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Ausgabe:

Juni/2010

Spalte:

742

Kategorie:

Praktische Theologie

Autor/Hrsg.:

Merle, Kristin, u. Birgit Weyel [Hrsg.]

Titel/Untertitel:

Seelsorge. Quellen von Schleiermacher bis zur Gegenwart.

Verlag:

Tübingen: Mohr Siebeck 2009. XIII, 301 S. 8° = UTB M 3276. Kart. EUR 19,90. ISBN 978-3-16-149808-4 (Mohr Siebeck); 978-3-8252-3276-4 (UTB).

Rezensent:

Ch. G.

Der Quellenband knüpft explizit an die bewährte, aber bereits 1978 erschienene Textsammlung von Friedrich Wintzer an. Etliche damals mit Textabschnitten vorgestellte Autoren begegnen wieder, mit allerdings teilweise veränderter Textauswahl. Es sind insgesamt 26 Autoren und eine Autorin berücksichtigt.
Die Einleitung, die knapp den in acht Kapiteln chronologisch und zugleich thematisch geordneten Texten vorangestellt ist, orientiert Studierende gut und arbeitet wesentliche Entwicklungslinien heraus. Zuverlässig wird in Anmerkungen jeweils auf die wichtigste Spezialliteratur kurz hingewiesen. Auch die beiden Tübinger Praktischen Theologinnen präsentieren erfreulicherweise – wie Wintzer – die Seelsorge mit historischer Tiefenschärfe. Dazu holen sie weit hinsichtlich der psychologischen und soziologischen Grundlagen aus. So finden sich jetzt auch Texte von Sigmund Freud, Alfred Schütz und Thomas Luckmann – alles keine Seelsorger, aber wichtige Impulsgeber für die Seelsorge. Damit wird dieses praktisch-theologische Fach erfreulich kontextualisiert. Dazu kommen neue Texte aus den letzten 20 Jahren, wobei verschiedene Perspektiven präsentiert werden.
Gewiss kann man bei der Auswahl im Einzelnen Fragen stellen, und zwar sowohl hinsichtlich Textauswahl als auch der Textabgrenzung (mancher Textausschnitt ist sehr knapp). Doch ermöglichen die Texte auf jeden Fall einen guten ersten Zugang zu den wichtigsten poimenischen Konzeptionen. Bibelstellen-, Personen- und (vorzügliches) Sachregister sind beigegeben und erlauben eine schnelle Orientierung.
Lediglich eine kritische Rückfrage stellt sich hinsichtlich der – von Wintzer übernommenen – Beschränkung auf den deutschen Sprachraum. Zwar überschreitet der Band mit einem kurzen Text von William James diese Begrenzung schon etwas. Doch bleibt ein Desiderat. Kann man die neuere Seelsorge auch in Deutschland tatsächlich verstehen, ohne dass Namen wie Seward Hiltner, Howard Clinebell oder Carl Rogers fallen? Hier möchte ich eine Ergänzung für eine zweite Auflage anregen.