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Ausgabe:

Januar/1996

Spalte:

3–16

Kategorie:

Kirchengeschichte: Reformationszeit

Autor/Hrsg.:

Gert Haendler

Titel/Untertitel:

Der Rostocker Theologe David Chytraeus († 1600) in neuen Büchern 1994.

Ernst-Rüdiger Kiesow zum 70. Geburtstag

Die nachfolgenden Zeilen sind Ernst-Rüdiger Kiesow gewidmet, der 1965 als Praktischer Theologe nach Rostock berufen wurde; er war 1968-1970 der letzte Dekan der Theologischen Fakultät vor der III. Hochschulreform der DDR, die aus der Theologischen Fakultät eine Sektion Theologie machte. Nach der Wende wurde er 1990 zum Prorektor der Universität gewählt. Damit übernahm nach fast sechs Jahrzehnten wieder ein Theologe Gesamtverantwortung für die Universität: 1930/31 war zuletzt der systematische Theologe Friedrich Brunstäd Rektor der Universität Rostock gewesen; von 1932 bis 1989 war in Rostock keinem Theologen mehr Verantwortung als Rektor oder Prorektor übertragen worden. Daher sei an jenen Theologen der Universität Rostock erinnert, der in besonders eindrucksvoller Weise neben Lehrtätigkeit und literarischer Arbeit auch öffentliche Verantwortung übernommen hatte: David Chytraeus. Er starb im Jahr 1600, nachdem ihm 1597 zum 6. Male das Rektorat der Universität Rostock übertragen worden war. Sein Bild ist in einem Medaillon an der Stirnseite der Aula zu sehen. Bei so mancher Veranstaltung in der Aula konnte man meditieren, was David Chytraeus wohl zu dem Treiben unter seinen Augen gemeint haben würde. Im Jahre 1994 sind vier Bücher in recht verschiedener Weise auf Chytraeus näher eingegangen.

1. Die Rostocker Universitätsgeschichte 1994

Die große Bedeutung des Theologen David Chytraeus wird sichtbar in der Universitätsgeschichte, die zur 575-Jahrfeier der Universität Rostock 1994 geschrieben wurde(1). Der Titel der Festschrift "Mögen viele Lehrmeinungen um die eine Wahrheit streiten" bezieht sich auf den Wahlspruch der Rostocker Universität: "Doctrina multiplex ­ veritas una". Im Vorwort erklärt der Rektor als Herausgeber, daß diese Festschrift von vielen Verfassern geschrieben wurde; sie besteht aus einer allgemeinen Beschreibung der Geschichte der Universität Rostock und einer Schilderung der mehr als 400jährigen Geschichte der Universitätsbibliothek sowie "aus Beiträgen der acht Fakultäten, geschrieben von Fachvertretern und verantwortet von den Dekanen" (6).

Natürlich konnte auf diese Weise keine Einheitlichkeit erreicht werden, aber man kann in dieser Vielfalt auch einen Reiz jenes Buches sehen. Der Rektor und Hrsg. ­ der Mathematiker Gerhard Maeß ­ erinnerte an eine alte Erfahrung: "Unterschiedliche Blickwinkel sind nötig, wenn ein plastisches Bild entstehen soll" (7). Solche Vielfalt betrifft die Darstellung einzelner Einrichtungen der Universität, sie betrifft aber auch einen einzelnen Gelehrten wie David Chytraeus, der von durchaus unterschiedlichen Gesichtspunkten her neu in den Blick gekommen ist.

In dem Überblick über die Geschichte der Universität Rostock wird an den überragenden Einfluß Melanchthons auf die deutschen Universitäten im späteren 16. Jh. erinnert: "Melanchthons Einfluß auf die Umgestaltung der Rostocker Universität erstreckte sich neben der Nutzung seiner umfangreichen Lehrbücher und Schriften für den akademischen Unterricht auch auf dessen Organisation" (14). In Rostock waren mehrere Schüler Melanchthons am Werk: Johann Aurifaber (1517-1568) und Johann Caselius (1533-1613) werden genannt, nach ihnen "der weit bekannte Theologe, Kirchenpolitiker und Historiker David Chytraeus (1531-1600)". Ihm wird nach gerühmt, er habe sich "zwischen 1551 und 1600 besonders um die Neugestaltung der öffentlichen Disputationen und des Vorlesungswesens verdient gemacht. Für ihn bildete die Wissenschaft ein wohlgeformtes Ganzes, an dessen Spitze die Theologie stand, der sich alle anderen Wissenschaften unterzuordnen hatten" (14 f.).

In seiner Zeit und unter seiner Mitwirkung kam es 1563 nach manchen Auseinandersetzungen zu einer "Formula concordiae" über die Finanzierung der Universität: Der Herzog von Mecklenburg und die Stadt Rostock übernahmen die Verpflichtung, jeweils die Hälfte der Professoren zu bezahlen. Neun herzogliche und neun städtische Professor bildeten das Konzil, aus dem der Rektor gewählt wurde. "Diese neue Verfassung wurde zur Grundlage für die Entwicklung der Universität in den nächsten zwei Jahrhunderten" (14). "Die mit der Formula concordiae geschaffenen Bedingungen bildeten den Hintergrund für eine Blütezeit der Universität Rostock, die bis etwa 1650 andauerte" (15).

Interessante Details bietet der Beitrag über die Rostocker Universitätsbibliothek, die auch auf eine 425jährige Geschichte zurückblicken kann (40). Ihr Gründer war Nathan Chytraeus, der "im Jahre 1555 seinem berühmten Bruder David nach Rostock gefolgt" war (40). Nathan Chytraeus legte "im August 1569 als Sommerdekan der Philosophischen Fakultät mit einem Folioband aus seiner eigenen Bibliothek ­ einer griechischen Platon-Ausgabe (Basel 1556) ­ den Grundstock zu einer Büchersammlung, die sich im Laufe der Jahrhunderte zur heutigen Universitätsbibliothek entwickelte" (40). Aber auch David Chytraeus wird namentlich erwähnt, weil er nach dem Tode des Predigers Georg Reiche 1565 dessen Bibliothek für die Universität übernommen hatte. In ihr sind Schätze, z.B. Flugschriften aus der Reformationszeit: "Bisher konnten schon mehr als 700 Drucke identifiziert werden. Etwa 540 theologische Drucke sind hauptsächlich apologetische, polemische und irenische Schriften der Reformationszeit. Darunter befindet sich eine große Anzahl von sehr frühen Lutherschriften, aber auch Schriften der übrigen bedeutenden Reformatoren..." (45). Viele Drucke dieser Büchersammlung "tragen Widmungen der Verfasser und in großer Anzahl Marginalien und Paginierungen in Schwarz und Rot von Reiches Hand sowie auch Marginalien und Überschriften von David Chytraeus" (45).

In der Darstellung der Geschichte der Theologischen Fakultät ist David Chytraeus die erste Persönlichkeit, die größeren Raum einnimmt (72-74). Der Hintergrund wird skizziert: "Im Rahmen der Universität wurde alsbald auch die Theologische Fakultät humanistisch-protestantisch geprägt, so wie es auf vielen anderen Universitäten jener Zeit geschah. Den Höhepunkt erreichte diese Entwicklung mit David Chytraeus (1530-1600)" (72). Mehrfach war Chytraeus auf Reisen, besonders spektakulär verlief seine Fahrt nach Österreich, wo er 1569 den dortigen Protestanten bei der Abfassung einer Kirchenordnung helfen wollte. Von dort aus ist er weiter auf den Balkan gereist. Nach seiner Heimkehr hielt er am 18. Oktober 1569 in Rostock seine berühmte Rede über den Stand der Kirchen in Griechenland, Kleinasien, Afrika, Ungarn und Böhmen. Gottfried Holtz, Praktischer Theologe in Rostock 1948-1965, wird zitiert: "Die Rede des Chytraeus ist das kirchengeschichtliche Dokument der Wiederentdeckung der Ostkirche für das Abendland, jedenfalls für den Protestantimus. Die Buchveröffentlichung mit den beigefügten Dokumenten ist sowohl im Hinblick auf die angewandte Methode wie auf die erzielten Ergebnisse durch die Klarheit und Sicherheit der Erkenntnis wie durch die Weisheit der historischen und dogmatischen Beurteilung zu einer reifen, um nicht zu sagen: klassischen Erstlingsschrift einer Gattung geworden, auf der wie auf einem sicher gelegten Fundament kommende Forscher weiterarbeiten konnten" (73)(2). Weitgespannte Kontakte des Chytraeus zum Patriarchen von Konstantinopel sowie zu Freunden in Tübingen, Livland, Preußen und Skandinavien werden genannt.

Aber ebenso wichtig waren für Chytraeus stets die Aufgaben in Mecklenburg und in Rostock. "Er hat sich mit einzelnen Pastoren in Wismar auseinandergesetzt, die Bedenken gegen die Konkordienformel hatten. Er ist aus dem gleichen Anlaß zu Theologenkonventen 1578 nach Tangermünde und 1579 nach Jüterbog gereist" (73). Hingewiesen wird auf die Mitarbeit des Chytraeus an einer Revision der Mecklenburgischen Kirchenordnung. Der Schlußsatz über Chytraeus lautet: "Die für evangelisch-theologische Fakultäten typische enge Verbindung von humanistischer Bildung und evangelischer Frömmigkeit fand in der Gestalt des David Chytraeus eine besonders klare Ausformung" (74).

Der Beitrag über die Geschichte der Philosophischen Fakultät in Rostock bringt einen Hinweis auf David Chytraeus als Historiker: "Einen deutlichen Markierungspunkt setzte der bedeutende Rostocker Theologe und Reformator David Chytraeus (1530-1600; 1551-1600 in Rostock) auch für die historischen Forschungen, indem er weitere nachgelassene Arbeiten von Krantz herausgab und in seinen eigenen historischen Arbeiten schon das quellenkritische Prinzip antizipierte" (105).

Daneben tritt hier wiederum der jüngere Bruder Nathan im Rahmen der Philologie hervor: "Einen Ausgangspunkt für die Forschung setzt deutlich Nathan Chytraeus (1543-1598; 1564-1594 als Professor für lateinische Sprache und Literatur und als Professor für Poesie in Rostock), ein Bruder des berühmteren David Chytraeus". Auch er schrieb "für eine lange Zeit viel benutzte Lehrbücher im norddeutschen Raum" (106). Im Rahmen erster Ansätze für slawische Studien wird auch "der vielseitige David Chytraeus" genannt, der "mit einem Bericht über eine böhmisch-mährische Reise auch volkskundliche Informationen weitergab" (107).

Ausdrücklich wird auf die wichtige Tatsache verwiesen, daß die Brüder Chytraeus nicht nur an der Universität, sondern auch an der großen Rostocker Stadtschule unterrichteten und zeitweise sogar ihre Rektoren waren (107). David Chytraeus wird noch besonders hervorgehoben: "Exemplarisch für diese Verbindung von fachlichem und pädagogischem Interesse ist die Persönlichkeit David Chytraeus’, der maßgeblich an der Revision der mecklenburgischen Kirchenordnung (die erst 1602 fertiggestellt wurde) mitwirkte und dabei auch eine vollständige Landesschulordnung entwarf" (108). Man hat David Chytraeus "als den größten Pädagogen des ausgehenden Reformationszeitalters" bezeichnet (108).

Schließlich kommt David Chytraeus sogar auch noch im Zusammenhang der Geschichte der Medizinischen Fakultät ehrenvoll vor, da er sich für die Einführung neuer Fakultätsstatuten eingesetzt hatte: "Mit der Berufung des großen Gelehrten David Chytraeus wurde 1568 die strikte Neufassung der Fakultätsstatuten für die Medizinische Fakultät vorgenommen" (172). Dem Rostocker Medizinprofessor Jacob Bording, Leibarzt des Herzogs von Mecklenburg und später des Königs von Dänemark, wird ein Verdienst daran zugeschrieben, daß Chytraeus 1550 nach Rostock berufen wurde. Tatsächlich hatte Bording Beziehungen zu Melanchthon und ist nach Wittenberg gereist; das führt nun zu der These, es sei Bordings "Bemühungen zu danken, daß David Chytraeus für die Universität Rostock gewonnen wurde" (174).

Jedenfalls ist die Tatsache festzustellen, daß drei von den vier Fakultäten, die es im 16. Jh. an der Rostocker Universität gab, in der Rostocker Universitätsgeschichte des Jahres 1994 Wert darauf gelegt haben, den Gelehrten David Chytraeus in der einen oder anderen Weise in ihre Ahnenreihe aufzunehmen: Die Theologische, die Philosophische und die Medizinische Fakultät.

2. Rostocker Theologieprofessoren 1550-1675 (Thomas Kaufmann)

Noch ungedruckt ist die Habilitationsschrift von Thomas Kaufmann über "Die Rostocker Theologieprofessoren im konfessionellen Zeitalter"(3). Es wäre schön gewesen, wenn diese ebenso gründliche wie umfangreiche Arbeit schon für die Universitätsgeschichte von 1994 vorgelegen hätte. Wenigstens einige Ausführungen über Chytraeus seien nachfolgend geboten. Unter den Rostocker Theologen, die bisher "gelegentlich Aufmerksamkeit gefunden" haben, nennt K. als ersten David Chytraeus (23). Es geht um "die prägenden strukturellen Bedingungen der nachreformatorischen Universität Rostock und insbesondere ihrer theologischen Fakultät" (25). Sogleich fällt der Name Chytraeus: "Die Rostocker Theologen und vor allem ihre Hauptperson, David Chytraeus, erscheinen als die maßgeblichen Mitgestalter des gesamten Umstrukturierungsprozesses, die die organisatorischen Grundlagen der universitätsgeschichtlichen Entwicklung Rostocks für die nächsten beiden Jahrhunderte legten. Der Dominanz der Theologie als entscheidender Universitätswissenschaft des konfessionellen Zeitalters entspricht der faktische Primat der Theologieprofessoren bei der Organisation der Universität und ihre in der Gutachtertätigkeit der theologischen Fakultät wahrgenommenen gesamtgesellschaftliche Steuerungsfunktion" (25).

Die "Formula Concordiae" von 1563, die für die Universität Rostock eine gemeinsame finanzielle Fürsorge von Stadt und Herzögen vorsah, "bildete den Rahmen für die weitere Entwicklung der ältesten Universität Nordeuropas im späteren 16. und 17. Jahrhundert. Der erste vom neugebildeten gemeinsamen Konzil aus fürstlichen und städtischen Professoren gewählte Rektor der rechtlich neu konstituierten Universität wurde der Theologieprofessor David Chytraeus" (44). Beim Zusammenwachsen der städtischen und fürstlichen Professoren fiel "dem jungen Magister David Chytraeus... eine in verschiedene Richtung integrierende Rolle zu" (63). Diese Funktion "bildet den Hintergrund seiner epochalen Bedeutung für die Rostocker Universitätsgeschichte" (63).

1598 hatte Chytraeus dem Herzog ein Memorandum übersandt, das K. beeindruckt: "Dieses von Erinnerungen und leidenschaftlichen Appellen durchzogene Memorandum des bettlägerigen Greises, keine zwei Jahre vor seinem Tod verfaßt, trägt Züge eines hochschulpolitischen Vermächtnisses. Noch einmal nahm der Mann, der als maßgebliche Einzelpersönlichkeit der nachreformatorischen Um- und Neugestaltung der Universität Rostock, ja als bedeutendster lutherischer Universitätsorganisator und -didaktiker nach Melanchthon anzusprechen ist, wesentlichen Einfluß auf die Ordnung der Hohen Schule" (51 f.). Chytraeus warnt, daß "vakante Theologieprofessuren in die Verfügung anderer Fakultäten gerieten" (52). Man solle einen "vorrath an wolgelarten, verstendigen und wolbekantten Theologen" haben (52). Er schlägt "Strafgelder" für ausgefallene Vorlesungsstunden vor. "Daß sich Chytraeus mit Vorschlägen dieser Art Feinde unter seinen Kollegen gemacht hat, deutet er selbst an" (53).

Den Plan für Professoren, die in Hofdiensten stünden, Substituten einzusetzen, lehnte Chytraeus ab unter Hinweis auf das Vikariatswesen "im Babstumb" (53). Mit solchen Ratschlägen hat Chytraeus nicht nur für die Theologische Fakultät, sondern auch aus einer "gesamtuniversitären Verantwortung" heraus gehandelt. "Das Memorandum des Greises weist stark integrative Züge auf und ist an einem Interessenausgleich der politischen Kräfte ebenso interessiert wie an der Ausgewogenheit zwischen den einzelnen Fakultäten" (55 f.). Der Herzog machte sich "die Forderungen seines alten Professors primarius zu eigen... Das besondere Anliegen des Chytraeus, auf die Durchführung der Lehrveranstaltungen besondere Aufmerksamkeit zu verwenden, hat sich in dem rechtskräftigen Visitationsabschied niedergeschlagen" (56).

Chytraeus und seine Kollegen in Rostock waren eine "homogene Gruppe": "Sie bilden die auf die reformatorische Universitätszentrale Wittenberg bleibend bezogene, vorrangig von Melanchthon akademisch gründlich ausgebildete Rekrutierungselite der höheren lutherischen Geistlichkeit und nachreformatorischen Professorenschaft" (61). Chytraeus war jedoch in einer Hinsicht eine Ausnahme: Er war in Rostock "der erste fürstliche Theologieprofessor..., für den kein geistliches Amt vorgesehen war" (64). Seine Heirat mit der Tochter eines Rostocker Ratsherrn bedeutete jedoch "die soziale Einbindung in die gehobene Bürgerwelt der Hansestadt" und damit, die "Überwindung der Distanz des fürstlichen Professors zu den Entscheidungen, Meinungen und Mentalitäten des städtischen Rates". So kommt K. zu dem Ergebnis: "Von den späten 1550er Jahren an kann mithin D. Chytraeus als die maßgebliche, einflußreichste Getalt der gesamten Universität angesehen werden" (65).

Die Umformungskrise der Universität betraf auch die Lehrinhalte. Hauptziel war die Ausbildung tüchtiger Prediger, "die ganze Universität wird von ihrer Bindung an und ihrer Zuständigkeit für die ’christliche lere’ her definiert" (70). Das scheint dem Mittelalter nahe zu sein, aber K. zeigt die Umformung: "Aus der aus Sonderrechte beanspruchenden Klerikern rekrutierten geistlichen Korporation vor der Reformation wurde im Zug der Reformation eine Institution, die ein gesamtgesellschaftliches, religiös fundiertes Wertesystem integrierte, repräsentierte und reproduzierte, mithin durch ihre gesellschaftliche Leitfunktion definiert war. Nicht mehr die Bedeutung der in der Universität traktierten Inhalte als solche oder ihre Funktion für die Kirche, sondern die gesellschaftliche Integrationsfunktion dieser Inhalte... begründeten demnach die Rolle der Universität im konfessionellen Territorialstaat" (70). Dazu kommt die Bedeutung der Lehrbücher: "Ein weiterer, spezifischer Beitrag, den Chytraeus zur Bewältigung der nachreformatorischen Umformungskrise der Universität... leistete, bestand darin, daß er zumal in den 1550er Jahren einige Lehrbücher zu elementar wichtigen Themen verfaßte, in denen die neuen Inhalte didaktisch erschlossen wurden" (72).

Am wichtigsten war die ’Catechesis’, "die verbreitetste lateinisch verfaßte katechetische Schrift des Luthertums in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts" (72). Im Vorwort erinnerte Chytraeus daran, daß er einst in Wittenberg Melanchthons Loci theologici gehört habe; in dieser Weise wollte er in Rostock die "elementa verae de Deo doctrinae" vortragen "als Einführung in das Verständnis der Bibel" (73). Er hielt sich an seinen Lehrer Melanchthon, aber K. stellt fest: "Faktisch schuf Chytraeus freilich ­ wie die stupende Erfolgsgeschichte des Büchleins zeigt ­ ein für den akademischen Elementar- und den Gymnasialunterricht im Luthertum maßgebliches Werk, das die neue Lehre einprägen und zugleich die Universität als Ort der gesamtgesellschaftlich relevanten Vermittlungsarbeit der ’christlichen Lehre’ etablieren half" (74). Das erste Jahrzehnt des Chytraeus in Rostock war "außergewöhnlich fruchtbar". Er schrieb "grundlegende, für das nachreformatorische Universitätsstudium zentrale, weit über Rostock und Mecklenburg hinaus wirkende... und zur konzeptionellen Konsolidierung des sich entwickelnden lutherischen Universitätswesens nach dem Tode Melanchthons beitragende Lehrbücher" (75). Gerade an der "gefährdeten Universität Rostock entstand mithin ein für das gesamte lutherische Universitätswesen bedeutsames Schrifttum" (75).

Bei den Statuten der theologischen Fakultät findet K. bei aller Anlehnung an das Wittenberger Vorbild doch eine wesentliche zusätzliche Festlegung: Den Konsens in der Fakultät!

"Die starke Beetonung eines notwendigen Konsenses macht nicht nur ein an Mt 18 orientiertes Verfahren zur Korrektur falscher Aussagen erforderlich, sondern verpflichtet dazu, daß jedes neue Mitglied der Fakultät mit der Zustimmung des gesamten theologischen Kollegiums zu berufen sei". Jeder neu berufene Kollege mußte sich "vor der Fakultät eidlich verpflichten, die Eintracht und den Lehrkonsens mit dem Kollegium zu halten" (82). Die Bekenntnisgundlage ging über das Wittenberger Modell hinaus: Man bestand nicht nur auf der confessio Augustana, sondern auch auf den Schmalkaldischen Artikeln und Büchern "des göttlichen Luther", "den Gott zur Erneuerung der ganzen himmlischen Lehre erweckt hat". Damit wird die "spezifische Lehrbindung pointiert an Luther und Melanchthon festgehalten" (82).

Wichtig sind briefliche Kontakte; auch hier ist die führende Rolle des Chytraeus klar: "Obschon Chytraeus als Gelehrtentyp im Lichte der Weite seiner Korrespondenz und seiner Interessen grundsätzlich repräsentativ für den lutherisch-konfessionellen Theologieprofessor, zumal des späteren 16. Jh.s, ist, so stellt dennoch die tatsächliche Fülle seiner Korrespondenz, ihre geographische Erstreckung und ihre Ausstrahlung eine Besonderheit dar". "In Amsterdam, Wien und London, Thessalonici und Riga saßen Korrespondenzpartner des Chytraeus. Wie ein Netz spannten sich seine kommunikativen Kontakte über ganz Europa hinweg, Landes- ebenso wie Konfessionsgrenzen überwindend" (106).

K. unternimmt den anregenden "Versuch einer Kollektivbiographie der Rostocker Theologieprofessoren" (115-162). Immer wieder wird David Chytraeus genannt. "Zumal die Theologieprofessoren der ersten Generation waren durch intensive freundschaftliche Beziehungen untereinander mannigfach verbunden", mitunter durch gemeinsame Studien in Wittenberg. In diesem Beziehungsgeflecht stand "als zentrale Verbindungsperson mit freundschaftlichen Kontakten zu allen Genannten Chytraeus" (136). "Zumeist bildete die Rostocker Theologieprofessur den Höhe- und Schlußpunkt der beruflichen Karriere. Im 16. Jahrhundert sterben alle Rostocker Theologieprofessoren in ihrem Amt" (137). Gerade David Chytraeus hatte viele Angebote erhalten: "Nach Heidelberg, Frankfurt/O., Helmstedt, Straßburg, Königsberg, Wittenberg und zum Reformator des Erzbistums Magdeburg, nach Schweden, als Superintendent nach Stralsund oder Österreich wurde er berufen" (138, Anm. 106).

Natürlich geht K. auch auf Nathan Chytraeus ein: Der jüngere Bruder von David Chytraeus ging 1593 nach Bremen, weil seine lutherische Rechtgläubigkeit in Rostock bezweifelt wurde. Viele Kollegen hätten Nathan Chytraeus gerne in Rostock behalten, aber seine öffentlichen Erklärungen ließen keine andere Lösung zu. Hier zeigten sich auch Unterschiede zwischen den Professoren: Die städtischenn Professoren traten Nathan Chytraeus gegenüber "als resolute Verfechter eines konfessionell distinkten Standpunktes auf... deutlicher als ihre fürstlichen Kollegen" (190).

Untersucht werden die Anweisungen zum Theologiestudium, die David Chytraeus als erster verfaßt hat; er war "jedenfalls hinsichtlich der Nachdrucke der erfolgreichste Autor einer solchen Studienanweisung im Zeichen des konfessionellen Luthertums überhaupt" (241). Wieder ist ein Rückbezug auf Wittenberg erkennbar: "Dabei kommt Chytraeus’ Schülerverhältnis zu Luther und Melanchthon darin zum Ausdruck, daß von Luther her der praktisch-existenzielle Theologiebegriff, von Melanchthon her der auf methodische Ordnung und didaktische Vermittelbarkeit abzielende Lehrcharakter der ’doctrina’ in seine Anweisungen eingegangen sind".

In seinen Studienanweisungen erweist sich Chytraeus "als der bedeutendste lutherische Universitätsdidaktiker und Wissenschaftsorganisator in der Generation nach Melanchthon" (242). Auch für die Überschrift "Das Bild des Theologen und des Theologiestudiums im Lichte der Rostocker Anweisungsliteratur" ist Chytraeus der wichtigste Zeuge. Die Analyse grundsätzlicher Vorlesungen von 1551 und 1558 führt zu dem Ergebnis, daß Chytraeus "gerade in der Phase des heftigen Ringens um Luthers und Melanchthons Erbe die Anregungen beider auch persönlichen Wittenberger Lehrer... in einer fruchtbaren Synthese zu verbinden sucht. Gerade die Verbindung des Lutherischen Theologieverständnisses, das sich in seinem innersten Kern aller Lern- und Lehrbarkeit entzieht, mit dem planmäßigen, auf Lehre und Ermittlung ausgerichteten Studienkonzept Melanchthons macht den komplexen und originellen Charakter der Studienanweisung des Chytraeus aus" (270).

3. Chyträus und die Confessio Augustana (Rudolf Keller)

Einen scheinbar nur engen Aspekt erfaßt die Leipziger Habilitationsarbeit von Rudolf Keller: "Die Confessio Augustana im theologischen Wirken des Rostocker Professors David Chyträus (1530-1600)"(4). Er begründet seine Themenwahl: "Wir greifen in unserer Studie den Sektor aus Chyträus’ Wirken auf, der für sein Selbstverständnis als Schüler von Luther und Melanchthon besondere Aufschlüsse zu geben vermag" (12). Keller umreißt seine (durchaus zutreffende) Voraussetzung: Die zentrale Bedeutung der Confessio Augustana (CA) speziell für Chyträus bringt "es mit sich, daß wir ins Zentrum seiner Theologie kommen, wenn wir die Prinzipien dieses Historiographen aufzuzeigen versuchen. Auch die theologischen und kirchenpolitischen Entscheidungen des Mannes, der in der heutigen Kirchengeschichtsschreibung zu Unrecht am Rande steht, sind in wichtigen Fragen durch seine Bindung an die Confessio Augustana geprägt. Von hier aus haben wir einen Schlüssel zum Verständnis seines gesamten Wirkens" (13). Chyträus wollte zunächst Sammler der überlieferten Akten sein; aber er wollte mehr sein als ein Archivar: "Chyträus ging als Theologee seiner Zeit und in ganz bestimmten historischen Herausforderungen an die Arbeit einer Geschichtsdarstellung, die weitgehend aus den Dokumenten selbst und einer sachgemäßen Verbindung und Zuordnung bestand" (15). Das ganze Leben des Chyträus war auch geprägt durch Bemühungen um ein rechtes Verständnis der CA. Er hat "mitgewirkt an den Bemühungen lutherischer Fürsten und Theologen, eine Einheit unter den Anhängern der Confessio Augustana wiederzugewinnen. Wir werden diese Wirksamkeit des Rostockers bis zum Abschluß der Konkordienformel durchleuten. Hier hat seine Arbeit einen unverwechselbaren Sitz im Leben und von daher erkennbare Prägungen" (16).

Nach eigenen Angaben hat Chyträus "etwa seit 1570 an der Materialsammlung gearbeitet" (20). In einer Vorrede nennt er es als sein Ziel darzustellen, "wie die Konfession ihren Anfang genommen habe, verfaßt worden und übergeben worden sei. Auch die nach der Übergabe folgenden Verhandlungen auf dem Reichstag sollen zur Sprache kommen". Er hat "als Quellen glaubwürdige und meistenteils vorher in öffentlichen Drucken vorliegende Akten und Schriften von solchen Personen verwendet, welche dem Geschehen selbst beigewohnt haben" (21). Pastoren und Superintendenten haben ihn zur Drucklegung ermahnt: Seine Sammlung solle "nicht allein zu noetigem Bericht von vielen hochwichtigen Sachen sondern auch zu Trost und sterckung des Glaubens in gefahr und verfolgung wegen bekentnis deß evangelij und zum zeugnis Goettlicher gegenwertigkeit und wunderbarliches schutzes und erhaltung der kirchen, so sich zur Augspurgischen Confession bekennen, nuetzlich dienen" (22). Chyträus erstrebte also nicht nur eine vollständige Darstellung, er hatte auch ein seelsorgerliches Ziel, so daß er "sein Interesse auch auf Trost und Glaubensstärkung richtete" (23). Grundlage für Kellers Untersuchung ist die Frankfurter Ausgabe von 1580, "sozusagen die Ausgabe letzter Hand" (31).

Das längste Kapitel 3 "Der deutsche Text der Historia" (33-80) nennt die einzelnen Quellenstücke. Betont wird die Rolle Luthers: Er riet 1529/30 von einem militärischen Widerstand ab und hat in der spannungsvollen Zeit vor dem Reichstag das Lied "Ein feste Burg ist unser Gott" gedichtet, das vor einem Vertrauen auf eigene Kraft warnen wollte. Sein Brief an Johann von Sachsen sprach sich dagegen aus, ein Bündnis gegen den Kaiser abzuschließen. "Es folgt unmittelbar ein zweites Gutachten Luthers vom 6. März 1530, in welchem vom Widerstand abgeraten wird" (34 f.).

Luthers Position wird noch verdeutlicht durch Rückgriff auf einen Brief, der schon acht Jahre zurücklag: Seinem Kurfürsten Friedrich dem Weisen hatte er am 5. März 1522 seine Rückkehr von der Wartburg angekündigt "in gar viel einem hoehern schutz denn deß Churfuersten..." (35). Der weitere Einfluß Luthers auf die Ereignisse in Augsburg wird belegt. Chyträus folgt offenbar dem 9. Band der Wittenberger Ausgabe von Luthers Werken (41, Anm. 53). Luther war froh über den Ausgang des Augsburger Reichtstags, Chyträus zitiert aus einer Tischrede: "Da sind viel fuertrefflicher Leut an den Koeniglichen und Fuerstlichen Hoefen gewest, die fingen die Lehr gleich wie ein Zunder und zuendeten es darnach allenthalben an. Also ist unser Confessio und Apologia mit grossen ehren ausgegangen" (48).

Chyträus unterstrich auch die Rolle des Kurfürsten Johann von Sachsen: Dieser blieb beim Bekenntnis der reinen Lehre "mit sonderlicher hochloeblicher und zu allen zeiten ruhmwirdiger Bestendigkeit" (50). Chyträus schildert "den Mut des Kurfürsten mit allen Konsequenzen" (51). Luthers Briefe von der Coburg werden gebracht, auch die Bedenken Luthers. Chyträus hat "Luthers Kritik an Melanchthon etwas zurückzunehmen versucht" (52). Ein umfangreicher Dokumententeil endet mit einem Brief von Justus Jonas vom 20. September 1530: "Es ist eine eindringliche Zusammenfassung von Luthers Anliegen, daß er von den bekannten Positionen nicht weichen könne. Chyträus hat damit seinen Bericht von den Verhandlungen der Theologen abgeschlossen..." (68). Die folgenden Verhandlungen und Ereignisse werden kürzer dargestellt bis zum Augsburger Religionsfrieden 1555. "Damit war endlich eine Rechtsgrundlage geschaffen. Chyträus konnte den Lauf der Geschichte so knapp streifen und überfliegen, weil er in seiner Aktendokumentation dieses Ziel ansteuerte. Das Bekenntnis von Augsburg hat diese wichtige Station in seiner Geschichte eben erst im Jahre 1555 erreicht. Die sonstigen Religionsgespräche der Zeit übergeht der Chronist" (76). Ein Nachtrag bringt die "Handlung von Einigkeit mit den Zwinglischen". Die Wittenberger Konkordie von 1536 hätte einen "christlichen Weg zu Frieden und Einigkeit weisen" können (79).

Der latenische Text (Kap. 4) wendet sich "an einen anderen Leserkreis" (81). Chyträus hat es 1578 begrüßt, daß der Frankfurter Pfarrer Matthias Ritter die lateinische Fassung mit einem Vorwort versah. Ritter stellte ­ wie Chyträus ­ das Augsburger Bekenntnis in eine Linie mit den Bekenntnissen der Alten Kirche. Luther und Melanchthon stehen völlig in Übereinstimmung: "Zur Zeit der Confessio sei keinerlei Meinungsverschiedenheit in irgendeinem Teil der Lehre und nicht der geringste Argwohn gewesen" (84).

Die lateinische Ausgabe ist nötig "um der Ausländer und derjenigen willen, welche der deutschen Sprache unkundig seien" (84). 1579 schreibt Chyträus dem Schwedenkönig Johann III., er wolle ihm den lateinischen Text seines Werkes widmen. Einem Sekretär des Schwedenkönigs, Ericus Matthäus, schreibt er, er wolle eine zweite Auflage erscheinen lassen mit einer neuen Widmung an seinen König. Die neue Vorrede rühmt Johanns Vater, den Schwedenkönig Gustav Wasa, "der die evangelische Lehre angenommen habe und Sorge getragen habe, diese Lehre an die Nachkommen weiterzugeben". Gustav Wasa habe festgestellt, "daß die Lehre vom ewigen Heil, deren wichtigste Artikel, die kurze und kraftvolle Summa, aus den klarsten Quellen des göttlichen Wortes fromm und gelehrt in der Confessio zusammengefaßt seien, die zu Augsburg im Jahr 1530 Kaiser Karl V. vorgelegt wurde. Alle Frommen wünschten von Herzen und würden sich freuen, wenn Johann III. in diesem christlichen Bekenntnis seines löblichen und besten königlichen Vaters und in einer diesem ähnlichen Gottesverehrung beharre" (88).

Damals gab es in Schweden beträchtliche gegenreformatorische Bestrebungen, Johann III. war mit einer katholischen Polin verheiratet, sein Sohn Sigismund war katholisch. "Chyträus traf also mit seinem Vorwort tatsächlich in einen Kampf der schwedischen Kirche, der in jenen Jahren geführt wurde... Die Dedikation wollte also eine bewußte Stützung des in Gefahr geratenen schwedischen Luthertums sein" (91). Diese Verbindung nach Schweden steht in einem größeren Kontext, "denn Rostock war eine Universität, wo viele Studenten aus Skandinavien studierten, was wohl auch wesentlich durch die Bedeutung begründet war, die sich mit dem Namen des Chyträus für die Universität verband. Die unverwechselbare Widmung an den König war nicht so sehr auf gute Beziehungen zu ihm allein gegründet, sondern vielmehr auf eine sehr bestimmte theologische und kirchenpolitische Absicht. Zu dieser Absicht mögen den Autor gerade Kontakte mit schwedischen Studenten und daraus folgende Informationen angeleitet haben" (114). Deutlich ist das Ziel: Die lateinische Fassung sollte in ganz Europa wirken. "Den wesentlichen Sitz im Leben der schwedischen Kirche konnten wir durch das Vorwort an König Johann III. festmachen.

Die Wirkung nach Westeuropa ist durch die französische Übersetzung und Publikation in Antwerpen greifbar. Es ist wohl nicht zu viel gesagt, wenn wir festhalten, daß die lateinische Fassung in solchen Herausforderungen vor allem als Hilfe für die Auseinandersetzung mit dem erstarkenden Katholizismus und der Gegenreformation dienen sollte" (160). Keller unterstreicht noch dieses Ergebnis: "Wir können zwar nicht die einzelnen Beweggründe der schwedischen Kirche für die Festlegung des Bekenntnisstandes auf der Synode von Uppsala 1593 nachzeichnen. Es darf aber nicht übersehen werden, daß die Darstellung der CA als ein Symbolum im Sinne der altkirchlichen Bekenntnisse, wie sie Ritter in seinem Vorwort auf den Punkt gebracht hatte, hier eine geschichtsmächtige Gestalt gewonnen hat. Die schwedische Kirche unterschrieb ihren Bekenntnisstand mit den drei altkirchlichen Symbolen und der Confessio Augustana" (111).

Ein weiteres Ziel für Chyträus war die Schilderung einer weitgehenden Übereinstimmung zwischen Luther und Melanchthon. "Es fällt auf, daß in der deutschen Fassung das Verhältnis beider Lehrer harmonisiert wird, ja daß die Meinungsverschiedenheiten verdrängt werden" (111). In der letzten deutschen Ausgabe von 1580 bietet Chyträus "ein theologisch bewußt geprägtes Melanchthonbild" (112). Sein Ziel, Spannungen zwischen Luther und Melanchton möglichst herunterzuspielen, stehen natürlich auch im Zusammenhang mit der Konkordienformel von 1577, an deren Zustandekommen er mit beteiligt war. Die Auseinandersetzung mit Christof Hardesheim, einem Kritiker der Konkordienformel, wird detailliert nachgezeichnet (119-130). Das Kapitel "Chyträus als Vertreter und Berater seiner Landesherren" betrifft die Jahre 1558-1566; Chyträus war offen für Gespräche, hielt sich aber stets auf einer festen Linie: "Die Furcht vor falschen Kompromissen war offensichtlich so groß, daß die fehlende Einheit der lutherischen Territorialkirchen ertragen werden konnte" (157). Kapitel 8 beleuchtet die Rolle des Chyträus bei der Erarbeitung der Konkordienformel 1577. Die Rostocker Fakultät hat unterschrieben, Chyträus hat sich für die Formel eingesetzt. Aber man forderte in Rostock "eine umfassende Synode, auf der nicht nur die Vertreter deutscher Kirchen, sondern auch der benachbarten Kirchen, vor allem Dänemarks, mitberaten sollten" (172). Noch 1582 gaben die Rostocker ein ausführliches Gutachten. "Dieser Diskurs ist zum Teil sehr kritisch, aber die eingangs geäußerte Sympathie darf doch nie überhört werden" (179). Das Gutachten kann "auch als ein eindrucksvolles Zeugnis dafür gelten, wie in Mecklenburg die Kritik am Detail die Zustimmung zum Gesamtphänomen der Konkordienbemühungen nicht infrage gestellt hat" (180).

Abschließend formuliert Keller über das Werk des Chyträus: "Wir haben in der Historia der Augsburgischen Konfession und in allen Eigenarten ihres lateinischen und deutschen Textes mit den verschiedenen Auflagen den groß angelegten Beweisgang des historisch arbeitenden Theologen gesehen... In seinen persönlichen Studien über die Geschichte des Symbols liegen die Gründe für seine Eigenständigkeit bei der Beurteilung von Streitfragen im Bemühen um Einheit unter den Kirchen Augsburgischen Bekenntnisses" (190). Das betrifft "einen theologiegeschichtlich zentralen Punkt zur Beschreibung seines ganzen Selbstverständnisses" (192).

4. Eine Quellenedition (Sabine Pettke)

Die drei besprochenen Bücher aus dem Jahre 1994 zitieren viele Quellen. Dadurch wird freilich auch deutlich, wie schlecht es mit gedruckten Quelleneditionen aus jener Zeit bestellt ist. In der Universitätsgeschichte kann nur zusammengefaßt berichtet werden; es ist daher vertretbar, daß die vielfältigen Äußerungen über David Chytraeus ohne Quellenhinweise gegeben werden. Die Arbeit von Thomas Kaufmann bietet viele Quellen. Lange Zitate in den Anmerkungen lassen mitunter den eigentlichen Text der Arbeit zurücktreten. Unter den Anhängen bietet er "Die Statuten der Theologischen Fakultät Rostock von 1564 nebst späteren Zustäzen" (706-710). Die Untersuchung von Rudolf Keller weckt gerade bei einem gründlichen Leser den Wunsch, die vielen Zitate an einer modernen Quellenausgabe im Zusammenhang überprüfen zu können. Aber die acht Ausgaben der deutschen "Historia der Augsburgischen Konfession" stammen aus den Jahren 1576-1600; drei lateinische Ausgaben erschienen zwischen 1579 und 1587, die französische Übersetzung 1582.

Auf dem Wege zu guten Quelleneditionen bringt Sabine Pettke, Lehrbeauftragte für Kirchengeschichte Mecklenburgs an der Theologischen Fakultät Rostock, uns ein wichtiges Stück voran(5). Sie berichtet im Vorwort, sie habe in Rostock 27 Foliobände gefunden, die im 18. Jh. angelegt und gebunden worden waren, dann aber bis 1991 als verschollen galten. Der achte Band der Akten des Geistlichen Ministeriums Rostock enthält "Glaubens Bekänntniße verschiedener Männer", darunter auf 320 Folio- und Quartseiten 23 Aktenstücke, welche die konfessionellen Auseinandersetzungen um Nathan Chytraeus zwischen 1590 und 1593 in Rostock betreffen. Die Hg.n berichtet über die Vorgeschichte zu dieser Arbeit: 1991 feierte man in Bremen das 20jährige Universitätsjubiläum und sah auch auf das alte "Gymnasium illustre" zurück, "zu dessen Rektor im Jahre 1593 der nach dramatischen Ereignissen in Rostock entlassene Professor Nathan Chytraeus berufen wurde" (1). So gab es in Bremen 1991 eine Ausstellung "Nathan Chytraeus 1543-1598. Ein Humanist in Rostock und Bremen"(6). Damals mußte man noch bedauernd feststellen, "daß eine vermutlich umfangreiche Quellengruppe nicht zugänglich sei" (IX). 1993 folgte die Ausstellung "David und Nathan Chytraeus. Humanismus im konfessionellen Zeitalter"(7). Das geschah in Menzingen in der Pfalz, "an dem Ort, wo der Vater der Brüder ab 1531 evangelischer Pfarrer gewesen war..." (4). Dieser Band enthält einen beachtlichen Quellenteil, der die Forschung auf neue festere Fundamente stellt: Lupold von Lehsten, Zur Genaologie der Familie des David Chytraeus (147-152; Sabine Pettke, Das Testament des David Chytraeus: Ein überraschender Fund (153-164); Sabine Pettke, Die Entlassung des Nathan Chytraeus aus Rostock (165-170); Thomas Fuchs, Das Entlassungsgesuch des Nathan Chytraeus an den Bürgermeister und den Rat der Stadt Rostock (171-174); Nathan Chytraeus, Ein Pestgedicht aus dem Jahre 1577 (175-178).

Nachfolgend sei nur der speziellen Frage nachgegangen, welche Rolle David Chytraeus in dem neu vorgelegten Quellenband über Nathan Chytraeus für seinen jüngeren Bruder gespielt hat: Die Textzitate sollen auf diese Weise auch den Wert des neu erarbeiteten Buches demonstrieren.

Vom 13. Dezember 1590 ist Text 9 datiert "Chythraei Schreiben, darin er sich entschuldiget und fernere Colloquia verbittet..." (29). Nathan Chytraeus bestreitet, Studenten zur Lektüre von Calvinschriften aufgefordert zu haben. Er verehre die eigenen Kirchen, wolle aber fremde Kirchen nicht verachten, so wie es David Chytraeus in einer seiner Schriften als vernünftig erwiesen habe: "Quamvis verum sit, me nostras Ecclesias ita colere et magnifacere, ut interim exteras ecclesias nec contemnam nec condemnem. Quod qui faciunt, eo ipso sana se mente non esse praeditos testantur: teste D. Davide, in praefatione libri de Vita et Morte" (30).

Vom 9. Juli 1591 stammt der Text 10 "Chytraei Schreiben an H. Superintendent Simon Pauli, darin er sich seiner Confession halben erklähret und über die Abweisung vom heil. Abendmahl beschweret" (33). Nathan Chytraeus äußert schriftlich, er wolle nicht für einen "abtrünnigen Mamelucken" gehalten werden. Er will aber auch mit weiteren Disputationen nicht mehr belästigt werden, zumal nicht mit Lucas Bacmeister; auch der Vicerektor, sein Bruder David, habe ihn und alle Beteiligten zur Ruhe ermahnt: "Wie ich dann auch weder mitt D. Luca oder anderen hinfuro viel zu disputiren begehr, sonderlich dieweil mich auch Magister Dn. Vicerector D. David mein bruder ad quietem adhortirt, und zusaget, das er auch die ienigen, die sich zu mir genötiget, gleichfalls zu ruhe und Einigkeit, wo es nötig, vermanen wolle..." (35).

Vom 28. September 1591 datiert ist Text 11 "Chytraei Schreiben an L. Bacmeister, darin er sich wegen Gewißens-Zwang beklaget" (37). Nathan Chytraeus beruft sich auf seinen Bruder David, der als Prorector beide Seiten zur Ruhe gemahnt habe; leider habe seine Frau nun ganz andere Äußerungen der Gegenseite gehört. Er habe schon vorher seinem Bruder ein umfassendes Glaubensbekenntnis geschickt, das dieser angenommen habe: "Praeterea magnificus Prorector frater meus honorandus iam pridem re hac cognita diserte et amice ad quietem me hortatus est, ad quam etiam se vos, si opus sit, adhortaturum esse dixit. Fecisse puto. Nec persuaderi possum ut credam, eum vel apud te, vel alios, duriusculis illis verbis, quae uxor mea ex tuo ore mihi refert, (de me) usum esse. Id quod ex ipso quaerere non vereor. Misi ego, iampridem ante hoc certamen fratri meo Carmen illud meum anniversarium, quo summam Religionis Christianae, ex confessionis meae de omnibus fidei articulis complector: in quo ille nihil umquam apud me improbavit" (39).

Undatiert ist Text 16 "Chytraei bericht, was ihn bewogen, seine confessionem zu edieren" (63). In diesem Dokument vom Januar oder Februar 1593 verweist Nathan Chytraeus auf den Mediziner Heinrich Brucaeus (1530-1593), der katholisch war, aber dennoch vom Herzog Johann Albrecht als Professor der Medizin und Astronomie 1567 nach Rostock berufen worden war: "Da sie doch mittlerweil D. Brucaeo (der sich vormals allezeit ohne scheu zum leidigen Bapsthumb bekennet) das abendmahl verreicht haben. Welcher D. Brucaeus doch außdrucklich zuvorn protestiert hatt, das ehr mitt Ihrer ubiquitet nicht zu thuen haben, auch diselbe mitt dem gebrauch des Abendmahls mitt nichten wollte bestetiget haben. Oder wo es die meinung hette, so solte man ihn unvorworren laßen" (66).

Als Text 24 erscheint das Schreiben des Herzogs Ulrich vom 29. Juli 1593, in dem er Nathan Chytraeus entläßt, nachdem dieser in Bremen angestellt worden war (95 f.). Der Ärger des Fürsten wird deutlich, zugleich scheint auch ein Stück Bedauern mit hinein zu schwingen, diesen tüchtigen Mann zu verlieren. Wieder wird auch auf den Bruder David verwiesen: "Unß ist eur schreiben, darin Ihr Unß euren abzugk aus unser Universitet Rostogk, und die ursachen desselben underthenig zu erkennen gebet, woll zue handen kommen, deßen einhaltt wir zwar nach notturfft, aber nicht ohn befremden vermercket. Denn ob woll nicht ohne, daß uns auch vor diesem weitleufftig furkommen, alß soltet ihr dem Calvinismo anhengig sein, so haben wir es unß doch nicht leicht uberreden lassen wollen, Sondern allewege das vertrauen zue euch gehabt, Ihr werdet mitt der Lehre, so eur eigner geliebter bruder D. David Chytraeus, so woll als auch eur gewesener Schwager D. Simon Pauli seliger, und andere Theologi Jn unser Universitet daselbst, auch In Kirchen und Schulen unser Fustentumb und Lande bißdahero vor lauter und rein gehalten unnd vertedigt gehabt, auch noch halten und vertedigen, einig gewesen sein, und euch zu einer andern Religion und meinung nicht gewandt haben. Alß sichs nun aber Jm Werck anderß befindet, In deme Jhr euch gestrackes auß unser Universitet an den ortt begebet, do der Calvinismus offentlich Jm schwange gehet, So seind wir nicht allein gar woll zufrieden, daß Ihr euch, nur Je ehe Je lieber, von dannen wegk machet.." (95).

Nachdem Nathan Chytraeus 1593 nach Bremen übergesiedelt war, verfaßten die Rostocker Prediger ein längeres Schriftstück, das hier als Text 31 erscheint (mit Handschriftenprobe, 118): "Christliche und notwendige Verantwortung der prediger zu rostock auff M. Nathanis Chytraei Gedruckte Glaubens bekentnis" (117). Man bedauert den Schritt des Nathan Chytraeus, man erinnert "mit Seufzen" an den "lieben Kollegen an der Universität", an den Freund und Glaubensgenossen. Details werden ausgebreitet, zumal zur Lehre und Abendmahl. In diesem Zusammenhang wird wieder auch David Chytraeus genannt: Dieser habe sich an die alten Kirchenlehrer gehalten, "wie derer vielfeltige Zeugnis auß jhren Büchern von andern Christlichen lehrern und auch von unserm lieben herrn Praeceptore und Collega D. Davide Chytraeo zusammen gezogen und hie zu lang sein würde, dieselben zu erzelen" (132).

Der eindrucksvollste Bericht steht zweimal in diesem Bande: "Chytraei geschriebenes Bekäntnis vom Abendmahl" (19) und "Christliche und richtige Bekendnuß Nathanis Chytraei" (51). Hier läßt Nathan Chytraeus das nahe Vertrauensverhältnis zwischen den Brüdern erkennbar werden: Nathan Chytraeus erinnert daran, wie er am Beginn seiner Tätigkeit in Rostock knieend in der Stube seines älteren Bruders mit dem Kleinen Katechismus Luthers seinen Glauben bekannt hat: "Und bekenne mich also hiermit für einen Bürger und Hausgenossen der heiligen allgemeinen Christlichen Kirchen, welche weder an Schweiz noch Schwaben, weder an Deutschland noch Franckreich, weder an D. Luther, Brentium, Zwinglium oder Calvinum gebunden, sondern durch die gantze weite Welt zerstreuet ist. Was nun auch die Ecclesias particulares angehet Glaub und halt ich das mit vorgemelten Büchern Göttliches Worts übereinstimmen der kleine Catechismus Lutheri wie ich denselben Anno 53. und 54. in der Kirchen und Schul zu Straßburg aus befehl meines lieben Gottseligen Vaters nebenst der puerili Institutione doctrinae Christianae gelernet und hernach in meiner Deposition, Anno 55 alhie zu Rostock in meines Brudern Doctoris Davidis dazumahl behausung, darin itzund Claus Paselicken Witwe wohnet, in gegenwart M. Andreae Martini, magnifici tum rectoris, D. Draconitae, D. Jacobi Bordingi, dess Eltern, M. Jonnis Posselij, und andere mehr, in der stuben fürm tisch, in Examine absolutionis, flexis genibus, ohne jemands widersprechen mehrerteils außwendig recitiret habe. Verhoffe auch gentzlich, das daß jenige so damals für recht und unstrefflich gehalten worden ist, jtziger zeit nicht für falsch Calvinisch und unrecht möge gescholten werden..." (52).

So tragen alle vier Bücher, die im Jahre 1994 aus ganz unterschiedlicher Veranlassung über David Chytraeus berichten, von den verschiedenen Gesichtspunkten her zu einem neuen Gesamtbild etwas bei. Ein gründlicher Fortschritt kann allerdings nur erreicht werden, wenn endlich moderne Editionen der Schriften von David Chytraeus erarbeitet werden, die eine feste Grundlage bieten. Hier sind erfreuliche Anfänge gemacht. Es sei eine beiläufige Forderung von Kaufmann zitiert: "Eine Aufarbeitung der Chytraeus-Korrespondenz stellt ein dringendes Desiderat dar" (106, Anm. 346). Tatsächlich scheint das eine relativ leicht lösbare Aufgabe zu sein, die für die Forschung sicher nützlich sein würde. Kaufmann und Keller zitieren aus ungedruckten Briefen von David Chytraeus. Die gedruckten Chytraeus-Briefe sind nach einer Ausgabe von 1614 zu zitieren, deren Lücken und Fehler schon 1766 in den Rostocker "Berichten von Gelehrten Sachen"(8) beklagt worden sind. Schon damals forderte man eine neue Ausgabe der Chytraeusbriefe. Diese Forderung ist heute gerade angesichts der neuen Forschungen über David Chytraeus wieder durchaus aktuell.

Fussnoten:

(1) Mögen viele Lehrmeinungen um die eine Wahrheit ringen. 575 Jahre Universität Rostock. Hrsg. vom Rektor der Universität Rostock. Rostock: Konrad Reich Verlag 1994. 368 S. gr.8o. ISBN 3-68167-062-3.
(2) Holtz, Gottfried: David Chytraeus und die Wiederentdeckung der Ostkirche. In: Wiss. Zeitschr. d. Univ. Rostock. Gesellschafts- und sprachwiss. Reihe 2 (1952/53), 93-102. Zur Bedeutung des Chytraeus für die Ostkirche vgl. Dorothea Wendebourg: Reformation und Orthodoxie. Der ökumenische Briefwechsel zwischen der Leitung der Württembergischen Kirche und Patriarch Jeremias II. von Konstantinopel in den Jahren 1571-1583, Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 1986, 347-388; Friedrich Heyer: David Chytraeus als Erforscher der Orthodoxie, in: Der Ökumenische Patriarch Jeremias II. von Konstantinopel und die Anfänge des Moskauer Patriarchats. Referate und Beiträge, hrsg. von Martin Batisweiler, Karl-Christian Felmy und Norbert Kotowski, Erlangen 1991 (Oikonomia 27), 141-145.
(3) Kaufmann, Thomas: Die Rostocker Theologieprofessoren im konfessionellen Zeitalter. Studien zum geistlichen Amt und zur theologischen Bildung im Herzogtum Mecklenburg zwischen 1550 und 1675. Theol. Habil.-Schrift Göttingen 1994. MS.
(4) Keller, Rudolf: Die Confessio Augustana im theologischen Wirken des Rostocker Professors David Chyträus (1530-1600). Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 1994. 239 S. gr.8o = Forschungen zur Kirchen- und Dogmengeschichte, 60. Lw. DM 74,­. ISBN 3-525-55168-1.
(5) Pettke, Sabine [Hrsg.]: Nathan Chytraeus. Quellen zur zweiten Reformation in Norddeutschland. Weimar-Wien: Böhlau 1994. X, 205 S. gr.8o = Mitteldeutsche Forschungen, 111. Lw. DM 128,­. ISBN 3-412-15393-1.
(6) Nathan Chytraeus 1543-1598. Ein Humanist in Rostock und Bremen. Quellen und Studien, hrsg. von Thomas Elsmann, Hanno Lietz, Sabine Pettke. Bremen: Edition Temmen 1991. ISBN 3-926958-80-4.
(7) David und Nathan Chytraeus. Humanismus im konfessionellen Zeitalter. Im Auftrag der Stadt Kraichtal hrsg. von Karl-Heinz Glaser, Hanno Lietz und Stefan Rhein. Ubstadt-Weiher: Verlag Regionalkultur 1993. 232 S. gr.8o. ISBN 3-929366-00-2. In dem Band stehen außer den genannten Quellen noch die für die Rostocker Universitätsgeschichte wichtigen Beiträge: Helge bei der Wieden: Die Darstellung Islands in der "Saxonia" des David Chytraeus (83-94); Stefan Rhein: "Die Ostseeküste braucht eine blühende Universität" ­ Philipp Melanchthon und die Universität Rostock (95-102); Thomas Kaufmann: Die Brüder David und Nathan Chytraeus in Rostock (103-116); Rudolf Keller: Der Beitrag von David Chytraeus zur Einigung des Luthertums (117-128).
(8) Dritte Beylage zu den Erneuerten Berichten von Gelehrten Sachen für den Monat März. Rostock, den 31. März 1766. Darin "Gedanken über den Wert der Chyträischen Briefe". Der Vf. Taddel forderte schon damals eine neue Ausgabe und schrieb dazu: "Allein der Briefwechsel eines berühmten Gelehrten mit anderen großen Männern, mit Königen und Fürsten, mit den Häuptern und Gliedern ganzer Gemeinen, Kirchen und Akademien behalten in den Augen der Kenner immer einen vorzüglichen werth. Sie sind redende Denkmale ihrer Verdienste, schätzbare Quellen der Geschichte ihrer Zeiten, und oft sind die wichtigsten Materien vollständig darin ausgebreitet" (130).