und Glaubenshaltungen. Wenn wir hier von Tatsachen sprechen, so liegt der Tatsachencharakter nicht etwa darin, daß die in den verschiedenen religiösen Traditionen überlieferten Vorstellungen, die mythischen Berichte und die an die Kultpraktiken geknüpften Erwartungen Tatsachen, also objektive Wirklichkeit betreffen und also in diesem Sinne ,wahr' sind, sondern darin, daß alle diese Erscheimnungsformen religiösen Lebens historisch sind, d. h. in der Ebene der tatsächlichen Geschichte gegeben sind"16.

Die Auffassung, dass über Wahrheit und Falschheit menschlicher Erkenntnis die Beobachtung der empirisch wahrnehmbaren, realen Objekte entscheidet, dass Wahrheit also in der Übereinstimmung von subjektivem Erkennen und objektivem Tatbestand liege, ist durch die analytische Philosophie in Frage gestellt worden.17 In seinen "Essays on World Religion" hat Huston Smith Religionswissenschaft vor dem Hintergrund der Postmoderne reflektiert.18 Angesichts der Tatsache, dass die Wissenschaft selbst solche Ideale in Frage stellt, rät er, sich nicht dem Ideal wissenschaftlicher Objektivität zu verschreiben.

2. Der Gegenstand der Religionswissenschaft:

Religion(en) und Menschen


Die Objekte der Religion(en) sind - so die heute weitaus vorherrschende Überzeugung von Religionswissenschaftlern - nicht die Objekte der Religionswissenschaft. Ihr geht es nicht um Offenbarung.19 Die These Carl Heinz Ratschows, dass "das Ziel
der Religionswissenschaft die Gottheit"20 sei, ist religionswissenschaftlich ebensowenig akzeptabel wie die Ansicht Friedrich Heilers, dass "alle Religionswissenschaft ... letztlich Theologie (ist), sofern sie es mit dem Erleben jenseitiger Realitäten"21 zu tun hat.

2.1 Religion(en)

Gegenstand der Religionswissenschaft sind prinzipiell alle konkreten Religionen der Vergangenheit und Gegenwart. Vorrangig ist also nicht mehr die Beschäftigung mit der Religion im Singular. Nicht um das "Wesen der Religion" geht es, mögen auch so herausragende Vertreter wie Joachim Wach, Gustav Mensching, Kurt Goldammer, vor allem aber Friedrich Heiler, daran nicht nur mittelbar, sondern unmittelbar interessiert gewesen sein. Zwar spricht Mensching öfter vom "Wesen der Religion", doch hat sein Interesse an der individuellen "Lebensmitte" jeder Religionstradition der Theorie einer abstrakten Wesensschau kräftig entgegengesteuert. Mir scheint eine relecture unserer religionswissenschaftlichen Klassiker dringend angebracht zu sein. Ich gehe von der Hypothese aus, dass Theorieanspruch und Wirklichkeit erheblich voneinander abweichen. Traditionell bedeutete Erforschung der Religionen die Beschäftigung mit ihrer Geschichte, den diversen Wandlungs- und Begegnungsprozessen, mannigfaltigen Synkretismen, die Beschäftigung mit ihrem Untergang, ggf. mit ihrer Revitalisierung als Neopaganismus, Neoarchaismus, Neokeltentum usw. Religionsforschung erschöpft sich nicht in der Analyse heiliger Schriften, religiöser Kernaussagen, "heiliger" Orte und Zeiten, Personen religiöser Autorität usw. Selbstverständlich behalten diese "klassischen" Kategorien weiterhin ihre Bedeutung. Die visuellen, musikalischen, literarischen Dimensionen des religiösen Bewusstseins traten oft weit hinter die intellektuellen Aspekte des Glaubens zurück. "Auf der Strecke" blieben oft die Gläubigen selbst und ihr von der schriftlichen "großen Tradition" abweichendes Verhalten.

2.2 Menschen

Das Diktum des klassizistischen englischen Dichters Alexander Pope (1688-1744) vom Anfang der zweiten Epistel seines "Essay on Man" (1733/34), gehört in das Stammbuch der Religionswissenschaftler: "Know then thyself, presume not God to scan, / The proper study of Mankind is Man". Gegenstand der Religionswissenschaft sind dementsprechend Menschen aller Zeiten, Räume und Religionen, die in Bildern, Tänzen, Tönen, Architektur, Gerüchen und Farben, in Riten und Gesprächen, und selbstverständlich auch in Texten Auskünfte über die von ihnen für wirklich gehaltenen transzendenten Objekte geben: Gott, Götter, höhere Wesen usw. Menschen aller Zeiten - dies waren bis in unsere Tage meist Männer. In gender studies bzw. der feministischen Theologie sind zunehmend Frauen interessant geworden. Für Medizin, Archäologie, Biologie und andere naturwissenschaftliche Disziplinen hat die Wissenschaftshistorikerin Londa Schiebinger22 nachzuweisen versucht, dass Frauen die betreffenden Disziplinen in zentralen Erkenntnissen beeinflusst und verändert haben. Es wäre lohnend zu fragen, ob dies nicht auch für die Religionswissenschaft zutrifft. Zur Forderung nach geklärten Voraussetzungen gehört eben auch das Offenlegen und Sichtbarmachen der unterschiedlichen Erwartungshorizonte von Männern und Frauen.

Der Paradigmawechsel zu einer intensivierten Erforschung des religiösen Verhaltens in den heute global vernetzten Religionslandschaften hat Vorbilder in der klassischen deutschen Religionswissenschaft.23 In jüngster Zeit häufen sich in der deutschen Religionswissenschaft Forschungsbemühungen mit einem Wandel von der Schreibtisch-Gelehrsamkeit, vergleichbar der "armchair-anthropology", zur "participant observation", wie sie in der Ethnologie seit Malinowski mit so viel Erfolg angewendet wird. Der Religionswissenschaftler studiert demgemäß einen religiösen Ritus nicht mehr ausschließlich anhand von Texten - vorausgesetzt, es handelt sich um eine Schriftreligion -, Bildern und Tonbändern, sondern er nimmt selber inmitten der Gläubigen Schritt für Schritt teil, berührt und spürt andere Menschen. "Den Standpunkt des Eingeborenen, seinen Bezug zum Leben zu verstehen und sich seine Sicht seiner Welt vor Augen zu führen", so beschrieb Bronislaw Malinowski das höchste, von einigen "revolutionär" genannte Ziel der Ethnologie.24 Feldforschung führt zu einer Art "zweiten Sozialisation". Auch wenn seine posthum veröffentlichten Tagebücher letztlich Malinowskis Scheitern, seine persönlichen Probleme bei der ethnographischen Feldforschung, belegen, ist damit nichts gegen das Prinzip teilnehmender Beobachtung, nichts gegen den Wert der Binnenperspektive gesagt.25

Ein Blick in die großen Religionsphänomenologien von Van der Leeuw, Eliade, Heiler, Mensching, Goldammer beweist, dass es auch ihnen um den religiösen Menschen ging. Im Zentrum ihres Interesses aber standen "religiöse Virtuosen": Stifter, Reformer, Lehrer, Philosophen, Theologen, Mystiker, Propheten, Schamanen usw. Die "religiösen Schöpfergestalten" (Mensching), der "heilige Mensch" (Heiler), die "Typen religiöser Autorität" (Wach) waren Gegenstand religionswissenschaftlicher Forschungen, selten dagegen alltägliche Menschen. Der religiösen Elite wurde die "unproduktive Masse" gegenübergestellt, die nicht an das Niveau der kreativen Elite heranreicht und deren Frömmigkeit abwertend als "Volksglaube", "Volksfrömmigkeit" oder "Vorhofreligion" (Mensching) etikettiert wurde. Hinwendung zum Menschen, Lebensweltorientierung in Anknüpfung an die "Historische Anthropologie" oder an die in sich ebensosehr differenzierte, thematisch reduzierte "Alltagsgeschichte" muss klarstellen, inwieweit die etablierten Religionen den von Routine und Mechanismus geprägten Alltag beeinflussen. Die Religionswissenschaft kann ihren Beitrag zur Erforschung des Menschen und seiner Lebenswelt leisten, indem sie untersucht, wie religiöse Traditionen die elementaren Vollzüge und Bereiche des menschlichen Lebens prägen: Essen und Trinken, Sexualität, Gesundheit, Kindererziehung, Lebensphasen, Leben in der Familie, Kleidung, Arbeit und Freizeit, Wohnverhältnisse, Lebenstechniken, Gestik, Bewegungsweisen, die Einstellung zu Zeit und Raum, zu den Gefühlen und Bedürfnissen usw.26

3. Hauptzweige der Religionswissenschaft: Religionsgeschichte und Systematische Religionswissenschaft

3.1 Religionsgeschichte

Dem 1935 von den Nationalsozialisten amtsenthobenen Leipziger Gelehrten Joachim Wach (1898-1955) verdankt das Fach seine wissenschaftstheoretische Grundlage als empirische Disziplin, seine Einteilung in einen historischen und systematischen Zweig.27 Die Religionsgeschichte gliedert sich in allgemeine und spezielle Religionsgeschichte. Die Beschäftigung mit Religionsgeschichte in unterschiedlichen Wissenschaften (u. a. Erforschung der Christentums- und Kirchengeschichte in Geschichtswissenschaft und Theologie; Beschäftigung mit außereuropäischer Religionsgeschichte in den orientalistischen Fächern) führt zu konkurrierenden Begriffsverständnissen von Religionsgeschichte.28 Die Religionsgeschichte "will die historischen Ursprünge von und Abläufe innerhalb von Religion klären, von bestimmten Zeiten an auch Wechselbeziehungen zwischen ihnen in Herausforderungen und Antworten, Konvergenzen und Abhängigkeiten, Missionen und Verschmelzungen, Rezeptionen und Metamorphosen"29.

3.2 Systematische Religionswissenschaft

Erst die sich auf religionsgeschichtlicher Grundlage vollziehende systematische Erforschung der Religionen macht die Religionswissenschaft zu mehr als nur einer "Sammelbezeichnung für die Geschichte der Religionen. Erst durch die systematische Religionswissenschaft wird das Fach als autonomes konstituiert, und nur wenn und solange (auch) systematische Religionswissenschaft betrieben wird, ist es möglich und sinnvoll, in den verschiedenen religionswissenschaftlichen Teildisziplinen - wie Religionsgeschichte und Religionssoziologie - mehr zu sehen als nur Zweige der Geschichtswissenschaft oder der Soziologie"30. Der Systematik-Begriff steht im Unterschied zur Theologie nicht für die Beschäftigung mit Wahrheit, Wert und Verbindlichkeit von Aussagen. Aufgabe der Systematischen Religionswissenschaft ist es, religiöse Phänomene zu ordnen, zu klassifizieren, Typen zu bilden. Neuerdings zählt man auch Begriffsbildung sowie Formulierung empirisch überprüfbarer Theorien zu ihren Aufgaben. Die Hauptmethoden der Systematischen Religionswissenschaft sind Vergleichen und Verstehen.31 Verstärkt widmet sich die Religionswissenschaft heute der Analyse von Bedingungen, Wirkungen und Funktionen. Dies führt in religionssoziologische, -psychologische, -geographische, -physiologische und kulturanthropologische Fragestellungen hinein. Die Bandbreite religionswissenschaftlicher Forschung umfaßt neben Religionsgeographie (bzw. -ökologie) auch den lange vernachlässigten ästhetischen Bereich. Die Religionsästhetik analysiert, "was an Religionen sinnlich wahrnehmbar ist, wie Religion den Körper und die verschiedenen Sinnensorgane des Menschen aktiviert, leitet und restringiert"32.

4. Religionswissenschaft und Theologie

4.1 Gegenseitige Klischeevorstellungen

Von der Vorurteilsforschung her gesehen, unterliegt die gegenseitige Wahrnehmung beider Fächer Stereotypisierungen, wobei vor allem vier Faktoren wichtig sind: Das Autostereotyp der eigenen Gruppe, das Heterostereotyp der eigenen Gruppe, das vermutete fremde Heterostereotyp (d. h. wir glauben, die anderen halten uns für ...) und schließlich das vermutete fremde Autostereotyp (d. h. wir glauben, die anderen halten sich für ...). Für viele Religionswissenschaftler umgibt den Terminus Theologie ein Kranz von "Kennwörter[n]"33, die sich gewissermaßen automatisch zum Begriff dazugesellen. Oft werden theologisch respektable Termini von Religionswissenschaftlern umgangssprachlich verstanden, wohl auch zu Scheltworten verbogen. Theologie gilt als: "apologetisch" - nicht im Sinne einer ihrer Disziplinen, sondern als Ausdruck der rabies theologorum. Theologie gilt als "dogmatisch" im Sinne von hart, streng, unflexibel, altertümlich. Theologie tritt bevorzugt in neo-orthodoxer Gestalt auf. Sie gilt als konservativ, basiert auf apriorisch erkannter und anerkannter Wahrheit. Eifer, Verteidigung, Ausbreitung des Glaubens sind für Joachim Wach ihre wesentlichen Merkmale.34 Ihre Glaubensanschauungen gelten als "vorgefaßt".

Die am häufigsten gebrauchten theologischen "Kennwörter" gegenüber der Religionswissenschaft heben auf vermeintlich Defizitäres ab: "Nur", "bloß", "neutral", vielfach auch kombiniert. Religionswissenschaftler "sehen ab von", sind "unbetroffene Beobachter", "versäumen", "unterschätzen".









4.2 Abgrenzungen und Zuordnungen

Theo Sundermeier hat auf die "biographische"35 Perspektive von Religionswissenschaftlern hingewiesen, die bei der Verhältnisbestimmung beider Fächer belangvoll ist. Seine Typologie umfasst die folgende Bandbreite: "getrennt-harmonische" Zuordnung, nahes Heranrücken bis hin zur gelegentlichen Identifizierung, radikale Trennung.36 Es ist nicht Aufgabe des Religionswissenschaftlers zu bestimmen, was Theologie ist oder sein sollte. Die unterschiedlichen Religionsauffassungen innerhalb der Theologie sind für den Religionswissenschaftler insofern wesentlich, weil sie das Verhältnis dieser Theologien zu seiner Disziplin bestimmen,37 das im Extremfall ein Nicht-Verhältnis ist.

Als konstitutive Kriterien für Theologie gilt vielfach "Glaube" oder die "Verpflichtung bzw. Bindung an eine bestimmte Glaubensgemeinschaft". Theologie als "denkender Glaube" (Ratschow) existiert nach Auffassung der meisten Theologen nur in Gestalt konfessioneller Orientierungen. Ingolf U. Dalferth definiert Theologie als "kritische Erkundung und denkende Verantwortung des in konfessioneller Vielfalt gelebten christlichen Glaubens". Theologie frage "nach Gottes Wirken und Gegenwart in der gegenwärtigen Wirklichkeit des Glaubens"38. Theologische Aussagen seien "Orientierungsaussagen", die "gelebten Glauben explizieren". Theologische Argumente redeten "aus der Position von Beteiligten und richten sich an andere immer nur als Beteiligte: Stets geht es darum, dass Beteiligte (und nicht nur unbetroffene Beobachter) ihre Überzeugungen anderen Beteiligten (aber nicht nur anderen Christen) gegenüber argumentativ vertreten"39.

Aus religionswissenschaftlicher Sicht lässt sich das Verhältnis zur Theologie so beschreiben:

1. Theologie und Religionswissenschaft unterscheiden sich nicht durch unterschiedliche Methoden (philologische, historische, sozio-empirische usw.). Kirchen-/dogmenhistorische, alttestamentliche Untersuchungen können daher religionswissenschaftlich genannt werden. Ein Beispiel: Die sich heute im Raum der alttestamentlichen Wissenschaft zur Geltung bringende Religionsgeschichte Israels40 weist der Forschung Aufgaben zu, die religionswissenschaftliche Kriterien erfüllen: "den Werdegang dieser Religion als die normale Geschichte einer normalen Religion neben anderen zu schildern, ohne theologische Wertungen vorzunehmen oder apologetische Gesichtspunkte geltend zu machen"41. Prinzipiell unterscheiden sich die Religionsgeschichten Israels und Judas als syrisch-palästinensische Religionen42 nicht von den Religionsgeschichten anderer Völker; denn der zur Verfügung stehende methodische Apparat ist der gleiche.43

2. Theologen beschäftigen sich vorrangig, manche ausschließlich, mit dem christlichen Glauben. Andere Religionen nehmen sie gelegentlich zur Kenntnis, nicht aber prinzipiell. Methodisch ist der Theologie die global-komparative Sichtweise allerdings nicht fremd. Der Unterschied ist jedoch nicht nur ein quantitativer, sondern primär ein qualitativer. Denn in der Religionswissenschaft ist der "in konfessioneller Vielfalt gelebte Glaube" nicht die Basis, von der aus kritisch erkundet und denkend verantwortet wird, sondern die Religionen sind es. Mit Nachdruck ist an den Satz Friedrich Max Müllers zu erinnern: "Wer eine Religion kennt, kennt keine".

Die Grenzen zwischen Religionswissenschaft und Theologie scheinen durchlässiger zu werden. Einige Theologen beziehen sich nicht nur gelegentlich auf andere Religionen, sondern prinzipiell.44 Trotz der konsequenten Einbeziehung der allgemeinen Religionsgeschichte bzw. spezieller Ausschnitte verstehen sich solche Arbeiten weiterhin als Theologie.

3. Theologische Untersuchungen unterscheiden sich von religionswissenschaftlichen durch ihre "mit dem Wahrheitsanspruch ... verbundene Aussageabsicht"45. Religionswissenschaft ist keine bekennende Theologie, setzt keinen Glauben im Sinne einer Religionsgemeinschaft voraus. Selbstverständlich kann niemand einem Religionswissenschaftler verbieten, einen Glauben zu haben. Unter ihnen mag es Anhänger der Reinkarnationslehre geben oder solche, die in allem Sein eine inhärente Buddha-Natur wahrnehmen. Wenn sie ihre glaubensimmanenten Sichtweisen argumentativ vertreten und die "Akzeptanz ihrer Einsichten nicht auf den Mitvollzug des Glaubens, sondern auf die Nachvollziehbarkeit und Überzeugungskraft ihrer Argumente gründe[n]"46, dann treiben sie wissenschaftliche Theologie, reinkarnatorische oder mahayana-buddhistische. Auch wer von einer dieser beiden Voraussetzungen ausgehend die Grenzen des eigenen Bekenntnisses überschreitet und sich mit anderen Religionen beschäftigt, bedient sich der theologischen, nicht der religionswissenschaftlichen Zugangsweise. Ein Religionswissenschaftler, der protestantischer Christ oder Zen-Buddhist ist, muss sich darin üben, seine spezifischen Glaubensüberzeugungen nicht in die wissenschaftliche Arbeit einfließen zu lassen. Es ist hier nicht der Ort, die Problematik der Übertragbarkeit unserer Begriffe auf fremde Gegenstände und Personen zu diskutieren - die Gefahr, im Fremden nur das Eigene wiederzuentdecken, statt das Fremde oder den Fremden in seiner Andersheit und hermeneutischen Unverfügbarkeit zu akzeptieren. Der alte, immer noch schwelende Streit darum, ob der bessere Religionswissenschaftler jemand ist, der selber eine Religion hat oder nicht, ist müßig. Es haben sich immer wieder überzeugende Beispiele für die eine oder andere Antwort finden lassen.

Theologen wie David Tracy, Schubert Ogden und Gordon D. Kaufman bestreiten die Notwendigkeit des persönlichen Glaubens als notwendige Voraussetzung für Theologie. Für Gordon Kaufman ist eine göttliche Offenbarung keine konstitutive Voraussetzung, um Aussagen einer "konstruktiven Theologie" zu legitimieren.47

4. Im Unterschied zur Theologie fragt die Religionswissenschaft weder nach "Gottes Wirken", noch - konfuzianistisch gesprochen - nach dem "Weg des Himmels" bzw. nach der Buddha-Natur in allen Dingen. Gottes Wirken, Weg des Himmels und der Erde, Buddha-Natur sind keine religionswissenschaftlichen Kategorien. Von "Gottes Wirken" weiß ein Religionswissenschaftler nur insofern, als Christen davon in ihren Texten Auskunft geben.48 Wenn ein wichtiges Ziel der Religionswissenschaft darin besteht, den Glauben des anderen so darzustellen, dass dieser ihn wiedererkennt, dann muss die Religionswissenschaft das Christentum von dessen Eigenbegrifflichkeit her in den Blick nehmen - insofern also von "Gottes Wirken" sprechen.

5. Religionswissenschaftliche Aussagen sind primär keine "Orientierungsaussagen". Als deskriptive Aussagen sind sie Teil anderer Sprachspiele. Ob die Religionswissenschaft darüber hinaus noch an anderen Sprachspielen teilhat, kann gefragt werden. Ulrich Berner hat dafür plädiert, die in sich differenzierte analytische Religionsphilosophie, die sich mit der Analyse religiöser, bisher vornehmlich christlicher Sprache befasst, religionswissenschaftlich fruchtbar zu machen.49

6. Die von Fritz Stolz stammende, auf den ersten Blick plausible Gegenüberstellung ist zu diskutieren, wonach Theologie ein "Durchdenken von innen", Religionswissenschaft dagegen ein "Durchdenken von außen" sei. Beide Zugangsweisen führen zu Distanzierungen, aber zu "unterschiedlich großen". Die religionswissenschaftliche Zugangsweise ist nach Stolz durch "größtmögliche methodische Distanz" gekennzeichnet. Zweifellos ist es pure Naivität anzunehmen, Religionswissenschaftler würden bzw. könnten unbefangen und objektiv vorgehen. Außerdem erfordert auch die Arbeit des Religionswissenschaftlers ein Durchdenken von innen, wenn er versucht, Gedanken, Gefühle, Einstellungen der Religionsanhänger nachzuvollziehen.50 Hier machen sich Unterschiede zum Stolzschen Ansatz bemerkbar. Während ich Wert darauf lege, dass sich die Gläubigen der jeweiligen Religion in meiner Arbeit wiedererkennen- denn ich soll ja ihren Glauben darstellen - hält Stolz es für ausgemacht, "daß die religionswissenschaftliche Darstellung einer anderen Religion vom Angehörigen dieser Religion in der Regel nicht als Selbstdarstellung wird akzeptiert werden können"51. Neben der Erforschung der Innenperspektive steht die überlieferungs- und traditionskritische Analyse, die zur Aufdeckung widersprüchlicher historischer Wahrheitsansprüche führt. Solche Fragen können "nur durch die neutrale Bewertung der historischen Evidenz gelöst werden"52. In der Praxis werden vermutlich Sunniten und Schiiten, Protestanten und Katholiken, Mahayanins und Theravadins von der Gültigkeit ihrer jeweiligen überlieferten historischen Aussagen überzeugt bleiben. Widersprüchliche Aussagen, die sich auf transhistorische Faktizitäten beziehen (Göttlichkeit Christi, buddhistische Dreikörperlehre, Reinkarnation usw.) lassen sich dagegen nicht mit religionshistorischen oder sonstigen empirischen Beweisen klären.

Im Bereich der ethnischen Religionen, deren angemessener hermeneutischer Schlüssel Mythos und Ritus, nicht aber der Glaube sind, treibt die Religionswissenschaft durch die Systematisierung von Glaubensaussagen "nicht selten ,von außen' das, was der Theologie ,von innen' als Aufgabe zufällt"53.

5. Grenzüberschreitungen:

Religionswissenschaftliche Tabus


Nach drei Seiten hin möchte ich religionswissenschaftliche Tabus aufbrechen: 1. hinsichtlich der Forderung nach religiöser Abstinenz; 2. hinsichtlich des Verbotes orientierender Aussagen; 3. hinsichtlich des interreligiösen Dialoges.

5.1 Religiöse Abstinenz

In seiner für Studierende verfassten Einführung vergleicht Peter Antes das Religionsstudium mit einem Wein-Seminar: "Die hier vorgestellte religionswissenschaftliche Arbeitsweise gleicht einer Einführung in Burgunder Weine mit Hilfe von Lichtbildern. Vielleicht werden auch noch - um im Bilde zu bleiben - die Flaschen geöffnet, um die Blume kennenzulernen. Getrunken aber wird nicht, das ist - um wieder ein Bild im Zusammenhang mit alkoholischen Getränken zu verwenden - nicht das Bier der Religionswissenschaft. Damit ist nicht bestritten, dass durch das Trinken andere und neue Einsichten gewonnen werden können, doch die haben in der Religionswissenschaft nicht ihren Ort. Auch die Frage, ob im Wein Wahrheit liegt ('in vino veritas') - um nochmals ein Bild vom Wein zu gebrauchen- wird hier nicht verhandelt. Was in der Religionswissenschaft geboten wird, ist allen zumutbar, ob sie - um ein letztes Mal dieses Bild einzusetzen - dem Alkohol verfallen sind, ihn lieben, ihn ablehnen oder eine Entziehungskur hinter sich haben. Wer mehr will, ist im Seminar für Religionswissenschaft fehl am Platze"54. Religionswissenschaftler gleichen nach Antes einem Arzt, der die Krankheiten nicht selbst gehabt haben muss, um sie angemessen therapieren zu können.

Viele Religionswissenschaftler dürften dieser Beschreibung zustimmen. Doch gerade wenn es um Wein geht und nicht um mythische Texte, Münzen, Tempel oder Sarginschriften, dann würde ich mir als Studierender das Trinken desselben nicht von vornherein verbieten lassen. Wer Wein studieren will, handelte nachlässig, wenn er sich mit dem Riechen der Blume zufrieden gäbe. Es genügt nicht, die chemische Zusammensetzung von Wein zu kennen. Man wird um das Trinken nicht herum kommen. Dass die durch diese Erfahrung gewonnenen neuen Einsichten, die nicht durch ein noch so genaues Textstudium ersetzt werden, in der Religionswissenschaft keinen Platz haben sollen, leuchtet mir nicht ein. Sicher reicht mein persönliches Evidenzerlebnis nicht zur Begründung einer erfahrungswissenschaftlichen Theorie aus. Dieser Anspruch soll auch gar nicht erhoben werden. Es geht darum, sich nicht aus fundamentalistischen Reinheitszwängen bestimmte nachbarwissenschaftliche Methoden a priori verbieten zu lassen. Die Religionswissenschaft kann mit großem Gewinn die aus der Ethnologie stammenden Vorzüge teilnehmender Beobachtung bzw. Erfahrung nutzen.55

5.2 Religionswissenschaftliche Aussagen

als "Orientierungsaussagen"

Die Trennnung zwischen einer "rein religionswissenschaftlichen" Arbeit und vermeintlich nicht mehr ganz "reinen" Formen verdankt sich religionswissenschaftlichen Sauberkeitszwängen. Angesichts der gesellschaftlich-politischen Entdeckungszusammenhänge, in denen sich das Fach heute befindet, werden sie immer fragwürdiger. Die an den Pluralismus des 2. und 3. nachchristlichen Jahrhunderts erinnernde religiöse Unübersichtlichkeit unserer Tage hat es mit sich gebracht, dass immer mehr Zeitgenossen in fremde religiöse Welten "eintauchen". Viele Studierende treten der Religionswissenschaft mit Fragen gegenüber, die vom Horizont der gegenwärtigen Welt der Religionen her stammen, aus Begegnungen mit Menschen anderer Religionen resultieren. Feministisch orientierte Studentinnen nehmen Anteil an frauenspezifischen Themen, ergreifen engagiert Partei, wenn die Rolle der Frau bzw. sexualethische Probleme im Hinduismus oder Islam zur Diskussion stehen. Fragen nach Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung motivieren viele, nach der Bedeutung der Religionen und ihrer Problemlösungspotentiale zu fragen. Oft werden es auch Fragen im Kontext der eigenen religiösen Identität sein. Wenn die Religionswissenschaft den Menschen, insbesondere die Studierenden, ein Stück weit Hilfestellung und Begleitung im Prozess ihrer Identitätsentwicklung geben soll, dann wird die Problematik von Identität und Differenz, von mir und dem Fremden vordringlich. Immer mehr Zeitgenossen erwarten von der Religionswissenschaft Orientierungs- und Handlungsfunktionen. Die Objekte der Religionswissenschaft sind ja "potentiell existenzverändernd" - beim Forschenden nicht weniger als beim Rezipienten.56

Die allgemeine Religionsgeschichte weist ein reiches Potential an existenz- und gesellschaftsverändernden Inhalten auf, die es fruchtbar zu machen gilt. Ich verstehe Religionswissenschaft nicht nur als Institution, der die "historisch wahren Aussagen" aufgetragen sind, d. h. Aussagen, welche die "Übereinstimmung mit quellenkritisch-hermeneutisch erhobenen Gegebenheiten" betreffen, "die wir nachträglich nur interpretieren, nicht aber ändern können"57. Historische Wahrheit nimmt keine Rücksicht darauf, ob ich die Tatsache persönlich selbst für wahr und richtig halte oder nicht. Neben solchen "historisch wahren Aussagen" stehen die "systematisch-wahren". Für den an der systematischen Wahrheit interessierten Religionswissenschaftler ist die allgemeine Religionsgeschichte ein "Steinbruch", aus dem er nur das herausbricht, was er zur Lösung aktueller, d. h. systematisch verstandener Probleme benötigt.
Wenn der Religionswissenschaftler die Verantwortung für sein Material nicht aus der Hand gibt, d. h. "selbst in seinen Gegenstandsbereich hier und heute gestaltend eingreifen will"58, muss er seine normativen Maßstäbe benennen. Nach Berner ist es "ein sinnvoller zweiter Schritt", der sich der "eigentliche[n] religionswissenschaftliche[n] Theoriebildung"59 anschließt. Der "10. Internationale Kongreß für Religionsgeschichte" 1960 in Marburg definierte Religionswissenschaft als eine "humanistische Wissenschaft" und "kultur-anthropologische Disziplin", deren Ethos allein in der Forschung bestehe. Aber: Religionswissenschaft studiert Menschen, wird von solchen betrieben und von Menschen studiert. In der jüngeren Generation macht sich die Tendenz bemerkbar, existentielle Fragen nicht länger auszuklammern und mit Hilfe des Faches zu klären. Eine unter Bonner Studierenden veranstaltete Fragebogenaktion erbrachte Aussagen, die ein "allgemeines persönliches Interesse an Religion", an der "Sinnfrage" ausdrückten. Es wurde der Wunsch artikuliert, auch persönlich von der Auseinandersetzung mit verschiedenen Religionen zu profitieren. Michael A. Schmiedel, ein Zen-Buddhismus praktizierender jüngerer Religionswissenschaftler, bringt die bestehende Spannung im Titel eines Aufsatzes zum Ausdruck: "Zwischen existenzieller Involvierung und methodischer Distanzierung". Nicht erst heute plädieren einige Religionswissenschaftler dafür, ideologie- und religionskritische Verfahren in humanisierender Absicht zu integrieren.60

Eliades Programm eines "neuen Humanismus", einer "kreativen Hermeneutik"61 ist ebenso zu nennen wie das Toleranz-Prinzip, ein wesentliches Kennzeichen der auf Engagement abzielenden Religionswissenschaft Menschings.62 Ethische Prinzipien waren bereits in der "Religionswissenschaft des Verstehens" wirksam gewesen. Menschings Trugschluss bestand darin, die Normativität seiner Toleranz-Forderung nicht deutlich genug gemacht zu haben. Seine komparatistische Ethik hat Praxis-Orientierung im Blick: "Diese Arbeit möchte, von der rein wissenschaftlichen Erkenntnisabsicht abgesehen, zugleich durch sachgemäße Darstellung die Grundlage bieten für das eigene persönliche Urteil in Fragen, die heute mit besonderer Dringlichkeit gestellt sind"63. In der zweiten Auflage: "Es kann kein Zweifel bestehen, daß in unserer zerfallenden Welt dringender denn je das Postulat des Weltgewissens erhoben werden sollte gegenüber aller Unmenschlichkeit in unseren Tagen"64.

5.3 Religionswissenschaft und interreligiöser Dialog

Die Begegnungsgeschichte der Religionen hat sich in unserem Jahrhundert zum Teil dramatisch beschleunigt. Es sollen daher im Folgenden Überlegungen zu einer dialogorientierten Religionswissenschaft skizziert werden. Dialog ist Signalwort für bestimmte Einstellungs- und Verhaltenstendenzen, ein emotional hoch besetzter Begriff mit diffusem Bedeutungsfeld. In dem hier zu besprechenden Problemzusammenhang bezeichnet der Begriff wechselseitige kommunikative Prozesse auf mehreren Ebenen: a) Dialogorientierte Religionswissenschaft bedeutet interdisziplinäre Zusammenarbeit mit theologischen und nicht-theologischen Wissenschaften. Religionswissenschaft könnte sich verstehen als "Stätte der Kommunikation bestimmter interdisziplinärer, aufeinander bezogener Studien- und Forschungsrichtungen".

b) Dialogorientierte Religionswissenschaft betrifft die Relation von Religionswissenschaft und Religionen. Das bloße Vorhandensein des Faches hat dazu beigetragen, das Selbstverständnis der religiösen Traditionen nicht nur kennenzulernen, sondern auch zu verändern. Durch ihre überlieferungs- und traditionskritischen Untersuchungen ist religionswissenschaftliche Forschung dem Läuterungsprozess der Religionen zugute gekommen. Sie hat das naive Selbstbewußtsein der Religionen erschüttert, konkurrierende Absolutheitsansprüche relativiert. Durch ihre philologisch-historische Arbeit hat sie, auch indirekt und unbeabsichtigt, Einfluss auf zwar kleine, aber einflussreiche Kräfte innerhalb verschiedener Religionen selbst genommen. Sie war zum Teil Auslöser neuer Orientierungen und Renaissance-Bewegungen. Exemplarisch ist auf die Wirkung von Max Müllers Veda-Ausgabe für die Erneuerung des Hinduismus hinzuweisen.

Die aufklärerisch-religionskritische Funktion der Religionswissenschaft und ihre Auswirkungen auf die Religionen ist nur die eine Seite der Medaille. Nicht weniger relevant sind - umgekehrt - die Wirkungen der Religionen auf die Religionswissenschaft. Für die Forschung bringt dieses Konsequenzen mit sich. Stärker sollten die Gläubigen aus ihrem Objektstatus befreit und partnerschaftlich-dialogisch an den Untersuchungen beteiligt werden. Denn sie sind es ja, die sich in den Untersuchungen wiedererkennen sollen. Möglichkeiten, aber auch Grenzen dieses Ideals, das auf Ganzheitlichkeit beruht, sind in dem Kölner Schulbuchanalyseprojekt, an dem Vertreter aller vier islamischen Rechtsschulen teilnahmen, deutlich zu Tage getreten.65

c) Dialogorientierung hat es mit kommunikativen Prozessen nicht nur zwischen den Wissenschaften zu tun, meint auch nicht nur die wechselseitigen Beziehungen zwischen Religionswissenschaft und religiösen Traditionen, sondern ebenfalls das Verhältnis der Religionen untereinander. Die Religionswissenschaft kann hier "als ein Faktor der wünschenswerten Neugestaltung des Verhältnisses der Religionen zueinander"66 mitwirken.

- Durch gezielte Veranlassung von Feldforschungen und der angemessenen Präsentation ihrer Ergebnisse sollte sie stärker als bisher die historische und systematische Problematik der Beziehungen der Religionen untereinander und zum Christentum in den Mittelpunkt ihrer Forschungen rücken. Die traditionelle Reserve der Religionswissenschaftler gegenüber solchen Fragen hat Ernst Benz 1965 auf dem Internationalen Kongress der IAHR in Claremont (Calif.) treffend zum Ausdruck gebracht: "Die Zurückhaltung der Religionswissenschaft, an der Lösung aktueller religiöser Fragen mitzuwirken, ist in manchen Fällen so betont, daß man bei manchen Religionswissenschaftlern den Eindruck hat, es wäre ihnen lieber, es gäbe nur tote, das heißt ausgestorbene Religionen, da diese sich besser für eine rein phänomenologische Betrachtung und eine kritische Analyse und Vergleichung eigneten als die lebenden Religionen ..."67.



- Eine wichtige Aufgabe der Religionswissenschaft besteht in der Aufarbeitung der gegenseitigen Einstellungen, Vorurteile und Stereotypen. Zusammen mit anderen Fächern kann die Religionswissenschaft Entstehung und Tradierung von durch die Religionen bewirkten oder begünstigten oft verhängnisvollen Einstellungs- und Wahrnehmungsmustern analysieren.

- Die Religionswissenschaft leistet schließlich Hilfestellungen für Dialoge (auf unterschiedlichen Ebenen), indem sie den jeweiligen Vertretern der Traditionen ein umfassendes und differenziertes Bild der Religionen zur Verfügung stellt. Dieses Bild muss das Selbstverständnis der Religionen ernst nehmen und sich bemühen, das in ihnen begegnende Fremde nach Kräften vorurteilsfrei wahrzunehmen. Professoren und Studenten gleichermaßen sollten bemüht sein, versuchsweise mit fremden Augen Mensch und Welt, Glück und Leid, Leben und Tod zu sehen. Dadurch lernt man, sich selbst besser zu verstehen. Denn: "Wer nur das Christentum kennt, kennt das Christentum nicht".

Summary

The author presents a "working definition" of Religionswissenschaft that positions itself between Theology and anthropological, reductionistic approaches to religion(s). Against leading opinions in the field of Religious Studies the author does not accept the bracketing of the "religious" element. He presents arguments for taking the religious seriously as a constituent element of religion. The objects of Religionswissenschaft are the individual religions of the past and present as well as man. The author gives a short description of the most important approaches to the Study of Religion.

Against the phalanx of the critics of the German "Religionswissenschaft des Verstehens" (G. Mensching) he pleads for the critical re-lecture of their main works, which are characterized by fairly numerous differences. The relationship between Theology and Religionswissenschaft is one of the topics discussed at length. One of the important tasks is seen in the analysis of the prejudicial structure of the relationship between both disciplines. The author presents arguments for breaking down some taboos of Religionswissenschaft. The author holds the opinion that 1. being religious is not necessarily an argument against doing Religionswissenschaft. 2. It is possible to deduce "Orientierungsaussagen" from the Study of Religion; 3. the interreligious dialogue is a legitimate perspective of Religionswissenschaft.

Fussnoten:

*) Vortrag auf dem Kolloquium "Theologie und Religionswissenschaft" anläßlich des 125-jährigen Bestehens der Theologischen Literaturzeitung am 19. Juni 2000 in Leipzig.

1) Vgl. Ninian Smart, The Scientific Study of Religion in its Plurality. In: Frank Whaling (Hg.), Theory and Method in Religious Studies, Berlin-New York 1995, 177-190, hier 186.

2) Peter Antes, Systematische Religionswissenschaft - zwei unversöhnliche Forschungsrichtungen? In: Humanitas Religiosa. FS für Haralds Biezais, Stockholm 1979, 212-221, hier 220.

3) Jacques Waardenburg, Religionen und Religion, Berlin-New York 1986, 23.

4) Gegen Kurt Rudolph, Die ,Ideologiekritische' Funktion der Religionswissenschaft. In: Numen XXV (1978), 17-39, hier 26.

5) Bertram Schmitz, ,Religion' und ihre Entsprechungen im interkulturellen Bereich, Marburg 1996 (Marburger Wissenschaftliche Beiträge, Bd. 10).

6) Burkhard Gladigow, Religion im Rahmen der theoretischen Biologie. In: Ders./Hans G. Kippenberg (Hg.), Neue Ansätze in der Religionswissenschaft, München 1983, 97-112.

7) Vgl. den Abschnitt "Vorurteile" von M. Tworuschka in: Methodische Zugänge zu den Weltreligionen, Frankfurt/M.-München 1982, 25-80.

8) Vgl. Udo Tworuschka, Religionsgeschichte heute. Theoretische und methodische Grundüberlegungen. In: Reiner Mahlke/Renate Pitzer-Reyl/ Joachim Süss (Hg.), Living Faith - Lebendige religiöse Wirklichkeit. FS für Hans-Jürgen Greschat, Frankfurt/Main u. a. 1997, 447-460.

9) Ritual, mythological, doctrinal, ethical, social, experiential dimension: Ninian Smart, The Religious Experience of Mankind, New York 1969, 15-25.

10) Religious action, religious groups, religious states of mind, religious concepts: Michael Pye, Comparative Religion. An Introduction through source materials, Newton Abbot 1972.

11) Hubert Seiwert, Religionswissenschaftliche Bemerkungen zur Sektendiskussion. In: Materialdienst 61 (1998), 364-370, hier 365.

12) Carsten Colpe, Mythische und religiöse Aussage außerhalb und innerhalb des Christentums (1968). Wieder abgedruckt in: Ders., Theologie, Ideologie, Religionswissenschaft, München 1980, 85-106, hier 88 (Religion wird definiert im Sinne einer "negativen Formaldefinition").

13) Ulrich Berner, Gegenstand und Aufgabe der Religionswissenschaft. In: ZRGG XXXV (1983), 97-116, hier 104.

14) Hubert Seiwert, Systematische Religionswissenschaft: Theoriebildung und Empiriebezug. In: ZMR 61 (1977), 1-18, hier 10; Peter Antes, Die Religionswissenschaft als humanwissenschaftliche Disziplin. In: ZMR 63 (1979), 275-282 u. a.; Burkhard Gladigow, Religionswissenschaft. Historisches, Systematisches und Aktuelles zum Stand der Disziplin. In: BthZ 13 (1996), 200-213; Manfred Hutter, Religionswissenschaft als Annäherung an Fremdes. In: Wolfgang Weirer/Reinhold Esterbauer (Hg.), Theologie im Umbruch - zwischen Ganzheit und Spezialisierung, Graz/Wien/Köln 2000, 117-130.

15) Jacques Waardenburg, a. a. O. (Anm. 3), 136.

16) Gustav Mensching, Die Religion, Stuttgart 1959, TB-Ausgabe München 1966, 9 f.

17) Die Wissenschaftshistoriker und -theoretiker Thomas S. Kuhn und Paul Feyerabend argumentieren, daß wissenschaftliche Erkenntnis sich nicht nach einheitlichen und strengen Gesetzen fortentwickelt, sondern in sehr widersprüchlichen, irrationalen Sprüngen und Schüben. "Anything goes" lautet die Forderung Feyerabends. Für Richard Rorty pluralisieren und relativieren sich Erkenntnisse und Wahrheit. Objektive Erkenntnisse gelten nur als Ausdruck für Ideen, die sich durchgesetzt haben.

18) Huston Smith, Essays on World Religion (ed. by M. D. Bryant), New York 1992.

19) Diese von Vertretern einer kulturwissenschaftlich orientierten Religionswissenschaft vorgetragene Position unterscheidet sich nicht grundsätzlich von der Auffassung Menschings. Für ihn standen nicht Gott (gar der eigene) oder Götter im Zentrum seiner Arbeit, sondern die kulturell bedingten menschlichen Vorstellungen von Gott und Göttern.

20) Carl Heinz Ratschow, Methodik der Religionswissenschaft. In: Enzyklopädie der geisteswissenschaftlichen Arbeitsmethoden 9, München 1973, 352.

21) Friedrich Heiler, Erscheinungsformen und Wesen der Religion (1961), Stuttgart, 2. Aufl., 1979, 17.

22) Londa Schiebinger, Frauen forschen anders. Wie weiblich ist die "Wissenschaft", München 2000. Wie marginal die Bedeutung von Theologinnen ist, macht das "Theologenlexikon" von Härle/Wagner (1987, 2. Aufl. 1994) deutlich: ca. 400 Männern stehen vier Frauen gegenüber: Hildegard von Bingen, Mechthild von Magedburg, Teresa von Avila und Edith Stein. Vier religionswissenschaftlich interessante Frauen erwähnt Hans G. Kippenberg in seiner disziplingeschichtlichen Arbeit (Die Entdeckung der Religionsgeschichte, München 1997). Unter die "Klassiker der Religionswissenschaft" (München 1997), hg. von Axel Michaels, hat sich keine einzige Frau verirrt. Auch Jacques Waardenburgs "Classical Approaches to the Study of Religion" (2 Bde., The Hague/Paris 1973/74) stellt keine Religionswissenschaftlerin vor. Dankenswerterweise hat sich Catherina Wenzel (Von der Leidenschaft des Religiösen, Köln/Weimar/ Wien 1999) in ihrer Berliner Dissertation mit Liselotte Richter (1906-1968), der ersten Professorin für Philosophie und Religionswissenschaft in Deutschland, beschäftigt.

23) Kein Geringerer als Rudolf Otto ist hier zu nennen. Er unternahm ausgedehnte Reisen durch weite Teile der Welt. Die erste Reise 1895 führte ihn nach Ägypten, Jerusalem und zum Berg Athos. In Kairo hinterließen die koptische Liturgie und die dhikr-Meditation der islamischen Sufis auf den jungen Mann einen nachhaltigen Eindruck. 1911/1912 bereiste er Nordafrika, Indien, Birma und Japan. Mit einem jungen Hindu diskutierte er über Kants Philosophie. In Japan hielt er Vorlesungen, traf mit bedeutenden Zenmeistern zusammen. Seine Eindrücke faßte er in dem für die Geschichte des deutschen Zen-Verständnisses bedeutsamen Aufsatz "Über Zazen als Extrem des numinosen Irrationalen" (1923) zusammen. Ottos zahlreiche Kultgegenstände und Reiseandenken bilden den Kern der Religionsgeschichtlichen Sammlung in Marburg. Ottos Tagebücher dokumentieren sein lebhaftes Interesse an gelebter Religiosität.

24) Karl-Heinz Kohl, Ethnologie - die Wissenschaft vom kulturell Fremden, München 1993, 113.

25) Selbstverständlich ersetzt emphatische Teilnahme, Mit-leben und -erleben in aller Alltäglichkeit, keine kritische Erkenntnisarbeit. Diese ist erst durch geduldige Rekonstruktion und systematische Interpretation zu erreichen.

26) Vgl. die von Michael Klöcker und Udo Tworuschka herausgegebene, inzwischen in japanischer Übersetzung vorliegende komparatistische Reihe Ethik der Religionen - Lehre und Leben, München/Göttingen 1984-86 (Bd. 1: Sexualität; Bd. 2: Arbeit; Bd. 3: Gesundheit; Bd. 4: Besitz und Armut; Bd. 5: Umwelt).

27) Joachim Wach, Religionswissenschaft: Prolegomena zu ihrer wissenschaftstheoretischen Grundlegung, Leipzig 1924.

28) Vgl. Michael Klöcker/Ferdinand Magen, Zur Erforschung der Kirchen- und Religionsgeschichte. Begriffliche Grundüberlegungen, Köln 1981.

29) Carsten Colpe, Art. Religion und Religionswissenschaft. In: TRT, hrsg. von Erwin Fahlbusch, Bd. 4, Göttingen 4. Aufl. 1983, 238-243, hier 241.

30) Hubert Seiwert, Systematische Religionswissenschaft, a. a. O. (Anm. 14), 2.

31) Mensching, Religion, a. a. O.; Tworuschka, a. a. O. (Anm. 7), 1982; Hans-Joachim Klimkeit, Vergleichen und Verstehen in der Religionswissenschaft, Wiesbaden 1997.

32) Zur Religionsgeographie bzw. -ökologie vgl. Fritz Stolz, Grundzüge der Religionswissenschaft, Göttingen 2. Aufl. 1996, 96 ff. - Zur Religionsästhetik Hubert Cancik/Hubert Mohr, Religionsästhetik. In: Handbuch religionswissenschaftlicher Grundbegriffe Bd. 1, Stuttgart u. a. 1988, 121-156, hier 121.

33) Zum Begriff vgl. Dietz Bering, Die Intellektuellen. Geschichte eines Schimpfwortes, Stuttgart 1978.

34) Zitiert bei Jacques Waardenburg, Classical Approaches, 493 f.

35) Theo Sundermeier, Was ist Religion? Religionswissenschaft im theologischen Kontext, Gütersloh 1999, 225.

36) Ebd., 226 ff.

37) Ebd., 216.

38) Ingolf U. Dalferth, Kritisch erkunden, denkend verantworten. Glaube und Wissenschaft aus evangelischer Sicht. In: Forschung & Lehre 7/99, 343-345, hier 343.

39) Ebd., 345.

40) Vgl. Bernd Janowski/Matthias Köckert (Hg.), Religionsgeschichte Israels. Formale und materiale Aspekte, Gütersloh 1999.

41) So bereits Georg Fohrer, Geschichte der israelitischen Religion, Berlin 1969, 7 f.

42) Herbert Niehr, Auf dem Weg zu einer Religionsgeschichte Israels und Judas. In: Janowski/Köckert, a. a. O. (Anm. 40), 57-78, hier 70.

43) Wolfgang Zwickel, Religionsgeschichte Israels. Einführung in den gegenwärtigen Forschungsstand in den deutschsprachigen Ländern. In: Ebd., 9-56, hier 40.

44) Vgl. den kontextualen Ansatz des römisch-katholischen Fundamentaltheologen Hans Waldenfels. Die Arbeiten der pluralistischen Theologen (Hick, Panikkar, Swidler, Knitter, Bernhardt u. a.) sind hier ebenso einschlägig. Vgl. einführend Bd. 1 ("Vision 2001. Die größere Ökumene", Köln-Weimar-Wien 1999) der neuen von Reinhard Kirste u. a. herausgegebenen Reihe "Interreligiöse Horizonte".

45) Peter Antes, Theologie und Religionswissenschaft. Methodische Anmerkungen zu Nähe und Distanz. In: Günter Riße/Heino Sonnemans/Burkhard Theß (Hg.), Wege der Theologie an der Schwelle zum dritten Jahrtausend. FS Hans Waldenfels, Paderborn 1996, 313-319, hier 317.

46) Dalferth, a. a. O. (Anm. 38), 344.

47) Gordon D. Kaufman, Geschichtlichkeit der Religionen als Herausforderung an die Theologie. In: Reinhold Bernhardt (Hg.), Horizontüberschreitungen, Gütersloh 1991, 47-59, hier 56.

48) Erzählen, homolog bekennen, dogmatisch formulieren, "dialogdefinit" und "generativ". Vgl. Gerhard Sauter, Zugänge zur Dogmatik, Göttingen 1998, 53 ff.

49) Ulrich Berner, Religionswissenschaft und Religionsphilosophie. In: Zeitschrift für Religionswissenschaft 5 (1997), 149-178.

50) Peter Antes, Religionswissenschaft als Fach an der Universität. In: Religionswissenschaft. Zur Einführung in das Studium der Religionswissenschaft, Hannover Uni, o. J., 5-9, hier 5.

51) Stolz, a. a. O., 42. Im Anschluß an unser sich über ein Jahrzehnt erstreckendes Kölner Schulbuchanalyseprojekt, in dem wir sämtliche deutschen und später dann europäischen Schulbücher auf ihr Islambild untersuchten, entschlossen sich mein islamischer Kollege Abdoldjavad Falaturi und ich, die Hauptergebnisse in einer handlichen Broschüre zu publizieren. Diese dient heute in türkischer Übersetzung als Lehrbuch in Koranschulen. A. Falaturi (Hg.), Der Islam in den Schulbüchern der Bundesrepublik Deutschland, 6 Bde., Braunschweig 1984-86.

52) John Hick, Religion. Die menschlichen Antworten auf die Frage nach Leben und Tod, München 1996, 391.

53) Antes, a. a. O. (Anm. 45), 315.

54) Ebd., 9.

55) Wir nehmen die uns umgebende Wirklichkeit immer nur selektiv wahr, was "von der Ausbildung, dem Vorwissen, den Voreingenommenheiten und nicht zuletzt auch der Persönlichkeit" des Forschers abhängt, was er "riecht, fühlt, hört und sieht und was vielleicht seiner Aufmerksamkeit entgeht". Die Gefahr "subjektiver Verzerrungen" ist umso größer, "je weniger er sich dabei ... seiner Gefühle, Motive und Interessen bewußt ist, je mehr seine unkontrollierten Affekte in den Wahrnehmungsvorgang involviert sind". Verdrängungen seiner persönlichen Konflikte werden bei der Darstellung unweigerlich hervorbrechen. "Bemüht er sich aber, sich seiner inneren Konflikte, Emotionen und auch Sehnsüchte bewußt zu werden, dann kann es ihm auch gelingen, jene Verzerrungen zu neutralisieren". Auf die teilnehmende Beobachtung folgt die nicht weniger schwierige Aufgabe, das gesammelte Material am Schreibtisch in einer Form zu organisieren, daß der nicht teilnehmende Leser die Forschungen nachvollziehen kann. Vgl. Kohl, a. a. O. (Anm. 24), 117 f. Kritik an dem herrschenden Paradigma des distanziert und innerlich völlig unbeteiligten Religionswissenschaftlers haben Theo Sundermeier, a. a. O. (Anm. 35), 207ff. und Carl-A. Keller geübt. In seinem Beitrag über "Vergleichendes Verstehen mystischer Religiosität" tritt Keller dafür ein, sich nicht mit bloßer "Einfühlung" zufrieden zu geben, sondern "der ersnthaft ums Verstehen bemühte Religionswissenschaftler wird es nicht verschmähen, selber, als Schüler der Meister, mit mystischer Religiosität Experimente zu machen". In: Klimkeit, a. a. O. (Anm. 31), 71-91, hier 87.

56) Berner, a. a. O. (Anm. 13), 113.

57) Helmut Seiffert, Einführung in die Wissenschaftstheorie 2, München 1971, 169.

58) Ebd.

59) Berner, a. a. O. (Anm. 13), 114.

60) Heinz-Robert Schlette, Einführung in das Studium der Religionen, Freiburg 1981; Udo Tworuschka, a. a. O. (Anm. 7); Gritt Maria Klinkhammer/Steffen Rink/Tobias Frick (Hg.), Kritik an Religionen, Marburg 1997.

61) Vgl. Christian Wachtmann, Der Religionsbegriff bei Mircea Eliade, Frankfurt/Main u. a. 1996, S. 12ff.

62) Gustav Mensching, Toleranz und Wahrheit in der Religion (urspr. 1955), hg. von Udo Tworuschka, Weimar 1996.

63) Gustav Mensching, Gute und Böse im Glauben der Völker, Bonn 1941, VII (Vorwort).

64) Bonn, 1950, VIII.

65) Vgl. Anm. 51.

66) Gustav Mensching, Religionswissenschaftler. Blätter zur Berufskunde, Bd. 3-X G 01, 2. Aufl. 1970, 11.

67) Ernst Benz in den "Proceedings of the XIth International Congress of the IAHR", vol. VIII, Leiden 1968, 8. Vgl. außerdem Benz, Die Bedeutung der Religionswissenschaft für die Koexistenz der Weltreligionen heute. Abgedruckt in: Günter Lanczkowski (Hg.), Selbstverständnis und Wesen der Religionswissenschaft, Darmstadt 1974, 243-256.