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Ausgabe:

Juli/August/2009

Spalte:

876–900

Kategorie:

Kirchengeschichte: Alte Kirche, Christliche Archäologie

Autor/Hrsg.:

Drecoll Volker Henning

Titel/Untertitel:

Der Stand der Augustinforschung*

Es versteht sich, dass dieser Forschungsbericht keinen vollständigen Überblick über die jüngst erschienene Literatur geben kann. Dazu gibt es elektronische Datenbanken, von denen das Literaturportal des Würzburger Augustinus-Zentrums1 sicherlich die komfortabelste und umfangreichste ist. Die Revue des Études Augustiniennes2 enthält regelmäßig ein Bulletin Augustinien, in dem eine große Zahl von Aufsätzen sowie Monographien und Editionen kurz vorgestellt werden. Wer diese beiden Instrumente regelmäßig im Blick behält, wird kaum etwas Wesentliches übersehen. Im Folgenden sollen einige grundlegende Tendenzen der Augustinforschung der letzten zehn Jahre benannt werden.
In den 1970er und 1980er Jahren war die Einschätzung verbreitet, dass die Werke Augustins in einer Weise bearbeitet seien, die neue Forschungsergebnisse im Grunde gar nicht erwarten lasse. Dieses Ressentiment, das sich nirgends richtig nachlesen lässt, hatte bis zum Anfang der 1980er Jahre zum weitgehenden Erliegen der Augustinforschung in Deutschland geführt. Zweisprachige Editionsreihen waren bereits vorher eingeschlafen,3 kritische Editionen und grundlegende Qualifikationsschriften zu Augustin selten geworden. Selbst ein Institut oder Zentrum für Augustinforschung, vergleichbar etwa dem Institut Augustinien in Paris, gab es in Deutschland nicht. Wollte man deutsche Literatur heranziehen, begnügte man sich mit älteren Beiträgen, z. B. mit den Beiträgen von Lorenz oder Schindler4 oder mit systematischen Arbeiten wie Greshakes Arbeit zu Pelagius oder Duchrows Arbeit zur Zwei-Reiche-Lehre.5 Historische Arbeiten wie die von Wermelinger6 bildeten die Ausnahme.
Erste Anzeichen einer Änderung dieser Situation gab es Mitte der 1980er Jahre und in den letzten 20 Jahren hat sich eine zunehmend intensive Augustinforschung entwickelt. Einer der wesentlichen Schrittmacher hierbei war der Kreis um Cornelius Petrus Mayer, der seit den 1970er Jahren an der lexikographischen Erschließung der Werke Augustins gearbeitet hat. Mayer hat dabei frühzeitig die Erschließung des Werkes Augustins auf Computerbasis zu einer Zeit vorangetrieben, als andere Gro ßprojekte noch mit Zettelkästen arbeiteten. Wichtigste Ergebnisse dieser jahrzehntelangen Bemühungen sind a) das Corpus Augustinianum Gissense, 1995 in 1. Auflage (CAG 1) und 2004 in 2. Auflage erschienen, eine lemmatisierte Volltextdatenbank mit weitreichenden Suchfunktionen (Bibelzitate, Referenzen zur Sekund ärliteratur etc.), durch das dem Augustinforscher ein »Hilfsmittel zur Verfügung [steht], um das ihn Kollegen, die über andere patristische Autoren arbeiten, beneiden werden«7; b) das Augustinus-Lexikon, von dem die ersten zweieinhalb Bände vorliegen.8 Das Augustinus-Lexikon versammelte in den 1980er Jahren eine Reihe wichtiger Augustinforscher wie Goulven Madec9, Serge Lancel, Gerard O’Daly, Alfred Schindler, Otto Wermelinger, Martin Klöckener, Antonie Wlosok sowie die inzwischen verstorbenen Erich Feldmann und Reinhart Herzog und etablierte für die Augustinforschung wesentliche Standards. So ist es heute weitgehend üblich, die Werke Augustins nach dem Werkverzeichnis des Augustinus-Lexikons abzukürzen und zu zitieren (mit der Eigenart, die römischen Kapitelzählungen wegzulassen und Bücher wie Kapitel mit arabischen Ziffern zu notieren), vor allem aber hat das Augustinus-Lexikon forschungsstrategisch mit der Erkenntnis Ernst gemacht, die Sprach- und Denkwelt Augustins selbst zur entscheidenden Ordnungsgröße der Augustinforschung zu machen. Damit war älteren Tendenzen, Augustinforschung auf der Folie gegenwärtiger Theologie systematisch zu überformen, der Abschied gegeben, einer neothomistischen Deutung ebenso wie einem existentialisierenden Zugriff. Die angestrebte philologisch-historische Methodik ist seitdem das entscheidende Parameter der Augustinforschung.
Immer noch zeigen sich Forschungsdesiderate erheblichen Ausmaßes. So fehlt z. B. ein philologisch-historischer Kommentar zu Hauptwerken wie De civitate Dei oder De trinitate. Für die Erforschung des nordafrikanischen Manichäismus bleibt noch viel zu tun. Eine Aufarbeitung des augustinischen Briefkorpus ist am ehesten noch für die Epistulae Divjak und für den Briefwechsel zwischen Augustin und Hieronymus geleistet,10 steht aber zum größeren Teil noch aus. Die Predigten sind insgesamt nur ansatzweise bearbeitet.11 Für die antidonatistischen Werke fehlt es weitgehend an modernen Untersuchungen. Andere Untersuchungen werfen ein neues Licht auf seit Langem betriebene Forschungskontroversen, etwa zu der besonderen Eigenart des fr ühen Augustin oder zu theologischen Themen, etwa der Gnaden- oder Trinitätslehre. Zugleich zeigt sich, dass die Beschäftigung mit Augustin, gerade von der Breite des zur Verfügung stehenden Materials und den dadurch möglichen Forschungsstrategien her, ein wesentlicher Baustein in der Erforschung der Sp ätantike ist, besonders für die Frage, wie sich das Christentum am Beginn des 5. Jh.s, unmittelbar vor dem Zerfall des westlichen Teils des Imperium Romanum, formierte.12 Dadurch erst wird die Voraussetzung geschaffen, um zu verstehen, wie es trotz der Zersplitterung des lateinischen Sprachraums im fr ühen Mittelalter zu Entwicklungen kommt, die später zu dem lateinischen Kaisertum Karls des Großen und den daran anschließenden kulturellen, geistesgeschichtlichen und politischen Entwicklungen führten, die man früher mit dem Begriff »Abendland« verband. An Augustin führen Fragestellungen dieser Art jedenfalls nicht vorbei.

1. Editionen

Unter den Neueditionen der letzten Jahre ragen die Bände heraus, die im Corpus Scriptorum Ecclesiasticorum Latinorum bei der Österreichischen Akademie der Wissenschaften erschienen sind. Nach der Edition der Divjakbriefe und der Soliloquien (zusammen mit quant. an. und imm. an.) erschienen in den 1990er Jahren De moribus und De Genesi contra Manichaeos.13 In dichtem Abstand folgten dann: Contra sermonem Arrianorum und De correptione et gratia (2000), der Abschluss des Contra Iulianum. Opus imperfectum (2004) und die ersten fünf Bände der Enarrationes in Psalmos (2001–2005). Hinzu kommen im Corpus Christianorum aus Turnhout drei Bände mit Neueditionen der ersten 100 Briefe (2004), ein Band mit s. 151–156 (2008) und ein Band mit den Predigten zum Matthäusevangelium.
Schon ein erster Blick in diese Editionen zeigt, wie unterschiedlich die handschriftliche Situation bei den Werken Augustins aussieht. Konnte Michaela Zelzer für das Contra Iulianum opus imperfectum nur vier Codices aus dem 12. bis 14. Jh. heranziehen, stand Weber bei der Edition von De Genesi contra Manichaeos vor 114 und Folliet bei der Edition von De correptione et gratia vor 160 Handschriften. Nicht nur die Menge der Handschriften divergiert erheblich, sondern auch die Art der Überlieferung.
Für De Genesi contra Manichaeos unterscheidet Weber zwei Gruppen, von denen sich die eine in drei Familien gliedert. Insgesamt scheint die Überlieferungslage relativ disparat zu sein, 18 Handschriften werden als Stemma geordnet und zur Textkonstitution herangezogen. Geht Weber in ihrem Stemma davon aus, dass diese beiden Gruppen auf eine Spaltung der Überlieferung in vorkarolingischer Zeit zurückgehen, so hat Gorman hieran Kritik geübt.14 Die Diskussion hierüber ist nicht abgeschlossen, jedenfalls zeigt sich, dass die Frage zu stellen ist, inwiefern Handschriftengruppen mit eigenen Leitvarianten gar nicht einen älteren Überlieferungsstrang repräsentieren müssen, sondern auch eine Editionstätigkeit z. B. aus karolingischer Zeit widerspiegeln können. Im Grunde wird ein Editor nur dann sicheren Boden unter den Füßen haben, wenn er zeigen kann, dass die Leitfehler einer Gruppe sich durch Majuskeln erkl ären lassen oder die Überlieferungslage z. B. durch Analyse der Herkunft der Handschriften so beschaffen ist, dass an eine Verbreitung der Tradition erst ab dem 9. Jh. nicht zu denken ist. Umso wichtiger ist, dass die entsprechenden Argumente in der praefatio dargestellt werden. Selbst wer dem von Weber vorgeschlagenen Versuch eines Stemmas der Apparathandschriften nicht folgen mag, hat mit der Einleitung die wesentlichen Informationen für die Beurteilung der handschriftlichen Überlieferung zusammen.
Die Edition von Contra sermonem Arrianorum zeigt das zunächst merkwürdig erscheinende Faktum, dass aus dem 9. Jh. acht, aus dem 10. und 11. Jh. nur eine einzige und ab dem 12. Jh. dann wieder etliche Handschriften erhalten sind. Dieser Umstand ist f ür die Überlieferung der Werke Augustins allerdings nicht ganz untypisch: Nach einer Blüte im 9. Jh. geht die Zahl der Handschriften im 10. und 11. Jh. zurück, bevor ab dem 12. Jh. der breite Strom der Handschriften einsetzt. Für De correptione et gratia nennt Folliet etwa zwei Handschriften für das 10. und sechs für das 11. Jh. Bei anderen Werken verhält es sich ähnlich. Dass Frankreich für die Überlieferung der Werke Augustins eine Schlüsselstellung zu kommt und dann die englischen und süddeutsch-österreichischen Handschriften in der Regel von größerem Gewicht sind als etwa die italienischen oder spanischen Bestände, ist seit Langem bekannt. Der Erarbeitung eines Inventars zur Bezeugung der Werke Augus tins in Frankreich für die Reihe »Die Handschriftliche Überlieferung der Werke des Heiligen Augustinus« (HÜWA) wird daher besondere Bedeutung zukommen.

Gleichwohl dürfte die Überlieferungssituation des 9. Jh.s allein keineswegs in allen Fällen repräsentativ sein, so dass es ausreichen würde, die Handschriften des 9. Jh.s heranzuziehen. Tendenziell verfährt so allerdings die Edition von Contra sermonem Arrianorum durch Suda. Die Handschriften aus dem 9. Jh. bleiben die Grundlage, aus den 24 Handschriften bis einschlie ßlich aus dem 12. Jh. werden elf Textgestalten gebildet, die in den Apparat aufgenommen werden. Die Zusammenfassung zu elf Textgestalten bedeutet im Grunde den weitgehenden Verzicht auf die Bewertung und Abw ägung von Lesarten und davon abhängige stemmatische Überlegungen. Lediglich direkte Filiationsverhältnisse einzelner Handschriften werden in der Einleitung noch genannt. Das ist für eine moderne Edition deutlich zu wenig. Wer hier größere Klarheit gewinnen will, muss sich, entweder anhand der Handschriften oder anhand ausf ührlicher Materialzusammenstellungen anhand des kritischen Apparats von Suda, eigene Tabellen anlegen. Zudem ist der Apparat von Suda nicht fehlerfrei und an einigen Stellen nicht eindeutig.

Die Zusammenstellung von Contra sermonem Arrianorum mit De correptione et gratia leuchtet nicht ein, bildet doch De correptione et gratia in der überwiegenden Zahl der Handschriften ein Paar mit De gratia et libero arbitrio. Auch für De correptione et gratia hätte man sich eine deutlich detailliertere Beschreibung der stemmatischen Überlegungen gewünscht. Folliet teilt seine Handschriften zwar in drei Gruppen ein und ordnet eine gro ße Zahl weiterer Handschriften dem zu, die Gründe hierfür bleiben jedoch weitgehend verborgen. Positiv hervorzuheben ist an seiner Edition jedoch die Aufarbeitung der Drucke und die Diskussion schwieriger Textstellen in Notes compl émentaires. Letzteres scheint in der Tat ein probates Mittel zu sein, um Entscheidungen eines Editors zu bestimmten Textstellen transparent zu machen. – Sind die Unterschiede der Überlieferungstradition schon bei den literarischen Werken erheblich, so gilt dies in noch gr ößerem Maße für Werke wie die Enarrationes in Psalmos, die Sermones oder die Briefe. Für alle drei Werkteile sind neue Editionsbemühungen in Gang gekommen, deren erste Resultate vorliegen.
Gegenstand der Edition in CSEL 93/1A sind en. Ps. 1–3215, wobei Weidmann auf der Grundlage des Indiculus zwischen den diktierten Auslegungen von Ps 1 –14 und Ps 15–32 einerseits und den zusätzlichen, ausführlicheren Auslegungen der Psalmen 18; 21; 25 f. und 29–32 unterscheidet, wobei nur Letztere vor der Gemeinde gehal tene Predigten (sermones in populo) sind. Auch der Unterschied zwischen der Auslegungstechnik von Ps 1–14, in der Augustin versweise das Lemma kommentiert, und der von Ps 15–32, in der Augus tin aus der Perspektive des Psalmisten den Psalm gleichsam pa ra phrasiert, wird beachtet. Weidmann nimmt an, dass der Psalm zuerst ganz gelesen und anschlie ßend paraphrasiert worden sei (20) – weswegen er auf der linken Seite der Neuedition jeweils den Psalmtext, auf der rechten die jeweilige Paraphrase parallel gegen überstellt. Dies ändert zwar die Abfolge der Sätze gegenüber den Handschriften, ist aber nachvollziehbar. Die Beschreibung der benutzten Handschriften ist knapp, aber instruktiv. Etwas zu beispielhaft ist die Beschreibung der Gruppen (56 –58), auch die Gründe für die Aussonderung aller Handschriften nach 1100 und die Elimination von 25 Handschriften aus der Zeit vor 1100 (vgl. 34 f.) werden nicht genannt. Zudem wurden im Apparat singul äre Fehler einzelner Handschriften gestrichen (der Apparat ist negativ abgefasst, das Fehlen einer Handschrift bei einer bestimmten Stelle bedeutet also keineswegs, dass keine Abweichung vom Editionstext vorliegt). Angesichts der komplexen Überlieferungssituation war dies vielleicht kaum anders lösbar, schränkt aber die Möglichkeiten, die editorischen Einzelentscheidungen und Bewertungen von Handschriften nachzuvollziehen, doch ein.
Einen glänzenden Eindruck hinterlässt die Edition von en. Ps. 51–60 durch Hildegund Müller.16 Auch sie beschränkt sich auf die älteren Handschriften, bezieht allerdings das 12. Jh. in Auswahl mit ein (11 f.). Die nach Gruppen geordnete Beschreibung der Handschriften verzeichnet die entsprechenden Bindefehler, bisweilen gegliedert nach Omissionen, Transpositionen, Synonymersetzungen usw. (12 –35). Diese Listen sind in der Regel sehr besonnen erstellt und haben sich bei verschiedenen Stichproben als sehr gut nachvollziehbar und überzeugend erwiesen. Müller entscheidet sich auf Grund des hohen Kontaminationsgrades der Überlieferung gegen die Bildung eines Stemmas und belässt es bei Gruppenbildungen ähnlicher Handschriften, von denen sie keine von vornherein für die Textkonstitution bevorzugt. Für die editorischen Einzelentscheidungen kommt somit dem Zugriff auf Augustins Stil und Sprachgewohnheiten entscheidende Bedeutung zu.
Für en. Ps. 119–150 hat Franco Gori drei Bände vorgelegt, einen mit der Edition von en. Ps. 119–133, dann einen zweiten Band mit der Edition von en. Ps. 134–140 und schließlich einen Band mit der Edition von en. Ps. 141–150.17 Diese Aufteilung hat insofern einen gewissen Anhalt an der handschriftlichen Überlieferung, als en. Ps. 119–133 (die sog. »Stufenpsalmen«) in einigen Handschriften separat überliefert sind und en. Ps. 141–150 eine in sich relativ geschlossene Gruppe bilden (die allerdings handschriftlich nur dünn bezeugt ist, Beobachtungen zur Überlieferung der en. Ps. in Zehnergruppen fehlen). Immerhin bieten einige Handschriften en. Ps. 134–140, wobei bisweilen en. Ps. 133, bisweilen en. Ps. 141 bzw. en. Ps. 142 hinzutreten. Jedenfalls lässt sich eine Aufteilung der Psalmen in die genannten Gruppen in den Handschriften keineswegs unmittelbar wiederfinden. Umso überraschender ist es, dass sich die Stemmata der drei Bände deutlich unterscheiden. Inwiefern dies dadurch bedingt ist, dass an der Edition von en. Ps. 134–140 Francisca Recanatini und an der von en. Ps. 141–150 Iuliana Spaccia mitgearbeitet haben, bleibt offen. Die Beschreibung der Handschriften bel ässt es dabei, jeweils einige symptomatische »Bindefehler« anzugeben bzw. Sonderlesarten aufzulisten.18 Eine Auswertung erfolgt nicht, griechische Buchstaben werden sowohl für erschlossene Hyparchetypen als auch für einzelne Handschriften benutzt (ohne dass geklärt wäre, weswegen hinter einer Handschrift ein Subarchetyp anzunehmen ist, der nicht mit der erhaltenen Handschrift identisch ist). Vermutlich ist in der Handschrif tentradition ein erhebliches Maß an Kontamination festzustellen, die diese Überlegungen auch einigermaßen komplex macht. Dazu passt dann allerdings überhaupt nicht, dass sich Gori nicht scheut, jeweils ein Stemma aufzustellen und graphisch darzustellen.19 Die Stemmata sind dabei nicht nur an einigen Stellen in sich unklar, vor allem passen die Stemmata in den drei Bänden nicht zueinander.20 Das bedeutet, dass die Überlieferung der en. Ps. schon sehr früh getrennte Wege gegangen sein müsste, und zwar genau in den Gruppen, die jetzt als separate CSEL-Bände erscheinen. Das ist in dieser Form in der Handschriftenüberlieferung nicht greifbar, hätte aber zumindest einer sehr sorgfältigen Begründung und Auswertung des Befundes bedurft. Eine solche Auswertung der Differenzen zwischen den drei vorgelegten Stemmata fehlt. Das Ergebnis von Müller (und auch von Weidmann), dass die hohe Kontamination die Erstellung eines Stemmas nicht zul ässt, wird durch Gori nicht entkräftet. Hier zeigt sich nicht zuletzt, dass die Aufteilung der en. Ps. auf verschiedene Arbeitsgruppen und Editoren zwar das Erscheinen von gleich fünf Bänden innerhalb weniger Jahre ermöglicht hat, dass dies aber zugleich erhebliche Probleme hinsichtlich der Einheitlichkeit der Editionsmethodik mit sich gebracht hat, die im Fall der Gori-Bände gravierend sind. Für die noch ausstehenden Bände zu den en. Ps. bleibt zu hoffen, dass sich die Editionen an dem von Hildegund Müller vorgelegten Standard orientieren.
Die Neuedition des Briefkorpus ist 2004/2005 mit zwei Bänden für ep. 1–100 im Corpus Christianorum in Gang gekommen.21 Der Editor gibt als Ziel zu erkennen, auf der Grundlage der Goldbacher edition zu einer moderaten Verbesserung zu kommen. Dazu soll vor allem ein übersichtlicherer Apparat, in dem nur bedeutungstragende Varianten aus solchen Handschriften notiert werden sollen, die für die Textkonstitution wesentlich sind. Überlegungen zur Stemmatik der einzelnen Briefe lassen sich nur aus dem textkritischen Apparat ableiten, Daur signalisiert lediglich durch einen Schrägstrich in der Bezeugungsleiste die zu Grunde gelegte Gruppenbildung. Für die Handschriftenbeschreibung verweist Daur auf Goldbacher sowie die von der Österreichischen Akademie her ausgegebenen Reihe »Die handschriftliche Überlieferung der Werke des heiligen Augustinus«.22 In der Regel geht er von einer gespaltenen Überlieferung aus und bevorzugt die Gruppe, die von Goldbacher nicht bevorzugt worden ist. Eine genauere Begr ündung hierfür fehlt. Anders als Goldbacher möchte Daur den Apparat nicht durch Handschriften belasten, die nicht als unabhängige Zeugen einer Textform zu gelten haben. Das ist an sich sinnvoll, jedoch wäre wünschenswert gewesen, zu erfahren, welche Abhängigkeiten zu den Gruppenbildungen und zur Elimination weiterer Codices geführt haben.23 Zu begrüßen ist, dass Daur (anders als Goldbacher, deren Handschriftensiglen zwischen verschiedenen Briefgruppen wechseln) die Handschriften durchlaufend mit denselben Siglen bezeichnet. Positiv hervorzuheben ist auch, dass Daur die von Goldbacher etwas wagemutig vermuteten Textlücken ebenso eliminiert wie ep. 26 neu ordnet. Schließlich werden auch die nach Goldbacher gefundenen Briefe in die Reihenfolge integriert. Sehr praktisch ist die kurze Datierungshilfe unter der jeweiligen Briefnummer, die größtenteils auf den Artikel »Epistulae« von Johannes Divjak24 zurückgehen dürften.
Mit der Edition von s. 151–156 findet die Edition der sermones ihre Fortsetzung.25 In Ablösung der älteren Forschung (Lambot und Verbraken) hat Partoens den Grundstein für weitere Editionen gelegt. Der Band enthält neben einer mustergültigen Edition der zusammengehörigen s. 151–156 sowie des in der Zählung als s. 154A hinzugehörigen s. Morin 4 vor allem eine fast 200-seitige Einleitung. In ihr finden sich nicht nur ausführliche Informationen zu den Handschriften, sondern auch Ausführungen zum Inhalt, zu der Chronologie und dem historischen Ort der Predigten. Hervorzuheben ist die Beschreibung der Sammlung De verbis apostoli. Die Beschreibung der Handschriften und die daraus resultierenden stemmatischen Überlegungen sind gründlich und gut nachvollziehbar. Vorbildlich ist auch die gründliche Auswertung der indirekten Überlieferung bei Cäsarius von Arles, Cassiodor, Hrabanus Maurus, einem anonymen Pauluskommentar (Paris BN lat. 11574) und Florus von Lyon. In die Einleitung wurde die Untersuchung von J. Lössl zur Datierung von s. 151–156 aufgenommen, die plausibel ein Datum im September/Oktober 417 begründet. Zugleich ordnet Lössl die Predigten in den späten pelagianischen Streit ein.
Die gründliche Aufarbeitung der Handschriftentradition ermöglicht es Partoens, mit vergleichsweise wenigen Handschriften als ständigen Zeugen in der Edition auszukommen, für s. 151 sind es beispielsweise acht handschriftliche Zeugen, für s. 153 sogar nur vier Zeugen. Hinzu kommen dann allerdings ausgewählte Lesarten weiterer Handschriften, über deren Einordnung man in der Einleitung alles Wesentliche findet. Die Umsiglierung der hierfür benutzten Zusatzzeugen am Ende der Einleitung (CLXXII) er schwert allerdings das rasche Nachschlagen und ist relativ verwirrend, da es sich um Zusatzbuchstaben bei der Grundsigle V handelt (aus V b21 wird z. B. V9).
Etwa zeitgleich mit Partoens erschien der Band mit s. 51–7026, der auch die dazugehörigen, gegenüber der Migneedition später entdeckten Sermones entsprechend einsortiert. Das Buch erweist sich bei genauerem Hinsehen als ein Sammelband, in den jahrzehntelange Arbeit mehrerer Forschergenerationen eingeflossen ist. Ein Teil geht auf Pierre-Patrick Verbraken zur ück, nach dessen Tod (1992) Luc de Connick, Bertrand Coppieters ’t Wallant und Ro bert Demeulenaere die Arbeit fortgesetzt haben. Er edierte auch s. 51, zu dem Dolbeau in Mainz einen wichtigen Textzeugen aufgespürt hat. Schlichtweg übernommen wurde die Edition von s. 61A durch Lambot. Für die Edition von s. 59 auct. wurde die Sources Chrétiennes-Edition durch Suzanne Poque, für s. 60 auct. und s. 64 auct. die Editionen von Lambot, für s. 65A die Edition durch Étaix modifziert. Bereits 1997 hatte Eligius Dekkers ein Vorwort verfasst, doch die Ver öffentlichung hat er nicht mehr erlebt.
Der Band vereint Sermones in sich, die ganz unterschiedlich überliefert sind. Manche (wie s. 60A oder s. 63A) sind nur in einer einzigen Handschrift erhalten, andere in wenigen Homiliaren, wieder andere in Sammlungen, unter denen die Sammlung De verbis domini heraussticht. Entsprechend besteht der Band aus einer allgemeinen Einleitung, die kurz die Überlieferungssituation insgesamt sowie die Sammlungen (vgl. auch die instruktive Tabelle auf S. L –LI) beschreibt. Dem folgen dann 29 Einzeleditionen, jeweils mit eigener praefatio. Die Forschergruppe um Luc de Connick hat dabei die von Verbraken bereits erarbeiteten Editionen übernommen und nur um eine kurze Bemerkung in der jeweiligen praefatio ergänzt. Nur wenn sich größere Modifikationen als notwendig erwiesen haben, haben die Herausgeber in den Apparat Verbrakens eingegriffen. Das führt dazu, dass bisweilen Ergebnisse umfangreicherer Kollationsarbeiten auch nur kurz genannt werden (so z. B. 2196 f. f ür s. 58), ohne dass man dies im Apparat wiederfindet. Für die acht Sermones, die in der Sammlung De verbis domini erhalten sind, hat die Forschergruppe Kollationsergebnisse in einem Appendix dokumentiert.

Verwirrend ist die große Varianz in der Bezeichnung der Handschriften durch ständig wechselnde Sigla. Nicht einmal innerhalb der Sammlung De verbis domini bleiben die Handschriftensigla gleich, was etwa die Benutzung der Appendix zu einer wahren Herausforderung macht, weil die Handschriftensiglen mit hochgestellten Ziffern arbeiten und man hier st ändig der Gefahr von Verwechslungen unterliegt. Der Similienapparat ist auf die Bibelzitate be schränkt, Hinweise auf vergleichbare Textstellen (häufig unter Bezugnahme auf die Untersuchungen von Hombert) finden sich in der jeweiligen praefatio. Der gebotene Text ist gegenüber der Migneedition vielfach verbessert, in vier Fällen bietet er einen gegenüber Migne vollständigen Text (s. 59 auct., s. 60 auct., s .64 auct., s. 68 auct.). Zudem wurden mit den vorgelegten Untersuchungen zu den Sammlungen Vorbilder vorgelegt, an denen sich weitere Editionen (zumindest zu den Evangelienpredigten) orientieren k önnen. Der Band schlägt eine (vorbildliche) Schneise in die unübersichtliche Lage der sermones ad populum.27

Insgesamt ist der Editionsstand für Augustin nicht schlecht, ins besondere für die literarischen Werke; es gibt aber auch erhebliche Lücken, vor allem bei den Predigtwerken. Hinzuzufügen ist, dass eine Reihe älterer Editionen im CSEL nicht mehr dem heutigen Editionsstandard entspricht. Ähnliches dürfte für Editionen gelten, die sich seit Langem etabliert haben, ohne dass man den Wert des von ihnen dargebotenen Textes noch kritisch wahrnimmt. Dies gilt etwa für die Edition von De civitate Dei durch Dombart/Kalb oder von De trinitate durch Mountain/Glorie. Zugleich fehlen für viele Werke noch moderne Übersetzungen28 und Kommentierungen. Hier ist noch erhebliche Arbeit zu leisten.

2. Kongressbände

Herausgegriffen seien die drei wichtigsten Tagungsbände ab dem Jahr 200029:
In dem von Johannes Brachtendorf herausgegebenen Tagungsband zu De trinitate30 zeigt sich die Methodendifferenz im Um gang mit einem wirkungsgeschichtlich wichtigen Werk: Das Spektrum reicht von Forschungsgeschichte (Kany) über Versuche, Gliederungssignale für die Intention der Schrift auszuwerten (Madec), bis hin zu philosophischen Grundsatz überlegungen (Horn) oder der Wirkungsgeschichte (Booth und Mojsisch). Damit sind zugleich vier methodische Zug änge neuerer Forschung benannt.
Fast zeitgleich fand in Fribourg eine Tagung zum Thema »Augustine and Manichaeism in the Latin West« statt.31 Die Beiträge untersuchen Augustins Stellung zum Manichäismus, sowohl seine Zeit als Anhänger des Manichäismus als auch verschiedene antimanichäische Werke sowie die eventuell bemerkbaren Nachwirkungen in späteren Werken, schließlich den Vorwurf des Manichäismus von Seiten Julians an Augustin, beschäftigen sich daneben aber auch mit den aus Nordafrika bekannten Manichaica selbst, so besonders dem Codex von Tebessa, der Epistula fundamenti oder den Capitula des Faustus von Mileve. Hinzu kommen Einzeluntersuchungen, z. B. zur Figur des Jesus patibilis bzw. zu den verschiedenen Jesusfiguren. Samuel Lieu hat das Projekt Dictionary of Manichaean Texts vorgestellt, dessen erster Band 1999 (Titelblatt 1998) erschienen ist.32 Bereits dieses Spektrum zeigt, dass die Manichäismusforschung ein wesentlicher Zweig der Augustinforschung geworden ist. Dies erfordert von heutigen Augustinforschern die Bereitschaft, sich mit griechischen, aber auch nach Möglichkeit mit koptischen und syrischen Texten zu beschäftigen. Diese Forschungsrichtung steht noch in vieler Hinsicht am Anfang, ein entsprechendes Corpus Fontium Manichaeorum ist im Erscheinen begriffen.33 Die kommentierte Edition der Manichaica Latina ist von Markus Stein auf eine solide Grundlage gestellt.34 Nach Jahrzehnten der Konzentration auf die Manichaica Coptica ist die Neubeschäftigung mit dem nordafrikanischen Manichäismus wieder wichtiger geworden.
Die von Therese Fuhrer organisierte Tagung »Die christlich-philosophischen Diskurse der Spätantike: Texte, Personen, Institutionen«35 beschäftigte sich schwerpunktartig (in 15 von 21 Aufsätzen) mit Augustin. Dabei signalisiert das Konzept der Tagung mit dem Stichwort »Diskurs«, dass es nicht »um textimmanente Interpretationen« geht, sondern darum, »Texte als Teile von Diskursen bzw. ihre Autoren als Teilnehmer an Diskursen« zu verstehen (8). Wenn allerdings anschließend festgestellt wird, dass Denksysteme »als Resultat eines Zusammenspiels bestimmter außerliterarischer Faktoren« verstanden werden sollen und somit bei den Gedankengängen und Konzeptionen »der lebensweltliche Kontext« berücksichtigt werden soll, erhebt sich die Frage, ob damit der Begriff »Diskurs« nicht eher unterbestimmt wird, nämlich als Versuch, dass Gedankengänge und Konzeptionen »durch die Kontextualisierung als Produkt konkreter Ereignisse oder Ereigniszusammenhänge, Begegnungen, Auseinandersetzungen mit Gegnern oder auch Gleichgesinnten erklärt werden können« (ebd., 9). Denn damit wird nicht nur die Unterscheidung von Text und Kontext zementiert, sondern auch eine klare Richtung der Deutungsmuster vorgegeben: Die Texte werden durch den Kontext erklärt. Demgegenüber wäre darauf zu achten, inwiefern bestimmte Texte sowie der Umgang mit Texten zum »lebensweltlichen Kontext« gehören, ja an einigen Stellen auch ihrerseits den Kontext prägen. Der Begriff »Diskurs« birgt gerade das Potential, einer einlinigen Erklärung der Texte durch Kontexte entgegenzuwirken. Die Thematik der Tagung zeigt somit, inwiefern die Augustinforschung für übergreifende methodologische Strategiedebatten nutzbar gemacht werden kann.

3. Monographien

a) Überblicke
Wer einen ersten Einstieg zu Augustin suchte, griff traditionellerweise zu Peter Brown.36 Dessen Biographie erfreute sich durch ihre plastische Darstellung, ihren klaren Zugriff auf die Persönlichkeit Augustins und die gekonnte Erzähltechnik stetiger Beliebtheit. Allerdings zeigt sich an dieser Biographie zugleich, dass die 40 Jahre, die seit der Erstver öffentlichung 1967 vergangen sind, nicht spurlos an der Augustinforschung vorübergegangen sind. Trotzdem hält sich, besonders im angelsächsischen Raum, die Einschätzung, dass Peter Brown den Forschungsstand der Beschäftigung mit Augustin wiedergebe.37
Das stellt die Frage nach einer Augustinbiographie, die den aktuellen Forschungsstand integriert. Zu nennen ist hierfür insbesondere die Biographie von Serge Lancel.38 Die Biographie Lancels neigt zwar bisweilen zu epischer Breite, rezipiert aber gerade auch die archäologischen und historischen Erkenntnisse über Nordafrika sowie neuere Forschungsergebnisse der Augustinforschung. Sie bezieht selbst nur hin und wieder Position, so dass sie im Vergleich mit dem bisweilen zuspitzenden Zugriff von Peter Brown deutlich weniger Reibungsfläche bietet. Gleichwohl ist die Gesamtdarstellung durch Lancel im Moment die beste Biographie, die es wohl verdient hätte, ins Deutsche übersetzt zu werden.39
Deutlich mehr Reibungsfläche bietet die Biographie des amerikanischen Augustinforschers Jim O’Donnell, dessen Kommentar zu den conf. längst ein Standardwerk ist. Seine Biographie erschien unter dem Titel »Augustine. Sinner and Saint. A New Biography« (in den USA unter dem Titel »Augustine. A New Biography«). Der Titel signalisiert, mit welchem Anspruch hier eine Augustinbiographie vorgelegt wird: Neu soll die Perspektive sein, nicht einfach hagiographisch. Der Aufbau ist interessant und abwechslungsreich. Neben einer groben chronologischen Anordnung des Stoffes erl äutert O’Donnell die einzelnen Handlungsfelder: »Augustine the Correspondent«, »Augustine the Friend – and His Friends«, »Augustine the Writer« usw. Die Kontroversen mit den Donatisten und Pelagianern ordnet er im letzten Drittel seiner Biographie an, um so zu verdeutlichen, dass Augustin erst im Alter von 56 Jahren zur F ührungsperson im nordafrikanischen Episkopat wurde.40
Der Anspruch, eine neue Perspektive vorzulegen, kommt besonders in der Bewertung der Frühwerke zum Ausdruck. In den 1990er Jahren »nothing came quite right in those years« (140), eine Reihe unvollendeter Werke war die Folge, neben den Bibelkommentaren insbesondere doctr. chr. (vgl. 29 f.). Erst die Confessiones haben gleichsam wie ein Katalysator die immense literarische Tätigkeit freigesetzt, deren Erfolge jedoch erst ab 410/411 sichtbar wurden. In den conf. allerdings ist das, was er verschwieg, wichtiger als das, was er berichtete: »Augustine in 397, telling the story of his Manichee years, had reason to minimize « (49). Zudem werde das Verhältnis zum Vater Patricius fast übergangen, obwohl es vielleicht wichtiger als der Einfluss Monnicas sei, bei der die donatis tische Vergangenheit verschwiegen wird (56).
Großen Raum nimmt die Predigttätigkeit Augustins ein. In der Suche nach entsprechendem Publikum und Einfluss als Prediger sieht O ’Donnell den Grund für die Karthagoaufenthalte: »great orators nead great audiences« (31). Sein Eintreten gegen die laeti tiae (Gelage an den Begräbnisstätten; vgl. 150 f.) rückt er ebenso in den Vordergrund wie die Einführung des Stephanuskults (174–179) oder die Abwehr des Versuches, Pinian gegen dessen Willen zum Priester zu weihen (230 –233). Packend zu lesen ist O’Donnells Darstellung des Donatistischen Streits (209–258), auch wenn die Donatisten zu einlinig als die vorherrschende Mehrheitskirche in Nordafrika dargestellt werden und der provozierende Titel »Augusti nian Putsch« wohl signalisieren soll, dass Augustins »catholica«, die O’Donnell mit gutem Recht durchgängig als »the Caecilianists« bezeichnet, nur durch massive Intervention der Militärs zum Sieg kam. Demgegenüber kommt der pelagianische Streit eher etwas summarisch unter der Überschrift »Augustine’s Great Failure« vor.

Problematischer ist die Überschrift »Augustine and the Invention of Chris tian ity«. Um die Prägung des Christentums durch Augustin zu verdeutlichen, beginnt O’Donnell mit einer fiktiven Erzählung, die davon ausgeht, dass Chlodwig sich nicht der ecclesia catholica zugewandt hätte und das Christentum als eine von mehreren Religionen bis um 1000 weitgehend an Bedeutung verloren hätte (172 f.). Sinn dieses Gedankenexperiments: Ohne seine Wirkungsgeschichte würde unser Blick auf Augustin ganz anders ausfallen. Allerdings bestimmt O’Donnell diesen Einfluss Augustins nicht näher, es bleibt bei eher vagen Formulierungen. An die Stelle der Abgrenzung gegen die »Heiden« seien die Abgrenzung gegen die Welt und die Herausbildung einer männlichen, zölibatär lebenden Elite getreten, die das westliche Christentum, insbesondere durch Kindertaufe, Konzilien und Märtyrerverehrung, geprägt hätten (vgl. 196–200). In diesem Prozess spielt Augustin insofern eine Rolle, als einige seiner Gedanken breit rezipiert wurden. O ’Donnell vergleicht dies mit dem zweiten Teil des Don Quixote-Romans, in dem Gedanken pl ötzlich ernst genommen werden und somit eine eigene Realität bekommen. Augustin »is Don Quixote in a world that really takes him and his obsessions seriously.« (204) Ob damit allerdings eine bestimmte Form des Christentums wirklich »erfunden« (und nicht vielmehr weiterentwickelt) wurde, bleibt dann doch undeutlich. Weder die Kindertaufe noch die Erbs ündenlehre, weder der Anspruch, Theologie rational zu betreiben, noch die Befürwortung sexueller Askese sind Neuerungen des frühen 5. Jh.s. Die Rückbezüge dieser Tradition lassen sich eben nicht durch einen pauschalen Verweis auf Konstantin, durch den die »Jesus idea« von einer laienhaft betriebenen »bowling league« zu einer staatstragenden Verbindung von Religion und Recht umgestaltet wurde (20 5f.), erklären. So bleibt der spezifische Beitrag Augustins unter dem Strich doch etwas undeutlich. Doch wer sich über provokante Formulierungen und Vergleiche (Alypius als »Horatio to Augustine’s Hamlet«, 104, Überschriften wie: »No Parties, please, we’re Christian!«, 150) nicht ärgert, wird bei O’Donnell in vieler Hinsicht angeregt. Dass das Buch dabei relativ eng auf den englischsprachigen Markt konzentriert ist, ist bedauerlich, ändert an dem Wert dieser ungewöhnlichen Biographie jedoch wenig.

Ebenfalls auf den englischsprachigen Markt zugeschnitten ist das Lexikon »Augustine through the Ages«41, das ansatzweise auch die Wirkungsgeschichte berücksichtigt. Die Qualität der Artikel ist naturgemäß unterschiedlich, an einigen Stellen ist der Forschungsstand nur teilweise repräsentiert. Das Werk ist in mancher Hinsicht ein abschreckendes Beispiel für die bedenklich wachsende Nicht-Internationalität amerikanischer Forschung, die nicht-englischsprachige Literatur kaum noch zur Kenntnis nimmt. Zudem pflegt das Nachschlagewerk eher einen essayistischen Stil, als dass es bem üht wäre, in präziser Dichte eine möglichst große, auf die Quellen gestützte Materialdichte zu erreichen. So kommt z. B. der Artikel »Grace« mit nur wenigen Quellenangaben aus, gerade Simpl. 1,2 fehlt.42 Entscheidend ist hingegen ein »Christianized Plotinian schema« (392). Andere Artikel fehlen gleich ganz (z. B. die Stichworte Apuleius, Rufinus Syrus oder Indiculus43), andere strotzen vor Fehlern (so liest man z. B. im Artikel Luther, dieser sei schon 1540 gestorben und habe um 1516 die Amerbach-Ausgabe von 1550 benutzt).44 Als Hilfsmittel erweist sich das Werk also als nicht immer ganz zuverlässig.
Auf dem deutschen Markt ist als eine einführende Lektüre insbesondere die kleine Darstellung von Therese Fuhrer zu nennen.45 Die Dichte und Qualität der Darstellung sowie das didaktische Geschick sind bemerkenswert. Fuhrer kombiniert eine Gesamtdarstellung, die in Details notwendigerweise knapp bleiben muss, mit einer besonderen Aufmerksamkeit für die Confessiones (auf insgesamt knapp 50 von 170 Seiten) und die Frühschriften (22 von 170 Seiten). Die geistige Entwicklung des frühen Augustin bis 400 kommt so besonders in den Blick. Dabei wird der literarischen Gestaltung der Confessiones, die nicht einfach als Autobiographie ausgewertet werden, besondere Aufmerksamkeit zuteil. Zus ätzlich gibt Fuhrer eine Orientierung über wichtige Auseinandersetzungen und Kontroversen der späteren Zeit. Übersichten (Werkübersicht: 57 –63; Vita Augustins: 15 f.; Schulbildung: 24; Inhalt von De civitate Dei: 140; Exegetica: 156 f.), Karten, Tabellen und eine sortierte Bibliographie erleichtern die Weiterarbeit. Kurzum, das Buch ist ein hervorragendes Arbeitsmittel. – Auf das von mir 2007 herausgegebene Augustin Handbuch46 kann ich hier natürlich nur verweisen.

b) Forschungen zu wichtigen Werken bzw. Themen
Was die Forschung zu Augustin in den letzten 10 bis 15 Jahren besonders kennzeichnet, sind neue Monographien zu zentralen Werken und Themen Augustins. Dies betrifft insbesondere De trinitate und die Confessiones, sodann die Gnadenlehre und (in geringerem Maße) auch De doctrina christiana. – Zu De trinitate sind in den letzten Jahren mit den Arbeiten von Brachtendorf, Studer und Kany gleich drei Monographien erschienen.
Brachtendorfs47 Zugriffsweise ist dabei bewusst philosophisch. Im Fokus stehen die Vorstellung der mens und die dabei zu Tage tretende Geistmetaphysik. Brachtendorf positioniert sich zum einen gegen eine Relativierung der Argumentation als exercitatio animi (die einen Anspruch auf Kohärenz gar nicht beanspruchen wolle), zum anderen gegen eine exklusiv theologische Deutung, die die philosophischen Erl äuterungen als zum Glauben hinzutretende Fingerübung erscheinen lässt (vgl. 8–13). Zentrale These ist, dass Augustin in trin. eine Sicht auf die mens humana entwirft, die eine Selbstdurchdringung ermöglicht, die sich als Identitätspunkt der menschlichen Seele (allem Denken und Handeln vorgängig) und als Ebenbildlichkeit Gottes erweist. Letzteres verweist darauf, dass der Selbstbezug der mens humana trinitarisch strukturiert ist und gerade darin eine Entsprechung zur göttlichen Trinität aufweist.
Klar formuliert wird diese These in Abgrenzung von Plotin: Plotin entwickle den Selbstbezug vom göttlichen Nous aus, der Aufstieg der Seele zur Selbstbewusstheit ist nur als Entindividualisierung denkbar. Im Unterschied dazu geht Augustin von der Seele aus, der Aufstieg der Seele f ührt nur zu dem Bild der Trinität, verbleibt also im Endlich-Individuellen (52 f.). Diese Grundthese führt Brachtendorf anhand einer Analyse von trin. 5–15 durch, wobei die traditionelle Terminologie (una substantia sowie der Begriff der drei Personen) in trin. 7–8 deutlich relativiert wird. Dies bereitet den Boden für den Neuansatz ab trin. 9. Das Verdienst der Arbeit liegt darin, eine konzeptionell geschlossene Struktur von trin. 5–15 vorgelegt zu haben, die deren innere, argumentative Kohärenz transparent macht. Die Argumentation ist dabei zugleich eine theologische wie eine philosophische Anthropologie. Nicht die Psy chologie wird zur eigentlichen Folie der Argumentation, sondern eine bestimmte Form von Geistanalyse und Selbstreflexivität. Zugleich werden die Konvergenzen und Divergenzen zu Plotin klar benannt.
Einen deutlich anderen Akzent setzt z. B. Studer.48 Er konzentriert sich genau auf den Teil, den Brachtendorf ausgeklammert hatte, auf trin. 1–4. Augustin gehe es um ein angemessenes Verständnis des biblischen Zeugnisses. Ob der biblische Bezug in der Analyse von trin. bei Brachtendorf zu kurz kommt, darüber lässt sich streiten, und das Verdienst der Analyse von Studer ist es, auf die inhaltliche Bedeutung von trin. 1–4 hinzuweisen, doch kann man umgekehrt sagen, dass Studers Zugriff so stark auf trin. 1–4 beschränkt bleibt, dass das theologische wie philosophische Potential der Analysen ab trin. 9 nicht deutlich wird. Studer, der in seiner Einleitung die Ergebnisse der Arbeit von Kany kritisiert (wobei er auf das unveröffentlichte Manuskript zurückgreift), geht von bestimmten Termini aus und stellt das Unterfangen von trin. als forschendes, sich einübendes und reinigendes Meditieren auf biblischer Grundlage dar. Ähnlich wie in anderen Arbeiten hebt Studer den Bezug zur Rhetorik und zur Geschichtsschreibung hervor. Damit will er verdeutlichen, dass trin. nicht wie eine theologische Summe zu lesen ist, sondern als Anleitung eines antiken Lesers, der in seinen Denk- und Lesegewohnheiten »abgeholt« und christlich überformt wird. Anschließend beschäftigt sich Studer mit den Sendungen des Sohnes und des Heiligen Geistes und den Eigenheiten von Vater, Sohn und Geist sowie einigen weiteren zentralen Themen, die allerdings eher angedeutet werden.
Eine Art »Kassensturz« der Forschung zu De trinitate bietet Roland Kany.49 Nach kurzen Bemerkungen zu Textausgaben schließt sich Kany mit leichten Modifikationen der Datierung von La Bonnardière an. Das ist methodisch nicht unproblematisch (vgl. unten zu Hombert, Nouvelles Recherches) und berücksichtigt vor allem nicht die (ohnehin extrem dichte) Chronologie der Jahre 411–414. Die eigenen Bemerkungen zur Chronologie ragen über vage Zu ordnungen auf Grund inhaltlicher Parallelen nicht hinaus.
In einem recht umfangreichen, sehr materialreichen Kapitel geht Kany dann die möglichen Quellen durch, die Augustin ge kannt haben könnte, und zwar sowohl die positiven Einflüsse als auch die Gegner, gegen die er sich abgrenzt, wobei die Unterscheidung in paganes Schrifttum, griechische und lateinische Patristik und (davon unterschiedene) griechische und lateinische Synodaltexte sowie »Nichtnizänische Theologie« nicht ganz einleuchtet. Kany trägt hier die Einzelbeobachtungen zur Kenntnis der einzelnen Texte zusammen und hat den apparatus fontium in der Corpus Christianorum-Ausgabe durchgeprüft. Der Hauptteil der Monographie bietet dann die Darstellung der Forschungsgeschichte. Wer einen umfassenden, gebildeten Zugriff auf die Forschungsliteratur zu trin. haben möchte, ist hier bestens bedient.
In einem Schlusskapitel umreißt Kany seine eigene Sicht von De trinitate. Nach einigen einleitenden Bemerkungen zur Nichttrennbarkeit von Theologie und Philosophie für Autoren der Spätantike skizziert Kany die biographische Verortung von Augustins trinitätstheologischem Denken, eine Analyse ausgewählter Kernstellen (etwa des Eingangsgebets der sol., des Schlusses von vera rel. oder conf. 13) unterbleibt aber. Die philosophiegeschichtliche Skizze endet mit den Problemen der Vermittlung zwischen Einem und Nous, jedoch ohne die Problematik des Anonymen Parmenides kommentars oder der sethianischen Gnosis zu bedenken. Die Skizze der theologischen Diskussionen, insbesondere im Westen des 4. Jh.s, führt zu dem Ergebnis, dass der Trinitarische Streit keineswegs durch theologische Argumente oder begriffliche Konzeptionen entschieden wurde (474 f.). Dementsprechend stuft Kany De trinitate als »Krisis und Neubeginn des Trinitätsdenkens« ein und skizziert in gedrängter Form den Gedankengang von trin. 1–7.

Vieles bleibt nur angedeutet, etwa die behauptete Abhängigkeit Augustins von Gregor von Nyssa, Ad Ablabium quod non sint tres dei (504 f., die Parallele der Einwände wird ebd. gerade nicht gezeigt, der Vergleich mit den Goldtalern bei Gregor und den Goldstatuen bei Augustin geht über einige allgemeine Punkte nicht hinaus). Anschließend wird eine Art innerer Sachlogik für die Argumentation der Bücher VIII–X entwickelt, die in zwölf Schritte gegliedert wird. Diese Passage ist eher eine Inhaltsangabe und Skizze auf hohem Niveau als eine eigentliche Textanalyse. So hilfreich Kanys Buch für die Forschungsgeschichte also ist, so wenig ist sein Buch eine substantielle Hilfe bei der Arbeit an einzelnen Textabschnitten von trin.

Anders als zu De trinitate ist der Strom der Veröffentlichungen zu den Confessiones nie unterbrochen worden. Gleich mehrere Kommentare liegen vor,50 so dass die Confessiones das mit Abstand am besten untersuchte Werk Augustins sind. 51 Eine allgemeinverständliche Einleitung, fast eine lecture annotée, hat Johannes Brachtendorf vorgelegt, der nicht nur die Grundgedanken prägnant wiedergibt, sondern auch eine Fülle von Bezügen zur späteren Philosophiegeschichte herstellt.52 Die Frage nach der Gattung und Intention der Confessiones ist gleichwohl nach wie vor umstritten. Die Diskussion ist insbesondere von Erich Feldmann vorangetrieben worden, der die Confessiones als Protrepticus bestimmte,53 was auf ein geteiltes Echo gestoßen ist. Während z. B. ich selbst dies aufgegriffen habe und die protreptische um eine apologetisch-verteidigende Dimension (gegen Vorw ürfe im Hinblick auf seine manichäische Vergangenheit) ergänzt wissen wollte,54 zeigt sich z. B. Johannes Brachtendorf in seiner Darstellung eher skeptisch.55 Ebenfalls skeptisch gegen über einer Einstufung als Protrepticus zeigt sich die weiterführende Darstellung von Annemaré Kotzé.56
Ihr Ansatz besteht darin, nicht einfach nach Gattungskriterien, sondern nach dem »communicative purpose« zu fragen. Damit greift Kotzé Techniken moderner Literaturwissenschaft auf (in einer Mischung aus der Frage nach der Textpragmatik und nach Texten als Verdichtungen von Kommunikationsgeschehen). Zentrale These des so gew ählten Zugangs ist, dass der Manichäismus nicht nur als Negativfolie auftaucht, gegen den sich Augustin absetzt (diese antimanich äische Tendenz sieht Kotzé gleichwohl auch als gegeben an), sondern Manichäer auch als »intended audience« zu begreifen sind. Damit rückt Kotzé die conf. deutlich aus der binnenkirchlichen Perspektive heraus, ihre protreptische Tendenz bezieht sich gerade auch auf Leser manich äischer Provenienz. Ansatzpunkt für diese These ist die Auslegung von Ps 4 in conf. 9,8–11. Kotzé zufolge sind neben der vordergründig kritischen Bezugnahme gerade auch Hinweise auf eine positiv-werbende Bezugnahme auf den Manich äismus festzustellen. Dies wird man diskutieren können (mir erscheint die kritisch-abgrenzende, die Manichäer latent eher ausschließende Tendenz doch dominanter zu sein, als Kotzé es darstellt), doch ergibt sich von hier aus eine interessante Perspektive auf die conf. insgesamt. Insbesondere vermag Kotzé auf diese Weise deutlich herauszuarbeiten, wieso Augus tins Vergangenheit einerseits und die Auslegung von Gen 1 an dererseits in den conf. zusammenfließen.
Vom Blickpunkt der Schrifthermeneutik aus hat Bochet einen Beitrag vorgelegt, der sich schwerpunktartig mit den Confessiones befasst.57 Unter dem Titel »Le firmament de l’Écriture« entwirft Bochet eine »herméneutique augustinienne«. Mit dem »Firmament« greift Bochet Augustins allegorische Deutung des Firmaments aus Gen 1,6 auf die Schrift hin auf. Ziel ist zu zeigen, wie stark sich Augustins Denken einem bestimmten hermeneutischen Zugriff auf die Schrift verdankt. Hinter dem Begriff »Hermeneutik« steht vor allem Paul Ricœur, demzufolge Schriftverständnis und Selbstdeutung ineinander verschränkt sind: »Comprendre, c’est se comprendre devant le texte«. 58 In Anknüpfung an bereits veröffentlichte Aufsätze zu De spiritu et littera und De gratia novi testamenti (= ep. 140) entwickelt Bochet einen »cercle herméneutique«: »interpretation spirituelle« der Schrift und »transformation du croyant par la grâce«59 gehen Hand in Hand. Dies erklärt in Bochets Augen, wieso Augustin die heilsgeschichtliche Gesamtdeutung parallel zur individuellen Heilsgeschichte versteht.
Von hier aus rückt Bochet die Verwendung von Röm 7,22–25 in ein neues Licht. Dabei teilt sie den Konsens der modernen Augustinforschung, demzufolge eine Aufteilung der Deutung von Röm 7,22–25 in eine Früh- und eine Spätphase den Befund bei Augustin nur unzureichend wiedergibt. Dies kann Bochet nun allerdings noch erheblich präzisieren, indem sie die Deutung in den frühen Schriften auf das Unvermögen, den Schritt der Bekehrung und endgültigen Hinwendung zu Gott selbst vorzunehmen, bezieht; dieser Schritt wird dann ab 394 zunehmend und auf dem Hintergrund der Vier-Stadien-Lehre in exp. prop. Rm. auf den »Nicht-Bekehrten« insgesamt bezogen. Durch den Vergleich mit der Verwendung bei Fortunatus stellt Bochet die Hypothese auf, dass die Bezeichnung des vierten Stadiums in pace gerade durch eine entsprechende Deutung von Röm 7,25b bedingt ist. Von dieser Grundlage aus deutet sie die conf. als Versuch, sich selbst vor dem Text zu deuten, wobei Paulus mit Röm 7 sowie die (mit der auf die Taufliturgie verweisenden) Schöpfungsgeschichte aus Gen 1 die Deutungsfolie abgeben. Dies ergibt als Gesamtdeutung der Confessiones: Die Deutung der eigenen Lebensgeschichte und der Schöpfungsgeschichte haben ihren Konvergenzpunkt in der eigenen durch Gottes Gnadenhandeln bestimmten Identit ät vor der Schrift. Erkauft ist der »hermeneutische« Zugriff allerdings mit einer weitgehenden Relativierung der Frage nach dem historischen Geschehen von 386. Zugleich best ätigt sich, dass die libri Platonicorum keineswegs als Auslöser der Bekehrung von 386 und Taufe von 387 zu verstehen sind, sondern von Augustin lediglich genutzt werden, um bestimmte Gedanken exakter zu formulieren.
Die Verhältnisbestimmung zur platonischen Philosophie verfolgt Bochet anhand von uera rel. und besonders von ciu. Interessant ist dabei der Hinweis darauf, dass die in ciu. 8 entwickelte Dreiteilung der platonischen Philosophie, die (wie bereits Hadot gezeigt hat) von Augustin mit der Trinit ät parallelisiert wird, vielleicht als Grundraster für die Deutung der Heilsgeschichte in ciu. 11–22 fungiert. Dies lässt sich wohl nur begrenzt systematisierend am Text von ciu. 11–22 zeigen, passt aber zu dem Grundanliegen Augustins, das Christentum als die im Grunde h öherwertige philosophische Konzeption vorzuführen. Mag man dies für ciu. 11–22 im Einzelnen auch hinterfragen wollen, so ist Bochet insgesamt jedoch, gerade im Bezug auf die Confessiones und die darin entwickelte Schrifthermeneutik, ein grundlegendes Werk gelungen, an dem sich die weitere Forschung orientieren wird.
Für die Untersuchung der Gnadenlehre sind in den letzten zehn Jahren gleich mehrere Monographien erschienen, die die durch die knappe Kommentierung von Simpl. 1,2 durch Kurt Flasch ausgelöste Diskussion weiterführten.60 Unter dem Titel »Logik des Schre ckens« hatte Flasch in gewohnt zugespitzter Weise einen Bruch im Denken Augustins diagnostiziert: Während der frühe Augustin Erkenntnis und ethische Vervollkommnung mit einem an Chris tus orientierten Weisheitsmodell verknüpft habe, wirft Augustin 397 dies alles über den Haufen, kehrt im Grunde zu einer dualistischen Weltdeutung zurück und hebt die Bedeutung des freien Willens auf. Damit sei eine Grundlage für eine Ekklesiologie geschaffen, die auch vor Gewaltanwendung nicht zurückschreckt. Auch die Ungläubigen dienen in dieser Sicht dem großen Erlösungswerk, ihr Tod bzw. ihre Bestrafung werden zu einer zynischen Seite der augustinischen Prädestinationslehre, einer »Logik des Schreckens«.
Dass Augustin in Simpl. 1,2 eine entscheidende Korrektur seines Denkens vornimmt, die gerade die Selbständigkeit des Menschen beim initium fidei betrifft, ist schon vor Flasch Konsens der Forschung gewesen. Das eigentliche Denkproblem Augustins war jedoch weniger, ob der Mensch überhaupt ein liberum arbitrium hat (das schien ihm seit seiner Ablehnung des Manichäismus festzustehen), sondern, was den Menschen bei dem Gebrauch desselben bestimmt (f ür Augustin stand seit Simpl. 1,2 fest, dass Gottes Erlösungshandeln Grund jeder guten Entscheidung ist, also auch des initium fidei; demnach ist die Verleihung des Glaubens Gnade und nicht Reaktion auf menschliches Verhalten bzw. Belohnung).
Eine jeweils umfassende Sicht hatten dann Lössl und Hombert vorgelegt.61 Lössl62 stellte als die eigentliche Wirkung der Gnade die Einsicht in die Notwendigkeit der Gnade heraus und bezeichnete dies als intellectus gratiae. Diese bei Augustin nur beiläufig vorkommende Wendung wird in der Darstellung von Lössl, gleichsam als Analogon zu intellectus fidei, zur Chiffre für eine Versöhnung von Erkenntnis und Gnade. Hombert63 hingegen geht von einer Untersuchung von 1Kor 4,7 und 1Kor 1,31 aus, die beide f ür Augustin wichtig sind, auch wenn sie vor 400 kaum miteinander verbunden werden. Hombert gelingt es zu zeigen, dass die in 1Kor 4,7 ausgedr ückte Haltung passiver Rezeptivität von Augustin als Grundhaltung der Gnadenlehre angesehen wird, ja er sieht hierin sogar das eigentliche movens für die Veränderung in seinem Denken in Simpl. 1,2, die er historisch (wie einige andere Augustinforscher) auf Tyconiuslektüre zurückführen möchte.

An beide Arbeiten lässt sich allerdings die Frage richten, ob damit die Motive für die Veränderung in Simpl. 1,2 umfassend beschrieben sind. Zwar beinhaltet die augustinische Gnadenlehre immer wieder auch Elemente der Erkenntnis, doch relativiert die Gnadenlehre die Bedeutung der Erkenntnis insgesamt, die mit dem Gedanken des Gesetzes und des Eschatons verbunden wird. Und natürlich soll die Haltung gegenüber der Gnade eine rezeptive, dankbardemütige sein, doch erklärt dies noch nicht, wieso Augustin das initium fidei nun ganz auf das Gnadenhandeln Gottes zurückführen möchte. Entsprechend suchte meine Darstellung der Entstehung der Gnadenlehre Augustins 64 nach einem perspektivischen Punkt, der die Veränderung plausibilisiert. Hierfür hielt ich weder den Gedanken der Erkenntnis noch den einer Frömmigkeitshaltung für ausreichend, sondern meinte, auf eine bestimmte Prägung des Gottesbegriffes hinweisen zu müssen. Gott wird von Augustin nicht nur als zeitloses Gut verstanden, vielmehr hat seine Inkorruptibilität gleichsam eine dynamische Seite: Gott wird als alles bestimmendes Zentrum verstanden, das sich in der Geschichte des Einzelnen wie der Heilsgeschichte nach und nach durchsetzt. Diesen durch Plotinrezeption und die Auseinandersetzung mit dem Manich äismus entwickelten Gedanken wendet Augustin nach und nach auf alle Bereiche des Erlösungshandelns an, 397 auf das initium fidei.

Versuchen diese drei Arbeiten eine interne Plausibilität für die Entwicklung der Theologie Augustins namhaft zu machen, die die Kontinuitäten genauso beachtet wie die Veränderungen, so zeichnet die Analyse von Lettieri wieder einen scharfen Bruch,65 wie bereits der Titel »L’altro Agostino« zeigt: Der erste Augustin kon zipiert ein auf Erkenntnis und Vervollkommnung setzendes Er lösungsmodell, das in großer Nähe zum Platonismus steht, der zweite Augustin wirft dies alles über den Haufen. Der Clou von Lettieris These ist nun die Behauptung, dieser Bruch sei in dem Abbruch von doctr. chr. greifbar. Das dort entwickelte Modell einer Schrift- und Welthermeneutik, die den Menschen zur Erlösung führen soll, sei Augustin nach seiner Bischofswahl zutiefst zweifelhaft geworden, und er habe diese Krise durch einen radikalen Wechsel seiner Erlösungsvorstellung gelöst, die er erstmalig in den Confessiones und dann in dem späteren Teil von doctr. chr. entwickelt habe. Das Verdienst von Lettieris Arbeit besteht sicherlich darin, die Frage nach dem Zusammenhang der Gnadenlehre mit De doctrina christiana gestellt zu haben. Allerdings ist m. E. fraglich, ob der von Lettieri behauptete »altro Agostino« in der zweiten, späteren Hälfte von doctr. chr. wirklich zu finden ist. Auch bleibt m. E. die Schärfe des Bruches unverständlich. Zugleich werden die Kontinuitäten in der Paulusauslegung m. E. zu wenig beachtet. Die Diskussion um die Deutung und Gewichtung der Ver änderung von 397 wird an diese Fragen anknüpfen müssen.
Zum Pelagianischen Streit ist schließlich die Arbeit von Ogliari66 zu nennen, die den Auseinandersetzungen um Augustins Gnadenlehre nachgeht, die ab dem 16. Jh. als »Semipelagianischer Streit« bezeichnet werden. Ogliari bringt den Widerstand gegen Augustins Prädestinationslehre mit den monastischen Vorstellungen in Verbindung, wie sie sich insbesondere bei Johannes Cassian, Conlationes XIII finden lassen. Ogliari hat damit ein Forschungsfeld angeschnitten, in dem noch viel zu erforschen bleibt, n ämlich die Frage der ambivalenten Rezeption Augustins im 5. und 6. Jh.
Das Hauptwerk De doctrina christiana steht im Zentrum von Karla Pollmanns Untersuchung.67 Dabei kann sie zeigen, dass Tyconius’ Ansatz, eine speziell auf die Bibel ausgerichtete Hermeneutik zu entwickeln und hierf ür grammatisch-rhetorische Prinzipien zu »usurpieren«, eine Voraussetzung für Augustins Hermeneutik darstellt. Augustin will einem gleichsam wilden, sich als charismatisch legitimierenden Zugriff auf die Bibel wehren und entwirft hierf ür eine Art Lehrbuch, das sich gerade durch die konsequente Methode der Dihärese ausweist. Die besondere theologische Pointe dieses Entwurfes wird dann in dem Bezug zur caritas als dem entscheidenden »Normenhorizont« deutlich, auf dessen Hintergrund eine christliche eloquentia entwickelt wird.
Nur wenig bearbeitet ist hingegen nach wie vor das Hauptwerk De civitate Dei. Nach der Untersuchung von van Oort zur Herkunft der Vorstellung der beiden civitates68 ist nur wenig Weiterführendes erschienen.69 Zu nennen ist im deutschen Sprachraum immerhin der von Christoph Horn herausgegebene Sammelband.70 Ein philologisch-historischer Kommentar fehlt.71
Immerhin hat zu ciu. 1–5 jüngst Christian Tornau eine umfassende Untersuchung vorgelegt, in der er insbesondere die Argumentationstechnik Augustins untersucht.72 Er arbeitet dabei nicht nur die literarischen und rhetorischen Traditionen heraus, die Augustin in ciu. 1–5 einsetzt, sondern kommt auch zu einem detaillierten Gesamtbild der Argumentationsrichtung Augustins: Neben sich selbst als Autor hat er jeweils noch einen heidnischen Gegner (oft auch im Plural) im Blick sowie eine christliche Adressatengruppe, der die »Autorität eines Richters« (341) zugemessen wird. Dabei versucht Augustin nicht nur, diese Adressatengruppe zu überzeugen bzw. emotional zur Zustimmung zu bewegen, vielmehr mischen sich auch consolatorische (etwa im Hinblick auf die vergewaltigten sanctimoniales in ciu. 1, vgl. 186) und paränetische Züge (vgl. 303–305) hinein, die neben einer Beurteilung der Argumentation auch direkt auf den Leser einwirken. Damit ist es Tornau gelungen, nun auf Grund einer detaillierten philologisch-rhetorischen Analyse die Hypothese darzulegen, dass Augustin sich mit De civitate dDi nicht nur gegen Heiden abgrenzt, sondern insbesondere auf christliche Leser zielt, deren christliche Grundeinstellung er zu konsolidieren und zu vertiefen sucht. Zugleich wird der Adressat in eine fingierte dialogische Situation gestellt, in der die Gegeneinw ände erst nach und nach zum Vorschein kommen. Dies bedeutet auch, dass ein Thema erst nach und nach in seiner ganzen Bandbreite entwickelt wird (vgl. 341 f.).

c) Sonstige
Hier seien einige weitere Monographien genannt, die dem Rezensenten besonders wichtig zu sein schienen – ohne dass damit gesagt sei, andere Veröffentlichungen seien irrelevant.
Ein besonders verdienstvolles, weil unter Augustinforschern kontrovers diskutiertes Werk hat Hombert zur Chronologie vorgelegt.73 Er knüpft an die wichtigsten Arbeiten zur Chronologie an, die es seit Zarb gab, nämlich die Untersuchungen von La Bonnardière, die er fortsetzt und zugleich konsequenter anwenden möchte. Er schlägt eine »méthode des parallèles« (VII) vor. Diese Methode verwendet inhaltliche und sprachliche Parallelen zwischen zwei Werken und zieht dann unter bestimmten Voraussetzungen den Schluss, dass die beiden Werke auch entsprechend in zeitlicher Nähe entstanden sein müssen. Die Bedingungen, unter denen das gilt, sind Hombert zufolge die folgenden (vgl. VII f.): 1. Die zu beachtenden Parallelen sind spezifisch genug und gehören nicht einfach zu einer Schicht sich insgesamt durchziehender, augustinischer Gedanken und Wendu

Beiden Voraussetzungen ist m. E. nicht ohne Weiteres zuzustimmen. Zum einen ist fraglich, ob bestimmte Auslegungen nicht doch auch außerhalb eines engen Zeitfensters wieder auftauchen können, ob also, im Extremfall, Augustin nicht eine be sondere Auslegung, die er z. B. 398 in einer Predigt entwickelt hat, dann eben doch einfach 409 oder 415 wieder aufgreift, ohne dass sie sich in der Zwischenzeit nachweisen l ässt. Auch wäre es verdienstvoll, den Fällen nachzugehen, in denen Augustin Bibelverse in gut datierbaren, fast zeitgleichen Werken völlig verschieden auslegt. Mein Eindruck ist, dass Augustin seine Auslegung gerade sehr flexibel entwickeln kann. Zum anderen blendet Homberts Me thode aus, dass nur ein Bruchteil der Titel im literarischen wie im Predigtwerk mit Sicherheit zu datieren ist. Wendet man dann eine »méthode des parallèles« an, ist zu erwarten, dass die zufällig datierbaren Texte weitere, parallel wirkende Texte auch chronologisch an sich heranziehen. Diese Art »Staubsaugereffekt« der Methode der Parallelen verstärkt sich noch dadurch, dass ein größerer Teil der Predigten gar nicht überliefert ist.
Und in der Tat bestätigt die Lektüre von Homberts Buch diesen erwartbaren »Staubsaugereffekt« in geradezu verblüffender Weise. Hombert beschäftigt sich mit zwei Schwerpunkten, a) den Sermones Dolbeau, b) den Werken, die in retr. 2,6–26 besprochen sind. Mit Madec hält er die Reihenfolge der Bücher am Anfang von retr. 2 für nicht unproblematisch und schlägt einen Neuansatz in der Datierung vor. Ausgehend von der Idee, dass s. Dolbeau 26.24.25. 21.23.5 (die mit s. 51.361–361.352 und s. de utilitate ieiunii zu sam mengehören) vermutlich in den Winter 403/404 gehören, datiert Hombert einen Großteil der Werke, die man bisher gewohnt war, auf die Jahr 400–410 zu verteilen (mit erheblichen Unsicherheiten im Einzelnen), zum größeren Teil in die Monate Ende 403 bis Anfang 404. 403 bis Anfang 404 hätte Augustin demnach geschrieben: conf. 10–13, Quaestiones evangelicae, De catechizandis rudibus, Abschluss von De trinitate 1, De consensu evangelistarum, Contra epis tulam Parmeniani, Ad inquisitiones Ianuarii, De bono coniugali. Und natürlich gehört auch die Serie aus den Enarrationes in Psalmos, die La Bonnardière ins Jahr 409 datiert hat, mit der oben genannten Predigtreihe zusammen in den Jahres übergang 403–404. Während also in dieser kurzen Zeit jeden Tag dutzende von Seiten entstehen, lichtet sich das Bild anschlie ßend: Für 404 ist das Pensum noch erheblich, dann jedoch bricht dem von Hombert vorgelegten Bild zufolge die Produktivit ät fast ganz ein.

Hinzu kommt schließlich, dass Hombert seiner Methode ein hohes Maß an Präzision zuschreibt. So führen ihn z. B. Parallelen zwischen conf. 10, en. Ps. 36 und s. Dolbeau 26 sowie zwischen conf. 13 und en. Ps. 103,1 dazu, conf. 10–13 in die Jahreswende 403/404 zu setzen. Die Methode soll also geeignet sein, ein Datum 401 und 402 als unwahrscheinlich einzustufen und f ür 403 zu plädieren. M. E. ist das angesichts der komplexen schriftstellerischen Tätigkeit Augustins nicht zwingend. Dass bei einem Schriftsteller, der laut ep. 23*A nachweislich an mehreren Werken gleichzeitig gearbeitet hat, Texte und Werkteile über einen Zeitraum von zwei bis drei Jahren immer wieder mal auf dem Schreibtisch landen, bevor sie ihre endg ültige Form finden, und dass in Predigten auf Werke zurück gegriffen wird, die zwei bis drei Jahre früher abgeschlossen wurden, ist 403 genauso möglich und plausibel wie 2009. In ähnlicher Weise steht die Spätdatierung von trin. 2–4 nicht nur vor dem Problem, annehmen zu müssen, dass Augustin ab Winter 411/412 (nach Jahren der Passivität?) eine enorm intensive Tätigkeit aufgenommen hat (die Jahre 412–413 sind bereits mit den traditionellen Daten enorm eng gefüllt, was bei Hombert allerdings nicht be rück sichtigt wird)74.

Mag man auch der Methode von Hombert skeptisch gegenüber stehen, so bleibt sein Buch doch wertvoll, weil es eine Fülle von interessanten Vergleichen und in struktiven Textanalysen enthält. Die »méthode des parallèles« wird allerdings wohl nicht zum Konsens der Augustinforschung werden, weil sie ein zu starkes Zutrauen zu der Trennschärfe der Parallelen in der Feinjustierung der Chronologie hat und zugleich von Voraussetzungen getragen wird, die mit erheblichen Unsicherheiten belastet sind.
Stellvertretend für Werke, die das Œuvre Augustins im Hinblick auf Institutionen auswerten,75 sei das von Konrad Vössing vorgelegte Grundlagenwerk zum Thema »Schule und Bildung im Nordafrika der Römischen Kaiserzeit«76 genannt. Die althistorische Arbeit ersetzt in vielen Hinsichten die Studie von Marrou zum Ende der Bildung in der Sp ätantike.77 Vössings Analyse bietet zwei substantielle Vorteile: Zum einen wird die Fülle archäologischer Materialien angemessen berücksichtigt und aufgearbeitet, zum anderen beschreibt Vössing die Entwicklungen unter Verzicht auf historiographische Großstrukturen (etwa ein Dekadenzmodell für die Spätantike). Beides ermöglicht einen differenzierten Zugang zu der Materialfülle, die in vorbildlicher Weise erschlossen ist. Die philologisch-historische Zugehensweise zeigt sich schon in den Einleitungskapiteln, wo Vössing den griechischen und lateinischen Begriffen für Bildung und Schule nachgeht. Wichtigstes Er gebnis ist dabei, dass Bildung und Schule nicht als zwei distinkte Begriffsfelder verstanden werden, sondern in den Quellen ineinandergehen: Begriffe wie eruditio oder studium können demnach sowohl mit Institutionen verbundene Bildung in Schulen als auch Bildung als Grundausrichtung eines Lebenstypus bezeichnen.
Der eigentliche Reichtum erschließt sich dann in dem geographisch sortierten Teil (nach instruktiven Vorbemerkungen, die die geographische Ordnung erläutern). In präziser Weise wertet Vössing textliche und archäologische Zeugnisse aus, so entstehen materialreiche Abschnitte zu Orten wie Leptis Magna, Hadrumetum, Mactaris, Calama oder Hippo Regius. Fast die Ausmaße einer eigenen Monographie hat dann der Teil über Carthago. Diese Abschnitte sind für die Augustinforschung deswegen besonders wichtig, weil die Werke Augustins das umfangreichste literarische Corpus darstellen, das ausgewertet wird. Ein Schlussabschnitt lenkt den Blick auf das Ende lateinischer Literatur aus Nordafrika im 6. Jh., wof ür Vössing einen Zusammenhang mit der justinianischen Eroberung herstellt.
Beachtet man die Vielzahl der Monographien zu Augustin, so lassen sich werkbezogene Arbeiten78 von thematischen Querschnitten unterscheiden. Für die werkbezogenen Arbeiten ist zunächst beachtlich, dass von altphilologischer Seite aus Werke Augustins stärker Beachtung finden. Dies schlägt sich insbesondere in dem Kommentar zu Acad. nieder, den Therese Fuhrer vorgelegt und Karin Schlapbach fortgesetzt hat. Dieser Kommentar ist in gewisser Weise richtungsweisend und könnte einen eigenen Forschungszweig begründen, nämlich eine intensive Textkommentierung, die auf die theologie- wie philosophiegeschichtlichen Be züge ebenso eingeht wie auf die sprachlichen Besonderheiten. Dass damit ein interdisziplinärer Zugang zu den Werken Augustins gewählt wurde, der den oben genannten Bedingungen besonders gut entspricht, liegt auf der Hand. Methodisch setzt J. Trelenbergs Kommentar zu De ordine diese Tradition fort, die auch auf weitere Werke Augustins Anwendung finden könnte und sollte. Generell würde ich dafür plädieren, in einen Kommentar auch eine Übersetzung einzuschließen. Im englischsprachigen Bereich wäre hier etwa die Arbeit von Plumer zum Galaterkommentar zu nennen, dessen Einleitung immerhin 120 Seiten umfasst und dann (allerdings teilweise deutlich zu knapp und l ückenhaft kommentiert) den lateinischen Text mit einer Übersetzung bietet.79
Hiervon zu unterscheiden sind längsschnittartige Monographien zu einzelnen Themen oder Werkgruppen. Das Thema kann dabei eher von einem Gedankenkomplex bzw. einem Begriff her angegangen werden, wie das etwa J. Trelenberg in seiner Untersuchung zum Begriff der Einheit beim frühen Augustin oder Weissenberg zum Thema des Friedens tut.80 Robert Dodaro nähert sich z. B. der Ethik Augustins vom Gerechtigkeitsbegriff aus.81 Bei seiner, zunächst von ciu. ausgehenden Untersuchung arbeitet er heraus, dass Augustin in der Art und Weise, wie er Gerechtigkeit und Gemeinwesen aufeinander bezieht, von Cicero abhängig ist, diesen aber zugleich transformiert, indem die Tugend auf Christus zu rückzuführen und als Demut zu beschreiben ist. Dass Dodaro hiermit einen äußerst vielseitigen Schlüssel zum Verständnis von ciu. in den Händen hält, zeigt sich nicht zuletzt an seiner Deutung der ersten Bücher von ciu., wo er ignorantia et difficultas und – als deren Folge – Furcht vor dem Tod als die eigentlichen »limits« der nach Tugend strebenden Seele herausarbeitet. Ist damit bereits das gnadentheologische Thema angesprochen, kontextualisiert Dodaro ciu. im Pelagianischen Streit. Hierzu arbeitet et insbesondere das unterschiedliche Verst ändnis der Bedeutung der Christologie heraus, das er besonders auch unter Heranziehung der Gegen überstellung von exemplum und sacramentum deutet.
Zur Frage, welche Rolle Frauen in der Geschichte gespielt haben, hat für die Augustinforschung Larissa Seelbach viel geleistet.82 Seelbach geht das Thema weitgehend unideologisch und histo­risch ausgerichtet an. Auf der einen Seite untersucht sie besonders die Frauengestalten, die im literarischen Œuvre Augustins auftauchen, auf der an deren Seite untersucht sie die theologische Bewertung der »Frau« im Zusammenhang der Anthropologie und der Genesisauslegungen. Ausdrücklich distanziert sie sich von Versuchen, die das Thema »Frau« bei Augustin von seiner Haltung zur Sexualität oder zur Ehe her bestimmen. An historischen Frauengestalten im Leben Augustins besch äftigt sie sich mit Monnica, der Konkubine und Mutter des Adeodatus sowie verschiedenen weiteren. Die prosopographischen Teile tragen so gut wie alle verf ügbaren Informationen zusammen, die sich im literarischen Werk Augustins finden. Der weitgehend hagiographische Kontext und die dadurch evozierte weitreichende Phantasie in der Sekund ärliteratur wird dabei zum größten Teil kritisch bewertet – allerdings hätte Seelbach hier noch kritischer sein und dem Namen Perpetua für die Mutter des Adeodatus, dem »Lebemann« Patricius und anderen Details endgültig den Abschied geben dürfen. Gerade auch für Monnica hätte man sich eine stärkere Berücksichtigung der literarischen Stilisierung in den confessiones gewünscht. Gleichwohl ist das Buch die verlässliche einschlägige Darstellung zum Thema.83
Angeregt von der Antisemitismusforschung hat Paula Fredriksen84 ihre Arbeiten zur frühen Paulusexegese Augustins in einer neuen Monographie erweitert. Sie geht dabei in drei Schritten vor: In einem ersten Teil beschreibt sie die Verortung des Judentums im Imperium Romanum, in dem es vielfach gut vernetzt und etabliert war. Gerade dadurch wird das Christentum zum Problem, weil es nicht mehr klar als Judentum eingestuft werden kann, ohne aber schon seinerseits von den Erwartungen der r ömischen Gesellschaft ausgenommen zu sein. Dann geht Fredriksen in einem zweiten Teil von der Debatte Augustins mit Fortunatus aus. Sie verweist darauf, dass der Manichäismus (in Nordafrika) sich als reine Form des Christentums gerieren konnte und das ihm entgegentretende (donatistische wie caecilianische bzw. »katholische«) Christentum als durch jüdisches Gedankengut verunreinigt angriff. Zugleich war der »Sieg« Augustins in der Debatte vielleicht nicht so deutlich, wie die Akten glauben machen wollen. Insbesondere der klare Schriftbezug des Fortunatus könnte Augustin angeregt haben, nach einem ad litteram geschehenden exegetischen Zugriff zu su chen. Die Rezeption von Tyconius sowie die in mehreren Anläufen erfolgende Annäherung an den Römerbrief und die Genesis führen dann schließlich zu einem exegetischen Zugriff, der die aus Mailand mitgebrachten Denkvoraussetzungen (Ambrosius und Plotin) mit einer bestimmten Form des Biblizismus zusammenbrachte. In diesem Sinne untersucht Fredriksen nicht nur die fr ühe Paulusexegese, in der sie Simpl. für den Endpunkt einer in sich logisch voranschreitenden Entwicklung hält, sondern auch die Confessiones, für die sie den Gottesbegriff als zentral ansieht, dessen Auswirkungen im individuellen Leben dargestellt werden. Dieser Zugriff hat weitreichende Konsequenzen für die Beurteilung des Judentums. Anders als Justin oder Tertullian, bei denen ein rhetorischer Abgrenzungsimpuls zum Judentum vorherrscht, kommt Augustin zu einer eingeschränkt positiven Bewertung des Judentums wie des Gesetzes, weil er beides in seine Sicht der Geschichte überhaupt einbezieht. Dies zeigt sich insbesondere in der Auseinandersetzung Augustins mit den Capitula des Faustus, die Fredriksen im dritten Kapitel analysiert.

Fredriksens Monographie ist für ein breiteres Publikum geschrieben, Forschungskontroversen und Einzelnachweise werden nur vereinzelt in den Anmerkungen aufgegriffen, nicht-englischsprachige Literatur bleibt weitgehend unzitiert. Doch ist die Darstellung nicht unkundig und hat z. B. auch die modernere Manich äismusforschung rezipiert. Manches hätte Fredriksen sogar noch stärker pointieren können, etwa, dass Mani, folgt man dem Bild des Kölner Mani-Kodex, sich selbst als besseren Paulus verstanden und gedeutet hat (gerade mit Bezug auf die Abgrenzung gegen eine Gesetzesreligion), oder dass die Paulusexegese schon sehr fr üh in ihrer antimanichäischen Ausrichtung nicht nur die Freiheit des Willens, sondern auch die Güte des Gesetzes herausarbeiten will. Doch entsteht mit Fredriksens Analyse der Paulusexegese und von Contra Faustum ein insgesamt interessantes Bild vom Denken Augustins zwischen 391 und ca. 401 und die Frage nach Augustins Verh ältnis zum Judentum wird auf eine neue Basis gestellt.

Dieser Literaturüberblick, mag er auch naturgemäß selektiv sein und subjektive Akzente setzen, muss gleichwohl ausreichen, um zu zeigen, welche Breite die Augustinforschung in den letzten zehn Jahren erreicht hat. Dies gilt sowohl im Hinblick auf die Editionen als auch im Hinblick auf monographische Forschungsbeitr äge. Die methodische wie interdisziplinäre Ergiebigkeit der Augustinforschung steht außer Frage. Die Fülle der theologischen Themen, für die es sich lohnt, das Werk Augustins heranzuziehen, ist immens, die historischen und philologischen Aspekte sind deutlich st ärker ins Blickfeld der Augustinforschung getreten. Das hat seine Bedeutung für die Patristik ebenso wie für die Theologie insgesamt.

Fussnoten:

*) In memoriam Goulven Madec.
1) Erreichbar unter http://www.augustinus.de unter der Rubrik »Literatur-Portal« (letztes Zugriffsdatum 4. März 2009).
2) Die Zeitschrift heißt seit 2004 »Revue des Études Augustiniennes et Patris tiques«.
3) Dies gilt insbesondere für die Deutsche Augustinus-Ausgabe, die Carl Jo hann Perl in den 1950er Jahren initiiert und weitgehend selbst vorangetrieben hatte.
4) Vgl. beispielsweise Rudolf Lorenz, Fruitio dei bei Augustin, Zeitschrift für Kirchengeschichte 63 (1950–51), 75–132; ders.: Die Herkunft des augustinischen Frui Deo, Zeitschrift für Kirchengeschichte 64 (1952–53), 34–60; ders.: Die Wissenschaftslehre Augustins, Zeitschrift für Kirchengeschichte 67 (1955–56), 29–60.213–251; ders.: Gnade und Erkenntnis bei Augustin, Zeitschrift für Kirchengeschichte 75 (1964), 21–78; Alfred Schindler, Wort und Analogie in Augustins Trinitätslehre, Hermeneutische Untersuchungen zur Theologie, Tübingen 1965 (rez. in ThLZ 91 [1966], 760); ders.: Querverbindungen zwischen Augustins theologischer und kirchenpolitischer Entwicklung 390-400, Theologische Zeitschrift 29 (1973), 95 –116; ders.: Art. Augustin/Augustinismus, Theologische Real enzyklopädie 4 (1979), 645–698.
5) Vgl. Gisbert Greshake, Gnade als konkrete Freiheit. Eine Untersuchung zur Gnadenlehre des Pelagius, Mainz 1972; Ulrich Duchrow, Christenheit und Weltverantwortung. Traditionsgeschichte und systematische Struktur der Zweireichelehre, Forschungen und Berichte der Evangelischen Studiengemeinschaft 25, Stuttgart 1970 (2., verb. Aufl. Stuttgart 1983; die 1. Aufl. wurde rez. in ThLZ 96 [1971], 935; die 2. Aufl. in ThLZ 108 [1983], 857).
6) Vgl. Otto Wermelinger, Rom und Pelagius. Die theologische Position der römischen Bischöfe im pelagianischen Streit in den Jahren 411–432, Päpste und Papsttum 7, Stuttgart 1975 (rez. in ThLZ 102 [1977], 44).
7) Dorothea Weber, Rezension CAG 2. Corpus Augustinianum Gissense 2, a Cornelio Mayer editum [...], ZAC 11 (2007), 573.
8) Cornelius Petrus Mayer (Hrsg.), Augustinus-Lexikon 1 (1986–1994), 2 (1996–2002), 3/1–4 (2004–2006) (Vol 1 u. 2 rez. in ThLZ 112 [1987], 730; 120 [1995], 450; 125 [2000], 525).
9) Die weit verstreuten Aufsätze von Madec sind jetzt übersichtlich zusam mengestellt in: Goulven Madec, Petites Études Augustiniennes. Préface de Jean Pépin, Collection des Études Augustiniennes. Série Antiquité 142, Paris 1994, und Madec, Goulven: Lectures augustiniennes. Paris: Institut d’Études Augustiniennes 2001. 388 S. gr.8° = Collection des Études Augustiniennes. Série Antiquité, 168. ISBN 978-2-85121-192-7.
10) Vgl. Claude Lepelley (Hrsg.), Les Lettres de saint Augustin découvertes par Johannes Divjak. Communications présentées au colloque des 20 et 21 septembre 1982, Études Augustiniennes, Paris 1983; Fürst, Alfons: Augustins Briefwechsel mit Hieronymus. Münster: Aschendorff 1999. X, 289 S. = Jahrbuch für Antike und Christentum, Erg.-Bd. 29. Geb. EUR 48,10. ISBN 978-3-402-08113-6; ders.: Einleitung, in: Augustinus – Hieronymus. Epistulae Mutuae – Briefwechsel, Erster Teilband, übers. u. eingel. v. A. Fürst, Fontes Christiani 41/1, Turnhout 2002, 9–95 (rez. in ThLZ 128 [2003], 685); vgl. kritisch zur Bestimmung des Kanons als Gegenstand durch F ürst, Augustins Briefwechsel, 140, Anm. 361.
11) Vgl. zum Stand der Forschung, insbesondere unter Berücksichtigung der sermones Dolbeau: Goulven Madec (Hrsg.): Augustin prédicateur (395–411). Actes du Colloque International de Chantilly, 5–7 septembre 1996, Collection des Études Augustiniennes. Série Antiquité 159, Paris 1998. Eine Analyse exegetischer Techniken in den en. Ps. hat vorgelegt Michael Fiedrowicz, Psalmus vox totius Christi. Studien zu Augustins ›Enarrationes in Psalmos‹, Freiburg i. Br. 1997. Die weit verstreuten wichtigen Einzelbeiträge von François Dolbeau sind jetzt praktisch zusammengestellt in: Dolbeau, François: Augustin et la prédication en Afrique. Recherches sur divers sermons authentiques, apocryphes ou anonymes. Paris : Institut d ’Études Augustiniennes; Turnhout: Brepols 2005. VII, 686 S. gr.8° = Collection des Études Augustiniennes. Série Antiquité, 179. Kart. EUR 69,19. ISBN 2-85121-210-9.
12) Vgl. z. B. zur Transformation des Bildungswesens im lateinischsprachigen Teil des Imperium Romanum: Peter Gemeinhardt, Das lateinische Chris tentum und die antike pagane Bildung, Studien und Texte zu Antike und Chris tentum 41, Tübingen 2007 (rez. in ThLZ 133[2008], 1348).
13) Sancti Aurelii Augustini Opera. Sectio II, Pars 6. Epistolae ex duobus codicibus nuper in lucem prolatae, recensuit Johannes Divjak, CSEL 88, Wien 1981; Sancti Aurelii Augustini Opera. Sect. I, Pars 4. Soliloquiorum libri duo. De inmortalitate animae. De quantitate animae, recensuit Wolfgangus H örmann, CSEL 89, Wien 1986 (rez. in ThLZ 113 [1988], 278); Sancti Aurelii Augustini Opera, Sect. VI, Pars 7. De moribus ecclesiae catholicae et de moribus Manichaeorum libri duo, recensuit Johannes B. Bauer, CSEL 90, Wien 1992 (rez. in ThLZ 119 [1994], 328); Sancti Augustini Opera. De Genesi contra Manichaeos, edidit Dorothea Weber, CSEL 91, Wien 1998; Sancti Augustini Opera. Augustinus Contra sermonem arrianorum praecedit sermo arrianorum, ed. M. J. Suda; De correptione et gratia, ed. G. Folliet. Wien: Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften 2000. 284 S. 8° = Corpus Scriptorum Ecclesiasticorum Latinorum, 92. Kart. EUR 50,43. ISBN 978-3-7001-2900-4.
14) Vgl. Michael M. Gorman, The Manuscript Tradition of Augustine’s De Genesi contra Manichaeos, Revue des Études Augustiniennes 47 (2001), 303–311.
15) Sancti Augustini Opera: Enarrationes in Psalmos 1–50. Pars 1A: Enarrationes in Psalmos 1–32 (Expos.), ed. C. Weidmann. Wien: Verlag d. Österr. Akademie d. Wissenschaften 2003. 409 S. 8°= CSEL 93/1A. Kart. EUR 72,50. ISBN 978-3-7001-3161-8.
16) Sancti Augustini Opera: Enarrationes in Psalmos 51–100. Pars 1: Enarrationes in Psalmos 51–60, ed. H. Müller. Wien: Verlag d. Österr. Akademie d. Wissenschaften 2004. 423 S. 8° = CSEL 94/1. Kart. EUR 79,00. ISBN 978-3-7001-3229-5.
17) Sancti Augustini Opera. Enarrationes in Psalmos 101–150. Pars 3: Enarrationes in Psalmos 119–133, edidit Franco Gori, CSEL 95/3, Wien 2001; Pars 4: Enarrationes in Psalmos 134 –140, edidit Franco Gori adiuvante Francisca Recanatini, CSEL 95/4; Enarrationes in Psalmos 141 –150, edidit Franco Gori adiuvante Iuliana Spaccia, CSEL 95/5, Wien 2005.
18) Siehe CSEL 95/3, 24–30; CSEL 95/4, 12–18; CSEL 95/5, 11–20.
19) Siehe CSEL 95/3, 25; CSEL 95/4, 14; CSEL 95/5, 13.
20) In CSEL 95/3 fehlt z. B. im Stemma die Handschrift B aus dem 7. Jh.; nicht klar ist, ob die als η zusammengefasste Gruppe oder der Subarchetyp Vorlage für ε sein soll (die Linie setzt unmittelbar oberhalb des Buchstabens η an), Kontaminationen werden nicht konsequent durch gestrichelte Linien angezeigt. Der Subarchetyp η fehlt dann in CSEL 95/4 (obwohl eine der hierunter gefassten Handschriften durchaus vorhanden ist), zugleich ist ε nicht mehr von einem erschlossenen γ (das nur zu erschließen ist, wenn ε und γ1 übereinstimmen, vgl. CSEL 95/3, 29), sondern von γ1 abhängig, wobei γ1 zugleich nur noch durch Paris BN lat. 12181 repräsentiert ist. Zudem ist δ jetzt durch Handschriften repräsentiert, die in CSEL 95/3 noch zu δ1 gehörten – wobei in CSEL 95/3 angenommen wurde, dass ε über η gerade nicht auf δ1, sondern auf δ2 zurückgeht. Gleichzeitig wechseln auch die Handschriften B (Vatikan lat. 5757) und K (K öln Dombibl. 67) ihre Zugehörigkeit und gehören nicht mehr zu δ, sondern plötzlich zum neuen Typus γ2, der sonst nur noch durch die beiden als β zusammengefassten Handschriften Paris BN lat. 1978 und Paris BN nouv. acq. 1441 gebildet wird (letztere beide setzen erst mit en. Ps. 134 ein). Wie sich die gestrichelte Linie zwischen Ω (!) und β und die durchgezogene Linie zwischen γ2 und β zueinander verhalten, bleibt unklar. Erneut verändert findet sich das Stemma in CSEL 95/5 wieder. Hier beruht ε jetzt auf einer Vorstufe von δ (ohne eigenen Buchstaben) und einer (jetzt durch gestrichelte Linie bezeichneten) Kontamination durch γ (nicht γ1). Der Subarchetyp β ist jetzt sowohl zu ω als auch zu γ durch eine gestrichelte Linie zugeordnet. Das hier vorgelegte Stemma müsste zur Elimination der Gruppen π (inkl. der Untergruppen α und δ) sowie ε führen, was jedoch nicht der Fall ist. Eine Beschreibung dessen, was zur Annahme von γ geführt hat, fehlt in diesem Fall völlig.
21) Sancti Aurelii Augustini Epistulae I–LV. Cura et studio K. D. Daur. Turnhout: Brepols 2004. XXXVIII, 268 S. gr.8° = Corpus Christianorum. Series Latina, 31. Geb. EUR 140,00. ISBN 978-2-503-00311-5; Sancti Aurelii Augustini Epistulae LVI–C. Cura et studio K. D. Daur. Turnhout: Brepols 2005. XVII, 266 S. gr.8° = Corpus Christianorum. Series Latina, 31A. Geb. EUR 130,00. ISBN 978-2-503-00313-9.
22) Die Marginalien auf den S. XXVIII–XXXI, die jeweils die benutzte Abkürzung anzeigen, sind jeweils um eine Seite verschoben, die von S. XXVIII gehören zu S. XXIX usw.
23) So bildet z. B. die Handschrift 69 (Cassino, Bibl. dell’Abbazia cod. 16 L) in ep. 37 eine Gruppe mit den Handschriften 1 (München Clm 6266) und 18 (Bamberg ms. Patr. 11 [B.III.8]), steht aber für ep. 38 gerade gegen diese beiden Handschriften. Nun ist ep. 37 der Widmungsbrief von Simpl. und ep. 38 ge hört zum Briefwechsel mit Hieronymus, die Differenz ist also durchaus möglich, doch wäre eine Bewertung des Textes von Handschrift 69 wünschenswert gewesen. Bisweilen geht die Elimination auch nicht weit genug, so ist f ür mich z. B. nicht erkennbar, worin der Wert von Handschrift 26 für ep. 21 liegen könnte.
24) Divjak, Johannes: Art. Epistulae, Augustinus-Lexikon 2 (1996–2002), 893–1057.
25) Sancti Aurelii Augustini Sermones de novo testamento (151–156): Sermones in epistolas apostolicas I, id est sermones CLI–CLVI secundum ordinem vulgatum inserto etiam uno sermone post Maurinos reperto, recensuit G. Partoens, secundum praefationis caput conscripsit J. L össl. Turnhout: Brepols 2008. CXCVII, 195 S. gr.8° = Corpus Christianorum. Series Latina, 41Ba. Geb. EUR 220,00. ISBN 978-3-503-00417-4.
26) Sancti Augustini Sermones de novo testamento (51–70A): in Matthaeum I, id est Sermones LI–LXX secundum ordinem vulgatum insertis etiam novem sermonibus post Maurinos repertis, ed. P.-P. Verbraken, L. de Connick, B. Coppieters ’t Wallant, R. Demeulenaere, recensuit sermonem LI F. Dolbeau. Turnhout: Brepols 2008. LXXVII, 550 S. gr.8 ° = Corpus Christianorum. Series Latina, 41Aa. Geb. EUR 285,00. ISBN 978-2-503-00413-6.
27) Demgegenüber bietet die zweisprachige Ausgabe von sermones-Gruppen durch Drobner textlich nur eine sehr begrenzte Verbesserung, da die Abweichungen gegen über dem Mignetext nicht genauer spezifiziert werden. Der Wert dieser Ausgabe liegt eher in der Übersetzung und im Kommentar, welcher allerdings recht unterschiedlich ausfällt. Vgl. z. B.: Drobner, Hubertus R.: Augustinus von Hippo. Predigten zum Buch der Sprüche und Jesus Sirach (Sermones 34–41). Einleitung, Text, Übersetzung und Anmerkungen. Frankfurt a. M. u. a.: Lang 2004. 299 S. m. Tab. 8° = Patrologia, 13. Kart. EUR 54,70. ISBN 978-3-631-52884-6. Mit philologisch ausgerichteter Kommentierung hat vier Predigten (s. 12.266.240.181) bearbeitet: Mechlinsky, Lutz: Der modus proferendi in Augustins sermones ad populum. Paderborn: Schöningh 2004. 291 S. = Studien zur Geschichte und Kultur des Altertums. Neue Folge, 23. Kart. EUR 39,90. ISBN 978-3-506-71784-9. Nur erw ähnt werden kann hier die Fortsetzung der Reihe »Augustinus – Der Lehrer der Gnade« sowie der Reihe »Augustinus. Opera – Werke« (bisher rez. in ThLZ 129 [2004], 1202, u. 130 [2005], 539, und in diesem Heft: s. o. 814).
28) Cf. hierzu die Fortsetzung der Reihe »Augustinus – Der Lehrer der Gnade« (Gegen Julian. VI Bücher. Text und Übersetzung, übertragen von Rochus Habitzky, bearb. u. hrsg. v. Thomas Gerhard Ring, ALG 4/1, W ürzburg 2005) und die vom Vf. und Johannes Brachtendorf hrsg. Reihe »Augustinus. Opera – Werke« (Augustinus. De vera religione – Die wahre Religion. Zweisprachige Ausgabe, eingel., übers. u. hrsg. v. Josef Lössl, AOW 68, Paderborn 2007).
29) Zu den wichtigsten Kongressen der letzten 20 Jahre vgl. Volker Henning Drecoll, Zum Stand der Augustinforschung, in: Drecoll, Volker Henning [Hrsg.]: Augustin Handbuch. Tübingen: Mohr Siebeck 2007. XX, 799 S. gr.8°. Kart. EUR 79,00. ISBN 978-3-16-148269-4, 13–18.
30) Vgl. Johannes Brachtendorf (Hrsg.), Gott und sein Bild – Augustins De Trinitate im Spiegel gegenwärtiger Forschung, Paderborn 2000.
31) Vgl. Johannes van Oort/ Otto Wermelinger/ Gregor Wurst (Hrsg.), Augus tine and Manichaeism in the Latin West. Proceedings of the Fribourg-Utrecht Symposium of the International Association of Manichaean Studies (IAMS), Nag Hammadi and Manichaean Studies 49, Leiden 2001 (rez. in ThLZ 128 [2003], 1171).
32) Dictionary of Manichaean Texts, vol. 1–4, Turnhout 1998–2006.
33) Gregor Wurst, Die Bema-Psalmen, Corpus Fontium Manichaeorum. Series Coptica 1,2/1, Turnhout 1996; Siegfried G. Richter, Die Herakleides-Psalmen, Corpus Fontium Manichaeorum. Series Coptica 1,2/2 Turnhout 1998; Sanctus Augustinus, Acta contra Fortunatum Manichaeum, Corpus Fontium Manichaeorum. Series Latina 2, Turnhout 2004.
34) Vgl. Stein, Markus [Hrsg.]: Manichaica Latina 1–3/2. Paderborn: Schöningh 1998; 2004; 2006. Bd. 1: Epistula ad Menoch. XVII, 95 S. = Abhandlungen d. Rhein.-Westf. Akademie d. Wissenschaften, Sonderreihe 27/1. Kart. EUR 34,90. ISBN 978-3-506-71473-2; Bd. 3: Codex Thevestinus. 328 S. = Abhandlungen d. Rhein.-Westf. Akademie d. Wissenschaften. Sonderreihe, 27/3,1. Kart. EUR 54,00. ISBN 978-3-506-71779-5; Bd. 3/2 : Codex Thevestinus. 81 S. m. Abb. Kart. EUR 14,90. ISBN 978-3-506-72982-8.
35) Vgl. Fuhrer, Therese [Hrsg.]: Die christlich-philosophischen Diskurse der Spätantike: Texte, Personen, Institutionen. Akten der Tagung vom 22.–25. Februar 2006 am Zentrum für Antike und Moderne der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg. Stuttgart: Steiner 2008. 438 S. = Philosophie der Antike, 28. Lw. EUR 65,00. ISBN 978-3-515-09083-4.
36) Vgl. Peter Brown, Augustine of Hippo. A Biography, Berkeley-Los Angeles 1967, deutsche Übersetzung: Augustinus von Hippo. Eine Biographie, aus d. Engl. v. Johannes Bernard u. Walter Kumpmann, Frankfurt a. M. 1973 (rez. in ThLZ 99 [1974], 192), erw. Neuausg. M ünchen 2000.
37) So z. B. noch Harrison, Carol: Rethinking Augustine’s Early Theology. An Argument for Continuity. Oxford: Oxford University Press 2006. 318 S. gr.8°. Geb. £ 74,00. ISBN 978-0-19-928166-4, hier: 14; vgl. hierzu Volker Henning Drecoll, Rezension zu Harrison, Rethinking, Vigiliae Christianae 63 (2009), 202 –210.
38) Vgl. Lancel, Serge: Saint Augustin. Paris: Fayard 1999. 792 S. EUR 29,00. ISBN 978-2-21360282-0.
39) Eine englische Übersetzung ist inzwischen erschienen: Lancel, Serge: St. Augustine. Transl. by A. Nevill. London SCM Press 2002. 700. S. £ 32,50. ISBN 978-0-33402866-6.
40) Vgl. O’Donnell, James J.: Augustine. A New Biography. New York: HarperCollins 2005. 432 S. US$ 14,95. ISBN 978-0-06053538-4; hier: 227.
41) Vgl. Allan D. Fitzgerald (Hrsg.), Augustine through the Ages. An Encyclopedia, Grand Rapids-Cambridge 1999.
42) J. Patout Burns, Grace, in: Fitzgerald, Augustine (wie Anm. 41), 391–398.
43) Der ind. ist im Artikel Possidius unkritisch diesem zugeschrieben, vgl. Mark Vessey, Possidius, in: Fitzgerald, Augustine (wie Anm. 41), 668 f.
44) Philip D. Krey, Luther, Martin, in: Fitzgerald, Augustine (wie Anm. 41), 516–518.
45) Vgl. Therese Fuhrer, Augustinus, Klassische Philologie kompakt, Darmstadt 2004 (rez. in ThLZ 130 [2005], 1077). Eine noch deutlich knappere Einf ührung, die conf., trin. und ciu. sowie die Frühschriften zu umreißen sucht, hat vorgelegt: Kreuzer, Johann: Augustinus zur Einführung. Hamburg: Ju nius 2005. 192 S. kl.8°. Kart. EUR 13,50. ISBN 978-3-88506-609-5.
46) Vgl. Volker Henning Drecoll (Hrsg.), Augustin Handbuch, Tübingen 2007 (s. Anm. 29).
47) Brachtendorf, Johannes: Selbstreflexion und Erkenntnis Gottes. Die Struktur des menschlichen Geistes nach Augustinus De Trinitate. Hamburg: Meiner 2000. VI, 335 S. gr.8 ° = Paradeigmata, 19. Geb. EUR 68,00. ISBN 978-3-7873-1435-5.
48) Studer, Basil: Augustins De trinitate. Eine Einführung. Paderborn: Schöningh 2005. 237 S. Kart. EUR 32,90. ISBN 978-3-506-71395-7.
49) Vgl. Kany, Roland [Hrsg.]: Augustins Trinitätsdenken. Bilanz, Kritik und Weiterführung der modernen Forschung zu »De trinitate«. Tübingen: Mohr Siebeck 2007. XXII, 635 S. gr.8° = Studien und Texte zu Antike und Chris tentum, 22. Lw. EUR 99,00. ISBN 978-3-16-148326-4.
50) James J. O’Donnell, Augustine. Confessions, vol. 1. Introduction and Text, vol. 2. Commentary on books 1 –7; vol. 3. Commentary on Books 8–13. Indexes, Oxford 1992; Fondazione Lorenzo Valla (an Stelle eines Herausgebers), Sant ’Agostino: Confessioni, vol. 1–5, Mailand 1992–1997; Norbert Fischer/Cornelius P. Mayer (Hrsg.), Die Confessiones des Augustinus von Hippo. Einf ührung und Interpretation zu den dreizehn Büchern, Sonderausgabe Freiburg i. Br. 2005.
51) Diesen Stand der Augustinforschung ignoriert z. B. Burton, Philip: Language in the Confessions of Augustine. Oxford: Oxford University Press 2007. 200 S. 8°. Geb. £ 56,00. ISBN 978-0-19926622-7.
52) Vgl. Brachtendorf, Johannes: Augustins »Confessiones«. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft 2005. 315 S. Geb. EUR 49,90. ISBN 978-3-534-15423-4.
53) Diese bereits in seiner unveröffentlichten Dissertation (Erich Feldmann, Der Einfluss des Hortensius und des Manich äismus auf das Denken des jungen Augustinus von 373, Münster 1972 [2 Bände]) entwickelte These hat er umfassend in dem Artikel Confessiones, Augustinuslexikon 1 (1986 –1994), 1134–1193, vorgetragen.
54) Vgl. Volker Henning Drecoll, Die Entstehung der Gnadenlehre Augus tins, Beiträge zur historischen Theologie 109, Tübingen 1999, 268 f. (rez. in ThLZ 125 [2000], 1028).
55) Vgl. Brachtendorf, Augustins ›Confessiones‹ (wie Anm. 52), 293 f.
56) Vgl. Kotzé, Annemaré: Augustine’s Confessions. Communicative Purpose and Audience. Leiden-Boston: Brill 2004. X, 279 S. gr.8° = Supplements to Vigiliae Christianae, 71. Geb. EUR 111,00. ISBN 978-90-04-13926-8.
57) Bochet, Isabelle: »Le firmament de l’Écriture«. L’herméneutique augustinienne. Paris: Institut Études Augustiniennes 2004. Collection des Études Augustiniennes. Série Antiquité, 172. ISBN 978-2-85121203-0.
58) Vgl. P. Ricœur, Du texte à l’action. Essais d’herméneutique II, Paris 1986, 116, zitiert nach Bochet (s. Anm. 57), 93.
59) Vgl. Bochet (wie Anm. 57), 87.
60) Kurt Flasch (Hrsg.), Logik des Schreckens. Augustinus von Hippo. De diversis quaestionibus ad Simplicianum I 2, dt. Erst übersetzung v. Walter Schäfer, excerpta classica 8, 2., verb. Aufl. mit Nachwort, Mainz 1995.
61) Vgl. Volker Henning Drecoll, Rezensionen zu Josef Lössl, Intellectus gratiae (wie Anm. 62), Zeitschrift für Antikes Christentum 4 (2000), 165–168, zu Pierre-Marie Hombert, Gloria Gratiae (wie Anm. 63), Zeitschrift für Kirchengeschichte 111 (2000), 107–110, zu Gaetano Lettieri, L’altro Agostino (wie Anm. 65), Adamantius 10 (2004), 508–513.
62) Josef Lössl, Intellectus gratiae. Die erkenntnistheoretische und hermeneutische Dimension der Gnadenlehre Augustins von Hippo, Supplements to Vigiliae Christianae 38, Leiden 1997.
63) Pierre-Marie Hombert, Gloria Gratiae. Se glorifier en Dieu, principe et fin de la th éologie augustinienne de la grâce, Collection des Études Augusti niennes. Série Antiquité 148, Paris 1996.
64) Volker Henning Drecoll, Die Entstehung der Gnadenlehre Augustins, Beiträge zur historischen Theologie 109, Tübingen 1999.
65) Lettieri, Gaetano: L’altro Agostino. Ermeneutica e retorica della grazia dalla crisi alla metamorfosi del De doctrina Christiana. Brescia: Morcelliana 2001. 768 S. = Letteratura cristiana antica. EUR 42,50. ISBN 978-88-3721866-9.
66) Ogliari, Donato: Gratia et Certamen. The Relationship Between Grace and Free Will in the Discussion of Augustine with the So-called Semipelagians. Leuven: Peeters 2003. 468 S. = Bibliotheca Ephemeridum Theologicarum, 149. Kart. EUR 75,00. ISBN 978-90-429-1351-6.
67) Karla Pollmann, Doctrina christiana. Untersuchungen zu den Anfängen der christlichen Hermeneutik unter besonderer Berücksichtigung von Augus tinus, De doctrina christiana, Paradosis 41, Fribourg 1996 (rez. in ThLZ 123 [1998], 161).
68) Johannes van Oort, Jerusalem and Babylon. A Study into Augustine’s City of God and the Sources of his Doctrine of the Two Cities, Supplements to Vigiliae Christianae 14, Leiden u. a. 1991.
69) Den Geschichtsbegriff Augustins hat unter besonderer Berücksichtigung von ciu. bearbeitet Christof Müller, Geschichtsbewußtsein bei Augustinus. Ontologische, anthropologische und universalgeschichtlich/heilsgeschichtliche Elemente einer augustinischen »Geschichtstheorie«, Cassiciacum 39/2 = Res et Signa. Gießener Augustinus-Studien 2, Würzburg 1993 (rez. in ThLZ 119 [1994], 912). Außerdem wurden die Bücher 1–10 von ciu. Gegenstand der Augustinwoche in Pavia: Institutum Patristicum Augustinianum (an Stelle eines Herausgebers), Lettura del De civitate dei Libri I –X. Lectio Augustini XV – XVI – XVII. Settimana Agostiniana Pavese (1999–2001), Studia Ephemeridis Augustinianum 86, Rom 2003.
70) Christoph Horn (Hg.), Augustinus. De civitate dei, Klassiker Auslegen 11, Berlin 1997.
71) Zu ciu. 1 gibt es immerhin Jacoby, Norbert: Philologischer Kommentar zu Augustins De civitate Dei, Buch I. Mit Hinweisen zu Sprache und Stil. Frankfurt a. M.: Lang 2004. 479 S. 8° = Europäische Hochschulschriften. Reihe XV, 89. Kart. EUR 77,70. ISBN 978-3-631-52012-3.
72) Tornau, Christian: Zwischen Rhetorik und Philosophie. Augus tins Argumentationstechnik in ›De civitate Dei‹ und ihr bildungsgeschichtlicher Hintergrund. Berlin-New York: de Gruyter 2006. VIII, 466 S. = Untersuchungen zur antiken Literatur und Geschichte, 82. Lw. EUR 98,00. ISBN 978-3-11-019130-1.
73) Vgl. Hombert, Pierre-Marie: Nouvelles recherches de chronologie augustinienne. Paris: Institut d’études augustiniennes 2000. 667 S. = Collection des Études Augustiniennes. Série Antiquité, 163. Kart. ISBN 978-2-85121180-4.
74) Die Einzelheiten der Datierung sind in sich wieder nicht so eindeutig, wie es zun ächst erscheinen mag. So wäre z. B. die Frage zu stellen, ob das Argument, erst ab 412 schreibe Augustin über die Erscheinung des Heiligen Geistes sub specie corporali und daher sei trin. 2 wohl eher nach 412 anzusetzen, nicht die methodische Bedingung vernachlässigt, derzufolge gerade das erstmalige Auftreten einer spezifischen Auslegung in Rechnung gestellt werden muss. Ähnliches ließe sich zu der Trias memoria, intellectus, voluntas aus trin. 4 sagen, für die ein Vorläufer ja schon in conf. 13 besteht und deren Vergleichbarkeit mit ep. 169 nicht so geschaffen ist, dass man deswegen trin. 4 mit ep. 169 von 415 chronologisch parallelisieren und trin. 4 erst Ende 414/Anfang 415 an setzen müsste. Im Grunde käme m. E. jedes Datum zwischen conf. 13 (401 oder 403) und ep. 169 (wohl 415) in Frage.
75) Eine Analyse rechtlicher Aspekte des Wirkens Augustins als Bischof hat vorgelegt: Daniel E. Doyle: The Bishop as Disciplinarian in the Letters of St. Augustine. New York: Lang 2002. 396 S. = Patristic Studies, 4. Geb. ISBN 978-0-82046130-4.
76) Konrad Vössing, Schule und Bildung im Nordafrika der Römischen Kaiserzeit, Collection Latomus 238, Brüssel 1997.
77) Henri-Irénée Marrou, Saint Augustin et la fin de la culture antique, Paris 1938, 4. Aufl. Paris 1958; dt. Übersetzung: Augustinus und das Ende der antiken Bildung, hrsg. v. Johannes Götte, übers. v. Lore Wierth-Poelchau in Zusammenarbeit m. Willi Geerlings, Paderborn 1981, 2., erg. Aufl. Paderborn 1995 (rez. in ThLZ 121 [1996], 683).
78) Zu nennen sind z. B. Bruno Delaroche, Saint Augustin. Lecteur et interprète de saint Paul dans le De peccatorum meritis et remissione (hiver 411–412), Collection des Études Augustiniennes. Série Antiquité 146, Paris 1996, und An dreas Hoffmann, Augustins Schrift ›De utilitate credendi‹. Eine Analyse, Münsterische Beiträge zur Theologie 58, Münster 1997 (rez. in ThLZ 123 [1998], 1096).
79) Plumer, Eric: Augustine’s Commentary on Galatians. Introduction, Text, Translation and Notes. Oxford: Oxford University Press 2003. 312 S. Geb. £ 61,00. ISBN 978-0-19924439-3; im deutschen Sprachraum wäre z. B. zu nennen: Augustinus. De vera religione – Die wahre Religion. Zweisprachige Ausgabe, eingel., übers. u. hrsg. v. Josef Lössl, Augustinus. Opera – Werke 68, Paderborn 2007.
80) Trelenberg, Jörg: Das Prinzip »Einheit« beim frühen Augustinus. Tübingen: Mohr Siebeck 2004. X, 242 S. gr.8° = Beiträge zur historischen Theologie, 125. Lw. EUR 74,00. ISBN 978-3-16-148384-4; oder Timo J. Weissenberg, Die Friedenslehre des Augustinus. Theologische Grundlagen und ethische Entfaltung, Theologie und Frieden 28, Stuttgart 2005.
81) Robert Dodaro, Christ and the Just Society in the Thought of Augustinus, Cambridge 2004.
82) Seelbach, Larissa C.: »Das weibliche Geschlecht ist ja kein Gebrechen …«. Die Frau und ihre Gottebenbildlichkeit bei Augustin. Würzburg: Echter 2002. 308 S. = Cassiciacum, 50. Kart. EUR 24,00. ISBN 978-3-429-04161-8.
83) Dies zeigt sich z. B. auch, wenn man Seelbachs Ausführungen mit dem Kapitel »Women Doing Philosophy« vergleicht, in: Catherine Conybeare, The Irrational Augustine. Oxford 2006.
84) Paula Fredriksen, Augustine and the Jews. A Christian Defense of Jews and Judaism, New York 2008.