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Ausgabe:

Juni/1999

Spalte:

583–596

Kategorie:

Dogmen- und Theologiegeschichte

Autor/Hrsg.:

Kurt Nowak

Titel/Untertitel:

Geschichte - der höchste Gegenstand der Religion. Schleiermachers Beitrag zur Historik in den Reden "Über die Religion" (1799).

Im Sommer 1799 veröffentlichte der dreißigjährige Friedrich Schleiermacher bei dem Berliner Verleger Johann Friedrich Unger seine epochemachenden Reden "Über die Religion". Am 4. Juli 1799 hielt er die ersten, noch druckfrischen Exemplare in der Hand. In den Buchhandel kam die 312 Seiten umfassende Schrift im September 1799, zur Michaelismesse. Zur ersten Säkularfeier 1899 gab Rudolf Otto sie in ihrer "ursprünglichen Gestalt" neu heraus, nachdem im 19. Jh. die vierte Ausgabe von 1831 weitgehend die Rezeptionsgeschichte bestimmt hatte. Rudolf Ottos editorische Tat sorgte im 20. Jh. für die Vormachtstellung der Erstausgabe gegenüber den Bearbeitungen Schleiermachers von 1806 (zweite Ausgabe), 1821 (dritte Ausgabe) und 1831. Jüngster Beleg dafür ist der Internationale Schleiermacher-Kongreß in Halle/S. vom 14.-17. März 1999. Er stand unter dem Thema "200 Jahre ,Reden über die Religion’". Die Reden "Über die Religion" eröffnen einen unabschließbaren Diskurs. Schleiermachers Zeitgenossen lasen sie anders als die Generationsgenossen Rudolf Ottos. Die heutigen Leser und Interpreten setzen das unendliche Gespräch fort. Mein Beitrag rückt ein Thema in den Mittelpunkt, in dem sich zwei Disziplinen überkreuzen: Theologie und Geschichtswissenschaft. Gefragt wird nach Schleiermachers Theorie der Geschichte in den Reden "Über die Religion". Der äußere Anlaß - die zweite Säkularfeier der Reden - verknüpft sich mit einer Analyse von Schleiermachers Beitrag zur Frühgeschichte des Historismus.

Der Übergang des neuhumanistischen und aufgeklärten Geschichtsdenkens in den (Früh-)Historismus vollzog sich im Kontext des Zivilisationsbruchs von 1789. "Man kann geradezu sagen: der Historismus ist ein Erzeugnis der Französischen Revolution und der ihr nachfolgenden politischen Kämpfe; er hat in der Französischen Revolution seine notwendige Gelegenheit, Bedingung und Voraussetzung."1 Der Historismus reagierte auf das immer raschere Wachstum des geschichtlichen Erfahrungsstoffs. Bereits in ihrer Konstitutionsphase war die neue Reflexionswissenschaft der geschehenen und geschriebenen Geschichte ein Phänomen mit vielen Farben und Facetten.
Ihre wissenschaftsgeschichtliche Rekonstruktion kann deshalb nicht bei historiographiegeschichtlich relevanten Texten im
engeren Sinn stehenbleiben. Die Forschung ist genötigt, den

Rahmen zu sprengen, der durch das Interesse an der Geschichte der Geschichtswissenschaft als Fachdisziplin gesetzt wird. Der Blick muß sich auch auf scheinbar vorwissenschaftliche Beiträge richten. In älteren Stadien der Historismusforschung fanden solche Beiträge durchaus Beachtung. Demgegenüber verzichten neuere und neueste Untersuchungen weitgehend auf die vorwissenschaftlichen Texte - eine Entwicklung, der Elemente des Reduktionismus anhaften. Der Blick auf Schleiermachers Verständnis der Geschichte in den Reden "Über die Religion" ist ein Plädoyer dafür, die analytische Arbeit an den frühen Formen des Historismus mit weitem Horizont zu betreiben. Historismus war ein Strom, der sich aus vielen Quellen speiste. Ob bestimmte Texte in die Kategorie der "vorwissenschaftlichen Geschichtsliteratur"2 gehören und somit für die Historiographie des Historismus ohne Bedeutung sind, bedarf in vielen Fällen erst noch der näheren Prüfung.

1. Frühstudien zur Historik

Schleiermacher war kein Gelegenheitsdenker der Geschichte. Geschichtstheoretische Probleme beschäftigten ihn seit den 1790er Jahren mit zunehmender Dringlichkeit. Den ersten handfesten Beleg dafür bietet seine Abhandlung "Über den Geschichtsunterricht" von 1793. Der Text wurde vollständig erstmals 1957 bekannt, als Erich Weniger ihn in seiner Ausgabe von Schleiermachers "Pädagogischen Schriften" druckte. Inzwischen liegt er, philologisch mustergültig erschlossen, in der "Kritischen Gesamtausgabe" (KGA) vor.3 Als Lehramtsanwärter am Seminar des Aufklärungspädagogen und -publizisten Friedrich Gedike hatte Schleiermacher sich über die Methodik des Geschichtsunterrichts zu vergewissern. Der eher bescheidene Entstehungsimpuls für die wenigen Blätter steht in bemerkenswertem Kontrast zur Schärfe der geschichtstheoretischen Reflexionen, die sich in ihnen finden.

Kernpunkt der Abhandlung war die Forderung nach Ausarbeitung der Geschichte als "Wissenschaft". Mit dem Begriff "Wissenschaft" war nicht mehr die Kenntnis von etwas ("Wissenschaft haben") gemeint, sondern begründbare Erkenntnis im modernen wissenschaftlichen Sinn. Geschichtstheoretisch hieß das, die Dichotomie zwischen scientia und historia zu überwinden, also das empirische Material und seine Deutung in einen sachlich einsichtigen Zusammenhang zu bringen. In der Abhandlung finden sich mehrere kritische Abgrenzungen gegen ein nach Schleiermachers Auffassung unzureichendes
Verständnis der Geschichte. So wandte sich der junge Autor
gegen die Manier, den historischen Stoff zu "romantischen und poetischen Darstellungen" zu benutzen.4 Prominentester Ver
treter des hier angesprochenen humanistisch-rhetorischen Modells der Geschichtsschreibung war August Ludwig Schlözer. In der "Vorstellung seiner Universalhistorie" hatte Schlözer gemeint: "Einzelne Facta oder Begebenheiten sind in der Geschichtswissenschaft, was die kleinen farbichten Steinchen in der mosaischen Malerei. Der Künstler durch geschickte Austheilung vermischt und ordnet sie, schließt sie genau aneinander, und bringt dadurch dem Auge ein fertiges Gemählde auf einer schnurgleichen und ununterbrochenen Fläche entgegen."5 Gänzlich außer Kurs geriet das humanistisch-rhetorische Modell auch nach der Verwissenschaftlichung der Geschichtsschreibung nicht. Noch 1837 legte Georg Gottfried Gervinus einen Versuch zur poetologischen Qualifizierung historischer Genera vor. Das Interesse am Regelkanon historischer Forschung trat demgegenüber zurück.

Einen weiteren kritischen Einwand erhob Schleiermacher gegen den bloß "chronikmäßigen Vortrag" der Geschichte.6 Unter welchen Gesichtspunkten war der ordo temporum sinnvoll zu gliedern? Auch mit der Behandlung dieses Problems bewegte sich der Lehramtsanwärter auf der Höhe einer aktuellen Debatte. Gliederung und Rhythmisierung der Geschichte hatten sich aus der Sache zu entwickeln. Sie waren nicht simpel nach Herrscherdaten, Staatengeschichten, Zenturien oder älteren Modellen der Heilsgeschichte zu gestalten. Während seiner Schulzeit in Breslau war Schleiermacher noch in der "Vier-Monarchien-Lehre" unterwiesen worden. Durch die Weltgeschichte Johann Philippis, genannt Sleidanus, beherrschte die "Vier-Monarchien-Lehre" bis gegen Ende des 18. Jh.s den schulischen Unterricht. Das "transcendentale Princip", wie es Ernst Bernheim später kühl und distanziert nennen sollte, genügte nicht mehr, um die innere Zeitfolge der Geschichte zu bestimmen. Aus der später vorgelegten "Kurzen Darstellung des theologischen Studiums" (1811; 1830) und aus weiteren Arbeiten ist zu ersehen, wie Schleiermacher das Gliederungsproblem der Geschichte anfaßte. Er bediente sich der Leitbegriffe "Periode", "Epoche" und "CulminationsPunkt".7 Mit Periode, Epoche, Kulminationspunkt vollzog er einen in seinen Augen schon selbstverständlichen Abschied von den Chronologien der Heilsgeschichte. Historia sacra und historia profana waren zugunsten eines umfassenden Begriffs von Geschichte ineinander zu vermitteln.

Gegen die pragmatische Methode der Geschichtsschreibung wandte Schleiermacher ein, sie gehe mit der Geschichte lediglich selektiv und punktuell um. Sie stoße nicht zum Begreifen der inneren Zusammenhänge vor. Die Forderung an die Arbeit des Historikers lautete: Verwandlung der "scheinbar äußere(n) willkürliche(n) Verbindung in eine innere verständliche". Schleiermacher schwebte die Durchsichtigmachung des historischen Materials im Horizont einer "Idee" vor.8 Gemäß Schleiermachers später formulierten Begriffen ging es um Zusammenfügung und wechselseitige Auslegung des "Bilderbuchs" der Geschichte (Geschichtskunde) mit ihrem "Formelbuch", der (philosophischen) "Ethik". Die Frage, inwieweit die Kategorien des Aufbaus der sittlichen Welt ihrerseits unter dem Vorzeichen der Historizität standen, ist nicht ohne weiteres zu beantworten. Sie rührt an die transzendentalphilosophischen Fundamente, auf denen Schleiermachers "Ethik" ruht.

Die Abhandlung "Über den Geschichtsunterricht" entstand ungefähr ein halbes Jahrzehnt vor den Reden "Über die Religion". Sie zeigt Schleiermacher intensiv mit damals virulenten Problemkonstellationen der Historik befaßt. Von "vorwissenschaftlicher Geschichtsliteratur" wird man nach Lektüre der Abhandlung von 1793 kaum sprechen können.

2. Im Vorfeld der Religionsschrift

Der Eindruck von Schleiermachers geschärfter Aufmerksamkeit für die methodologischen und methodischen Fragen der Geschichte vertieft sich beim Studium der Vorarbeiten zu den Reden "Über die Religion". Vielleicht ist der Begriff "Vorarbeiten" ein wenig zu hoch angesetzt. Denn anders als bei weiteren Texten Schleiermachers, zu denen relativ ausführliche konzeptionelle Erwägungen und Materialsammlungen vorliegen, fließen die werkgeschichtlichen Quellen zu den Reden "Über die Religion" nur spärlich. Immerhin findet sich in den "Vermischten Gedanken und Einfällen", also den Notaten aus den Jahren 1796-1799, eine Reihe von Gedankensplittern. Im Lichte der im Sommer 1799 erschienenen Reden "Über die Religion" können sie als Vorstufen bewertet werden, auch wenn der Anstoß zur Abfassung der Religionsschrift vermutlich erst im Herbst 1798 erfolgte und nicht genetisch aus den "Vermischten Gedanken und Einfällen" erwuchs.

Für den Zusammenhang unseres Themas ist von Interesse, was Schleiermacher in seinen Notaten über die Geschichte und ihren Zusammenhang mit der Religion niederschrieb. Ein Spitzensatz lautete: "Die Historie ist immer religiös und die Religion muß ihrer Natur nach historisch sein."9 Der Satz enthält ein Programm der Sinngebung der Geschichte durch Religion und vice versa. Geschichte war nicht ohne Religion, Religion nicht ohne Geschichte zu denken. Den Satz als Probierstein für einen historischen Gottesbeweis zu verstehen, führt in die Sackgasse. Allenfalls könnte diese Deutung einen Nebenakzent des Gesagten erfassen. Falsch verstanden oder zumindest in seinem Aussagegehalt erheblich unterboten wäre der Satz aber auch, wollte man ihn im Sinne einer konsequenten Historisierung der Religion lesen ("... die Religion muß ihrer Natur nach historisch sein"). Dieser wie auch weitere Sätze der "Vermischten Gedanken und Einfälle" entschlüsseln ihren Skopos erst in den Reden "Über die Religion".

In einem weiteren Gedankenheft, dessen Datierung etwas schwierig ist - nicht vor 1798 und nicht nach 1801 - festigte Schleiermacher seine Überlegungen über Zusammenhang und Wechselbezug von Religion und Geschichte. Im Notat Nr. 30 unterstrich er die Differenz von Tätigkeit und Ergebnis der Tätigkeit. Alles Sein war werdendes Sein. Die Erscheinung war ein iterativer Punkt in einem unermeßlichen Ganzen. "Das Universum gleicht darin dem Menschen daß die Thätigkeit die Hauptsache ist, die Begebenheit nur das vergängliche Resultat. Der ächte historische Sinn erhebt sich über die Geschichte. Alle Erscheinungen sind nur wie die heiligen Wunder da um die Betrachtung zu lenken auf den Geist der sie spielend hervorbrachte."10



3. Geschichte als Universum

Bekanntlich bezeichnete Schleiermacher in den Reden "Über die Religion" als "allgemeinste und höchste Formel der Religion" das "Anschauen des Universums".11 Der Autor bat seine Leser, sich mit ihr zu befreunden. Ihm war bewußt, welche unorthodoxe Definition er vorschlug. Schleiermacher kehrte sich mit seinem Verständnis von "Religion", gleichviel ob sie als positiv-geschichtliche Religion, als Glaube, Frömmigkeit oder Existential des Menschen verstanden war, von dogmatischen und philosophischen Sätzen ab. Der im Gang der Theologie, der Metaphysik und Ethik entwickelte Denk- und Begriffsbestand mutete dem Autor der Religionsschrift als überholt an; er war nicht geeignet, dem, was sich in der "Religion" zur Sprache brachte, angemessen zum Ausdruck zu verhelfen.

Diese Kehre im Verständnis der "Religion" zog denklogisch und sachlich den Aufbau eines veränderten Auslegungshorizonts nach sich. Schleiermacher entschied sich für den Auslegungshorizont "Universum". Detailstudien zum Verständnis von "Universum" konnten belegen, wie entschlossen Schleiermacher seinen Perspektivenwechsel durchführte. Noch in der Mitte des 18. Jh.s war das Adjektiv "universus" kaum mehr als ein grammatikalischer Begriff. Erst Franz Hemsterhuis (1721-1790) wertete ihn zu einem religiösen und philosophischen Terminus auf und legte ihm Offenbarungsqualitäten bei. Die Majestät des Universums legte sich in der Lesart von Hemsterhuis dem Betrachter nach mehreren Seiten offen: 1. "comme purement physique". 2. "comme organisée". 3. comme "susceptible d’action et de réaction". 4. "du coté intellectuel". 5. "en tant que moral". 6. "du coté des rapports entre ses parties et des lois qui en dérivent". Schleiermacher verwendete "Universum" teils analog, teils abweichend von Hemsterhuis. Daß er die Schriften von Hemsterhuis kannte, hält der französische Romantikforscher Ayrault für sicher.12

Bei Schleiermacher erscheint das Substantiv "Universum" in mehreren Bedeutungsnuancen: 1. als Globalbegriff für die Totalität alles Geschehens. 2. als Inbegriff der Natur. 3. als Inbegriff der "Menschheit". 4. als geistig und religiös transparenter Zusammenhang des geschichtlichen Seins und Werdens. 5. als Chiffre für das Ineinandergehen des Einzelnen und des Ganzen im Horizont der Dialektik von Endlichem und Unendlichem. Vor allem in der vierten Bedeutungsnuance stellt sich das "Universum" als der perspektivische Raum dar, in dem Geschichte und Religion zueinander ins Verhältnis treten. Man muß deshalb fragen, welche Rolle die Geschichte für die Artikulation der Religion spielt und gleichzeitig die Frage nach der Bedeutung der Religion als Resonanzboden der Geschichte stellen. Religion und Geschichte waren untrennbar aufeinander bezogen. Das eine Phänomen trug das andere, obschon man nicht sagen kann, daß sie einander konstituierten.

Das Universum enthielt einen Überschuß. Seine Unverfügbarkeit barg ein Überwältigtsein im religiösen Sinne in sich. "Alles Anschauen gehet aus von einem Einfluß des Angeschaueten auf den Anschauenden, von einem ursprünglichen und unabhängigen Handeln des ersteren, welches dann von dem lezteren seiner Natur gemäß aufgenommen, zusammengefaßt und begriffen wird." Erschöpfte sich das Universum auch nicht in der Geschichte - da es ja auch Inbegriff der Natur war -, so lag das Schwergewicht beim "Anschauen des Universums" dennoch bei ihr. Die Natur zu einem religiös gehaltvollen Phänomen zu machen - beispielsweise den "bewunderten und gefeierten Sternenhimmel" -, lehnte Schleiermacher ab.13 "Natur" war Objekt des konstruierenden Menschengeistes, insofern Epiphänomen von etwas Ursprünglichem. Schleiermacher gab dem Ursprünglichen den Namen "unendliche(s) Chaos". Nur wenn das Ursprüngliche gegenwärtig war, wollte Schleiermacher es "in der That" als "das schiklichste und höchste Sinnbild der Religion" gelten lassen.14

4. Belehnung der "sciences naturelles"

Nach Peter Hanns Reill bildete sich das neue Verständnis der Geschichte am Ende des 18. Jh.s "innnerhalb einer umfassenden Evolution wissenschaftlicher Sensibilitäten".15 In diesem Prozeß fiel das mechanistisch-physikalische Weltbild der Epoche Newtons dahin, nicht aber die Übertragung von Gedankengebilden der Naturwissenschaften auf die Geisteswissenschaften. Voraussetzung für jene Transpositionen war ein neues Verständnis der Natur, das sich auf den dynamischen Vitalismus stützte. Der intellektuelle Einzugsbereich für diese anti-cartesianische und anti-newtonsche Wendung befand sich in Frankreich. Buffons "Histoire Naturelle"- sie lag als "Allgemeine Historie der Natur" seit der Mitte des 18. Jh.s auch in deutscher Sprache vor - gewann mit ihrer Kritik am quantitativen Empirismus und an der empirielosen Abstraktion einen veränderten Zugang zur Natur. Wissenschaftstheoretisch befruchtete Buffons Konzept die Philosophie und weitere Geisteswissenschaften. Umgekehrt wirkten deren Formulierungen auf die "exakten Naturwissenschaften" zurück. "In diesem Konzept wurde ein neues linguistisches und konzeptionelles Feld geschaffen, das in deutlichem Kontrast zum frühaufklärerischen Mechanismus stand."16

Folgt man der Theorie des Begriffs- und Denkaustauschs zwischen Natur- und Geisteswissenschaften, wird klar, warum Schleiermacher in den Reden "Über die Religion" dem Begriff "Universum" den Vorrang vor dem Begriff "Welt" gab. Nur an wenigen Stellen finden sich Formulierungen wie "Anschauungen der Welt" oder "Anblik der Welt".17 "Universum" besaß eine größere Nähe zu den Denkformen der "sciences naturelles". Weiter fällt auf, daß die Metaphern, die Schleiermacher bei der Beschreibung der "Tätigkeit" des Universums verwendete, ebenfalls stark von Ideen und Begriffen der "sciences naturelles" beeinflußt waren. Die Herabstufung der Natur und ihrer Geschichte zum "äußersten Vorhof" der Religion markierte nebenher ein "Nein" zu den naturschwärmerischen Tendenzen des Zeitalters. Unter dem geschulten Blick des Naturforschers verlor die Natur ihre Aussagefähigkeit für das Unsagbare. "Weder Furcht vor den materiellen Kräften die Ihr auf dieser Erde geschäftig seht, noch Freude an den Schönheiten der körperlichen Natur, soll oder kann Euch die erste Anschauung der Welt und ihres Geistes geben."18



Schleiermacher spannte seine Sprachkraft merklich an, um die mechanischen Naturbilder zu erledigen und einen Begriff der Natur zu gewinnen, welcher dem damals neueren Modell des dynamischen Vitalismus folgte. "Die Perturbationen in dem Laufe der Gestirne deuten auf eine höhere Einheit, auf eine kühnere Verbindung als die, welche wir schon aus der Regelmäßigkeit ihrer Bahnen gewahr werden, und die Anomalien, die müßigen Spiele der plastischen Natur zwingen uns zu sehen, daß sie ihre bestimmtesten Formen mit einer Willkür, mit einer Phantasie gleichsam, behandelt, deren Regel wir nur aus einem höheren Standpunkte entdeken könnten."19 Doch der etwaigen Erwartung, das nunmehr dynamisch gesehene "Universum" der Natur zum religiösen Zeichen- und Bedeutungsträger zu erklären, verwehrte sich Schleiermacher. Die Entfaltung des dynamischen Naturkonzepts bildete lediglich ein Sprungbrett für das eigentliche "Universum", die Geschichte.

Ein Beispiel für Schleiermachers Transpositionen im Denkfeld des "sciences naturelles" ist das semantische Spiel mit dem Wort "Menschheit". Im Sprachgebrauch der Zeit meinte "Menschheit" den einzelnen Menschen in seiner Eigentümlichkeit, aber auch die menschliche Gattung. Schleiermacher forderte dazu auf, Individuum und Gattung in ein dialektisch-interdependentes Verhältnis zueinander zu setzen: "... einzeln müßt Ihr nichts betrachten, aber erfreut Euch eines jeden an der Stelle wo es steht. Alles was zugleich wahrgenommen werden kann und gleichsam auf einem Blatte steht, gehört zu einem großen historischen Bilde, welches einen Moment des Universums darstellt."20 Der Mensch fand seinen Platz in der Menschheit. Die Nähe dieser Denkfigur zu den "sciences naturelles" liegt auf der Hand. Buffon dachte Realität als Gruppen von komplexen "rapports" zwischen wechselseitig voneinander abhängigen Teilen mit unbegrenzten Kombinations- und Interaktionsmöglichkeiten. Die "rapports" vollzogen sich in einem offenen System. Sie waren nicht organologisch, d. h. als geschlossenes System gedacht. Indefinite kombinatorische Offenheit zeichnete auch Schleiermachers Verständnis von Mensch und Menschheit aus.

Ein anderes Beispiel, das auf "Sensibilitäten" quer durch die Wissenschaftszweige und damit auch auf Belehnungen von Schleiermachers Geschichtsverständnis durch Aspekte der "sciences naturelles" verweist, ist die Einbringung einer ethisch indifferenten Dimension bei der religiösen Betrachtung der Geschichte. Der Aspekt der ethischen Indifferenz war in die Metapher gekleidet, es sei eine "irreligiöse Ansicht, daß er [gemeint ist der "Genius der Menschheit" - K. N.] Gefäße der Ehre verfertige und Gefäße der Unehre".21 In der Schleiermacherforschung hat die Weigerung des Autors der Reden "Über die Religion", ethisch wertend zu urteilen, mitunter Irritationen hervorgerufen. Die Ausbalancierung jener Aussagen, in denen auch den "Gefäßen der Unehre" ihr Daseinsrecht bestätigt wird, mit Schleiermachers sonstigen ethischen Prämissen erfolgt in aller Regel durch den Hinweis auf den finalen Punkt des Gesamtentwurfs: Vermittlung und Versöhnung von Natur und Geist. Dem ist nicht zu widersprechen, nur wird der religiösen Geltungsmacht des ethisch Indifferenten dadurch möglicherweise zu schnell ausgewichen. Die Argumentationsstrategie in den Passagen der Reden "Über die Religion", die den "Gefäßen der Unehre" und einem menschlichen Durchschnittstypus ("Millionen tragen das Costum der Zeit")22 ebenso Rechnung zu tragen versuchen wie herausragenden Gestalten der Menschheit, legt im Lichte der These von den Wechselspielen zwischen "sciences naturelles" und "sciences humaines" die Vermutung nahe, Schleiermacher habe auch hier die Naturgeschichte im Hinterkopf: "einige sind der erhabenste und treffendste Abdruk des Schönsten und Göttlichen. Andere sind groteske Erzeugniße der originellesten und flüchtigsten Laune eines Virtuosen."23 So zu sprechen war angesichts der Gattungs- und Artenvielfalt in der Natur üblich.

Schließlich sei zur Demonstration der Osmosen zwischen "sciences naturelles" und "sciences humaines" auf ganz direkte Belehnungen von Prozessen und Begriffen der Naturwissenschaften aufmerksam gemacht. Ansatzpunkt konnte z. B. die Überlegung über die "gemeinsten Formen der Menschheit" sein, "die in tausend Abdrüken immer unverändert wiederkehren".24 Entsprechend dem Axiom von der Eigentümlichkeit alles Lebendigen bestand Schleiermacher jedoch darauf, auch im "Massenprodukt Mensch" das Individuelle zu sehen. Hierbei bediente er sich Argumenten aus der Chemie: "... in dem Leben eines jeden giebt es irgend einen Moment, wie der Silberblik unedlerer Metalle, wo er, sei es durch die innige Annäherung eines höhern Wesens oder durch irgend einen elektrischen Schlag, gleichsam aus sich heraus gehoben und auf den höchsten Gipfel desjenigen gestellt wird, was er sein kann. Für diesen Augenblik war er geschaffen, in diesem erreichte er seine Bestimmung, und nach ihm sinkt die erschöpfte Lebenskraft wieder zurük."25

5. Raumzeitliche Totalität

Der Abschied von der Heilsgeschichte älteren Typs und die Inkorporierung der historia sacra in den einen Raum der Geschichte forderte zur Um- und Neubestimmung ihres Sinns heraus. War die Geschichte, wenn man auf die Kulturen der Menschheit blickte, nur ein Polykonkretum, das keine Gesamtaussage zuließ? Die ältere Universalhistorie hatte sich damit begnügt, die Summe aller Spezialgeschichten als Aggregat zu behandeln, das keiner methodischen Integration fähig war, und die Heilsgeschichte als Rahmen zu verwenden. Wenn Geschichte jedoch wirklich Universalgeschichte war, mußte sie sich ihrer raumzeitlichen Totalität versichern und aus dieser Totalität ihren Sinn entfalten: als "Weltgeschichte". Mit dem Übergang von der "Universalhistorie" zur "Weltgeschichte" - er vollzog sich "gleitend und ohne allzu großen Nachdruck"26 - erlebte das ausgehende 18. Jh. eine Vielzahl von Sinnentwürfen.
Um sich möglichst weit von bloßen Aggregierungen der Einzelgeschichten zu entfernen, betonte man jetzt den allseitigen Zusammenhang der Geschichte. Pointiert gesprochen: China und Israel gehörten ebenso in die Weltgeschichte wie die indigenen Kulturen Borneos und Südamerikas. Eine Situation des geistigen Wettbewerbs war den Teilhabern an den Diskursen bewußt. Kants Wort, die Weltgeschichte habe ihren Kepler oder Newton noch nicht gefunden, besaß beflügelnde Kraft.

Schleiermachers Bemühen zur Sinndeutung der Geschichte war ein angestrengter, stellenweise vielleicht sogar überanstrengter Versuch, das allseitige Ineinanderwirken des geschichtlichen Seins und Werdens zu demonstrieren. Da die Reden "Über die Religion" keine "Historik" sein konnten, mußte sich ihr Autor mit weiträumigen Andeutungen und Bildern begnügen. Zu be
rücksichtigen war die religiöse Perspektive, die mit dem "Anschauen des Universums" gesetzt war. Anders gesagt, Schleiermacher lag daran, seine Zusammenhangs- und Sinnbestimmung der Geschichte in einem Wahrnehmungsmilieu anzusiedeln, in dem Ehrfurcht, Staunen, Schauder, Ergriffenheit, das Überwältigtwerden zu Hause waren. Diese Zielstellung erklärt die überbordenden Metaphern, mit denen er arbeitete. Teils entlehnte er sie den geschichtsphilosophischen Diskursen der Zeit, teils versuchte er sich in eigenen Prägungen. An den dynamisch-vitalistisch gewendeten Stil der Neologie erinnert das Bild von den "ewigen Rädern der Menschheit in ihrem Gange", deren "unübersehliche(s) Ineinandergreifen" dartut, daß "nichts Bewegliches ganz durch sich selbst bewegt wird, und nichts Bewegendes nur sich allein bewegt".27 Mit anderen Metaphern griff Schleiermacher wieder auf die Chemie (und Physik) zurück, um Totalität versus Aggregation artikulieren zu können: "der magische Kreis herrschender Meinungen und epidemischer Gefühle umgiebt und umspielt alles, wie eine mit auflösenden und magnetischen Kräften angefüllte Atmosphäre, sie verschmilzt und vereinigt alles, und sezt durch die lebendigste Verbreitung auch das Entfernteste in eine thätige Berührung."28 - Da Schleiermacher über den Zusammenhang von geschichtlicher Empirie und Theorie der Geschichte einige Jahre zuvor bereits begriffsscharf gesprochen hatte, dürfte er um Macht und Ohnmacht seiner Metaphern Bescheid gewußt haben. Unter der Anforderung religiös gehaltvollen Sprechens mußte sich das Ungenügen gleichermaßen wandeln und steigern. Es trieb den Autor zu immer weiteren Bildern. Schleiermacher bezeichnete die Einheit des Universums als "ewiges Kunstwerk", sprach außerdem von einem "vollendetsten und universellesten Künstler", der ein Gemälde hervorbrachte.29 Die Herstellung von Totalität und Sinn war die Arbeit, die an der Geschichte geleistet werden mußte, um sie zum Organon der Religion zu erheben, nachdem die Bezugspunkte zur judäo-christlichen Heilsgeschichte zugunsten des "Anschauens des Universums" überholt waren.

Zur Aufladung der Geschichte mit religionsfähigen Gehalten gehörte die Gewinnung ihrer Tiefe. Das "Universum" bot dem staunenden Betrachter nicht eine bloße Momentaufnahme dar. Es verwies in der Fülle seiner Gestaltungen auf die Vorgeschichte und in die Zukunft. In Schleiermachers Worten: Das Universum enthielt "Erinnerungen der Vorwelt" und "Ahndungen einer fernen Zukunft".30 Historia schloß die Memoria ein,
der Erinnerungsraum die zukunftsbildende Utopie. Insgesamt strebte das Universum nach Umbildung des rohen Stoffs der Natur "zum Höheren und Vollkommenen"31. Gemäß seinem Interesse an der Religion versuchte Schleiermacher auch das Telos der Geschichte metaphorisch zu instrumentieren. Die hierbei verwendeten Bilder folgten der Ästhetik des "Romantisierens". An einer Stelle konnte Schleiermacher das Eschaton der Geschichte als "Feenpallast" bezeichnen, an einer anderen Stelle von geistigen Sublimationen sprechen (von der "Wanderung der Geister und der Seelen, die sonst nur eine zarte Dichtung scheint"), in wieder anderen Zusammenhängen von der präsentischen Erfüllung des Eschaton in der unmittelbaren Erfahrung des Einswerdens des Endlichen mit dem Unendlichen. Cantus firmus in alldem war die Aufschließung einer "neuen und unendlichen Welt".32



Unter dem Gesichtspunkt der sprachsinnlichen Artikulation des Unsagbaren bot die aufklärerische Idee des Fortschreitens der Geschichte gewisse Schwierigkeiten. Sie war für das "Anschauen des Universums" allerdings nicht unbrauchbar. Schleiermacher stimmte ihr unter den Voraussetzungen seines "metaphysischen Schemas" (Einheit - Differenzierung - Wiedervereinigung) zu. Andererseits war die Fortschrittsidee durch ihren ubiquitären Gebrauch, der einem schon banalisierten Geschichtsoptimismus zuarbeitete, nicht geeignet, das Fascinosum und Tremendum des religiösen Erlebens zu stützen. Schleiermacher durchsetzte die aufgeklärte Progressionsidee der Geschichte deshalb mit Elementen des "Irregulären", etwa mit dem Element "Krise" und mit dem Element "Palingenesie", also dem Denkmodell der Wiedergeburt innerhalb eines zyklisch vorgestellten Verfallsprozesses.33

6. Der metahistorische Raum der Religion

Die Vergeschichtlichung der Welt machte vor der "Religion" nicht halt. In welcher Bedeutungsvariante Schleiermacher "Religion" auch immer verwendete, sie unterlag dem Wissen um ihre Historizität. Das bedeutete nicht, sie soziokulturell völlig zu erschließen. Er sicherte ihr gegen alle historisch-genetischen Herleitungen ein metahistorisches Refugium, indem er sie zu einem analytisch uneinholbaren Phänomenl erklärte. Sofern Religion Religion war, lag sie sich selber immer schon voraus. Schleiermacher und seine frühromantischen Freunde, die 1798/99 an der Reformulierung des religiösen Themas arbeiteten, bewegten sich bewußtseinstheoretisch freilich in prekären Regionen. Eine vorkritische Naivität im Verhältnis zum religiös Unmittelbaren war nicht aufrechtzuerhalten. Sie war außer Kraft gesetzt durch das Wissen um den konstruktiven Charakter des "Unmittelbaren" im Medium des menschlichen Geistes. Die Aufgabe bestand darin, die Voraussetzungen und die Mittel des religiösen Sprechens so zu gestalten, daß ein Überwältigtwerden von der Religion innerhalb der eigenen religiösen Bewußtseinsproduktion möglich war. In einem regressus ad infinitum stieß das Bewußtsein an seine Grenze und kippte in sein Jenseits um. Es fand sich am Ort der Religion wieder. Die Religion als gegeben ("Provinz im Gemüthe")34 vorausgesetzt, konnte Schleiermacher dann ihre historischen Gestaltungen ohne alle weiteren Sorgen um ihren Bestand in die Geschichte einstellen. Sie standen der religions-, gesellschafts- und sozialgeschichtlichen Deutung zur Verfügung.

Ein Beitrag zum Historismus war nicht zuletzt die Theorie der religiösen Evolution. Gemeint sind Schleiermachers Beschreibungen des Aufstiegs der Religion von Animismus und Fetischismus zum Polytheismus der klassischen Antike und von dort zum judäo-christlichen Monotheismus.35 Doch auch die personale Gottesidee des Monotheismus markierte in Schleiermachers Konzeption nur ein Durchgangsstadium: hin zu einer allen Gottesbegriffen (auch noch denjenigen des Pantheismus) entzogenen Frömmigkeit. Schleiermacher sprach mit kritischem Abstand von allen durch "Fantasie" erzeugten Gottesideen. In dieser Distanznahme schlug sich das Wissen um die Temporalität und Lokalität aller religiösen Anschauungen nieder. In Schleiermachers Deutung ließen sich die Stufen der religionsgeschichtlichen Entwicklung als unterschiedliche Arten des "Anschauens des Universums" verstehen. Animismus und Fetischismus standen für "Anschauen" ohne ordnend-gestaltende Leistung des religiösen Subjekts, Polytheismus für Vielheit ohne Einheit und Monotheismus für Einheit in der Vielheit mit der Tendenz zur Entdifferenzierung (Einheit ohne Vielheit). Das "Anschauen des Universums" im Sinne der Reden "Über die Religion" nunmehr als die allen bisherigen religiösen Vorstellungsarten schlechthin überlegene Form der Religion zu proklamieren, lehnte Schleiermacher ab. So zu verfahren, hätte die Religion in Begriffe hineintreiben und ihr den Lebensatem abschnüren müssen. Außerdem räumte Schleiermacher ein, daß es auch auf dem Boden der von ihm gemeinten wahren Religion unmöglich sei, den Anschauungswelten der religiösen Tradition zu entrinnen. Die Wahrung des Arcanum der Religion forderte zur Selbstrelativierung auf, ja erzwang sie. Die Universum-Frömmigkeit lebte aus dem in Anschauung und Gefühl beschlossenen actus religiosus, ohne sich bestimmten Vorstellungs- und Artikulationsmustern, die ihm inadäquat waren, entziehen zu können. Mit solchen und ähnlichen Vermittlungen zwischen den Gestaltungen des Religiösen im Gang der Geschichte und seinem eigenen Standort bezog Schleiermacher die Reflexivität des historischen Bewußtseins auf die Religion. Als Existential des Menschen war sie ein bewußtseinsgeschichtlich nicht einholbares Phänomen, in der Perspektive des geschichtlichen Denkens ein Gebilde, welches das Innewerden seiner Relativität nicht als Schwäche, sondern als Verweis auf das "Unsagbare" der Religion nutzte. Nicht Idee und Begriff oder eine historisch dichte Beschreibung führten zur Religion, vielmehr intuitus.

7. Krisis und Antikrisis der Geschichte

Die Reden "Über die Religion" auf ihr Potential für die Sinngebung der Geschichte zu befragen heißt, sie im Licht der Historik-Diskurse des ausgehenden 18. Jh.s zu lesen. Wird Schleiermachers berühmter Jugendschrift damit Gewalt angetan? Die Erkenntnis des Zusammenhangs von Religion und Geschichte führt dazu, Schleiermachers Angebot unter zwei Aspekten zu sehen: Definition der Religion und Formulierung des Sinns der Geschichte. Beide Aspekte gehören zusammen. In der Sinnstiftung der Geschichte aus dem Geist der Religion ist ein ganzes Bündel von Motiven und Interessen zu erkennen. Sie zielen einerseits auf prinzipielle bewußtseinsgeschichtliche Dimensionen der abendländischen Denkgeschichte, andererseits auf zeitgenössische Erfahrungen.

(1) Im Bereich der "principia" schrieb Schleiermacher der Religion die Kraft zur Heilung der Entzweiung von Geist und Natur, Transzendenz und Immanenz zu. Der homo religiosus war durch "Anschauen des Universums" in der Lage, sich von der "schlechten Manier der gemeinen Erkenntniß" zu lösen, d.h. die Oberfläche der Welt zu durchstoßen.36 Das Endliche wurde im religiösen Akt transparent für das Unendliche, wobei beide Wahrnehmungshorizonte ineinander verschmolzen. Unendlichkeit ohne konkrete (individuierte) Endlichkeit war leere Spekulation, Endlichkeit ohne Durchblick ins Unendliche Gefangenschaft in der Empirie. In der Verschmelzung der Horizonte erfuhr der Mensch sein Dasein in der "unendlichen Natur des Ganzen, des Einen und Allen", dies bei gleichzeitiger Neuerfahrung seiner Individualität.37 Religion war nicht ohne Welt, Welt nicht ohne Religion.



(2) Im Gang der Geschichte traten Idealität (Geist) und Realität (Natur) ineinander. Sittliches Handeln - die Voraussetzung zur Vermittlung von Idealität und Realität - war an die Menschenwelt mit ihren unerschöpflichen Individuationen gebunden. Die Sinngebung der Geschichte folgte nicht dem Kanon eines allgemeinen Sittengesetzes wie bei Kant und Fichte. Sie war eingeschlossen in aktuoses Handeln: bei den Einzelindividuen, den Kollektivindividuen (Völkern) sowie in den Kultur- und Gemeinschaftsformen von der Kirche bis zum Staat, von der Familiensphäre bis zur öffentlichen Geselligkeits- und Gemeinschaftspflege. Sittlichkeit verwirklichte sich in und durch Geschichte. Schleiermachers sittliches Vertrauen in die Geschichte war nachgerade unbegrenzt. Unter der Voraussetzung des Wechselbezugs zwischen Teil und Ganzem war dieses Vertrauen unausweichlich. Ethisch war das Absolute gar nicht anders als das sittlich Vollkommene zu fassen und dementsprechend das Individuelle als dessen partielle Gestalt mit prozeßhaftem Impetus. Schleiermachers "Historik" in den Reden "Über die Religion" fußte auf Voraussetzungen, die ihn von früheren und späteren Formen des Historismus unterscheiden. Die aufklärungstypische Theorie des allgemeinen Sittengesetzes war im Medium der individuellen Menschenwelt gebrochen, nicht aber das Vertrauen in das sittliche Telos der Geschichte. Die Religion, gestimmt auf die Vielfalt des "Anschauens des Universums", sicherte die Dignität der sittlichen Dimension der Geschichte und fing zugleich deren empirische Widersprüche ein.

Platter Geschichtsoptimismus lag Schleiermacher fern. Die Reden "Über die Religion" enthalten düstere Wendungen über Entfremdung vom Ursprung, Ungeborgenheit und die Zerstörungsmacht des Todes.38 Über alles Unglück des entzweiten Bewußtseins und die Fragmentierung der geschichtlichen Welt hinweg die Harmonie des Ganzen zu erschauen, darin bestand für Schleiermacher die Macht der Religion. "Die verschiedenen Momente der Menschheit aneinander zu knüpfen, und aus ihrer Folge den Geist in dem das Ganze geleitet wird errathen, das ist ihr höchstes Geschäft. Geschichte im eigentlichsten Sinn ist der höchste Gegenstand der Religion, mit ihr hebt sie an und endigt mit ihr - denn Weißagung ist in ihren Augen auch Geschichte und beides gar nicht von einander zu unterscheiden - und alle wahre Geschichte hat überall zuerst einen religiösen Zwek gehabt und ist von religiösen Ideen ausgegangen. In ihrem Gebiet liegen denn auch die höchsten und erhabensten Anschauungen der Religion."39

(3) Was den Zusammenhang von zeitgeschichtlicher Erfahrungswelt und geschichtlicher Sinnstiftung angeht, so kann er in mehrere Schichten zerlegt werden. Eine erste Schicht war die politische Ereignisgeschichte (Französische Revolution). Das "gallische Schauspiel" signalisierte als zeitgeschichtliches Faktum wie als kulturelle Metapher einen irreparablen Bruch mit der Vergangenheit. Die Ereignisse beschleunigten sich, der Horizont der Zukunft veränderte sich unablässig. Nach 1789 war nichts mehr wie vorher. Die große Störung rief zu ihrer Bewältigung auf. Eine zweite Schicht bildeten Schleiermachers kultur- und religionssoziologische Beobachtungen zum Zustand der zeitgenössischen Gesellschaft in Deutschland, Frankreich und England. Die Tiefe des Daseins war überdeckt durch sinnblinden Pragmatismus und Utilitarismus (England). Die Rasanz der geschichtlichen Veränderungen betäubte das Wahrnehmungsbewußtsein für den ambivalenten Charakter historischer Umbrüche (Frankreich). Eine kulturell gesättigte Welt meinte, noch religiös zu sein, verachtete in Wahrheit aber die Religion (Deutschland). Eine dritte Schicht ergab sich durch Einbeziehung des auf den kulturellen Gesamtzustand der Menschheit bezogenen Krisenszenarios. So entschlossen sich der Autor der Reden "Über die Religion" auf den Boden einer sittlichen und religiösen Sinndeutung der Geschichte stellte, so evident scheint auch, gegen welches Krisenbewußtsein er anschrieb. Schleiermacher verstand die Epoche (epoche: Halte- und Wendepunkt) als Zeit "zwischen zwei verschiedenen Ordnungen der Dinge".40 Entweder verlor sich die Menschheit in der Geschäftigkeit eines bloß noch pragmatischen "Machens" oder sie gewann den Sinn für "heilige und göttliche Dinge" zurück. Im Lichte dieser entscheidungszeitlichen Bewußtseinslage, die Schleiermacher zum Weggenossen der frühromantischen Kulturrevolution machte, werden die Reden "Über die Religion" zu einem Schlüsseldokument des (Früh-)Historismus, sofern dieser als qualitativer Sprung bei der Verarbeitung der Geschichte im Zivilisationsbruch am Ende des 18. Jh.s begriffen wird. Das Vertrauen in die Geschichte befestigte sich durch die Bewältigung ihrer Krise.

8. Ausblick

Wie folgenreich Schleiermachers Beitrag zur Historik war, ist bis zu den Wirkungen auf Adolf von Harnack und Ernst Troeltsch am Beginn des 20. Jh.s zu sehen. Die Vermittlung von Religion und Geschichte wich erst in der "Dialektischen Theologie" einem anderen Paradigma. Da die "antihistorische Revolution" der "Dialektischen Theologie" keine fundierte Antwort auf das Problem der Geschichte zu bieten vermochte, schlug das Pendel wieder zu Schleiermacher zurück. Das Thema Geschichte spielt dabei allerdings noch nicht jene hervorgehobene Rolle, die ihm zukommt.

In der Systematischen Theologie der jüngsten Gegenwart und im Fach Kirchengeschichte ruhen die Diskurse zur (theologischen) Historik derzeit ein wenig. Die Differenz zwischen empirisch-geschichtlicher Erfahrungswelt und dem kategorialen Grund und Horizont der Geschichtsschreibung wirkt entmutigend. Nur selten werden momentan Bohrungen im harten Gestein einer "theologischen Geschichtsschreibung" vorgenommen. Es geht, wie Eilert Herms hervorhebt, um die "transzendentalen Konstitutionsbedingungen des geschichtlichen Daseins": um den "Ursprung, die Verfassung und die ursprüngliche Bestimmung des geschichtlichen Daseins, und zwar in ihrer- wie der Glaube nicht mehr bezweifeln kann - unüberholbare(n) Wahrheit". Herms knüpft bei seinem Bemühen um die Integration von "Empirie" und "Spekulation" (so die Begriffe Schleiermachers) programmatisch an das Erbe des großen Theologen und Geschichtstheoretikers an.41

Schleiermachers Historik - weitergeführt in den Kollegs zur "Ethik" seit 1805/06 - enthält aber auch für die Geschichtswissenschaft Gesprächsstoff. Die Geschichtswissenschaft befindet sich gegenwärtig in einem tiefgreifenden Prozeß der Neuorientierung, einer "large réflexion collective", wie einer ihrer bedeutendsten Vertreter, Roger Chartier, feststellt. "Le reclassement des disciplines transforme le paysage scientifique, remet
en cause des primautés établies, affecte les voies traditionelles
par lesquelles circulait l’innovation".42 Die Klärung des Verhältnisses von Geschichtswissenschaft, Religion und Ethik scheint dringend notwendig zu sein, will man nicht beim bloßen Postulat der methodischen Beweglichkeit ("Aux historiens, en faisant leur métier, d’être vigilants")43 stehenbleiben. Unter welchen Bedingungen schafft die Historiographie Zusammenhänge und Plausibilitäten? Welche Realität produziert welches Wissen? Ulrich Muhlack beobachtet nicht ohne Sorge den allmählichen Überhang von Studien zur Geschichte der Geschichtswissenschaft zuungunsten von Studien zur Theorie der Geschichte. Eine Ursache sieht er in der überzogenen "Theorielastigkeit" der neueren Theoriediskussion. Die historischen Phänomene gerieten aus dem Blick. Die Historiographiegeschichte lenke ins Gegenständliche zurück - allerdings um den Preis von Theorieverlusten. Notwendig sei das Wechselspiel zwischen beiden Forschungsgebieten: "die Theorie der Geschichtswissenschaft benötigt eine Orientierung über ihre historischen Voraussetzungen, die Geschichte der Geschichtswissenschaft ..., eine Vorstellung von den Grundproblemen und Grundbegriffen historischen Wissens überhaupt."44

Natürlich kann Schleiermachers Einsicht, die Historie sei immer religiös und die Religion ihrer Natur nach historisch, über die Distanz von zweihundert Jahren hinweg nicht umstandslos auf die Diskursbühne zitiert werden. Schleiermacher steht am Anfang einer Debatte, die nach Inhalt und Form nicht wiederholbar ist. Die Erinnerung an sie folgt gleichwohl nicht nur archivalischen Interessen. Religion und Geschichte, Geschichte und Religion bedingen einander - nicht nach dem Muster von naiven Geschichtstheologien, die jeweils zu wissen meinen, was die Stunde geschlagen hat, wohl aber im Innewerden der Unverfügbarkeit der Geschichte und des Vertrauens in ihre Sinnhaftigkeit. Als Werk des Menschen überwältigt sie den Menschen und wird so Geschichte Gottes mit den Menschen. Die Geschichte treibt zur Religion und die Religion zur Geschichte.

Summary

Schleiermacher’s Speeches on Religion (1799) are important in equal measure for religion and history in the early nineteenth century. Schleiermacher, the theologian, developed a view of history implicitly in this seminal early work. It is distinct from his theoretical reflexions in his study On the Teaching of History (1793), though it is in part linked to it. The distinction between the history of salvation and world history is abolished in favour of history which is interpreted in religious terms. Schleiermacher uses in the construction of the categories associated with his view of history a series of concepts and similes associated with the sciences naturelles. The historical world thus becomes from a religious perspective a hierophanty. Schleiermacher stands at the beginning of a movement in which Religion and History interpret each other mutually. His Speeches on Religion are a contribution to early historicism and thus deserve the notice of historians.

Fussnoten:

1) Ulrich Muhlack: Geschichtswissenschaft im Humanismus und in der Aufklärung. Die Vorgeschichte des Historismus. München 1991, 415. Zur Orientierung über Historik und Geschichtsdiskurs in den letzten Jahren vgl. Ulrich Muhlacks Forschungsbericht: Geschichte und Theorie der Geschichtswissenschaft. In: Geschichte in Wissenschaft und Unterricht 49, 1998, 119-136; 187-199; 246-259; 360-369. Schleiermachers Beitrag zur Geschichtstheorie ist in die Historiographiegeschichte bislang nicht eingezeichnet. Unter den theologischen Arbeiten zu Schleiermachers Verständnis der Geschichte seien hervorgehoben Hanna Jursch: Schleiermacher als Kirchenhistoriker. Jena 1933; Friedrich Jacob: Geschichte und Welt in Schleiermachers Theologie. Berlin 1966; Wilhelm Gräb: Humanität und Christentumsgeschichte. Eine Untersuchung zum Geschichtsbegriff im Spätwerk Schleiermachers. Göttingen 1980; Joachim Boekels: Schleiermacher als Kirchengeschichtler. Mit Edition der Nachschrift Karl Rudolf Hagenbachs von 1821/22. Berlin/New York 1994 (Schleiermacher-Archiv 13).

2) Ulrich Muhlack: Geschichtswissenschaft im Humanismus und in der Aufklärung. Die Vorgeschichte des Historismus. München 1991, 412.

3) Friedrich Schleiermacher: Pädagogische Schriften, hrsg. von Erich Weniger. Band 2. Düsseldorf/München 1957, 37-44; Friedrich Daniel Ernst Schleiermacher: Jugendschriften 1787-1796, hrsg. von Günter Meckenstock. Berlin/New York 1983, 487-497 (KGA I/1).

4) KGA I/1, 490.

5) August Ludwig Schlözer: Vorstellung seiner Universal-Historie. Göttingen 1772, 33 (ND 1997).

6) KGA I/1, 495.

7) Friedrich Schleiermacher: Kurze Darstellung des theologischen Studiums zum Behuf einleitender Vorlesungen. Zweite überarbeitete Ausgabe. Berlin 1830, 73; Friedrich Schleiermacher: Theologische Enzyklopädie (1831/32). Nachschrift David Friedrich Strauß, hrsg. von Walter Sachs. Berlin/New York 1987, 95 (Erläuterung zu 91) (Schleiermacher-Archiv 4).

8) KGA I/1, 494. Zur weiteren Analyse vgl. Kurt Nowak: Theorie der Geschichte. Schleiermachers Abhandlung "Über den Geschichtsunterricht" von 1793. In: Günter Meckenstock [Hrsg.]: Schleiermacher und die wissenschaftliche Kultur des Christentums. Berlin/New York 1991, 419-439.

9) Friedrich Daniel Ernst Schleiermacher: Schriften aus der Berliner Zeit 1796-1799, hrsg. von Günter Meckenstock. Berlin/New York 1984 (KGA I/2), 25 (Nr. 85).

10) Ebenda, 26 (Nr. 30).

11) [Friedrich Schleiermacher:] Über die Religion. Reden an die Gebildeten unter ihren Verächtern. Berlin. Bei Johann Friedrich Unger. 1799, S. 55, Z. 13 f; Z. 11 (fortan: Reden). Zitiert wird nach der Erstausgabe. - Druck: KGA I/2, 185-326. Die erste englische Übersetzung der Ausgabe von 1799 besorgte Richard Crouter (Friedrich Schleiermacher: On Religion. Speeches to Its Cultured Despisers. Introduction, translation and notes by Richard Crouter. Cambridge University Press: Cambridge 1988 [Texts in German Philosophy].

12) Roger Ayrault: La genèse du Romantisme allemand. 1797-1804. I. Paris 1970, 394.

13) Reden, 55, Z. 16-21; 59, Z. 21.

14) Reden, 60, Z. 20 f.

15) Peter Hanns Reill: Das Problem des Allgemeinen und des Besonderen im geschichtlichen Denken und in den historiographischen Darstellungen des späten 18. Jahrhunderts. In: Karl Acham/Winfried Schulze [Hrsg.]: Teil und Ganzes. München 1990, 141-168; hier 147.

16) Ebenda, 148.

17) Reden, 81, Z. 8; 82, Z. 4.

18) Reden, 78, Z. 8-13.

19) Reden, 84, Z. 21-85, Z. 2.

20) Reden, 92, Z. 1-7.

21) Reden, 91, Z. 27-92, Z. 1.

22) Reden, 91, Z. 19.

23) Reden, 91, Z. 23-26.

24) Reden, 93, Z. 23 f.

25) Reden,94, Z. 4-14.

26) Vgl. den Artikel Geschichte. V. 3. c. ("Von der ,historia universalis’ zur ,Weltgeschichte’"). In: Otto Brunner u. a. [Hrsg.]: Geschichtliche Grundbegriffe. Historisches Lexikon zur politisch-sozialen Sprache in Deutschland. Band 2. Stuttgart 1975, 686.

27) Reden, 96, Z. 1-5.

28) Reden, 97, Z. 1-7.

29) Reden, 97, Z. 13 f; 91, Z. 13.

30) Reden, 91, Z. 21-23.

31) Reden, 99, Z. 21.

32) Reden, 231, Z. 14 ("Feenpallast"); 100, Z. 13 f. ("Wanderung der Geister"); 205, Z. 23 f. ("neue und unendliche Welt").

33) Näheres bei Kurt Nowak: Schleiermacher und die Frühromantik. Eine literaturgeschichtliche Studie zum romantischen Religionsverständnis und Menschenbild am Ende des 18. Jahrhunderts in Deutschland. Weimar und Göttingen 1986, 155 ff.

34) Reden, 37, Z. 9.

35) Reden, 126, Z. 21-130, Z. 25.

36) Reden, 159, Z. 18.

37) Reden,51, Z. 15-17.

38) Auf der Ebene der historischen Argumentation ließ Schleiermacher hier die "Nemesis" erscheinen (Reden, 110, Z. 14 f.; vgl. auch 17, Z. 20). Der Gedankengang war: Entzweiung mit dem Unendlichen führte zur Fehlleitung der Kultur und schlug sich in der geschichtlichen Welt als "Strafgericht" nieder.

39) Reden, 99, Z. 27-100, Z. 13.

40) Reden, 311, Z. 11 f.

41) Eilert Herms: Theologische Geschichtsschreibung. In: Kirchliche Zeitgeschichte (KZG) 10 (1997), 305-330; hier 311 f. Für die stärkere Beachtung der Besonderheiten von Geschichtsforschung und Geschichtstheorie auf der einen, der Geschichtstheologie auf der anderen Seite und damit für das Modell einer methodologisch indirekten Integration plädiert Kurt Nowak: Wie theologisch ist die Kirchengeschichte? Über die Verbindung und die Differenz von Kirchengeschichtsschreibung und Theologie. In: Theologische Literaturzeitung 122, 1997, 3-12.

42) Roger Chartier: L’Histoire Culturelle entre "Linguistic Turn" et Retour au Sujet. In: Wege zu einer neuen Kulturgeschichte. Mit Beiträgen von Rudolf Vierhaus und Roger Chartier. Göttingen 1996, 31-58; hier 31.

43) Ebenda, 58.

44) Muhlack: Geschichte und Theorie (wie Anm. 1), 119.